Vom Südpazifik ins Museum – die letzten Tonga-Skinks
Der Tonga-Skink, eine Riesenechse, ist nur durch zwei Exemplare bekannt, die sich heute im Naturhistorischen Museum von Paris befinden. Die französischen Ärzte und Naturforscher Jean-René-Constant Quoy und Joseph Paul Gaimard sammelten die beiden Tiere zwischen 1826 und 1829 im Südpazifik während ihrer Weltumrundung an Bord der Astrolabe, einem Expeditionsschiff der französischen Marine.
Der französische Entdecker Jules Dumont d’Urville hielt Anekdoten und Berichte über die Reise mit der Astrolabe in einer Reihe von Bänden mit dem Titel Voyage de la corvette l’Astrolabe exécuté par commande du roi, pendant les années 1826 – 1827 – 1828 – 1829 sous le commandement de M. J. Dumont d’Urville, Capitaine de vaisseau fest, die er zwischen 1830 und 1835 veröffentlichte.
Basierend auf den beiden gesammelten Exemplaren veröffentlichten die französischen Herpetologen André Marie Constant Duméril und Gabriel Bibron rund zwölf Jahre später (1839) die wissenschaftliche Erstbeschreibung des Tonga-Skinks unter dem Namen Eumeces mircrolepis. Als Typuslokalität gaben sie Tongatapu, die Hauptinsel des Königreichs Tonga an. Das Artepitheton „microplepis“ bedeutet „kleine Körperschuppen“ und verweist auf die vielen kleinen Schuppen in der Körpermitte der Art.
Da die Echsenart seit dem frühen 19. Jahrhundert nicht mehr dokumentiert werden konnte und Suchexpeditionen ohne Erfolg blieben, geht die Wissenschaft gemeinhin davon aus, dass der Tonga-Skink ausgestorben ist. Die Tiere, die Quoy und Gaimard zwischen 1826 und 1829 auf Tongatapu entdeckten, gehörten womöglich zu den letzten Überlebenden der Spezies. Die Weltnaturschutzunion IUCN führt die Spezies ebenfalls als „ausgestorben“.
Tonga-Skink – Steckbrief
alternative Bezeichnung | Tonga-Riesenskink |
wissenschaftliche Namen | Tachygyia microlepis, Tachygia microlepis, Eumeces microlepis, Otosaurus microlepis, Liosoma microlepis, Lygosoma microlepis, Riopa (Eugongylus) microlepis |
englischer Name | Tongan ground skink, Tonga ground skink |
ursprüngliches Verbreitungsgebiet | Tongatapu, Tonga (Südpazifik) |
Zeitpunkt des Aussterbens | frühes 19. Jahrhundert |
Ursachen für das Aussterben | Lebensraumverlust, auf Insel eingeschleppte Säugtiere |
IUCN-Status | ausgestorben |
Auf der Suche nach dem Grauen Geist
Obwohl viele davon ausgingen, dass der Tonga-Skink längst ausgestorben ist, machte sich der britische Naturforscher John R. H. Gibbons als Erster aktiv auf die Suche nach dieser großen Glattechsenart. Im Januar 1985 besuchte er die Insel Tongatapu, jedoch ohne konkrete Ergebnisse. Im Oktober desselben Jahres kehrte er zurück und durchkämmte zusammen mit Studenten das letzte verbliebene Stück Wald auf der Insel – ebenfalls ohne Erfolg.
Gibbons‘ dritter und letzter Besuch auf Tongatapu fand im Februar 1986 statt. Diesmal ging er anders vor: Er veröffentlichte eine Anzeige in einer lokalen Zeitung und bot eine Belohnung von 100 Tonga-Dollar für ein Foto oder ein Exemplar des Tonga-Skinks. In der Zeitung bezeichnete er den Tonga-Skink als „Grey Ghost“ (Grauer Geist) und vermutete, dass die Echse unterirdisch lebt und nur nachts oder nach starken Regenfällen aktiv wird.
Nach der Veröffentlichung meldeten sich tatsächlich mehrere Personen im Tonga Chronicle, die vermeintliche Sichtungen meldeten. Die Herpetologen Ivan Ineich und George R. Zug stellten in Tachygyia, the Giant Tongan Skink: Extinct or Extant? (1996) jedoch fest, dass es sich bei diesen Sichtungen wahrscheinlich um andere Skinke der Gattung Emoia handelte. Nur drei der sieben Emoia-Arten auf Tonga erreichen eine Kopf-Rumpf-Länge von über zehn Zentimetern, wodurch sich kleinere Echsen leicht ausschließen ließen. Die beiden im Museum aufbewahrten Exemplare des Tonga-Skinks haben eine Kopf-Rumpf-Länge von 17,7 beziehungsweise 14,3 Zentimetern.
Bevor Gibbons seine Suche nach dem Tonga-Skink fortsetzen konnte, verstarben er und seine Familie im November 1986 bei einem Bootsunglück in Fidschi. Im Oktober 1993 suchten Ineich und Zug das letzte verbliebene Waldstück auf der Hauptinsel Tongatapu nach dem Tonga-Skink ab. Trotz des großen Artenreichtums konnten sie die Echse nicht aufspüren. Seitdem gab es keine weiteren Suchexpeditionen nach dem verschollenen Tonga-Skink.
Sichtungen des Tonga-Skinks?
Gibbons konnte zwar keinen lebenden Tonga-Skink finden, sammelte jedoch Berichte über vermeintliche Sichtungen der Glattechse. Ein unveröffentlichtes Manuskript mit seinen Notizen sandte er noch vor seinem Tod an Ivan Ineich, der diese zusammen mit George R. Zug im 1996 veröffentlichten Artikel im Journal Cryptozoology erwähnte.
Drei Augenzeugenberichte, die wahrscheinlich die detailliertesten und glaubwürdigsten sind, hielt Gibbons in seinen Aufzeichnungen fest. Ein amerikanischer Gärtner am Tupou College auf Tongatapu berichtete, eine riesige Echse mit einer Kopf-Rumpf-Länge von 25 bis 28 Zentimetern auf seiner Plantage gesehen zu haben. Das Tier war matt grün mit schwarzen Flecken auf dem Rücken und hatte einen Schwanz, der etwa ein Drittel der Kopf-Rumpf-Länge ausmachte. Es besaß keinen Kamm auf dem Rücken.
Ein zweiter Augenzeuge berichtete, beim Mähen und Abbrennen von hohem Gras und Gestrüpp in der Nähe eines kleinen isolierten Waldbestands eine große Echse gesehen zu haben, deren Färbung dem ersten Bericht entsprach. Der Körperdurchmesser soll 3,5 Zentimeter betragen haben. Die Echse rannte vor dem Feuer in Richtung Wald, einem Gebiet, das von den Einwohnern gemieden und gefürchtet wird, da sich dort ein großer, alter Grabhügel von 300 tongaischen Adligen befindet. Der dritte Augenzeuge, ein tongaischer Student, gab an, gelegentlich eine sehr große Echse, die er als moko bezeichnete, auf Tongatapu gesehen zu haben, keinen fokai (Leguan).
Diese Berichte deuten auf die Anwesenheit einer großen, bodenbewohnenden Echse auf der Insel Tongatapu hin. Es ist klar, dass die Echse sehr selten ist und nur an bestimmten Orten vorkommt, sodass viele Einwohner sie noch nie gesehen haben. Während Gibbons die Augenzeugenberichte als Hinweis auf das Überleben des Tonga-Skinks deutete, nehmen Ineich und Zug an, dass es sich um einen anderen Skink handelte: Emoia trossula. Diese Art wird zwar selten länger als 16 Zentimeter, jedoch stimmen die beschriebenen Farbgebungen überein. Der Tonga-Skink war wahrscheinlich dunkelbraun und hatte keine schwarzen Markierungen auf dem Rücken. Auch die Beschreibung, dass die gesichteten Echsen wegrannten, passt eher zu Emoia trossula, während der Tonga-Skink aufgrund seines Körperbaus wahrscheinlich eher kriechend unterwegs war.
Existiert der Tonga-Skink doch noch?
Eine im Journal Salamandra veröffentlichte Studie aus dem Jahr 2024 gibt Hoffnung: Die Herpetologen Ivan Ineich und Wolfgang Böhme halten es für möglich, dass es verfrüht war, den Tonga-Skink für ausgestorben zu erklären. Sie ziehen in Betracht, dass die bodenbewohnende Echse in abgelegenen Gebieten im Süden des Inselstaates Tonga überlebt haben könnte. Satelliteninseln oder andere periphere Inseln waren weniger menschlichen Eingriffen ausgesetzt als die Insel Tongatapu, auf der die einzig bekannten Exemplare des Skinks wahrscheinlich gesammelt wurden. Die Hauptinsel Tongas ist ökologisch stark beeinträchtigt: Seit der Besiedlung durch Menschen ist sie stark von der Landwirtschaft beeinflusst. Nur noch drei Prozent der Inselfläche weisen Waldfragmente auf.
Da eine starke morphologische Ähnlichkeit – etwa durch konvergente Evolution – zwischen dem Tonga-Skink und den in der Karibik endemischen Doppelzungenschleichen (Diploglossidae) besteht und die karibischen Echsen einen ähnlichen Habitus aufweisen, ist anzunehmen, dass sie ähnliche ökologische Parameter teilen. Ineich und Böhme schlagen daher vor, mit dem Wissen über die Doppelzungenschleichen Biotope zu definieren, in denen der Tonga-Skink überleben könnte. Doppelzungenschleichen kommen meistens in Wäldern vor, leben auf dem Boden oder graben sich ein. Sie sind nacht- oder dämmerungsaktiv.
Auch für den Tonga-Skink vermuten Ineich und Böhme, dass er ein terrestrischer Waldbewohner ist, der möglicherweise auch in dicht bewachsenen Küstengebieten zu finden ist, wo kleine Felsen und vielleicht verrottende Baumstümpfe Unterschlupf bieten.
Sie halten es für unwahrscheinlich, dass der Tonga-Skink auf der ökologisch stark beeinträchtigten Insel Tongatapu überlebt hat. Als potenzielle Lebensräume schlagen sie daher den Nationalpark auf der größeren und weniger ökologisch veränderten Insel ‚Eua vor, in dem sich der letzte verbliebene Regenwald des Archipels befindet, sowie die kleine, südlich von ‚Eua liegende Insel Kalau. Diese abgeschiedene Insel wird als potenzieller Lebensraum angesehen, da sie möglicherweise weniger von menschlichen Aktivitäten beeinträchtigt ist.
Zuversicht und Hoffnung gibt der Terrorskink (Phoboscincus bocourti), der 1876 anhand nur eines bekannten Exemplars beschrieben wurde und dann als ausgestorben galt – bis zu seiner Wiederentdeckung im Jahr 1993. Dieser Skink, endemisch auf den Inseln von Neukaledonien, galt aus denselben Gründen wie der Tonga-Skink als ausgestorben, jedoch entdeckten Wissenschaftler Exemplare auf zwei kleinen Inseln vor der Küste der Isle of Pines, die zum französischen Überseegebiet Neukaledonien gehören.
Warum ist der Tonga-Skink ausgestorben?
Der deutsche Ornithologe Dieter Rinke erforschte in den 1980er-Jahren 18 Monate lang die Tonga-Inseln auf der Suche nach seltenen und bedrohten Vögeln und Reptilien, einschließlich des Tonga-Skinks. In einem Artikel für das Journal Oryx (1986) fasste er seine Erkenntnisse zusammen:
„Trotz umfangreicher Befragungen mit Hilfe eines Fotos konnte ich keine Hinweise darauf finden, dass dieser Skink noch existiert. Einheimische Menschen kannten keine am Boden lebende Reptilienart von dieser Größe (bis zu 35 cm). Obwohl die Art wahrscheinlich sehr schwer zu entdecken wäre, wie ihre Artgenossen, sollte sie den Pflanzern sicherlich bekannt sein. Wenn die Typusexemplare wirklich auf Tongatapu gesammelt wurden, muss die Art nun als ausgestorben betrachtet werden.“
The Status of Wildlife in Tonga, Oryx Vol. 20 (3), S. 150, D. Rinke.
Plantagen statt Wald
Die Gründe für das angenommene Aussterben des Tonga-Skinks liegen vor allem im Lebensraumverlust. Als Waldbewohner war die Art auf das Vorhandensein von Wäldern angewiesen, die es heute auf Tongatapu kaum noch gibt. In den 3000 Jahren oder länger, in denen die bevölkerungsreichste Insel des Archipels von Menschen besiedelt wird, wurden 90 Prozent von Tongatapu abgeholzt. Die Inselvegetation besteht heute hauptsächlich aus Anbaukulturen, hauptsächlich Kürbissen und Zucchini, oder liegt brach. Fast die gesamte Inselfläche ist in kleine Familiengrundstücke, Regierungsparzellen und Städte oder Dörfer unterteilt.
Die wenigen verbliebenen Waldbestände auf Tongatapu sind lediglich Sekundärwälder, die zusätzlich von zahlreichen auf der Insel lebenden Schweinen, die auf Futtersuche sind, gestört werden.
Eingeschleppte Arten
Der niederländische Seefahrer Abel Tasman, der die Tonga-Inseln 1643 entdeckte, und der britische Entdecker James Cook in den 1770er-Jahren, sowie spätere europäische Forscher, brachten Hauskatzen und Ratten (Rattus rattus und R. norvegicus) auf die Insel Tongatapu. Auch Dumont d’Urville stellte in seinem Reisebericht (1830-1835) die Anwesenheit von Ratten fest.
Einige Experten vermuten, dass eingeschleppte Haushunde zur Bedrohung für den Tonga-Skink beigetragen haben könnten. Zug und Ineich gehen jedoch davon aus, dass von den eingeführten Schweinen eine größere Gefahr ausgeht, da diese die Eier oder Jungtiere des Skinks fressen könnten.
Auf Inseln eingeführte räuberische Säugetiere wie Ratten oder Katzen haben häufig verheerende Auswirkungen auf einheimische Reptilien. Verwilderte Hauskatzenpopulationen existieren heute praktisch auf jeder von Menschen bewohnten Insel im Königreich Tonga. Für eine bodenbewohnende Echse wie den Tonga-Skink stellen diese Prädatoren eine erhebliche und dauerhafte Bedrohung dar, insbesondere auch für die Jungtiere.
Zug und Ineich, die im Oktober 1993 die Gelegenheit hatten, nach dem verschollenen Tonga-Skink auf Tongatapu und ‚Eua zu suchen, kamen zu folgendem Schluss:
„Es scheint höchst unwahrscheinlich, dass eine halbfossile Eidechse unter diesen Umständen überleben kann. Daher stimmen wir jetzt mit Rinke (…) überein, dass der tonganische Riesenskink auf Tongatapu ausgestorben ist. Allerdings haben riesige skinkartige Schleichen-Echsen auf den Westindischen Inseln trotz Katzen, Ratten, Schweinen und Mungos überlebt (…). Wenn Tachygyia auf ‚Eua vorkam, gibt es dort noch genügend ungestörte Wälder für ihr weiteres Überleben.“
Tachygyia, the Giant Tongan Skink: Extinct or Extant?, Cryptozoology 12, 1996, S. 34, I. Ineich & G. R. Zug.
Auch John R. H. Gibbons, der 1985 und 1986 aktiv nach dem Tonga-Skink auf Tongatapu suchte, war der Ansicht, dass die Art dort einst häufig vorkam und verschwand, als immer mehr bewaldete Lebensräume in Plantagen umgewandelt wurden und Katzen und Ratten die Insel erreichten.
Echsen auf dem Speiseplan
Es ist nicht auszuschließen, dass der Tonga-Skink einst auch ein Nahrungsmittel für die Tonganer darstellte. Der französische Biologe Jacques Labillardière schrieb in Voyage in Search of La Pérouse (1800) über seinen Besuch auf Tongatapu im Jahr 1793, dass ihm die Einwohner gefangene Eidechsen anboten, die „sehr gut zu essen“ seien. Ob es sich dabei um den Tonga-Skink oder eine andere Echsenart handelte, ist nicht bekannt. Archäologische Forschungen haben jedoch gezeigt, dass die bis zu einem Meter langen Fidschi-Leguane (Brachylophus) auf den Tonga-Inseln ein gewöhnliches Nahrungsmittel für die Tonganer waren.
Eine weitere ausgestorbene Art von den Tonga-Inseln ist die Tongatapu-Ralle, die nur durch eine Beschreibung und ein zeitgenössisches Gemälde bekannt ist. Als Ursachen für ihr Aussterben Ende des 18. Jahrhunderts gelten dieselben Faktoren wie beim Tonga-Skink.
Mysteriöse Lebensweise des Tonga-Skinks
Über den Tonga-Skink ist kaum etwas bekannt, außer dass er terrestrisch ist. Nur zeitgenössische Berichte, Anekdoten und Legenden sowie Vergleiche mit nah verwandten Arten können Hinweise auf seine Lebensweise geben.
Der Tonga-Skink ist Teil tongaischer Legenden, in denen ihm besondere Kräfte zugeschrieben werden. Eine Begegnung mit dem seltenen Tier gilt als Omen für ein bedeutendes Familienereignis wie eine Hochzeit oder eine Beerdigung. Diese Legende deutet darauf hin, dass es als großer Glücksfall betrachtet wird, den Tonga-Skink zu sehen. Dies könnte auf seine versteckte Lebensweise hinweisen.
Die Herpetologen Ivan Ineich und Wolfgang Böhme vermuten in ihrer 2024er-Studie, dass Duméril und Bibron die Tonga-Skinks während der Regenzeit entdeckten. Starke Regenfälle könnten die Tiere aus ihren unterirdischen Verstecken gezwungen haben. Dies wird durch eine Reisebeschreibung von Jules Dumont d’Urville aus dem Jahr 1832 unterstützt, in der er von starken und häufigen Regenfällen berichtet.
Der Tonga-Skink war sehr wahrscheinlich ein semifossorialer Waldbewohner, ähnlich wie seine Verwandten auf Neukaledonien und Neuguinea. Das bedeutet, dass er in der Lage war zu graben und im Gegensatz zu vollständig fossorialen Lebewesen (wie Nacktmullen oder Maulwürfen) nur teilweise unter der Erde lebte.
Die IUCN verweist darauf, dass ähnliche Arten dämmerungsaktive Raubtiere sind, die sich im Unterholz aufhalten. Möglicherweise trifft dies auch auf den Tonga-Skink zu. Da sich die in der Karibik endemischen Doppelzungenschleichen und der Tonga-Skink morphologisch stark ähneln, ist eine ähnliche Lebensweise wahrscheinlich. Doppelzungenschleichen leben auf dem Boden oder graben sich ein und sind nacht- oder dämmerungsaktiv.
Tonga-Skink – Wirklich eine eigene Gattung?
Nach seiner ursprünglichen Beschreibung im Jahr 1839 als Eumeces microlepis wurde die Gattungszugehörigkeit des Tonga-Skinks mehrfach geändert. Erst 1952 schlug der US-amerikanische Herpetologe Myron Budd Mittleman in A Generic Synopsis of the Lizards of the Subfamily Lygosominae die monotypische Gattung Tachygyia vor. Diese Gattung zeichnet sich durch ein bewegliches, schuppiges unteres Augenlid ohne Augenscheibe aus. Außerdem hat sie eine sichtbare Ohröffnung, die halb so groß oder kleiner ist als das Auge. Die Gliedmaßen sind sehr kräftig und lang und überlappen sich stark, wenn sie an den Körper angelegt werden.
Da Tachygyia eine monotypische Gattung ist und nur auf einer abgelegenen pazifischen Insel vorkommt, wird ihre Einordnung von einigen Autoren, darunter Ineich und Böhme, in Frage gestellt. Es gibt mehrere ähnliche Fälle, bei denen sich monotypische Gattungen auf Inseln als artenreiche, durch Radiation entstandene lokale Varianten größerer Gattungen herausgestellt haben. Ein Beispiel ist der ausgestorbene Kapverdische Riesenskink, der lange als einzige Art der Gattung Macroscincus galt. Eine Revision der Kapverden-Skinks (2010) zeigte jedoch, dass der Kapverdische Riesenskink eine riesige Form innerhalb der speziesreichen Gattung Chioninia ist. Ebenso wurde der Mauritius-Riesenskink, der zwischen 1600 und 1650 ausgestorben ist, später als Mitglied der Gattung Leiolopisma identifiziert.
Ineich und Böhme schlagen vor, dass der Tonga-Skink ein abweichendes Mitglied der Gattung Emoia sein könnte, deren Skinke im Nordwest- bis Südpazifik verbreitet sind. Diese Reptilien zeichnen sich durch das Vorhandensein von Nasenschilde (Supranasalia), eine transparente Schuppe im beweglichen unteren Augenlid und gut entwickelte Gliedmaßen aus. Der Tonga-Riesenskink hat viele ähnliche Merkmale wie die Arten dieser Gruppe, unterscheidet sich jedoch durch einige spezielle Eigenschaften wie das schuppige untere Augenlid. Er könnte deshalb eine besonders abweichende Linie innerhalb der Emoia-Radiation im zentralen Pazifik darstellen, was seine einzigartige evolutionäre Geschichte erklären würde.
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