Der nachtaktive, nur aus Gebirgsteilen Bosnien-Herzegowinas und Montenegros bekannte Gebirgs-Steppenfrostspanner (Lignyoptera thaumastaria) ist nach 86 Jahren in Bosnien-Herzegowina wieder aufgetaucht, dies geht aus einer Pressemitteilung der Staatlichen Museen für Naturkunde Karlsruhe hervor.
Zuletzt gesichtet wurden wenige Exemplare in Bosnien-Herzegowina in den Jahren 1901, 1903 und 1937 und in Montenegro 1987, weshalb Wissenschaftler annahmen, dass er bereits ausgestorben sein könnte. Die Nachtfalter-Art lebt oberhalb der Baumgrenze und überwintert als Ei. Sie taucht erst auf, wenn der erste Schnee gefallen und wieder getaut ist, was es besonders schwierig macht, den Gebirgs-Steppenfrostspanner aufzuspüren.
Expertenteam findet Gebirgs-Steppenfrostspanner bei Travnik
Internationale Schmetterlingsexperten um Robert Trusch vom Naturkundemuseum Karlsruhe fanden in Kooperation mit Dejan Kulijer vom Nationalmuseum von Bosnien-Herzegowina am 23. Oktober 2023 im Vlašić-Bergmassiv bei Travnik oberhalb der Baumgrenze in Höhen zwischen 1.550 und 1.750 Metern den verschollen geglaubten Gebirgs-Steppenfrostspanner wieder.
Die Fachleute suchten ab einsetzender Dämmerung das Gebiet ab und entdeckten ab Mitternacht einzelne Männchen der Schmetterlings-Art in verschiedenen Höhen. Mehr Falter waren erst in den frühen Morgenstunden zu beobachten und ab 5 Uhr sichteten die Forscher sogar wenige Weibchen. Dank des guten Wetters war die Expedition bereits in der ersten Untersuchungsnacht ein voller Erfolg.
Überleben in stürmischen Höhen dank Flugunfähigkeit
Zwischen den Geschlechtern besteht ein ausgeprägter Sexualdimorphismus: Die Flügel der männlichen Gebirgs-Steppenfrostspanner sind gelb und braun gefärbt. Die Weibchen hingegen sind aufgrund ihrer verkümmerten Flügel flugunfähig. Die Untersuchung der Forschenden ergab in diesem Zusammenhang, dass die Flugunfähigkeit der Weibchen entscheidend für ihr Überleben in den bergigen, oft von starken Herbststürmen heimgesuchten Regionen Bosnien-Herzegowinas und Montenegros zu sein scheint. Nicht fliegen zu können, verhindert nämlich, dass die für die Fortpflanzung wichtigen Tiere aus ihrem Lebensraum geweht werden. Die männlichen Gebirgs-Steppenfrostspanner verbergen sich außerhalb ihrer Aktivitätszeiten tief in den Grashorsten und bleiben während Stürmen und Regenwetter versteckt.
Die Fachleute stellten während ihrer Expedition etwas Ungewöhnliches fest: Die Gebirgs-Steppenfrostspanner werden im Gegensatz zu den meisten anderen Nachtfaltern nicht von künstlichem Licht angezogen. Es konnten aber noch nicht alle Fragen zur Lebensweise der Art beantwortet werden, sodass noch Forschungsbedarf besteht. So ist zum Beispiel noch unklar, welche Nahrungspflanzen die Raupen nutzen und wie weit verbreitet die Spezies im Balkan tatsächlich ist.
Bilder des Gebirgs-Steppenfrostspanners gibt es bei Lepiforum e. V.
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