Auch im Jahr 2023 gibt es gute Nachrichten, denn es wurden nicht nur eine Menge Tierarten neu entdeckt, sondern auch einige als ausgestorben geltende Tiere wiederentdeckt. Hier die Zusammenfassung:
De Wintons Goldmull nach fast 90 Jahren wiederentdeckt
Im November 2023 wurde der De Wintons Goldmull (Cryptochloris wintoni), der zuletzt 1936 dokumentiert wurde und einem Maulwurf ähnelt, in Südafrika wiederentdeckt. Bisher waren lediglich drei Exemplare bekannt, und es existierten keine historischen Fotos dieser Art. Mithilfe einer innovativen Methode, bei der ein Spürhund den Duft anderer in der Region lebender Goldmull-Arten verfolgte, konnte ein Team von Naturschützern und Genetikern entlang der Küste von Port Nolloth eine Population des De Wintons Goldmulls ausfindig machen. Der Endangered Wildlife Trust (EWT) plant nun Schutzmaßnahmen für diese gefährdete Spezies, deren Lebensraum durch Diamantenabbau bedroht ist. Zusätzliche Forschung über das Verbreitungsgebiet und die Anzahl der Individuen soll dazu beitragen, das Überleben des De Wintons Goldmulls zu sichern.
Attenborough-Langschnabeligel – 1961 zuletzt gesehen
Der Attenborough-Langschnabeligel (Zaglossus attenboroughi), ein kleiner eierlegender Ameisenigel mit Schnabel, wurde 62 Jahre nach seiner Entdeckung in den Cyclops Mountains von Westneuguinea wiedergefunden. Wie das Schnabeltier gehört er zu den fünf bekannten Kloakentieren, also den eierlegenden Säugetieren, die in Australien und Neuguinea vorkommen. Durch den Einsatz von Kamerafallen gelang es der Oxford University und lokalen NGOs, Fotos und Videos von des verschollenen Attenborough-Langschnabeligels aufzunehmen. Die Suche gestaltete sich aufgrund seiner nachtaktiven und scheuen Natur schwierig, doch bereits in den Jahren 2007 und 2005 gab es erste Hinweise auf seine Existenz. Das sehr begrenzte Verbreitungsgebiet des Ameisenigels ist durch Entwaldung und Landwirtschaft gefährdet. Das Expeditionsteam plant nun Schutzmaßnahmen, um diese als vom Aussterben bedroht eingestufte Art sowie ihren Lebensraum zu schützen.
Sianakamadagaskarsänger nach 24 Jahren wiedergefunden
Forscher entdeckten im tropischen Regenwald von Madagaskar den als verschollen geltenden Sianakamadagaskarsänger (Crossleyia tenebrosa), eine Singvogelart, die seit 1999 als verloren galt. Die Expedition lokalisierte den Vogel an zwei entlegenen Orten im Nordosten Madagaskars. Die Wiederentdeckung des Sianakamadagaskarsängers erfolgte im Rahmen des Projekts Search for Lost Birds, einer Kooperation zwischen Re:wild, der American Bird Conservancy und BirdLife International. Die Wissenschaftler spürten die seltenen bodenbewohnenden Vögel in einem unerwartetem Lebensraum auf, in dichter Vegetation in der Nähe von Fließgewässern. Obwohl der Regenwald offiziell geschützt ist, stellte das Team fest, dass Teile des Waldes in Vanille-Farmen umgewandelt wurden, was den natürlichen Lebensraum des Sianakamadagaskarsängers gefährdet. Derzeit wird die Art von der IUCN unter dem Status „unzureichende Datenlage“ geführt.
Nordseeschnäpel: Galt seit den 1940er-Jahren als ausgestorben
Der Nordseeschnäpel (Coregonus oxyrinchus), der seit den 1940er-Jahren als ausgestorben galt, eine große Maränen-Art mit einer nasenartig verlängerten Schnauze im Unterschied zu vielen anderen europäischen Arten, wurde im September 2023 durch eine phylogenetischen Studie sozusagen wiederentdeckt. Die Wissenschaftler extrahierten DNA aus konservierten, teils mehr als 250 Jahre alten Nordseeschnäpel-Museumsexemplaren und verglichen sie mit DNA von aktuell existierenden Schwesterarten. Die Ergebnisse zeigten nur minimale genetische Unterschiede zur Großen Maräne beziehungsweise dem Lavaret (Coregonus lavaretus), was darauf hindeutet, dass sie derselben Art angehören. Bislang wurden Exemplare aus dem Wattenmeer und den Küstenzonen der südlichen Nordsee als Nordseeschnäpel identifiziert, während die Exemplare aus der Ostsee und ihren Nebenflüssen als Große Maränen galten. Tatsächlich handelt es sich jedoch um ein und dieselbe Art.
Schmalflossen-Handfisch: 1996 zuletzt gesichtet
Möglicherweise wurde der Schmalflossen-Handfisch (Pezichthys compressus) erstmals seit 27 Jahren vor der Küste Tasmaniens gesichtet. Die Entdeckung erfolgte während der Forschungsreise South-East Australia Marine Ecosystem Survey (SEA-MES) mit dem Forschungsschiff RV Investigator. Zwei Meeresökologinnen identifizierten die Art anhand von Bildern der Tiefseekamera, sind sich jedoch aufgrund der Größe des Fisches und der Entfernung vom bekannten Verbreitungsgebiet nicht hundertprozentig sicher. Handfische, charakterisiert durch flossenähnliche „Hände“ als Füße, sind wenig erforschte Arten, von denen sieben in Tasmanien und der Bass-Straße endemisch sind. In den letzten 20 Jahren wurden nur etwa sieben der insgesamt 14 Arten gesichtet, die allesamt als stark gefährdet oder vom Aussterben bedroht eingestuft sind.
Ohrloser Graslanddrache: Nach mehr als 50 Jahren wiederentdeckt
Der Ohrlose Graslanddrache (Tympanocryptis pinguicolla), eine Eidechsenart, die seit 1969 als verschollen galt, wurde 2023 erstmals wieder in freier Wildbahn nachgewiesen. Diese etwa zwölf Zentimeter lange Reptilienart ist im Bundesstaat Victoria endemisch und war einst in den Graslandschaften westlich von Melbourne verbreitet. Der drastische Rückgang des Bestands ist auf eine intensive landwirtschaftliche Nutzung, Lebensraumzerstörung und die Bedrohung durch verwilderte Katzen zurückzuführen. Eine 2019 veröffentlichte Studie enthüllte, dass es nicht eine, sondern vier verschiedene Arten des Ohrlosen Graslanddrachen gibt. Aktuelle Bemühungen in Victoria, unterstützt durch Spürhunde und staatliche Mittel, sollen die genaue Anzahl der verbliebenen Exemplare ermitteln. Der Zoo Victoria plant zudem ein Zuchtprogramm, um diese seltene Eidechsenart zu erhalten.
Wallace-Riesenbiene: Erneute „Wiederauferstehung“ nach Jahrzehnten
Die Wallace-Riesenbiene (Megachile pluto), die bereits 1981 nach ihrem vermeintlichen Aussterben wiederentdeckt wurde, erlebte im Jahr 2023 erneut ihre Wiederentdeckung. Das bis zu vier Zentimeter lange Insekt, benannt nach dem Naturforscher Alfred Russel Wallace, wurde erstmals im Jahr 1859 auf den Molukken entdeckt. Nach Jahren ohne Sichtungen glaubte man, dass die Art ausgestorben sei, bis 1981 weitere Exemplare auf den Bacan-Inseln auftauchten. Die erneute Wiederentdeckung erfolgte während einer Expedition zu den nördlichen Molukken. Die Wallace-Riesenbiene, die als die größte bekannte Bienenart der Welt gilt, bleibt gemäß der IUCN aufgrund von Lebensraumzerstörung durch Palmölplantagen weiterhin gefährdet.
Gebirgs-Steppenfrostspanner – Wiederentdeckung nach 86 Jahren
Der vermeintlich ausgestorbene Gebirgs-Steppenfrostspanner (Lignyoptera thaumastaria) ist nach 86 Jahren wieder aufgetaucht, diesmal im Vlašić-Bergmassiv bei Travnik, Bosnien-Herzegowina. Zuletzt in den frühen 1900er-Jahren gesichtet, waren nur wenige Exemplare der Nachtfalter-Art bekannt. Ein Expertenteam des Naturkundemuseums Karlsruhe entdeckte die Schmetterlinge oberhalb der Baumgrenze in Höhen zwischen 1.550 und 1.750 Metern. Die männlichen Falter zeichnen sich durch auffällig gefärbte Flügel aus, während die flugunfähigen Weibchen aufgrund ihrer Überlebensstrategie in sturmgefährdeten Gebieten entscheidend für das Überleben der Art sind. Die Expedition war dank des guten Wetters und der unerwarteten Eigenschaften der Schmetterlinge äußerst erfolgreich, obwohl noch viele Fragen zur Lebensweise der Art offen sind.
Fagilde-Falltürspinne nach fast 100 Jahren wieder da
Die als ausgestorben geltende Fagilde-Falltürspinne (Nemesia berlandi), die zuletzt vor 92 Jahren dokumentiert wurde, wurde von Wissenschaftlern im Norden Portugals 2023 wiederentdeckt. Ursprünglich im Jahr 1931 außerhalb des Dorfes Fagilde entdeckt, verschwand die Art aus den Aufzeichnungen, bis Forscher 2011 horizontale Höhlen in der Umgebung fanden – eine Besonderheit, denn Falltürspinnen legen normalerweise vertikale Baue an. Nach intensiver Suche stießen sie in einer horizontalen Höhle auf eine dunkelbraune weibliche Spinne, die durch DNA-Analysen als Fagilde-Falltürspinne identifiziert wurde. Angesichts der Bedrohungen durch Waldbrände und Überschwemmungen in der Region hoffen die Forscher, dass die Wiederentdeckung den Schutz für diese Spinnenart fördern wird.
Heldbock – Wiederentdeckung einer stark bedrohten Art
Zwar galt der Heldbock oder Große Eichenbock (Cerambyx cerdo) noch nicht als ausgestorben, aber als stark gefährdet, denn seit rund 70 Jahren war er nur noch in Bayern im Luisenhain in Bamberg zu finden. Im Jahr 2023 stieß ein Forstexperte in einem Wald in Unterfranken auf riesige Löcher im Eichenholz, was schließlich zur Wiederentdeckung des heimischen Heldbocks führte – einem der größten Käfer in deutschen Wäldern. Der Fund am südexponierten Waldrand eines ehemaligen Eichen-Mittelwaldes in Unterspiesheim (Gemeinde Kolitzheim)unterstreicht die Bedeutung heimischer Eichenwälder für die Biodiversität und betont die Notwendigkeit ihrer Erhaltung durch integrative Waldbewirtschaftung. Als Reaktion darauf werden konkrete Erhaltungsmaßnahmen entwickelt, um der Art einen geeigneten Lebensraum zu bieten. Der Heldbock ist europaweit geschützt und unterliegt der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL). Wissenschaftler überwachen das neue Vorkommen, um die Entwicklung der Population zu dokumentieren.
Unterstütze diesen Blog! Wenn dir dieser Beitrag gefallen hat, ziehe bitte eine kleine Spende in Betracht. Jeder Beitrag, egal wie klein, macht einen Unterschied. Deine Spende ermöglicht es mir, den Blog werbefrei zu halten und auf Bezahlschranken zu verzichten, damit alle Leser freien Zugang zu den Inhalten haben. Du kannst ganz einfach über den Spendenbutton spenden oder mir ein Buch aus meiner Amazon Wunschliste schenken. Jeder Betrag zählt und wird sehr geschätzt! Vielen Dank für deine Unterstützung!