Südinsel-Kokako: Gesucht. Am liebsten lebendig.
Nachdem die letzte bestätigte Sichtung des Südinsel-Kokakos schon eine Weile her war, nämlich 1967, erklärte das Department of Conservation (DOC) die Vogelart 2007 für ausgestorben. Mit dem Bekanntwerden einer bestätigten Sichtung des Südinsel-Kokakos noch im selben Jahr an der Westküste der Südinsel Neuseelands wandelte das DOC den Status in ‚unzureichende Datenlage‘ um.
Zwischen 1990 und 2016 gab es einige unbestätigte Sichtungen des Kokakos von der Südinsel. Eine ausgedehnte Suche im Jahr 2000, die in acht abgelegene Gebiete führte, die nur per Helikopter oder Boot zugänglich sind, erwies sich allerdings als erfolglos. Die Suche umfasste auch Stewart Island, denn auf der 30 Kilometer südlich der Südinsel Neuseelands gelegenen Insel soll der Kokako einst ebenfalls gelebt haben. Übrigens gelang einem Jäger Anfang 2024 eine vielversprechende Sichtung im Rowallan Forest auf der Südinsel.
Auch die Weltnaturschutzorganisation IUCN stuft die Vogelart als vom Aussterben bedroht ein. Wenn es den Südinsel-Kokako noch gibt, dann nur sehr wenige Exemplare. Es muss also schnell gehandelt werden, um Maßnahmen zur Rettung und zum Schutz des seltenen Vogels einzuleiten. Doch das setzt voraus, dass der Südinsel-Kokako gefunden wird.
Aus diesem Grund hat die Stiftung The South Island Kōkako Charitable Trust 2017 ein Kopfgeld auf den Südinsel-Kokako ausgesetzt. Zunächst ging es um 5.000 Neuseeland-Dollar (NZD), was etwa 3.400 Euro entspricht, später wurde die Belohnung auf 10.000 NZD erhöht. Das Geld erhält derjenige, der Informationen liefert, die eindeutig bestätigen, dass die Vogelart noch existiert.
Eine der zuletzt bekannt gewordenen Sichtungen des Südinsel-Kokakos war im November 2018 in der Golden Bay, berichtete Tim Newman auf stuff.co.nz. Auch wenn diese Sichtung als unbestätigt gilt, scheint sie doch hoffnungsvoll: Der Beobachter hat den Vogel aus nächster Nähe gesehen, beschrieb die richtigen Farben und auch die Art des Vogels sich zu bewegen, stimmt mit der von Kokakos überein.
Südinsel-Kokako – Steckbrief
alternative Bezeichnungen | Südinsel-Kōkako, Südinsel-Lappenkrähe |
wissenschaftliche Namen | Callaeas cinereus, Callaeas cinerea, Callaeas cinereus cinereus, Callaeas cinerea cinerea, Glaucopis cinerea |
englische Namen | South Island Kokako, South Island Kōkako, Cinereous Wattlebird, Orange-wattled Crow |
ursprüngliches Verbreitungsgebiet | Südinsel Neuseelands |
Zeitpunkt des Aussterbens | nach 2007 |
Ursachen für das Aussterben | Lebensraumverlust, auf Insel eingeschleppte Tiere, Überjagung |
Zwei Kokako-Arten: Nordinsel- und Südinsel-Kokako
Auch wenn der Südinsel-Kokako bisweilen Orange-wattled Crow oder New Zealand Crow genannt wird, ist er keine Krähe. Die Bezeichnung rührt vielmehr daher, dass Kokakos aus der Ferne aufgrund der dunklen Federn einer Krähe ähnlich sehen.
Der Kokako ist ein Singvogel aus der Familie der Lappenvögel (Callaeidae), die ausschließlich auf Neuseeland vorkommen. Oder auch vorkamen: Einer der Lappenvögel, der Huia oder Lappenhopf von der Nordinsel Neuseelands, gilt seit Anfang des 20. Jahrhunderts als ausgestorben.
Der deutsche Naturwissenschaftler Johann Friedrich Gmelin beschrieb den Kokako 1788 als erster wissenschaftlich als Glaucopis cinerea. Da es auf der Nordinsel und auf der Südinsel Neuseelands Kokakos gibt, die sich optisch nur wenig unterscheiden, nahmen Wissenschaftler einige Zeit an, bei den Vögeln der Nord- und Südinsel handele es sich um Unterarten von Callaeas cinerea. So kam es dazu, dass der Nordinsel-Kokako als Callaeas cinerea wilsoni und der Südinsel-Kokako als Callaeas cinerea cinerea bezeichnet wurde.
Offensichtlich unterscheiden sich Nordinsel- und Südinsel-Kokako in der Farbe ihrer Kehllappen, die sich an den Seiten des Schnabels befinden. Die Art auf der Nordinsel besitzt leuchtend blaue Hautlappen, die Art der Südinsel orangefarbene mit etwas Blau an der Basis. Zudem ist der Nordinsel-Vogel insgesamt etwas blasser.
Aus der Checklist of the Birds of New Zealand (2010) geht hervor, dass genetische Untersuchungen ergeben haben, dass die Unterschiede nicht nur optischer Natur sind. Die Nordinsel-Vögel wurden 2001 offiziell als Callaeas wilsoni anerkannt. Die Südinsel-Lappenkrähe trägt seither den wissenschaftlichen Namen Callaeas cinerea (oder auch C. cinereus).
Ende der 1990er-Jahre gab es vom Nordinsel-Kokako nur noch knapp 300 Brutpaare, doch dank intensiver Schutzbemühungen konnte sich der Bestand erholen. Mittlerweile sollen es wieder 2.000 Brutpaare auf der Nordinsel sein, so berichtet die FAZ im März 2021.
Der Südinsel-Kokako war kein überragender Flieger
Den blaugrau gefiederten Südinsel-Kokako, der etwas kleiner als eine Taube war, traf man zu Beginn des 19. Jahrhunderts in den Wäldern der Südinsel Neuseelands noch häufig an. Doch durch die Besiedlung der Insel – erst durch Polynesier, später durch Europäer – änderte sich dies rasch: Große Teile der Vegetation wurden vernichtet, Brandrodungen ausgeübt, Wälder abgeholzt, um etwa Weideflächen und Ackerland zu schaffen.
Um 1900 herum ist der Kokako auf der Südinsel und auf Stewart Island bereits zu einem seltenen Vogel geworden. In den 1960er-Jahren verschwand er (möglicherweise) sogar vollständig.
Da der Kokako recht kurze und abgerundete Flügel besitzt, gehört er nicht zu den besten Fliegern. Selten fliegt er weitere Strecken als hundert Meter, vielmehr gleitet er von Erhebungen in tiefere Gefilde hinab. Doch am liebsten hüpft der Kokako mit seinen kräftigen grauen Beinen von Ast zu Ast, so Barry Heather und Hugh Robertson in The Field Guide to the Birds of New Zealand (1997).
Und weil der Kokako kein guter Flieger ist, machten ihn vor allem die von den Einwanderern auf die Inseln eingeschleppten Säugetiere zu schaffen: Katzen, Hermeline (Mustela erminea), Hausratten (Rattus rattus) oder Fuchskusus (Trichosurus vulpecula), eine aus Australien stammende Beuteltierart. Zusätzlich vernichteten ebenfalls auf die Insel eingeführte Ziegen und andere Nutztiere durch Überweidung die Nahrungsgrundlagen des Kokakos.
Doch warum sank die Zahl der Südinsel-Kokakos sehr viel schneller als die der Nordinsel-Kokakos? Die Südinsel-Version verbrachte für die Futtersuche und das Nisten mehr Zeit in Waldbodennähe, wodurch sie sich vermehrt der Gefahr aussetzte, zum Opfer eingeschleppter Fressfeinde zu werden.
Der Kokako als wichtiger Teil der Māori-Mythologie
Zwischen dem achten und dem 14. Jahrhundert besiedelten Maori, aus Polynesien kommend, Neuseeland. Zuerst die Nordinsel, dann die Südinsel und Stewart Island und schließlich auch die Chathaminseln. Unbestritten ist, dass die Besiedlung Neuseelands durch die Maori zum Aussterben vieler dort endemischer Tierarten führte wie beispielsweise Haastadler, Nordinsel-Riesenmoa oder Südinsel-Riesenmoa.
So zeigen subfossile Knochenfunde auch, dass der Südinsel-Kokako einst auf der gesamten Südinsel heimisch war, doch aufgrund der Brandrodungen der Polynesier den Osten der Insel als Lebensraum verlor.
Nichtsdestotrotz spielt der Kokako in der Mythologie der Maori, den Ureinwohnern Neuseelands, eine große Rolle. So heißt es: Der Kokako füllte seine Kehllappen mit Wasser und brachte es zum Halbgott Maui, als dieser mit der Sonne kämpfte. Maui belohnte daraufhin den Kokako und machte seine Beine lang und schlank, sodass der Vogel sich mit Leichtigkeit durch den Wald bewegen kann.
Der Kokako galt für viele Angehörige der indigenen Bevölkerung Neuseelands als heilig, weshalb der Vogel auch selten auf ihrem Speiseplan stand. Der Name der Vogelart, Kōkako oder Kōkā, entstammt der Maori-Sprache, und heißt übersetzt Lappenkrähe.
Zudem schätzen die Maori den Kokako seit jeher für seinen einzigartigen Gesang. Dieser erinnert an Töne aus einer Flöte oder Orgel, die mit einigem Abstand erzeugt werden. Oft singen Männchen und Weibchen im Duett. Es heißt, der Gesang des Kokakos sei einer der langsamsten des Vogelreichs, und die Duette seien die längsten unter allen Vogelarten.
Viele Maori beteiligen sich heutzutage an den Schutzmaßnahmen zur Erhaltung des Kokakos. Zu solchen Maßnahmen zählen etwa die Umsiedlung der Vögel (etwa in frühere Lebensräume) und die Kontrolle von Raubtieren, die eine Gefahr für diese darstellen könnten.
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