Eine wissenschaftliche Expedition in den Makira-Wald, das größte und am besten erhaltene Waldgebiet Madagaskars, hat 21 Arten wiederentdeckt, die der Wissenschaft lange verloren gegangen waren. Zu den wiederentdeckten Arten gehören drei irisierende, fast durchsichtige Fischarten und ein Tausendfüßler, der zuletzt vor 126 Jahren dokumentiert wurde.
Die Expedition war Teil der Search for Lost Species-Initiative von Re:wild und in Zusammenarbeit mit Teams der Universität Antananarivo, der American Bird Conservancy, dem Peregrine Fund, der Wildlife Conservation Society und dem Biodiversity Inventory for Conservation (BINCO) durchgeführt. Es war die erste Multi-Taxa- Expedition dieser Initiative.
Spezialisten durchsuchten den Makira-Wald nach Säugetieren, Fischen, Vögeln, Reptilien, Amphibien und Wirbellosen, die seit mindestens einem Jahrzehnt nicht mehr dokumentiert worden waren, jedoch nicht auf der Roten Liste der IUCN als „ausgestorben“ gelten. Die Suche erstreckte sich über mehrere Wochen im September 2023 und die anschließende Analyse der Ergebnisse dauerte mehrere Monate.
So viele Arten wie möglich
Während im Rahmen der Search for Lost Species-Initiative pro Expedition bisher vorwiegend nach nur ein oder zwei verschollenen Arten gesucht wurde, hoffte das Team nun, 30 verlorene Spezies wiederzufinden. Darunter waren drei Säugetiere, drei Fische, sieben Reptilien, zwölf Insekten und fünf Spinnen. Weltweit gelten rund 4.300 Arten seit mehr als ein Jahrzehnt verschollen.
„Madagaskar ist ein Biodiversitäts-Hotspot und der Makira-Wald ein unerforschtes Gebiet. Wir beschlossen, ein neues Modell für die Suche nach verlorenen Arten zu testen“, erklärte Christina Biggs, Leiterin der Abteilung für verlorene Arten bei Re:wild. „Wir haben eine Gruppe von Wissenschaftlern versammelt, um nach so vielen Arten wie möglich zu suchen, und es war erfolgreich“, fügte Biggs hinzu.
Vermisste Fisch- und Insektenarten
Tsilavina Ravelomanana, ein Fischbiologe der Universität Antananarivo, berichtete von den Schwierigkeiten bei der Suche nach den Fischen. „Als wir in den ersten fünf Tagen nichts fanden, war es sehr frustrierend“, sagte er. Erst durch die Unterstützung lokaler Führer und Fischer und eine geänderte Strategie konnten die Forscher die drei vermissten Fischarten finden: den Makira-Regenbogenfisch (Bedotia alveyi), der zuletzt 2003 gesammelt wurde, eine noch unbeschriebene, nur wenige Zentimeter lange Spezies der Gattung Rheocles, die 2006 zuletzt gesichtet wurde und sich durch irisierende Schuppen und rote Markierungen an den Flossen auszeichnet, sowie den Buntbarsch Ptychochromis makira, der 2003 zuletzt dokumentiert wurde und aufgrund von Überfischung und Lebensraumverlust stark zurückgegangen war.
Entomologen fanden ebenfalls mehrere verlorene Insektenarten, darunter zwei ameisenähnliche Blütenkäferarten, Hypaspistes bouvieri und Sapintus mediodilatatus, die seit 1958 nicht mehr dokumentiert worden waren. Besonders überraschend war die Wiederentdeckung des riesigen, dunkelbraunen Tausendfüßlers Spirostreptus sculptus, der seit 1897 nur vom Typusexemplar bekannt war und im Makira-Wald gar nicht so selten zu sein scheint. Das längste Exemplar, das die Expeditionsteilnehmer fanden, war ein weibliches Tier mit einer Länge von 27,5 Zentimetern.
Neue und wiederentdeckte Spinnenarten
Im Makira-Wald wurden zahlreiche Spinnenarten entdeckt, darunter fünf verschollene Springspinnenarten und 17 neue Arten. Besonders unerwartet war die Entdeckung einer neuen, relativ großen Art aus der Familie der Zebraspinnen. Ihre hängenden Eiersäcke wurde in einer kleinen Höhle gefunden. Dieser Fund war bemerkenswert, da bisher niemand vermutete, dass Zebraspinnen in den Regenwäldern Madagaskars vorkommen.
Die am längsten vermisste Spinnenart war die Springspinne Tomocyrba decollata, die seit ihrer Erstbeschreibung im Jahr 1900 nicht mehr dokumentiert wurde. Eine weitere wiederentdeckte Springspinnenart, Echinussa vibrabunda, wurde zuletzt 1901 nachgewiesen.
Nicht gefundene Arten
Trotz der erfolgreichen Wiederentdeckungen konnte das Team einige der gesuchten Arten nicht finden. Darunter der Masoala-Gabelstreifenmaki (Phaner furcifer), ein Lemur, der seit 2004 nicht mehr dokumentiert wurde, und das Chamäleon Calumma vatososa, das zuletzt 2006 gesichtet wurde.
Auch der Sianakamadagaskarsänger (Xanthomixis tenebrosa), der im vergangenen Jahr in Andapa und Masoala wiederentdeckt wurde, konnte während dieser Expedition im Makira-Wald nicht nachgewiesen werden. Ebenso konnte die Expedition den Geckoweih oder Madagaskar-Schlangenhabicht (Eutriorchis astur) nicht finden. Der Geckoweih galt seit 1930 als verschollen und ausgestorben, bis er 1990 wiederentdeckt wurde. Die Forscher waren überrascht von der häufigen Anwesenheit des eigentlich seltenen Madagaskar-Kauzes (Athene superciliaris) im Makira-Wald..
Trotz seiner Größe steht der Makira-Wald weiterhin unter Druck durch landwirtschaftliche Aktivitäten. Das Expeditionsteam befürchtet, dass die Populationen der neu entdeckten und wiederentdeckten Arten stark zurückgehen könnten, bevor sie ausreichend untersucht werden können. Die Forscher betonen daher die Notwendigkeit, den Schutz und die Erforschung dieses einzigartigen Ökosystems zu verstärken, um das Aussterben weiterer Arten zu verhindern.
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