Nacktbrustkänguru (Caloprymnus campestris)
Nacktbrustkänguru im Museum of Central Australia: Mit 25 bis 28 Zentimetern Körperlänge (ohne Schwanz) war die Art etwas größer als eine Hausratte. Mark Marathon, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons)

Das Nacktbrustkänguru – Gefunden, verloren, gefunden und wieder verloren…

Für die Wangkangurru, ein Aborigines-Volk, war das Nacktbrustkänguru (Ngudlukanta) seit Jahrtausenden bekannt. Doch erst in den 1840er-Jahren wurde die westliche Wissenschaft auf das Beuteltier aus der Familie der Rattenkängurus (Potoroidae) aufmerksam, als der damalige Gouverneur von South Australia, George E. Grey, drei Exemplare an den Naturforscher John Gould nach England schickte. Gould, eigentlich Ornithologe, erkannte darin eine bislang unbekannte Art und beschrieb sie 1843 in seiner Publikation On a New Species of Kangaroo Rat wissenschaftlich.

Anschließend geriet das Nacktbrustkänguru fast in Vergessenheit – nahezu 90 Jahre lang gab es keine bestätigten Sichtungen, abgesehen von einem zweifelhaften Bericht aus dem Jahr 1878. Da weitere Nachweise ausblieben, galt die Art schließlich als ausgestorben.

Nacktbrustkänguru – Steckbrief

alternative BezeichnungenSteppenkängururatte, Steppenkänguruhratte, Oolacunta, Ngudlukanta, Ulakanda, Coorgee, Koorjee, Wirtiree
wissenschaftliche NamenCaloprymnus campestris, Bettongia campestris, Hypsiprymnus campestris
englische NamenDesert rat-kangaroo, Buff-nosed rat-kangaroo, Plains rat-kangaroo, Desert bettong, Plain-loving jerboa kangaroo
ursprüngliches VerbreitungsgebietZentralaustralien
Zeitpunkt des Aussterbens1935
Ursachen für das Aussterbeneingeschleppte Tiere, Lebensraumverlust, Bejagung
IUCN-Statusausgestorben

Die Wiederentdeckung des Nacktbrustkängurus (1931)

Im Jahr 1931 änderte sich alles. Nach dem Ende einer langen Dürreperiode gelang dem australischen Säugetierkundler Hedley Herbert Finlayson die Wiederentdeckung des Nacktbrustkängurus. In einer abgelegenen, lebensfeindlichen Landschaft aus Sandhügeln und Geröllfeldern im Nordosten von South Australia, zwischen den Flüssen Diamantina und Cooper Creek, stieß er auf eine Population der vermeintlich ausgestorbenen Art.

Erstaunt stellte Finlayson fest, dass sich das Tier über Jahrzehnte in dieser extremen Umgebung verborgen halten konnte. Die Population war zwar klein, doch die Erholung der Vegetation nach der Dürre schien auch dem Nacktbrustkänguru zugutekommen zu sein. Während seiner Expedition konnte er 17 Tiere beobachten und zwölf Exemplare in verschiedenen Entwicklungsstadien sammeln. Sein Ziel war es, die Art und ihre Lebensweise umfassend zu dokumentieren, um mehr über dieses rätselhafte Beuteltier zu erfahren.

Trotz des wissenschaftlichen Durchbruchs blieben jedoch einige Fragen ungeklärt – insbesondere die genaue Herkunft der Exemplare, die George Grey 1843 an das British Museum geschickt hatte. Finlayson kehrte in den folgenden Jahren mehrfach in die Region zurück, doch das Nacktbrustkänguru verschwand erneut spurlos.

Zwischen 1932 und 1935 wurden noch einige Individuen in der Tirariwüste im Nordosten von South Australia gefangen – möglicherweise die letzten ihrer Art. Laut IUCN stammt die letzte bestätigte Sichtung aus dem Jahr 1935 aus der Nähe von Ooroowilanie, östlich des Lake Eyre.

Die vergessene Wiederentdeckung – Ein Exemplar aus dem Jahr 1902

War Finlaysons Wiederentdeckung tatsächlich die erste? Jahrzehnte später stellte sich heraus, dass das Nacktbrustkänguru bereits viel früher – und an einem anderen Ort – gefunden worden war.

Im September 2018 untersuchte der Zoologe Mark Eldridge das einzige bekannte Exemplar eines Nacktbrustkängurus in der Sammlung des Australian Museum. Dabei machte er eine überraschende Entdeckung: Das Tier stammte nicht aus Finlaysons Fundgebiet, sondern war bereits zwischen 1902 und 1905 vom britischen Naturforscher Henry James Hillier am Lake Killalpaninna gesammelt worden – ganze 26 Jahre vor der vermeintlichen Wiederentdeckung.

Hillier, ein begeisterter Sammler und damals Englischlehrer an einer Missionsschule, schickte zahlreiche Proben an Museen in Australien und England. Die ursprüngliche Registrierungsmarke des Exemplars trug den Eintrag „H.J. Hillier, Esq.“ sowie den Fundort „Killipanima, E. Lake Eyre, S. Australia“ – eine fehlerhafte Schreibweise von Killalpaninna, einer ehemaligen lutherischen Mission.

Diese Erkenntnis hatte weitreichende Folgen: Zum einen war das Verbreitungsgebiet des Nacktbrustkängurus größer als bislang angenommen, zum anderen wurde es bereits lange vor 1931 wiederentdeckt – nur blieb dies damals unbemerkt.

Verbreitungsgebiet und Lebensraum des Nacktbrustkängurus

Der genaue Fundort der ersten Nacktbrustkängurus, die George Grey nach England schickte, ist nicht überliefert. John Gould, der die Exemplare zur wissenschaftlichen Erstbeschreibung erhielt, vermerkte jedoch als Herkunftsgebiet „die steinigen und sandigen Ebenen im Inneren von South Australia, die teilweise mit Buschwerk bewachsen sind“.

Caloprymnus campestris Verbreitungsgebiet
Die Karte zeigt das bekannte historische Verbreitungsgebiet des Nacktbrustkängurus, das sich über Teile South Australias sowie angrenzende Regionen im südwestlichen Queensland und dem Northern Territory erstreckte.
User:מנחם.אל, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons)

Das Nacktbrustkänguru bewohnte eine der trockensten und unwirtlichsten Regionen Australiens. Sein Verbreitungsgebiet war vergleichsweise klein und erstreckte sich über das Lake-Eyre-Becken im Norden von South Australia sowie Teile des südwestlichen Queensland. Möglicherweise reichte es auch bis ins angrenzende Northern Territory, doch fehlen hierfür eindeutige Belege.

Sein Lebensraum bestand aus extrem trockenen Wüstenökosystemen mit nur spärlicher Vegetation. Das Nacktbrustkänguru besiedelte vor allem lehmige Ebenen, Sanddünen und Geröllfelder – karge Landschaften mit starken Temperaturschwankungen zwischen heißen Tagen und kalten Nächten. Diese Gebiete sind geprägt durch Salzbüsche, kleine Bäume und widerstandsfähige Sträucher, die an die lebensfeindlichen Bedingungen angepasst sind.

Interessant ist, dass bereits der wissenschaftliche Name auf den Lebensraum dieser Art verweist: Der Artname campestris bedeutet „auf dem Feld lebend“ oder „zur Steppe gehörend“ und beschreibt treffend das trockene, offene Habitat des Nacktbrustkängurus.

Zur Biologie und zum Verhalten des Nacktbrustkängurus

Über die Biologie und das Verhalten des Nacktbrustkängurus ist nur wenig bekannt. Nahezu alles, was wir heute über diese Art wissen, stammt aus den Aufzeichnungen von Hedley Herbert Finlayson, die er zwischen 1931 und 1935 anfertigte.

Lake Eyre Outback Australien
Trockene, unwirtliche Landschaften wie diese rund um den Lake Eyre in South Australia waren einst das Zuhause des Nacktbrustkängurus. In dieser kargen Umgebung mit spärlicher Vegetation lebte das Beuteltier verborgen, perfekt an die extremen Bedingungen der Wüste angepasst.
eyeintim, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons)

Das Nacktbrustkänguru war klein und zierlich, mit langen Hinterbeinen und einem weichen, sandfarbenen Fell, das ihm eine hervorragende Tarnung in den trockenen, wüstenartigen Landschaften seines Lebensraums bot. Auffällig war die dünne Behaarung der Brust, die ihm seinen deutschen Namen verlieh.

Finlayson beobachtete, dass das Nacktbrustkänguru vermutlich nachtaktiv war, um der intensiven Tageshitze zu entgehen. Anders als viele andere Kleinsäuger der Trockenzone lebte es nicht in Höhlen oder Bauen, sondern suchte Schutz unter spärlichen Sträuchern. Es grub flache Mulden in den Boden, die es mit Blättern und Gräsern auskleidete. Diese einfachen Nester wurden oft unter Sträuchern angelegt und mit Zweigen und Grashalmen bedeckt, um zusätzlichen Schutz zu bieten.

Sein Lebensraum im Lake-Eyre-Becken war von langen Trockenzeiten geprägt, die nur gelegentlich durch Regenfälle unterbrochen wurden. Wahrscheinlich war das Nacktbrustkänguru darauf angewiesen, Feuchtigkeit direkt aus der Nahrung aufzunehmen, da Wasserquellen in seinem Verbreitungsgebiet selten waren.

Über die Fortpflanzung der Art gibt es kaum gesicherte Informationen. Wie andere Rattenkängurus brachte de Art vermutlich ein einzelnes Jungtier zur Welt, das zunächst im Beutel der Mutter heranwuchs. Möglicherweise hatte das Nacktbrustkänguru – ähnlich wie verwandte Arten – mehrere Fortpflanzungszyklen pro Jahr, abhängig von den Umweltbedingungen.

Obwohl Finlaysons Aufzeichnungen nur begrenzte Informationen liefern, zeigen sie, dass das Nacktbrustkänguru außergewöhnlich gut an die extremen Bedingungen seines Lebensraums angepasst war. Doch selbst diese Spezialisierung konnte die Art nicht vor den tiefgreifenden Umweltveränderungen und der Bedrohung durch eingeschleppte Raubtiere schützen…

Vom Aussterben der Nacktbrustkängurus

Der australische Biologe Tim Flannery stellte in Australia’s Vanishing Mammals (1990) fest, dass das Nacktbrustkänguru vermutlich nie eine besonders große Population hatte. Obwohl die Art in den 1930er-Jahren noch als stabil galt, brach sie mit der nächsten Dürreperiode im Jahr 1935 abrupt zusammen – und verschwand endgültig.

Nacktbrust-Känguru von John Gould
Das Nacktbrustkänguru verdankt seinen deutschen Namen der auffälligen Beschaffenheit seines Brust- und Bauchfells. Im Gegensatz zu anderen Känguruarten war das Fell in diesem Bereich dünn, spärlich behaart oder nahezu kahl, sodass die Haut sichtbar war.
John Gould in Mammals of Australia, Public domain,  via Wikimedia Commons)

Die IUCN erklärte das Nacktbrustkänguru 1994 offiziell für ausgestorben und führt seinen Niedergang vor allem auf die Bedrohung durch eingeschleppte Raubtiere zurück. Rotfüchse (Vulpes vulpes) und verwilderte Hauskatzen (Felis catus), die sich ab dem späten 19. Jahrhundert in Australien verbreiteten, stellten eine ernsthafte Gefahr dar. Durch ihre hohe Fortpflanzungsrate und Anpassungsfähigkeit konnten sie das Nacktbrustkänguru in seinem offenen, vegetationsarmen Lebensraum nahezu ungehindert jagen.

Zusätzlich könnte die Art mit eingeführten Kaninchen und Hasen um Nahrung konkurriert haben, auch wenn ihre spezialisierte Ernährungsweise diesen Druck möglicherweise begrenzte. Weitaus gravierender war jedoch die Veränderung ihres Lebensraums durch die intensive Beweidung mit Rindern und Schafen. Diese Nutztiere fraßen die ohnehin spärliche Vegetation kahl und verdichteten den Boden, wodurch die natürliche Regeneration der Pflanzenwelt erheblich erschwert wurde.

Auch die Jagd auf das Nacktbrustkänguru könnte zu seinem Aussterben beigetragen haben. Indigene Gemeinschaften nutzten die Tiere zwar als Nahrungsquelle, jedoch in einem nachhaltigen Maßstab. Doch unter den verschärften Umweltbedingungen durch Dürre, invasive Räuber und den Verlust von Lebensraum könnte selbst diese begrenzte Nutzung den endgültigen Zusammenbruch der Population beschleunigt haben.

Das Nacktbrustkänguru ist nicht die einzige ausgestorbene Rattenkänguru-Art. Auch das Nullarbor-Bürstenkänguru (Bettongia pusilla), das Wüsten-Bürstenrattenkänguru (Bettongia anhydra), das Östliche Bürstenschwanz-Rattenkänguru (Bettongia penicillata penicillata) und das Breitkopfkänguru gelten heute als ausgerottet.

Zahlreiche Sichtungen: Ist das Nacktbrustkänguru wirklich ausgestorben?

Gilbert-Kaninchenkänguru
Das Gilbert-Kaninchenkänguru galt über 120 Jahre als ausgestorben, bevor es 1994 wiederentdeckt wurde. Sein Schicksal zeigt, dass vermeintlich ausgestorbene Arten in abgelegenen Lebensräumen überdauern können. Auch das Nacktbrustkänguru wurde nach einer langen Zeit der Unsichtbarkeit bereits einmal wiederentdeckt – könnte es irgendwo im australischen Outback noch existieren?
Mick wackers at English Wikipedia, CC BY 3.0, via Wikimedia Commons)

Obwohl seit 1935 keine verlässlichen Nachweise mehr existieren, gab es in den folgenden Jahrzehnten immer wieder unbestätigte Sichtungsmeldungen. Besonders in den 1950er- und 1970er-Jahren wurden nach regenreichen Perioden in Queensland vereinzelt Tiere gesichtet. In den 1980er-Jahren wurden zudem frische Überreste in Höhlen entdeckt, was Zweifel an der endgültigen Ausrottung der Art aufkommen ließ.

Zwischen 1957 und 1988 dokumentierten die Forscher Steve G. Carr und Anthony C. Robinson insgesamt 13 unbestätigte Sichtungen, die im South Australian Naturalist (1997) veröffentlicht wurden. Danach gab es nur noch zwei relevante Beobachtungen: Im August 1993 soll ein Tier bei Tageslicht in der Nähe der Goyder Lagoon, nördlich des Fundorts von 1931, aufgescheucht worden sein. Die zweite Sichtung ereignete sich im Mai 2011 bei Nacht auf der Peake Station, einer abgelegenen Rinderstation am Oodnadatta Track im Norden von South Australia.

Die Sichtung von 2011 erhielt besondere Aufmerksamkeit, da das gesichtete Tier später mit Museumsexemplaren verglichen wurde und als mögliches Nacktbrustkänguru identifiziert werden konnte. Eine Nachuntersuchung im August 2011 brachte jedoch keine eindeutigen Ergebnisse. Zwar fanden Forscher ein altes Nest, das den bekannten Neststrukturen von Rattenkängurus ähnelte, sowie kleine Känguru-ähnliche Kotspuren und Fußabdrücke nahe eines Wasserlochs. Doch die anschließende DNA-Analyse des Kots erbrachte keine verwertbaren Ergebnisse. Auch Untersuchungen von Dingo- und Katzenkotproben aus der Region lieferten keine Hinweise auf das Nacktbrustkänguru. Die Sichtung konnte somit nicht bestätigt werden, doch die Forscher Tony Robinson und Tiana Forrest hielten es in ihrer Studie (2012) für möglich, dass noch eine kleine Population existieren könnte:

„Die Möglichkeit besteht, dass eine kleine Population von Caloprymnus, die gemeinhin als ausgestorben in ihrem ehemaligen Verbreitungsgebiet im Lake Eyre Basin gilt, im Mai 2011 in diesem Gebiet existierte.“

A possible sighting of the Desert Rat-kangaroo or Oolacunta (Caloprymnus campestris) on the Peake Station, South Australia. The South American Naturalist 86 (2). 2012. T. Robinson, T. Forrest.

Die große Suchaktion von 2018/19

Trotz der Vielzahl an Sichtungsmeldungen fehlten weiterhin wissenschaftlich belastbare Belege für das Überleben der Art. Um endlich Klarheit zu schaffen, wurde 2018 und 2019 die bislang umfangreichste Suchaktion nach dem Nacktbrustkänguru durchgeführt. Forscher untersuchten gezielt ehemalige Fundorte aus den 1930er-Jahren sowie Gebiete mit jüngeren Sichtungsmeldungen. Dabei kamen modernste Methoden zum Einsatz: Mehr als 6.000 Nächte mit Kamerafallen, die Analyse von 536 Kotproben von Raubtieren (Dingos, Füchse, Katzen) und das Absuchen von 226 Kilometern mit Suchscheinwerfern.

Doch trotz aller Bemühungen fand sich kein einziger Beweis für die Existenz des Nacktbrustkängurus. Die Forscher betonen jedoch, dass die Weitläufigkeit und Unzugänglichkeit des potenziellen Verbreitungsgebiets eine endgültige Aussage erschwert:

„Aufgrund der Weitläufigkeit und Unzugänglichkeit des Gebiets, das als ehemaliges Verbreitungsgebiet von Caloprymnus campestris gilt, sehen wir unser Ergebnis nicht als endgültigen Beweis für das Aussterben dieses wenig erforschten Tieres. Vielmehr soll unsere Arbeit als Ausgangspunkt für zukünftige Untersuchungen dienen.“

A search for the desert rat-kangaroo or ngudlukanta (Caloprymnus campestris) in north-eastern South Australia. Australian Mammalogy 44 (2). 2021. K. Vernes, S. M. Jackson, T. F. & K. Elliott, S. G. Carr.

Hoffnung auf Wiederentdeckung?

Die Sichtung von 2011 und die intensive Suche von 2018/19 zeigen, wie schwer es ist, eine endgültige Aussage über das Schicksal der Art zu treffen. Die Wiederentdeckung anderer verschwunden geglaubter Beuteltiere verdeutlicht, dass es noch Hoffnung gibt. So wurde das Gilbert-Kaninchenkänguru (Potorous gilbertii) nach 120 Jahren wiederentdeckt, und das Langfußpotoroo (Potorous longipes), eine erst 1967 entdeckte Art, konnte ebenfalls lange Zeit der Wissenschaft entgehen.

Auch der Zoologe Ronald Nowak spekulierte in Walker’s Marsupials of the World (2005), dass eine kleine Restpopulation des Nacktbrustkängurus überlebt haben könnte – verborgen in einer der entlegensten und unerforschtesten Regionen Australiens.

Studie über Ernährungsgewohnheiten nährt Hoffnung auf die Existenz des Nacktbrustkängurus

Obwohl das letzte bekannte Exemplar des Nacktbrustkängurus 1935 gesammelt wurde und die Art 1994 offiziell als ausgestorben galt, bleibt eine Wiederentdeckung weiterhin möglich. Die abgelegenen, schwer zugänglichen Wüstenregionen im Zentrum Australiens bieten zahlreiche Rückzugsorte für kleine, nachtaktive Tiere. Zudem gibt es immer wieder Berichte über Sichtungen eines Tieres, das der Beschreibung des Nacktbrustkängurus entspricht.

Nacktbrustkänguru Holotyp
Ein in den frühen 1840er-Jahren von George E. Grey gesammeltes Exemplar des Nacktbrustkängurus – Dieses ausgewachsene Männchen diente als Holotyp zur Erstbeschreibung der Art. Das Präparat befindet sich heute in der Sammlung des Natural History Museum in London.
The Trustees of the Natural History Museum, London, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons)

Eine aktuelle Studie von D. Rex Mitchell und seinem Team (2025) liefert neue Erkenntnisse, die die gezielte Suche nach dem Nacktbrustkänguru erleichtern könnten. Mithilfe biomechanischer Analysen des Schädels rekonstruierten die Forschenden die Ernährungsweise der Art. Untersuchungen zur Belastbarkeit des Schädels beim Kauen geben Hinweise darauf, in welchen Regionen das Tier am ehesten überlebt haben könnte.

Die Ergebnisse widersprechen bisherigen Annahmen: Der kräftige Schädel des Nacktbrustkängurus war offenbar nicht – wie lange vermutet – auf das Zerkauen besonders harter Nahrung spezialisiert. Frühere Theorien, wonach es sich von Samen und Zweigen ernährte, konnten widerlegt werden. Stattdessen deuten die Analysen darauf hin, dass die Art vor allem weichere Pflanzenteile wie Blätter und möglicherweise Wurzeln fraß. Diese Erkenntnis könnte die Suche erheblich erleichtern: Regionen, in denen diese Pflanzenarten heute noch vorkommen, sollten vorrangig untersucht werden. Besonders das Lake-Eyre-Becken im äußersten Nordosten von South Australia sowie angrenzende Gebiete in Queensland, wo es in der Vergangenheit unbestätigte Sichtungen gab, gelten als aussichtsreiche Suchgebiete.

Die abgelegene und schwer zugängliche Natur seines Lebensraums könnte erklären, warum das Nacktbrustkänguru über Jahrzehnte hinweg unentdeckt blieb. Seine ohnehin geringe Populationsdichte dürfte das Auffinden zusätzlich erschwert haben. Da Teile seines ehemaligen Verbreitungsgebiets bis heute kaum erforscht sind, bleibt die Möglichkeit bestehen, dass in den entlegenen Regionen des australischen Outbacks noch unentdeckte Populationen existieren.

Steppenkängururatte: Känguru oder Ratte?

Rattenkängurus wie das Nacktbrustkänguru sind enge Verwandte der eigentlichen Kängurus. Sie bewegen sich auf die gleiche Weise fort, besitzen kurze Vorder- und kräftige, lange Hinterbeine und haben ein ähnlich gefärbtes Fell in Braun- bis Grautönen.

Der größte Unterschied zwischen Rattenkängurus und echten Kängurus liegt in ihrer Ernährung. Während Kängurus sich hauptsächlich von Gräsern und Kräutern ernähren, ist die Nahrungsaufnahme bei Rattenkängurus vielfältiger. Einige Arten sind Allesfresser und verzehren neben Knollen, Samen und Pilzen auch Insekten, Würmer und Larven. Die aktuelle Studie (Mitchell et al., 2025) legt nahe, dass das Nacktbrustkänguru eine spezialisiertere Ernährungsweise hatte. Entgegen früheren Annahmen fraß es keine harten Samen oder Zweige, sondern vor allem weichere Pflanzenteile wie Blätter und möglicherweise Wurzeln. Damit ernährte es sich zwar rein pflanzlich, aber anders als die grasfressenden Kängurus. Ihren Flüssigkeitsbedarf decken Rattenkängurus mit der Nahrung. Rattenkängurus sind optimal an das Überleben in der Wüste Australiens angepasst, wo Pflanzen spärlich wachsen und Wasserquellen selten sind.

Ein verwirrender Name

Neben den Rattenkängurus gibt es auch Kängururatten (Dipodomys), die jedoch einer völlig anderen Tiergruppe angehören. Diese Nagetiere aus der Familie der Taschenmäuse (Heteromyidae) sind in Mexiko und den USA heimisch und haben mit australischen Beuteltieren nichts zu tun. Umso kurioser erscheint es, dass der Zoologe Alfred Brehm das Nacktbrustkänguru einst als „Steppenkängururatte“ bezeichnete.

Tatsächlich ist auch eine Art der Kängururatten ausgestorben: Dipodomys microps russeolus, eine Unterart der Dickschwanz-Kängururatte, die in den 1940er-Jahren verschwand. Doch trotz des Namens haben das Nacktbrustkänguru und die Kängururatte nichts gemein – außer vielleicht die Fähigkeit, in extrem trockenen Gebieten zu überleben.

Quellen

  • Carr, S. G., Robinson, A. C. (1997). The present status and distribution of the Desert Rat-kangaroo Caloprymnus campestris (Marsupialia: Potoroidae). South Australian Naturalist 72. S. 4-27.
  • Finlayson, H. H. (1932). Rediscovery of Caloprymnus campestris (Marsupialia). Nature 129: 871. 
  • Flannery, T. (1990). Australia’s Vanishing Mammals.
  • Gould, J. (1843). On a new species of Kangaroo Rat. Proceedings of the Zoological Society of London 1843, S. 81.
  • Mitchell, D. R., Wroe, S., Martin, M., & Weisbecker, V. (2025). Testing hypotheses of skull function with comparative finite element analysis: three methods reveal contrasting results. Journal of Experimental Biology, jeb.249747.
  • Robinson, T., & Forrest, T. (2012). A possible sighting of the Desert Rat-kangaroo or Oolacunta (Caloprymnus campestris) on the Peake Station, South Australia. The South Australian Naturalist, 86(2), S. 63-75.
  • Vernes, K., Ingleby, S., & Eldridge, M. D. B. (2020). An overlooked, early record of the desert rat-kangaroo (Caloprymnus campestris) from Lake Killalpaninna, South Australia. Australian Mammalogy, 42(2), S. 223-225.
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