Top 10 Invasive Arten: Der Waschbär
Der Waschbär zählt in der EU zu den invasiven Arten, weil er die heimische Artenvielfalt bedroht. Quartl, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons)

Top Ten: Invasive Tiere in Deutschland

Gebietsfremde invasive Arten können einheimische Arten verdrängen, gesundheitliche Probleme verursachen und ökonomische Schäden anrichten. Laut einem Bericht des Weltbiodiversitätsrates (IPBES) sind 60 Prozent aller Ausrottungen hauptsächlich auf die Einschleppung invasiver Arten (Neozoen) zurückzuführen. Vor allem menschliche Aktivitäten sorgen dafür, dass fremde Arten absichtlich oder unabsichtlich in Gebiete eindringen, in denen sie zuvor nicht vorkamen, Auch der Klimawandel begünstigt die Verbreitung von Arten.

Für Deutschland existiert vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) aktuell eine EU-Liste mit invasiven gebietsfremden Tier- und Pflanzenarten, auf der 47 Tierarten stehen.

    • Kamberkrebs (Orconectes limosus)
    • Marmorkrebs (Procambarus virginalis)
    • Signalkrebs (Pacifastacus leniusculus)
    • Roter Amerikanischer Sumpfkrebs (Procambarus clarkii)
    • Chinesische Wollhandkrabbe (Eriocheir sinensis)
    • Asiatische Hornisse (Vespa velutina nigrithorax)
    • Nordamerikanischer Ochsenfrosch (Lithobates catesbeianus)
    • Waschbär (Procyon lotor)
    • Nutria (Myocastor coypus)
    • Bisamratte (Ondatra zibethicus)
    • Marderhund (Nyctereutes procyonoides)
    • Kettennatter (Lampropeltis getula)
    • Schwarzer Zwergwels (Ameiurus melas)
    • Östlicher Mosquitofisch (Gambusia holbrooki)
    • Sonnenbarsch (Lepomis gibbosus)
    • Chinesischer Muntjak (Muntiacus reevesi)
    • Roter Nasenbär (Nasua nasua)
    • Schwarzkopf-Ruderente (Oxyura jamaicensis)
    • Amurgrundel (Perccottus glenii)
    • Blaubandbärbling (Pseudorasbora parva)
    • Grauhörnchen (Sciurus carolinensis)
    • Sibirisches Streifenhörnchen (Tamias sibiricus)
    • Nordamerikanische Buchstaben-Schmuckschildkröte (Trachemys scripta)
    • Heiliger Ibis (Threskiornis aethiopicus)
    • Nilgans (Alopochen aegyptiaca)
    • Hirtenmaina (Acridotheres tristis)

Längst nicht alle gebietsfremden Arten sind als invasiv anzusehen. Invasive Arten sind solche, die sich in einem fremden Gebiet ausbreiten und negative Auswirkungen auf das Ökosystem haben, indem sie beispielsweise einheimische Arten verdrängen oder Krankheiten verbreiten. Ob die aus dem Mittelmeerraum stammende Nosferatu-Spinne (Zoropsis spinimana) in Deutschland als invasive Tierart anzusehen ist, wissen wir noch nicht. Es bleibt abzuwarten, ob sie negative Auswirkungen auf die heimische Fauna hat.

Diese invasiven Arten richten den meisten Schaden an

Die folgende Auflistung zeigt die Top Ten der invasiven gebietsfremden Tiere in Deutschland, die sich am meisten ausgebreitet haben und von denen häufig angenommen wird, dass sie die meisten negativen Auswirkungen auf das Ökosystem haben:

Waschbär

Ursprünglich wurde der Waschbär in den 1920er/30er-Jahren aus Nordamerika als Pelzlieferant eingeführt und auf Pelzfarmen gehalten. Im Jahr 1934 wurden bewusst zwei Waschbärpaare in Hessen ausgesetzt, mit dem Ziel, ihn dort anzusiedeln. Heutzutage ist der Waschbär fast überall in Deutschland anzutreffen. Diese anpassungsfähigen Kleinbären sind Allesfresser und jagen gezielt nach Beutetieren wie Amphibien, Reptilien, Fledermäusen, Fischen und vor allem Eiern und Jungvögeln. Sie sind bekannt dafür, auch in urbanen Gebieten weit verbreitet zu sein, wo sie nicht selten Mülltonnen durchwühlen. Die starke Prädation durch den Waschbären trägt zu den bestehenden Bedrohungen für heimische Arten bei und kann ihre langfristige Überlebensfähigkeit gefährden. Obwohl der Waschbär in fast allen Bundesländern dem Jagdrecht unterliegt, gibt es auch Stimmen, die der Auffassung sind, dass er mittlerweile zu unserer heimischen Tierwelt gehört.

Signalkrebs / Roter Amerikanischer Sumpfkrebs

Signalkrebs - invasive Art
Der großgewachsene Signalkrebs verdrängt die europäischen Flusskrebsarten. (© USFWS – Pacific Region, Public domain, via Wikimedia Commons)

Der aus Nordamerika stammende und im Süßwasser lebende Signalkrebs wurde absichtlich ab 1960 als Neozoon in Europa eingeführt, um die Krebsfischerei wiederzubeleben, nachdem die heimische Edelkrebs-Populationen zurückgegangen sind. Allerdings brachte der Signalkrebs einen neuartigen und besonders ansteckenden Stamm des Krebspest-Erregers mit, der die hierzulande lebenden Flusskrebse befällt. Die Krebspest ist nicht heilbar und endet mit dem Tod der erkrankten Tiere. Der Signalkrebs ist nicht der einzige aus Amerika eingeschleppte Krebs, auch der Rote Amerikanische Sumpfkrebs gilt als Überträger der Krebspest. Heute sind die invasiven Krebsarten in fast allen europäischen Ländern verbreitet und gefährden die heimischen Flusskrebse. Der in Kalifornien endemische Flusskrebs Pacifastacus nigrescens ist bereits um 1900 ausgestorben, nachdem der Signalkrebs und der Rote Amerikanische Sumpfkrebs samt Krebspest-Erreger in seinen Lebensraum gelangten. Auch der Ash-Meadows-Killifisch verschwand 1948, weil der Rote Amerikanische Sumpfkrebs ihm Nahrung und Lebensraum streitig machte.

Kamberkrebs

Um 1890 wurde der Kamberkrebs erstmals von einem preußischen Kammerherren nach Europa, insbesondere in das Gewässersystem der Oder, eingeführt, wobei etwa 90 Tiere unbekannter Herkunft aus Nordamerika versuchsweise importiert wurden. Die Art fand ideale Lebensbedingungen vor und breitete sich schnell in Nord- und Westdeutschland aus. Vielfach wurde diese Ausbreitung noch durch aktive Besatzmaßnahmen unterstützt, um den Kamberkrebs als Ersatz für den Edelkrebs fischereilich zu nutzen. Heute ist der Kamberkrebs in West- und Mitteleuropa weit verbreitet und die am häufigsten vorkommende Flusskrebsart. Die Art überträgt nachweislich die Krebspest, gegen die sie selbst immun ist.

Nilgans

Top Ten Invasive Arten: Nilgans
Die Nilgans lebt an Seen und Flüssen. (© Bernard DUPONT from FRANCE, CC BY-SA 2.0, via Wikimedia Commons)

Die Nilgans wird seit dem 18. Jahrhundert in Europa als Ziergeflügel gehalten. In den letzten Jahrzehnten gelangte sie nach Mitteleuropa. Ursprünglich in Afrika beheimatet, ist sie heute in ganz Deutschland in städtischen Parks und an Badeseen anzutreffen. Den Wasservögeln wird nachgesagt, dass sie mit heimischen Vogelarten um Nistplätze und Reviere konkurrieren. Sie sollen in Nestnähe sehr aggressiv sein und andere Wasservögel verdrängen oder sogar deren Brut gefährden. Auch der Kot der Nilgänse gilt als gesundheitsgefährdend, weshalb sie auf der EU-Liste für invasive Arten gelandet sind. Bislang ist nicht bewiesen, dass die Nilgans ökologische Schäden anrichtet, sodass ein Bestandsmanagement mit dem Ziel der Bestandsverringerung eigentlich nicht zu rechtfertigen ist. Dennoch ist die Jagd auf Nilgänse aktuell in neun Bundesländern erlaubt. In der Jagdsaison 2021/2022 wurden rund 10.000 Nilgänse in Deutschland getötet.

Nutria

Top Ten invasive Arten: Nutria
Bereits seit den 1930er-Jahren gibt es wildlebende Nutrias in Deutschland, sodass die Art heute hierzulande als etabliert gilt.
Musicaline, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons)

Die Nutria oder Biberratte stammt aus Südamerika und wurde in Deutschland ab den 1920er-Jahren als Pelztier gezüchtet. Nachdem Tiere aus Pelztierfarmen entkommen waren, etablierten sie sich in der freien Wildbahn, sodass sie heute in ganz Deutschland vor allem an Flüssen, Seen und Teichen anzutreffen sind. Nutrias sind zwar fast reine Vegetarier, richten aber dennoch Schäden an. Sie machen sich an Ernten und wasserbaulichen Anlagen zu schaffen, indem sie Deiche unterhöhlen. Zudem hinterlassen die Nagetiere starke Fraßschäden an Muscheln und an Unterwasser- und Ufervegetation, wodurch Lebensräume seltener Arten zerstört werden können. Ihr Bestand hat sich allein zwischen 2006 und 2016 in Deutschland verdoppelt, da Nutrias sich zu jeder Jahreszeit fortpflanzen können. Nutrias unterliegen hierzulande nicht dem Jagdrecht, dennoch wurden mit Ausnahmegenehmigungen zur Bestandsverringerung in der Jagdsaison 2021/2022 etwa 95.000 Nutrias getötet.

Marderhund

Gebietsfremde invasive Art: Marderhund
Der Marderhund stammt aus Asien. (© Ken Ishigaki, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons)

Ursprünglich beheimatet in Ostsibirien, Japan und Nordchina, wurden Marderhunde in der ehemaligen westlichen UDSSR als Pelztiere eingeführt. Von dort aus breiteten sie sich nach Westen aus und wurden erstmals in den 1960er-Jahren in West-Deutschland nachgewiesen. Die Verbreitung des Marderhunds in Deutschland wird kritisch betrachtet, da er als Neozoon, das in seiner neuen Umgebung keine natürlichen Feinde hat, das Ökosystem negativ beeinflussen kann. So befürchtet man, dass er heimische Vogelarten durch die Prädation auf Eier und Jungvögel an Wiesen, Ufern, Küsten und in Höhlen verdrängen könnte. Weiterhin gilt die Bejagung von Reptilien und Amphibien als mögliche Gefahr für die heimische Tierwelt. Bislang gibt es keine wissenschaftlich eindeutigen Beweise dafür, dass die Ausbreitung des Marderhundes unmittelbar eine bestimmte Tierart in ihrem Bestand bedroht. Trotzdem unterliegt der Marderhund seit 1996 dem Jagdrecht und darf geschossen werden.

Bisamratte

Bisamratte - invasive Art
Der Bisam wird häufig mit der Nutria verwechselt. Nutrias sind allerdings größer als Bisamratten und haben keinen seitlich abgeplatteten Schwanz. (© mikroskops at Panoramio, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons)

Die Bisamratte, die eigentlich zu den Wühlmäusen gehört, wurde 1905 von Fürst Joseph Colloredo-Mansfeld aus Alaska nach Böhmen gebracht und von dort aus in Europa eingeführt. Schnell verbreitete sie sich über Flüsse und Bäche, besiedelte große Teile Europas und gelangte 1914 auch nach Deutschland. Die Bisamratte besetzt Nischen, die in Mitteleuropa nicht mehr von heimischen Arten besetzt sind, und verursacht Schäden durch ihre Wühltätigkeit, insbesondere in Fluss- und Küstenregionen. Sie frisst Ufer- und Wasserpflanzen, was die Struktur von Ufer-Ökosystemen verändern und den Lebensraum einiger Vogelarten beeinträchtigen kann. Zeitweise jagt sie auch Tiere wie Krebse und Amphibien. Bisamratten sollen zudem Muschelbestände gefährden, die bereits durch Umweltbelastungen bedroht sind. Nicht zuletzt fungieren die Nager als Zwischenwirt für den Fuchsbandwurm. Bisamratten unterliegen nicht dem Jagdrecht, trotzdem werden mithilfe von Ausnahmegenehmigungen jährlich mehrere Tausend Tiere erlegt oder gefangen.

Blaubandbärbling

Top Ten Invasive Arten: Blaubandbärbling
Der recht kleine Blaubandbärbling erreicht eine Körperlänge von maximal 9,5 Zentimetern. (© Seotaro, edited by Lycaon, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons)

Der Blaubandbärbling, eine Fischart aus der Familie der Karpfenfische, wurde wahrscheinlich unbeabsichtigt aus Asien in den 1960er-Jahren nach Rumänien eingeführt und hat sich seitdem in Europa verbreitet. In Deutschland hat man die Art erstmals 1984 nachgewiesen; seitdem ist sie vor allem im Süden des Landes verbreitet. Durch seine hohe Anpassungsfähigkeit, schnelle Reproduktion und geringe Größe hat der Blaubandbärbling ein enormes Ausbreitungspotenzial entwickelt. Seine Anwesenheit birgt verschiedene Gefahren für die heimische Tierwelt. Er kann andere Arten durch Konkurrenz um Nahrung und Lebensraum gefährden und somit zur Artenverarmung in Gewässern beitragen. Auch die starke Prädation auf Zooplankton, Wirbellose und Fischlaich bedroht die heimische Fauna.

Nordamerikanische Buchstaben-Schmuckschildkröte

Invasiv: Buchstaben-Schmuckschildkröte
Die Buchstaben-Schmuckschildkröte aus Nordamerika gilt als eine der meistverbreiteten und schädlichsten invasiven Reptilienarten der Welt. (© Charles J. Sharp, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons)

Die Buchstaben-Schmuckschildkröte gelangte wahrscheinlich durch den Handel mit exotischen Haustieren von Nordamerika nach Deutschland. Sie wurde in den 1980er- und 1990er-Jahren in großer Zahl als Haustier in die Europäische Union importiert. Nordamerikanische Buchstaben-Schmuckschildkröten sind bei Aquaterrarienhaltern als Rotwangen- oder Gelbwangen-Schmuckschildkröte beliebt, jedoch haben viele Besitzer diese Tiere ausgesetzt, wenn sie entweder zu groß oder zu lästig geworden sind. Die Schildkröten können einheimische Arten, wie die Europäische Sumpfschildkröte, durch Konkurrenz um Nahrung und Lebensraum gefährden. Versuche haben gezeigt, dass Europäische Sumpfschildkröten, die gemeinsam mit Buchstaben-Schmuckschildkröten gehalten wurden, unter Gewichtsverlust und hoher Sterblichkeit litten. Als omnivore Fresser könnten sie auch einen negativen Einfluss auf andere Teile des Ökosystems wie Amphibien, Fische oder Wasserpflanzen haben. Bekannt ist, dass sie Amphibienlarven stark bejagen.

Was tun gegen invasive Arten?

Um die Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten einzudämmen, gibt es verschiedene Maßnahmen. Auf EU-Ebene existiert seit 2015 eine rechtsverbindliche Verordnung zum Umgang mit invasiven Arten, die den Handel, Transport und die Freisetzung bestimmter Arten einschränkt und die Überwachung sowie Prävention ihrer Ausbreitung vorschreibt.

In Berlin werden zum Beispiel spezifische Maßnahmen ergriffen, um die Auswirkungen invasiver Arten auf die Ökosysteme zu minimieren. Dazu gehören unter anderem das Abfangen und Entfernen invasiver Krebse aus Gewässern sowie Beratungsangebote zur Vermeidung von Waschbäreneinbrüchen in Haus und Garten.

Wichtig sind Aufklärung und Bewusstseinsbildung: Menschen sollten sich bewusst sein, wie sie mit gebietsfremden Arten umgehen. Bei Arten wie Waschbär, Nutria oder Nilgans sollte darauf verzichtet werden, diese zu füttern. Auch sollten keine Gartenabfälle in der Natur entsorgt und so die Tiere unabsichtlich gefüttert werden.

Hilfreich kann es sein, den Handel mit potenziell invasiven Tieren strenger zu regulieren, um so die heimische Tierwelt zu schützen. Der Deutsche Tierschutzbund fordert statt der Bejagung, mit gebietsfremden Arten, die sich bereits in Deutschland etabliert haben, zu leben. Die Jagd auf invasive Arten sei nicht erfolgversprechend, da sich schnell neue Tiere ansiedeln würden. Nachhaltiger sei das Kastrieren von Tieren und der Austausch von Eiern. Weiterhin ist es wichtig, die Ausbreitung bereits vorhandener gebietsfremder Arten genau zu beobachten, um schnell vorbeugend eingreifen zu können, wenn nötig.

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