Jagdszene mit Südinsel-Riesenmoa (vorne) und Elefantenfuß-Moa (hinten). Joseph Smit, Public domain, via Wikimedia Commons)

Südinsel-Riesenmoa

Der größte aller Moas

Der Südinsel-Riesenmoa war mit einer Körpergröße von bis zu 3,6 Metern die größte Moa-Art und übertraf damit den größten Strauß um mindestens einen Meter. Obwohl er größer als der berühmte Elefantenvogel Madagaskars war, wirkte er weniger massiv. Gemeinsam mit dem Nordinsel-Riesenmoa gehörte der Südinsel-Riesenmoa zu den größten Laufvögeln der ausgestorbenen Ordnung der Moas (Dinornithiformes). Wie sein Name andeutet, war diese Art auf der Südinsel Neuseelands heimisch, doch Knochenfunde auf Stewart Island, etwa 30 Kilometer südlich der Südinsel, deuten darauf hin, dass er auch dort vorkam.

Größenvergleich: Mensch und Südinsel-Riesenmoa
Größenvergleich zwischen einem Menschen und einem Südinsel-Riesenmoa. Der Südinsel-Riesenmoa war möglicherweise der größte Vogel, der je gelebt hat, wobei die Weibchen größer waren als die Männchen.
Nobu Tamura (nobu.tamura@yahoo.com), CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons)

Die häufig in der Literatur angegebene Körpergröße von 3,6 Metern bezog sich auf die weiblichen Südinsel-Riesenmoas und galt nur, wenn ihr Hals vollständig ausgestreckt war. In Ruhestellung erreichte der Rücken der Tiere eine Höhe von etwa zwei Metern, doch dank ihrer langen Hälse konnten sie Laub in einer Höhe von bis zu 3,6 Metern fressen.

Alte Rekonstruktionen, die die Tiere mit aufrecht gehaltenem Hals zeigen, sind nicht korrekt. Tatsächlich hielten Riesenmoas ihren Kopf meist nach vorne gestreckt, in etwa auf Höhe des Rückens oder tiefer. Diese Haltung hing mit der Form der Wirbelsäule zusammen, die vor den Brustwirbeln nach unten gebogen war. Die vorderen Halswirbel waren zudem so kurz, dass sie kaum zur Erhöhung des Kopfes beitrugen. Dennoch hatten der Nordinsel- und der Südinsel-Riesenmoa aufgrund von drei zusätzlichen Halswirbeln längere und stärkere Hälse als andere Moa-Arten.

Der Südinsel-Riesenmoa wies den größten bekannten Geschlechtsdimorphismus unter Vögeln und Säugetieren auf, sodass frühe Forscher die Männchen und Weibchen aufgrund des Größenunterschieds zunächst als zwei verschiedene Arten einstuften. Die weiblichen Tiere wurden als Dinornis giganteus klassifiziert. Während die Weibchen aufrecht stehend 3,6 Meter erreichten, waren die Männchen mit etwa 2,4 Metern deutlich kleiner. Ihr Gewicht lag zwischen 34 und 85 Kilogramm, während die Weibchen zwischen 76 und 249 Kilogramm wogen.

Wie der ausgestorbene Elefantenvogel Madagaskars, die Strauße Afrikas, Kasuare aus Neuguinea und Queensland, Nandus Südamerikas, Emus Australiens und Kiwis Neuseelands gehörten auch die Moas zu den Laufvögeln oder Ratiten. Diese Vögel sind bekannt dafür, dass sie flugunfähig sind beziehungsweise im Laufe der Evolution die Fähigkeit zu fliegen verloren haben.

Südinsel-Riesenmoa – Steckbrief

alternative NamenSüdinsel-Moa, Moa Nunui (Māori)
wissenschaftliche NamenDinornis robustus, Dinornis ingens robustus, Palapteryx robustus, Dinornis maximus, Dinornis altus, Dinornis validus, Dinornis torosus, Dinornis potens, Palapteryx plenus, Dinornis strenuus
englischer NameSouth Island giant moa, South Island moa
ursprüngliches VerbreitungsgebietSüdinsel Neuseelands, Stewart Island (Australien)
Zeitpunkt des Aussterbens14. oder 15. Jahrhundert
Ursachen für das AussterbenBejagung

Wie Richard Owen die Moas entdeckte

Im Jahr 1839 erhielt der berühmte britische Paläontologe Richard Owen durch den Engländer John Rule Knochenfragmente aus Neuseeland. Ein Knochen, der ihn zunächst an einen Markknochen eines Ochsen oder Pferdes erinnerte, war etwas länger als 15 Zentimeter und maß fast 14 Zentimeter im Umfang, wobei beide Enden abgebrochen waren. Nachdem Owen den Knochen mit anderen Tierskeletten im British Museum verglichen und seine Oberflächenbeschaffenheit untersucht hatte, argumentierte er, dass es sich um einen Teil des Oberschenkelknochens eines Vogels handelte – vermutlich von einem flugunfähigen Laufvogel, der größer als ein Strauß war.

Owen stellte seine Entdeckung der Zoological Society of London vor und nannte den Vogel später Dinornis novaezealandiae. Obwohl der Ausschuss für Veröffentlichungen seine Abhandlung nur widerwillig annahm, war Owen vollends überzeugt von der Existenz großer, straußähnlicher Vögel in Neuseeland:

„Ich bin bereit, meinen Ruf darauf zu setzen, dass es in Neuseeland einen straußartigen Vogel gab – oder möglicherweise noch gibt –, der fast, wenn nicht sogar ganz, so groß ist wie ein Strauß.“

On the Bone of an Unknown Struthious Bird of Large Size from New Zealand. Annals and Magazine of Natural History. Band 5. 1840. S. 184. R. Owen
Richard Owen mit dem Beinknochen eines Moas
Owen mit dem Beinknochen eines Riesenmoas.
Science History Institute, Public domain, via Wikimedia Commons)

Owens Artikel wurde 1840 veröffentlicht. Um die Suche nach weiteren stichhaltigen Beweisen anzuregen, ließ er hundert Vordrucke seines Artikels vorab anfertigen und an Freunde in Neuseeland verschicken. Die Nachricht über gefiederte Riesenvögel verbreitete sich rasch auf beiden Inseln und weckte großes Interesse an der Suche nach weiteren Knochenfunden.

Die Bestätigung folgte Anfang 1843, als zwei Kisten mit Knochen aus Neuseeland, die der Missionar William Williams an den Paläontologen William Buckland geschickt hatte, in London ankamen. Buckland übergab sie an Owen, der umgehend mit der Rekonstruktion der neuseeländischen Laufvögel begann. Im Laufe seines Lebens veröffentlichte Owen mehr als 30 wissenschaftliche Arbeiten über Moas.

Die ersten Knochenfunde auf der Südinsel wurden 1843 oder später entdeckt; bis dahin stammten alle Funde von der Nordinsel. Zwischen 1847 und 1850 sammelte der neuseeländische Naturforscher Walter Mantell über 1.000 einzelne Knochen und Fragmente riesiger Eierschalen von beiden Inseln. Diese wurden vom British Museum of Natural History erworben und dienten Owen als Grundlage für seine Monographie On Dinornis (1854), die sich mit verschiedenen Arten der Riesenmoas beschäftigte.

Bis 1848 hatte Owen, wie aus The Dodo and Its Kindred hervorgeht, zwei Gattungen von „kurzflügeligen Vögeln“ aus Neuseeland rekonstruiert: sieben Arten der Gattung Dinornis und zwei Arten der Gattung Palapteryx. Die Erstbeschreibung des Südinsel-Riesenmoas, Dinornis ingens var. robustus, wurde 1846 in den Proceedings of the Zoological Society of London veröffentlicht.

Hat Owen den Moa wirklich als Erster entdeckt?

Obwohl allgemein angenommen wird, dass Richard Owen 1839 als Erster entdeckte, dass es Laufvögel auf Neuseeland gab, gibt es Hinweise darauf, dass der jüdische Siedler Joel Samuel Polack bereits früher ähnliche Beobachtungen gemacht hatte. Der französisch-belgische Zoologe Bernard Heuvelmans weist in seinem Buch On the Track of Unknown Animals (1955) darauf hin, dass Polack, der zwischen 1830 und 1837 auf der Nordinsel lebte, bereits 1838 zwei Bände über Neuseeland veröffentlichte, in denen er über große fossile Knochen in Neuseeland schrieb:

„Dass eine Art des Emus oder ein Vogel der Gattung Struthio [Strauße] einst auf jener Insel existierte, davon bin ich überzeugt, da mir mehrere große fossile Versteinerungen gezeigt wurden, als ich in der Nähe des East Cape lebte. Es wurde gesagt, sie seien am Fuße des Berges Ikorangi im Landesinneren gefunden worden. Die Einheimischen fügten hinzu, dass in längst vergangenen Zeiten nach überlieferten Erzählungen sehr große Vögel existiert hätten, doch die Knappheit an tierischer Nahrung sowie die einfache Methode, sie zu fangen, habe zu ihrer Ausrottung geführt.“

New Zealand; Being a Narrative of Travels and Adventures during a Residence in that Country between the Years 1831 and 1837. 1838. J. S. Polack

Diese Beschreibung deutet eindeutig auf Moas hin, obwohl Polack sie als eine Art Emu oder Strauß bezeichnete. Die Annahme, dass es sich um Emus gehandelt haben könnte, ist ausgeschlossen, da Emus nur auf dem australischen Kontinent, Tasmanien, King Island und Kangaroo Island vorkamen, nicht aber in Neuseeland. Übrigens sind sämtliche heute bekannten Emu-Arten mit Ausnahme des Großen Emus (Dromaius novaehollaendiae) ausgestorben.

Da Polacks Buch vor Owens Präsentation 1840 veröffentlicht wurde, gibt es keine Beweise, dass Owen nichts von Polacks Schilderungen wusste. Es ist daher möglich, dass Polacks frühe Erwähnung von fossilen Vogelüberresten Owens Schlussfolgerung dahingehend beeinflusste, dass es in Neuseeland Laufvögel gegeben haben musste.

Vom Aussterben des Südinsel-Riesenmoas

Das Aussterben des Südinsel-Riesenmoas und anderer Moa-Arten wird heute hauptsächlich auf die Bejagung durch den Menschen zurückgeführt. Es existieren jedoch auch alternative Theorien, die natürliche Ursachen in Betracht ziehen. Eine frühe, inzwischen widerlegte Theorie besagt, dass der auf der Südinsel Neuseelands heimische Haastadler, der einzige natürliche Feind der Moas, die Laufvögel so stark bejagte, dass sie ausstarben, was schließlich auch zu seinem Verschwinden führte, da die Moas seine wichtigste Nahrungsquelle darstellten. Neben dieser natürlichen Bedrohung wurden weitere Faktoren diskutiert, die möglicherweise zum Verschwinden der Südinsel-Riesenmoas beigetragen haben könnten.

Trug der Klimawandel zum Verschwinden der Laufvögel bei?

Haastadler greift Moas an
Moas hatten einen natürlichen Feind: den Haastadler. Darauf weisen punktuelle Verletzungen an den Beckenknochen einiger Moa-Arten hin.
John Megahan, CC BY 2.5, via Wikimedia Commons)

James C. Greenway, ein US-amerikanischer Ornithologe, spekulierte 1967 in Extinct and Vanishing Birds of the World, dass langanhaltende Regenperioden die Graslandschaften Neuseelands zerstörten und diese zunehmend von Wäldern überwuchert wurden, was den Lebensraum der Moas erheblich einschränkte. Ähnlich argumentierte der neuseeländische Zoologe Gilbert Archey 1941 in The Moa. Er sah die Kombination aus feuchtem Klima und der Ausbreitung von Wäldern als wichtige Faktoren, die den Lebensraum einiger Moa-Arten deutlich reduzierten. Walter R. B. Oliver ergänzte diese These 1949 in The Moas of New Zealand and Australia und stellte fest, dass diese klimatischen Veränderungen vor allem die Nordinsel betrafen, wo die Moas früher ausstarben als auf der Südinsel.

Errol Fuller wies in Extinct Birds (2001) darauf hin, dass klimatische Veränderungen während der gesamten Existenzzeit der Moas immer wieder auftraten und in der Vergangenheit bereits zu Bestandseinbrüchen geführt haben. Allerdings konnten sich die Vögel stets erholen, indem sie sich ihnen bietenden Bedingungen anpassten und weiterentwickelten. Einig sind sich die Autoren jedoch darin, dass die Moas nach der Besiedlung durch die Polynesier keine Chance mehr zur Erholung hatten. Innerhalb von 300 Jahren nach der Ankunft der Menschen waren alle Moas ausgestorben.

Naturkatastrophen, Degeneration und andere Bedrohungen

Bernard Heuvelmans (1955) brachte Naturkatastrophen als mögliche Ursache ins Spiel. Überschwemmungen, bei denen viele flugunfähige Vögel ertranken, sowie heftige Vulkanausbrüche, für die es Belege gibt, könnten große Moa-Populationen dezimiert haben. Greenway führte außerdem von den Ureinwohnern gelegte Feuer an, die vermutlich die in Gras und Büschen liegenden Brutkolonien der Moas zerstörten, insbesondere in Strandnähe.

Dinornis robustus Knochen
Um 1933 im Nordwesten der Südinsel Neuseelands entdeckte Knochen des Südinsel-Riesenmoas.
Auckland Museum, CC BY 4.0, via Wikimedia Commons)

Die Theorie, dass die Moas aufgrund der Degeneration ihrer Knochen ausgestorben sein könnten, wurde in der Literatur gelegentlich diskutiert. Insbesondere große Arten wie der Nordinsel- oder Südinsel-Riesenmoa könnten „zu groß“ geworden sein, was sie anfälliger für Verletzungen oder Krankheiten machte. Auf abgelegenen Inseln, wo die genetische Vielfalt oft eingeschränkt ist, können solche strukturellen Probleme bei schwergewichtigen Arten auftreten. Diese Degenerationserscheinungen könnten die Moas zusätzlich geschwächt und anfälliger für andere Bedrohungen gemacht haben, wie etwa Umweltveränderungen oder die Auswirkungen menschlicher Aktivitäten.

Nicht zuletzt stellten auch einige Autoren infrage, ob die Menschen tatsächlich für das Aussterben der Moas verantwortlich waren. Sie argumentierten, dass natürliche Faktoren wie Klimaveränderungen oder Krankheiten die Vögel bereits vor der menschlichen Ankunft ausgelöscht haben könnten. Für einige frühere Moa-Arten mag dies zutreffen, aber nicht für den Südinsel-Riesenmoa, der bis zur Ankunft der Polynesier im 13. Jahrhundert überlebte.

Das Aus für den Südinsel-Riesenmoa: Die Moa-Jäger-Periode

Der Südinsel-Riesenmoa und andere Moa-Arten hatten aufgrund ihrer Größe keine natürlichen Feinde – mit Ausnahme des Haastadlers – und es gab auf Neuseeland auch keine Säugetiere, abgesehen von einigen Fledermäusen. Doch mit der Ankunft der Polynesier kamen nach Millionen Jahren erstmals neue Prädatoren auf die Inseln, die gezielt Jagd auf die Moas machten. In The Doomsday Book of Animals (1981) beschreibt David Day diese Zeit als eine „Moa-Jagd-Kultur“. Heute sind sich die meisten Wissenschaftler einig, dass die Bejagung durch den Menschen die Hauptursache für das Aussterben des Südinsel-Riesenmoas und anderer Arten war.

Von jeder Moa-Art wurden Überreste in Zusammenhang mit menschlicher Aktivität entdeckt, was darauf hindeutet, dass die Jagd auf diese Vögel der wahrscheinlichste Grund für ihr Verschwinden war. Der deutsch-österreichische Naturforscher Ferdinand von Hochstetter, der um 1870 nach Neuseeland reiste, sprach mit Maori und europäischen Siedlern, die behaupteten, Moas gesehen zu haben. Er kam zu dem Schluss, dass die Maori seit ihrer Ankunft auf Neuseeland, möglicherweise um das Jahr 1300, die Moas jagten:

„Die Einheimischen aßen Fleisch und Eier, schmückten ihr Haar mit Federn, zerschlugen die Schädel und tätowierten sich mit dem Pulver, stellten aus den Knochen Angelhaken her und legten die riesigen Eier zusammen mit den Toten in ihre Gräber.“

The Auk, the Dodo, and the Oryx. 1967. S. 126. R. Silverberg

Der Paläoökologe Richard Holdaway argument in seiner Studie Rapid Extinction of the Moas (2000), dass die Ankunft der ersten Polynesier um 1380 den Beginn des schnellen Moa-Aussterbens markierte. Er schätzt, dass damals etwa 10.000 bis 15.000 Südinsel-Riesenmoas existierten. Mithilfe von Berechnungen zeigt Holdaway, dass die relativ geringe Anzahl von 150 bis 200 Menschen ausgereicht hätte, um die Population der Südinsel-Riesenmoas bis etwa 1500 vollständig auszurotten.

Riesenmoa von Heinrich Hader
Das Gemälde des deutschen Malers Heinrich Hader aus den 1920er Jahren zeigt vermutlich zwei Südinsel-Riesenmoas, die von Maori gejagt werden. Was Hader nicht wusste: Maori nutzten keine Bögen und Pfeile zur Jagd, sondern setzten stattdessen auf Speere, Keulen und Fallen, um Tiere zu erlegen.
Heinrich Hader, via Wikimedia Commons)

Die Hypothese lässt sich durch Funde aus den Abfallhaufen früher Maorisiedlungen untermauern: In den ersten Jahrzehnten nach der Besiedlung enthielten diese noch zahlreiche Moa-Knochen und -Eierschalen. Ab etwa 1500 wurden jedoch kaum noch Hinweise auf Moas gefunden, während die Zahl der Fischgräten deutlich zunahm. Vor rund 400 Jahren schienen Moas dann vollständig von der Speisekarte der Maori verschwunden zu sein. Wahrscheinlich gab der intensive Raubbau der Ureinwohner den Moas den endgültigen Todesstoß. Da die Vögel, wie Holdaway vermutet, erst im Alter von etwa acht Jahren geschlechtsreif wurden, hatten sie nur eine geringe Fortpflanzungsrate und konnten sich von der Überjagung kaum erholen.

Zusätzliche Beweise für den menschlichen Einfluss auf das Moa-Aussterben liefert eine 2014 in den Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlichte Studie. Die Forscher um Evolutionsgenomiker Morten E. Allentoft und Molekularbiologe Michael Bunce analysierten die genetische Vielfalt und Populationsgröße des Südinsel-Riesenmoas über die letzten Jahrtausende. Sie stellten fest, dass die Population über Tausende von Jahren stabil war und vor der Ankunft der Menschen keine Anzeichen für einen Rückgang aufwies. Die Schätzungen ergaben eine Population von etwa 9.200 Tieren kurz vor der menschlichen Besiedlung.

Diese Ergebnisse widerlegen frühere Hypothesen, die Klima- oder Umweltveränderungen oder Krankheiten als Aussterbeursachen vorschlugen. Stattdessen legen die genetischen Daten nahe, dass die Südinsel-Riesenmoa-Population groß und stabil war, möglicherweise sogar wuchs, bis die Polynesier eintrafen. Die Ausrottung erfolgte in einem so kurzen Zeitraum von ein bis zwei Jahrhunderten, dass sie genetisch nicht feststellbar war. Dies deutet darauf hin, dass die Überjagung durch den Menschen die Hauptursache für das Verschwinden der Moas war.

Mit dieser Theorie stimmt überein, dass das erste Jahrhundert nach Ankunft der Maori auf Neuseeland auch als „Moa-Jäger-Periode“ bezeichnet wird. Für die Maori stellten die flugunfähigen Vögel eine leichte Beute dar, die sie intensiv bejagten. Als die Vögel seltener wurden, änderten sie ihre Ernährungsgewohnheiten und wandten sich dem Ackerbau und Fischfang zu.

Neue Erkenntnisse zum Aussterben der Moas

Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, dass die menschliche Bejagung der entscheidende Faktor für das Aussterben der Moas war – jedoch nicht durch exzessive Massenjagd, sondern durch eine moderate, aber kontinuierliche Nutzung, die über Jahrhunderte hinweg zum Populationsrückgang führte. Die Studie Was Extinction of New Zealand’s Avian Megafauna an Unavoidable Consequence of Human Arrival? (2025) analysierte mithilfe fossiler Daten und computergestützter Simulationen die Auswirkungen der frühen polynesischen Besiedlung Neuseelands auf die Moa-Populationen.

Die Ergebnisse zeigen, dass die jährliche Jagdquote auf den Südinsel-Riesenmoa im Durchschnitt bei fünf bis sechs Prozent der erwachsenen Tiere lag. In Zeiten erhöhter Bejagung stieg dieser Wert auf bis zu 15,2 Prozent. Parallel dazu wurden erhebliche Mengen an Moa-Eiern entnommen – die Modellrechnungen ergaben Sammelraten von bis zu 32 Prozent pro Jahr. Da Moas eine äußerst niedrige Fortpflanzungsrate hatten, konnten sie diese Verluste nicht ausgleichen.

Bereits geringe Eingriffe über einen längeren Zeitraum führten zum schrittweisen Zusammenbruch der Bestände. Innerhalb von 300 Jahren nach der Ankunft der ersten polynesischen Siedler war die gesamte Moa-Fauna Neuseelands – einschließlich des Südinsel-Riesenmoas – ausgestorben. Eine theoretische Überlebenschance hätte bestanden, wenn mindestens 50 Prozent der neuseeländischen Landfläche als jagdfreie Schutzzonen erhalten geblieben wären. Die Studie kommt jedoch zu dem Schluss, dass eine derart weitreichende Schutzmaßnahme angesichts der damaligen Lebensweise der Siedler, die stark auf Wildnahrung angewiesen waren, nicht praktikabel gewesen wäre.

Moa-Sichtungen bis in die 1990er-Jahre

Julian P. Hume gibt in Extinct Birds (2017) als Aussterbezeitraum für den Südinsel-Riesenmoa etwa 1350 bis 1450 an und stimmt damit mit der Mehrzahl der Experten überein. Doch es gibt auch andere Meinungen: Errol Fuller (2001) vertritt die Ansicht, dass die meisten Moa-Arten vor 1600 ausstarben, allerdings könnte der Südinsel-Riesenmoa möglicherweise bis in jüngere Zeiten überlebt haben. Auch David Day (1981) spekulierte seinerzeit, dass die Südinsel-Moas erst um 1850 verschwanden. Diese Annahmen basieren vermutlich auf mehreren Zeitzeugenberichten aus dem 19. Jahrhundert. Einige Menschen glauben sogar heute noch, dass kleinere Moa-Arten in entlegenen, unerforschten Regionen Neuseelands existieren könnten.

Vermeintliche Moa-Sichtungen durch die Maori

Nachdem die Existenz der Moas auf Neuseeland durch archäologische Funde bestätigt wurde, erinnerten sich plötzlich immer mehr Maori an Geschichten über Jagden auf die riesigen Laufvögel, bei denen sie selbst, ihre Väter oder Großväter angeblich im späten 18. Jahrhundert teilgenommen hatten. Das mag vielleicht auch daran liegen, dass die entdeckten Knochen oft noch nicht versteinert waren, was darauf hindeutete, dass sie nur wenige Jahrhunderte alt waren.

Richard Owen mit Dinornis-Skelett
Richard Owen 1865 neben einem weiblichen Riesenmoa-Skelett. In seiner rechten Hand hält er das Knochenfragment, das er 1839 von John Rule erhalten hatte.
John van Voorst, Public domain, via Wikimedia Commons)

Lothar Frenz berichtet in Riesenkraken und Tigerwölfe (2000) von einem 85-jährigen Maori von der Nordinsel, der 1844 behauptete, als Kind lebende Moas gesehen zu haben, „zum letzten Mal“ etwa um 1771, kurz vor James Cooks zweiter Ankunft. Heuvelmans (1955) erwähnt einen anderen Maori, Kawani Papai, der in den 1790er-Jahren an Moa-Jagden in den Waimate Plains teilnahm. Die Jäger trieben die Vögel zusammen und töteten sie mit Speeren. Eine Gruppe griff die Moas von vorne an, um sie dazu zu bringen, ein Bein zu heben, während eine andere Gruppe von hinten das andere Bein mit langen Stöcken attackierte. Die Jäger benutzten Speere, die im Körper des Vogels abbrechen sollten. Nach der Jagd wurden die Moas aufgeschnitten und bei Festmählern verspeist.

David Day schreibt in The Doomsday Book of Animals (1981) von einer besonders glaubwürdigen Schilderung eines alten Maori von der Südinsel, die John White, ein Europäer in Neuseeland, erhalten hatte. Der Maori beschrieb nicht nur das Aussehen, den Lebensraum und die Fress- und Fortpflanzungsgewohnheiten der Moas, sondern auch eine alternative Jagdmethode, bei der die Vögel auf ihren Pfaden angegriffen und so lange mit Speeren in die Seiten gestochen wurden, bis sie erschöpft zusammenbrachen. Er erinnerte sich auch an die wütenden, lauten männlichen Moas, die die Weibchen an ihren Nestern beschützten.

Wenn man die Berichte der Maori als authentisch betrachtet, könnte das darauf hindeuten, dass die Moas erst um 1800 ausgestorben sind. Allerdings ist die Glaubwürdigkeit solcher Berichte umstritten. Bevor europäische Forscher Interesse an Moa-Knochen zeigten, schienen riesige Vögel in der mündlichen Überlieferung der Maori keine große Rolle gespielt zu haben. Es ist möglich, dass die Maori die Europäer beeindrucken oder deren Erwartungen erfüllen wollten und deshalb Geschichten über lebende Moas erfanden. Robert Silverberg äußerte sich dazu kritisch:

„Die Maori-Geschichten über den riesigen Vogel hatten zu viele mythologische Untertöne, die übernatürliche Kräfte und mysteriöse Eigenschaften beinhalteten. Diese fantasievollen Legenden weckten den Verdacht, dass die Maori die Entdeckung der riesigen Knochen ausschmückten, um die Geschichte interessanter zu machen.“

The Auk, the Dodo, and the Oryx. 1967. S.125. R. Silverberg

Zudem weist Silverberg darauf hin, dass das Maori-Wort für „Großvater“ auch „Vorfahr“ bedeuten kann, sodass die in den Berichten erwähnten Begegnungen mit Moas möglicherweise viel weiter in der Vergangenheit lagen, als ursprünglich angenommen.

Dass die Maori den Vögeln begegnet sein müssen, daran gibt es keinen Zweifel. Dazu zählen Bearbeitungsspuren an Knochen, verkohlte Knochenreste und Höhlenzeichnungen, die Moas darstellen. Außerdem wurde in der Maori-Grabstätte von Kaikoura ein Häuptling gefunden, der in sitzender Position mit einem Riesenmoa-Ei in den Händen begraben war.

Trotzdem scheint es, als wären die Moas relativ schnell aus der kulturellen Überlieferung der Maori verschwunden und erst durch das Interesse der Europäer wieder in Erinnerung gerufen worden. Während der Haastadler, der vermutlich zeitgleich mit den Moas ausstarb, in den Legenden der Maori weiterlebte, scheint der Moa weniger tief in deren Kultur verankert gewesen zu sein, obwohl beide Vögel zur selben Zeit existierten. Der Haastadler erlangte wahrscheinlich deshalb eine größere Bedeutung in den Geschichten und Mythen der Ureinwohner, weil er als gefährlicher Menschenfresser gefürchtet wurde.

Auch Europäer wollen Moas gesichtet haben

Nun, die Ureinwohner waren freilich nicht die einzigen, die lebende Moas gesehen haben wollten – auch viele Europäer behaupteten, die ausgestorben geglaubten Vögel gesehen zu haben. Zwischen 1850 und 1880 gab es insgesamt 46 Berichte über Moa-Sichtungen. Diese Zeit war, wie der neuseeländische Archäologe Atholl Anderson 1989 feststellte, geprägt von einem großen Interesse an Moas, und Berichte über Begegnungen mit lebenden Exemplaren zogen zwangsläufig die Aufmerksamkeit der Presse auf sich.

Der Kryptozoologe George M. Eberhart erwähnt in Mysterious Creatures (2002), dass ein Mann namens George Pauley in den 1820er-Jahren einen riesigen Vogel von etwa sechs Metern Höhe am Ufer eines Sees in der Otago-Region gesehen habe. Ebenso berichtete ein Seemann, 1823 in Molyneux Harbor Moa-Knochen gefunden zu haben, die noch Fleischreste aufwiesen. Tatsächlich wurden Mitte und Ende des 19. Jahrhunderts mehrere Moa-Knochen entdeckt, an denen noch Muskeln, Bänder, Hautfetzen und Federn erhalten waren.

Der Geologe und Missionar William Williams, der 1843 Moa-Knochen an den englischen Paläontologen William Buckland schickte, verzeichnete 1842 eine Moa-Sichtung, die von zwei englischen Walfängern in der Nähe von Cloudy Bay im Nordosten der Südinsel Neuseelands berichtet wurde:

„Die Einheimischen hatten einem Engländer von einer Walfanggruppe erzählt, dass es dort einen Vogel von außergewöhnlicher Größe gebe, der nur nachts an der Seite des nahegelegenen Hügels zu sehen sei; und dass er mit dem Einheimischen und einem zweiten Engländer an den Ort gegangen sei. Nachdem sie eine Weile gewartet hatten, sahen sie das Wesen in einiger Entfernung, das sie als vier bis fünf Meter hoch beschrieben. Einer der Männer schlug vor, näher heranzugehen und zu schießen, aber sein Begleiter war so außerordentlich verängstigt – vielleicht auch beide –, dass sie sich damit begnügten, ihn anzusehen. Nach kurzer Zeit wurde das Wesen aufmerksam und ging den Berg hinauf.“

The Doomsday Book of Animals. 1972. S. 22. D. Day

David Day (1981) erwähnt noch weitere angebliche Sichtungen aus dem 19. Jahrhundert. So berichteten mehrere Seemänner, die John White in den 1850er-Jahren interviewte, von Moas, die sie auf der Südinsel gegessen hätten. Igor Akimuschkin erwähnt in Vom Aussterben bedroht? (1972) Berichte von 1860 über riesige Vogelspuren, die 36 Zentimeter lang und 27 Zentimeter breit waren und in den dicht bewachsenen Felsen verschwanden. Landvermesser vermuteten, dass sich die Moas in den Kalksteinhöhlen versteckt hielten.

Eine der bekanntesten Moa-Sichtungen stammt von Alice McKenzie, die 1880 im Alter von sieben Jahren in Martin’s Bay bei Milford Sound einen etwa einen Meter großen, dunkelblauen Vogel ohne Schwanz und mit schuppigen Beinen gesehen haben will. Als das Tier ihr nachlief, rannte sie nach Hause, um ihren Vater zu holen. Der Vogel war verschwunden, hinterließ jedoch Spuren mit deutlichen Abdrücken dreier Zehen. Neun Jahre später will McKenzie erneut einen solchen Vogel gesichtet haben und auch ihr Bruder habe einen gesehen. Weitere Berichte ähnlicher Art, vor allem von der Südinsel, wurden bis in die 1990er-Jahre hinein verzeichnet.

Die letzten Sichtungen: Ein Werbegag?

Eine der letzten bekannten Sichtungen soll im Januar 1993 in der Craigieburn Range auf der Südinsel stattgefunden haben. Drei neuseeländische Wanderer gaben an, einen etwa 1,80 Meter großen Moa gesehen zu haben. Bereits im Jahr zuvor hatten zwei deutsche Wanderer im Hüttenbuch derselben Region eine Eintragung gemacht, wonach sie zwei Moas im Harper Valley gesichtet hatten: „Wir waren sehr überrascht zwei Moas im Harper Valley zu sehen, denn wir hatten gehört, dass sie in den meisten Teiles Landes fast ausgerottet sind.“ Diese Eintragung wurde jedoch erst entdeckt, nachdem der Bericht der neuseeländischen Wanderer publik wurde.

Craigieburn Range auf der Südinsel Neuseelands
Kann es tatsächlich zwei Moa-Sichtungen in kurzer Zeit in der Craigieburn Range unabhängig voneinander gegeben haben? (© Michal Klajban, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons)

Einer der drei neuseeländischen Wanderer, Paddy Freaney, schoss verschwommene Fotos des vermeintlichen Moas und seiner Fußspuren, die jedoch wenig überzeugend waren. Kritiker vermuteten, dass es sich um einen Rothirsch handelte, der in der Region häufig vorkommt. Da Freaney ein nahegelegenes Hotel betrieb, wurde spekuliert, ob die Moa-Sichtungen ein Werbegag zur Steigerung der Besucherzahlen gewesen sein könnten. Der mysteriöse Hüttenbucheintrag der deutschen Wanderer blieb jedoch unerklärt, und trotz intensiver Suche nach den Verfassern konnte niemand gefunden werden. Ob der Eintrag echt war oder eine Fälschung, bleibt unklar.

Können Moas überlebt haben?

Interessanterweise erwähnte keiner der frühen europäischen Entdecker Neuseelands, einschließlich James Cook, jemals Moas. Cook, der das Land mit seinem Schiff, der Endeavour, zum ersten Mal im Jahr 1769, dann erneut 1773 und 1777 besuchte, sprach zwar mit den Maori über die einheimische Tierwelt, aber große flugunfähige Vögel wurden ihm gegenüber nie erwähnt.

Alles nur Legenden?

Erst rund 70 Jahre später begannen Europäer wie der Siedler Joel Samuel Polack, Berichte über Moas und andere ungewöhnliche Kreaturen von den Maori aufzuzeichnen. So schrieb Polack 1838, dass eine Art Straußvogel in abgelegenen Gebieten der Nordinsel noch existieren könnte, basierend auf Berichten der Einheimischen:

„Ich bin aufgrund der zahlreichen Berichte, die ich von den Einheimischen erhalten habe, davon überzeugt, dass eine Art Straußvogel noch immer auf jener faszinierenden Insel existiert, in Gebieten, die vielleicht noch nie von Menschen betreten wurden. Unter den älteren Einheimischen kursieren Traditionen über Atuas [übernatürliche Kreaturen], mit Haaren bedeckte Wesen in Vogelgestalt, die im wilden Wald Reisende überfallen, sie mit überwältigender Stärke besiegen, töten und verschlingen. Diese Traditionen werden mit einer Überzeugung erzählt, die die jüngeren Einheimischen fest glauben lässt, da sie große Freude an Wundern und dem Unwahrscheinlichen haben.“

New Zealand; Being a Narrative of Travels and Adventures during a Residence in that Country between the Years 1831 and 1837. 1838. J. S. Polack

Diese und andere Erzählungen enthalten oft fantastische und übernatürliche Elemente. Polack sprach mit vielen Maori und sammelte deren Berichte über Moas, die sie manchmal als riesigen Hahn mit einem menschlichen Gesicht beschrieben. Sie glaubten zudem, dass erhaltene Moa-Fußspuren die Fußabdrücke uralter, heldenhafter Wesen seien. Riesige Vögel, die menschenähnliche Gesichter hatten und Reisende im Wald überfallen und getötet haben sollen, wecken Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Berichte, da sie nicht mit der bekannten Biologie der Moas – nämlich pflanzenfressende Laufvögel – übereinstimmen.

Südinsel-Riesenmoa-Rekonstruktion in Christchurch, Neuseeland
Die Rekonstruktion eines Südinsel-Riesenmoas zeigt den ausgestorbenen Laufvogel beim Schutz seines Geleges.
Diego Tirira from Quito, Ecuador, CC BY-SA 2.0, via Wikimedia Commons)

Heuvelmans (1955) argumentiert, dass es unwahrscheinlich sei, dass die Maori allein anhand der Knochen erkennen konnten, dass es sich bei dem Tier um einen Vogel mit haarähnlichen Federn handelte. Einige Beschreibungen des Moas in den Mythen der Nordinsel seien jedoch so präzise, dass sie nicht allein auf Zufall beruhen könnten, was darauf hindeutet, dass das Wissen möglicherweise von Reisenden von der Südinsel auf die Nordinsel gebracht wurde.

Die gesammelten Legenden lassen daher kaum auf eine intime Kenntnis des lebenden Moas durch die Erzählenden schließen, sodass vermutet werden kann, dass die Maori der Nordinsel nicht mit den Moas koexistierten. Wenn sie es doch taten, so ist das Wissen über die Vögel über mehrere Generationen hinweg in Vergessenheit geraten.

Auch der Neuseeländer Henry Thomas Hill schlussfolgerte 1914 in The Moa: Legendary, Historical and Geological, dass „kein Maori, der den Missionaren und frühen Siedlern bekannt war, jemals einen Moa gesehen oder davon gehört hatte, dass ein Vorfahre einen gesehen hätte.“ Laut Hill basierten die Berichte der Maori über Moas eher auf der Entdeckung fossiler Überreste und auf dem, was sie von europäischen Siedlern erfahren hatten, als auf eigenen Erlebnissen oder mündlich überliefertem Wissen. Im Juli 1912 erklärte ein 88-jähriger Maori-Häuptling gegenüber Hill:

„Der ‚Moa‘ war nicht der Name, unter dem der große Vogel, der in diesem Land lebte, meinen Vorfahren bekannt war. Der Name war ‚Te Kura‘, oder der rote Vogel; und er wurde erst als ‚Moa‘ bekannt, nachdem die Pakehas [Weiße] ihn so nannten.“

On the Track of Unknown Animals. 1995. S. 278. B. Heuvelmans

Dieses Zitat legt nahe, dass das Wissen der Maori über den Moa stark von den Vorstellungen und Bezeichnungen der europäischen Siedler beeinflusst wurde. Es unterstützt Hills These, dass das Wissen über den Moa in seiner heutigen Form weitgehend erst nach der Ankunft der Europäer entstand und dass die ursprünglichen Bezeichnungen und das Verständnis der Maori überlagert wurden.

Verwechslungen mit anderen Vögeln

Atholl Anderson untersuchte 1989 in On Evidence for the Survival of Moa in European Fiordland alle bekannten Berichte über angebliche Moa-Sichtungen in Neuseeland. Er kam zu dem Schluss, dass die meisten dieser Berichte auf Missverständnissen basieren und es an überzeugenden Beweisen fehlt, die die Vorstellung stützen, dass Moas bis in die europäische Zeit nach 1769 überlebt haben. Viele Sichtungen, wie die von Alice McKenzie, lassen sich wahrscheinlich auf Verwechslungen mit der Südinseltakahe (Porphyrio hochstetteri) zurückführen, einem anderen flugunfähigen Vogel Neuseelands. McKenzie glaubte zunächst selbst, eine Takahe gesehen zu haben, doch spätere Berichte deuteten auf die Möglichkeit eines Moas hin.

weibliche und männliche Südinseltakahe
Die Südinseltakahe, auch Blauralle genannt, weist eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Moa auf, ist jedoch mit ihrer durchschnittlichen Körpergröße von 63 Zentimetern sogar kleiner als die kleinsten Moa-Arten, die etwa einen Meter hoch wurden.
Pseudopanax at English Wikipedia, Public domain, via Wikimedia Commons)

Die Wiederentdeckung der Südinseltakahe im Jahr 1948 schürte zudem die Hoffnung, dass auch Moas noch überlebt haben könnten. Laut Anderson führte dies dazu, dass zweifelhaften Berichten über angebliche Moa-Sichtungen mehr Bedeutung beigemessen wurde, als gerechtfertigt war.

Eine weitere Erklärung für angebliche Moa-Sichtungen lieferte Ferdinand von Hochstetter, der ein Überleben der Moas bis in die Neuzeit ausschloss. Er vermutete, dass einige der großen, flugunfähigen Vögel, die Menschen gesehen haben wollen, möglicherweise Kiwis (Apteryx) waren, die äußerlich an kleinere Moas erinnerten. Hochstetter berichtete, fossile Knochen entdeckt zu haben, die entweder von einem sehr kleinen Moa oder einem außergewöhnlich großen Kiwi stammen könnten. Die Wissenschaft hat jedoch bisher keine Hinweise auf Kiwis von einer Größe gefunden, die mit einem Moa verwechselt werden könnte.

Einschätzung zur Überlebenswahrscheinlichkeit der Moas

Die abgelegenen und schwer zugänglichen Regionen Neuseelands, wie Fjordland und der Kahurangi-Nationalpark, könnten theoretisch unbekannte Tierarten beherbergen. Allerdings ist es unwahrscheinlich, dass ein großer Vogel wie der Südinsel-Riesenmoa oder eine kleinere Art dort unbemerkt überlebt hat. Moderne Technologien wie Satellitenaufnahmen und Drohnen haben das Verständnis der Wildnis erheblich verbessert, und es gibt seit Jahrhunderten keine glaubwürdigen Beweise für die Existenz von Moas. Der Moa-Experte Trevor Worthy, der zahlreiche Ausgrabungen auf Neuseeland leitete, hat nie Hinweise gefunden, die darauf hindeuten, dass die Vögel bis in die heutige Zeit überlebt haben könnten.

Auch dass Moa-Knochen entdeckt wurden, an denen noch Gewebe, Haut und Federn hafteten, muss nicht bedeuten, dass die Vögel noch existieren. Die Überreste wurden nämlich in relativ trockenen Kalksteinhöhlen in der Nähe von Queensland und Cromwell im Distrikt Otago auf der Südinsel gefunden. Kalksteinhöhlen bieten oft ein stabiles, trockenes und kühles Klima, was den Verfallsprozess verlangsamt. Die trockene Umgebung verhindert, dass Feuchtigkeit und Mikroorganismen die Überreste schnell zersetzen, sodass sie trotz ihres Alters so erscheinen können, als wären sie nur wenige Jahre alt.

Zur Anatomie des Südinsel-Riesenmoas

Südinsel-Riesenmoa-Kopf
Der Kopf eines Südinsel-Riesenmoas.
Auckland Museum, CC BY 4.0, via Wikimedia Commons)

Der Südinsel-Riesenmoa, wie auch andere Moa-Arten, hatte im Verhältnis zu seiner Körpergröße einen relativ kleinen Kopf – ein Merkmal, das bei Laufvögeln häufig vorkommt. Eine 2008 durchgeführte Studie untersuchte die Gehirnentwicklung und -morphologie der Schädel von acht Moa-Arten und verglich sie mit heute lebenden Ratiten, um herauszufinden, ob das Fehlen großer Raubsäugetiere in Neuseeland ihre Gehirnentwicklung beeinflusst haben könnte. Die Ergebnisse zeigten, dass Moas im Vergleich zu modernen Laufvögeln wie Emus oder Straußen kleinere Gehirne hatten, was sich in einem niedrigeren Enzephalisationsquotienten (EQ) widerspiegelte.

Trotz ihrer Größe und des vergleichsweise kleinen Gehirns ähnelten die Moas in vielen Merkmalen dennoch den heutigen Ratiten. Die Schädel der Moas wiesen kleine Augenhöhlen auf, was auf eine eher schwache Sehkraft hindeutet. Im Gegensatz dazu war ihr Geruchssinn besonders gut entwickelt, was durch ein ausgeprägtes olfaktorisches System belegt wird – ähnlich wie bei den Elefantenvögeln. In Neuseelands dichtem Urwald dürfte ein ausgezeichneter Geruchssinn wichtiger gewesen sein als gutes Sehen.

Flügellos und haarige Federn

Federn vom Südinsel-Riesenmoa
Federn des Südinsel-Riesenmoas.
Auckland Museum Collections from Auckland, Aotearoa New Zealand, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons)

Im Gegensatz zu den meisten Laufvögeln, die Überreste von Flügeln aufweisen, besaßen Moas keine Flügel. Der einzige Hinweis auf frühere Flügel bei Moas war der Scapulocoracoid-Knochen, an dem einst der Oberarmknochen (Humerus) befestigt war. Zudem hatten sie zwar ein Brustbein, allerdings ohne den für flugfähige Vögel typischen Kiel. Es wird angenommen, dass die frühen Vorfahren der Moas, einschließlich des Südinsel-Riesenmoas, flugfähig waren.

Das zottelige Gefieder des Südinsel-Riesenmoas war ebenfalls nicht fürs Fliegen geeignet. Anders als bei gewöhnlichen Vogelfedern verzahnten sich die Moa-Federn nicht zu stabilen „Fahnen“, was das Fliegen unmöglich machte. Stattdessen ähnelte das Gefieder eher dem der Kiwis. Die Südinsel-Riesenmoas waren vermutlich nahezu vollständig mit Federn bedeckt, ausgenommen der Kopf, Teile des Halses sowie die Beine und Füße. Erhaltene Federn deuten auf ein schlichtes, braunes oder leicht gestreiftes Muster hin.

Merkmale der Füße und Fortbewegung

Moa footprints
Fußabdrücke eines Südinsel-Riesenmoas; entdeckt 1911. Anhand der Schrittlänge konnten Wissenschaftler errechnen, dass Moas mit 4,3 Kilometer pro Stunde langsame Läufer waren.
K. Wilson, Public domain, via Wikimedia Commons)

Der Nordinsel- und der Südinsel-Riesenmoa besaßen im Unterschied zu allen anderen Moa-Arten als einzige große Ratiten eine erste Zehe (Hallux). Sie hatten also insgesamt vier Zehen an jedem Fuß, wobei drei nach vorne gerichtet waren und der Hallux rückwärts gerichtet war. Bei den anderen Moas war der Hallux stark zurückgebildet oder fehlte ganz, was typisch für Laufvögel ist, die an das schnelle Laufen auf festem Untergrund angepasst sind. Zwei gut erhaltene getrocknete Exemplare aus Otago auf der Südinsel zeigen zudem, dass der Südinsel-Riesenmoa markante, robuste Fußballen und große Schuppen auf den Unterschenkeln hatte.

Untersuchungen der britischen Zoologin Charlotte A. Brassey und ihres Teams (2013) ergaben, dass die Beinknochen des Südinsel-Riesenmoas trotz seiner Größe und seines Gewichts dünner waren als bei anderen Moa-Arten. Dies deutet darauf hin, dass der Südinsel-Riesenmoa möglicherweise etwas agiler war als seine Verwandten. Dennoch bewegte er sich vermutlich eher langsam, wahrscheinlich mit einem wiegenden Gang.

Wissenschaftler berechneten anhand von Fußabdrücken, Schrittlängen und der Hüfthöhe der Südinsel-Riesenmoas eine durchschnittliche Laufgeschwindigkeit von 3,8 bis 4,34 Kilometern pro Stunde, was auf eine relativ gemächliche Fortbewegung hindeutet. Diese langsame Bewegung unterscheidet die Moas von anderen Laufvögeln wie Straußen, Emus und Nandus, die für ihre Schnelligkeit bekannt sind. Während schnelle Festlandvögel früh auf eingeführte Raubsäuger trafen und sich an diese anpassen mussten, lebten die Moas in Isolation auf Neuseeland und blieben daher schwerfällig und langsam.

Verhalten und Ökologie des Schreckensvogels

Der Riesenmoa verdient den wissenschaftlichen Namen, den ihm Richard Owen gegeben hat, nicht wirklich, denn Dinornis bedeutet soviel wie „Schreckensvogel“. Ganz im Gegenteil: Neuseeland ist mit einer Entfernung von mehr als 1.000 Kilometern die am weitesten vom Festland (Australien) entfernte Insel der Welt. Bis auf einige endemische Fledermausarten gab es dort vor der Ankunft der Menschen keine Säugetiere. Ein Dasein ohne Bedrohungen, abgesehen vom Haastadler, hat den Moa zu einem langsamen Vogel gemacht, der seine Flugunfähigkeit aufgrund fehlender Raubtiere einbüßte und den Polynesiern wahrscheinlich zunächst mit Inselzahmheit begegnete. Vierbeiner wie Ratten und Hunde gelangten erst mit den Siedlern nach Neuseeland.

Größenvergleich Eier von Moa, Elefantenvogel, Strauß und Huhn
Größenvergleich: Eier vom Elefantenvogel (links), Strauß (Mitte), Moa (rechts) und Huhn (vorne links). Die Eier des Südinsel-Riesenmoas fassten ein Volumen von 4,3 Litern, was ungefähr 90 Hühnereiern entspricht.
Lucas, Frederic A., Public domain, via Wikimedia Commons)

Da Neuseeland keine einheimischen pflanzenfressenden Säugetiere hatte, übernahmen die Moas diese ökologische Nische. Funde von Muskelmägen im Pyramid Valley, einer bedeutenden Fossilienfundstätte auf der Südinsel, belegen, dass der Südinsel-Riesenmoa hauptsächlich Zweige und Blätter fraß. Auch Baumrinde und kleine Früchte gehörten zu seiner Nahrung. Diese Erkenntnisse stützen die Annahme, dass der Südinsel-Riesenmoa ein Waldbewohner war, der sich tagsüber in dichten und halboffenen Wäldern auf Nahrungssuche begab. Analysen von versteinertem Kot zeigen zudem, dass die Vögel auch Samen, Beeren, Blüten, Reben, Kräuter und Sträucher fraßen. Interessant ist auch, dass Moas auch eine zentrale Rolle in der Verbreitung trüffelartiger Pilze wie Gallacea scleroderma spielten, deren Sporen sie über große Distanzen transportierten. Diese Pilze sind wichtig für die Stabilität der Waldökosysteme und gingen mit dem Verschwinden der Moas weitgehend verloren.

Vermutlich spezialisierten sich die Moas auf Pflanzen, die für andere Tiere schwer verdaulich waren, und konnten so Konkurrenz vermeiden. Mit ihren kräftigen Schnäbeln und gut entwickelten Kiefermuskeln zerkleinerten sie Zweige und Stängel durch kräftiges Schütteln.

Ähnlich wie heutige Hühner und der ausgestorbene Dodo fraßen Moas Steine, die im Magen dazu dienten, stark faserhaltige Nahrung zu zerkleinern. Dies wird durch zahlreiche Funde von Magensteinen bestätigt. Igor Akimuschkin schreibt in Vom Aussterben bedroht? (1972) dazu, dass dies der Grund dafür sei, warum man um Moa-Knochen herum für gewöhnlich „kleine Häufchen abgerundeter Steinchen“ findet.

Der Paläoökologe Jamie R. Wood analysierte in seiner Studie Moa Gizzard Content Analyses (2007) Muskelmägen des Südinsel-Riesenmoas, die in Otago und Canterbury gefunden wurden. Dabei stellte er fest, dass die Steine im Magen von kleinen Quarzkieseln mit einem Durchmesser von einem Zentimeter bis zu großen Steinen von über elf Zentimetern reichten. In einigen Fällen wogen die Steine im Magen eines einzelnen Moas mehrere Kilogramm, wie Trevor Worthy und Richard Holdaway in The Lost World of the Moa (2002) berichteten.

Lancewood Pseudopanax crassifolius und Moas
Die Baumart Pseudopanax crassifolius entwickelt bis zu einem Meter lange, stachelige Blätter, um sich vor Fressfeinden wie dem Südinsel-Riesenmoa zu schützen. Sobald der Baum eine Höhe erreicht hat, bei der er nicht mehr vom Moa erreicht werden kann, bildet er gewöhnliche, glatte Blätter aus. Eine verwandte Art auf den Chatham-Inseln hat keine derartigen Blätter mit Schutzmechanismus, was Wissenschaftler als Hinweis darauf deuten, dass die Stacheln bei P. crassifolius eine Anpassung zum Schutz vor Riesenmoas waren.
Krzysztof Golik, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons)

Interessanterweise haben einige endemische Pflanzen Neuseelands spezielle Verteidigungsstrategien entwickelt, wie etwa Dornen, um ihre Blätter und Früchte vor den gefräßigen Südinsel-Riesenmoas zu schützen. Diese Schutzmechanismen sind häufig nur bis zu einer Höhe von etwa drei Metern ausgeprägt – der maximalen Reichhöhe des Südinsel-Riesenmoas. Darüber hinaus wachsen die Äste und Blätter ungeschützt weiter.

In Bezug auf ihren bevorzugten Lebensraum wurden Überreste des Südinsel-Riesenmoas selten in Sumpfablagerungen gefunden, was laut Gilbert Archey in The Moa (1941) darauf hinweist, dass die Vögel eher das hügelige Gelände dem Flachland vorzogen. Julian P. Hume (2017) vermutet, dass der Südinsel-Moa bevorzugt trockene, bewaldete Regionen im Regenschatten sowie halboffenes Buschland und Waldränder bewohnte. Als sich diese Lebensräume im Holozän auf natürliche Weise veränderten und zurückgingen, mussten die Moas zunehmend weniger geeignete Gebiete aufsuchen. Diese Veränderungen machten sie vermutlich anfälliger für die Bejagung durch Menschen und die Zerstörung ihres Lebensraums.

Die Evolution der Moas

Es gibt zwei Haupttheorien dazu, wie die Südinsel-Riesenmoas und andere Moa-Arten auf die Südinsel Neuseelands gelangten. Die heute weitgehend akzeptierte Theorie besagt, dass die Moas bereits auf Neuseeland lebten, als sich die Landmasse vor etwa 80 bis 60 Millionen Jahren vom Superkontinent Gondwana abspaltete. Diese Annahme stützt sich darauf, dass die Moas auf Neuseeland über einen sehr langen Zeitraum isoliert waren, was es ihnen ermöglichte, sich unabhängig zu entwickeln und als flugunfähige Laufvögel anzupassen. Es wird angenommen, dass die Moas als Relikte einer alten Vogelgruppe auf der Insel verblieben, während sich Neuseeland von Gondwana trennte.

Die alternative Theorie geht davon aus, dass die Vorfahren der Moas flugfähig waren und das bereits geteilte Neuseeland später durch Fliegen erreichten. Diese Sichtweise ist jedoch weniger verbreitet und wurde durch genetische und paläontologische Untersuchungen in Zweifel gezogen, die nahelegen, dass die Moas eine lange und kontinuierliche Evolution auf Neuseeland durchliefen und dort eine einzigartige Anpassung entwickelten.

Die Trennung von Nord- und Südinsel

Schon Ferdinand von Hochstetter erkannte 1867, dass die geografische Isolation von Nord- und Südinsel Neuseelands zur Entwicklung unterschiedlicher Moa-Linien führte:

„(…) so wie die Apteryx-Arten [Kiwi] auf den beiden Inseln unterschiedlich sind, scheinen auch die Moa-Arten der Nordinsel sich von denen auf der Südinsel zu unterscheiden. Die Cookstraße, die nun die beiden Inseln trennt, könnte für diese Vögel, die weder fliegen noch schwimmen konnten, ein unüberwindbares Hindernis dargestellt haben, das sie daran hinderte, von der einen Insel zur anderen zu wandern. (…) Wenn wir annehmen, dass die beiden Inseln früher miteinander verbunden waren, müssen wir natürlich auch annehmen, dass die Trennung vor langer Zeit stattfand, sodass sich die ursprünglich identischen Arten im Laufe der Zeit nach der Trennung der Inseln in die heutigen Varianten oder Arten verändert haben könnten.“

New Zealand: its Physical Geography, Geology, and Natural History: With Special Reference to the Results of Government Expeditions in the Provinces of Auckland and Nelson. 1867. F. v. Hochstetter

Eine im Jahr 2005 von Ornithologe Allan J. Baker veröffentlichte DNA-Studie, die 125 alte Moa-Knochen untersuchte, bestätigt Hochstetters Annahme. Sie zeigt, dass große paläoökologische Veränderungen eine entscheidende Rolle bei der Evolution der Moas spielten. Solche Veränderungen umfassen klimatische, geologische oder ökologische Ereignisse, die die Lebensbedingungen auf der Erde beeinflusst haben, wie etwa Eiszeiten, Vulkanausbrüche, die Verschiebung von Kontinenten oder die Entstehung von Gebirgen. Derartige Vorgänge haben stets tiefgreifende Auswirkungen auf die Evolution von Arten, da sich verändernde Lebensräume und Ökosysteme Anpassungen durch die darin lebenden Lebewesen erfordern.

Südinsel-Riesenmoa-Skelett
Die Südinsel-Riesenmoas waren nicht nur größer, sondern auch kräftiger und robuster als ihre Verwandten auf der Nordinsel. Diese Unterschiede entstanden aufgrund der verschiedenen Umweltbedingungen auf den beiden Inseln. (© Internet Archive Book Images, No restrictions, via Wikimedia Commons)

Die DNA-Analyse deutet darauf hin, dass der letzte gemeinsame Vorfahre der Moas nach einer Überschwemmung Neuseelands im Oligozän lebte. Vor etwa vier bis zehn Millionen Jahren führten geologische Veränderungen, einschließlich Erdbeben und Klimawandel, zur Entwicklung verschiedener Moa-Linien, die sich an unterschiedliche Lebensräume anpassten. Diese Veränderungen führten dazu, dass die Vögel in verschiedenen Gebieten isoliert wurden, wodurch sich ihre Körpergröße und -form deutlich veränderte.

Bakers genetische Untersuchungen an der Gattung Dinornis zeigen, dass sich die Nord- und Südinsel-Riesenmoas unterschiedlich entwickelten. Insgesamt wurden 14 genetische Linien identifiziert, darunter drei, die zu den Südinsel-Riesenmoas gehören. Diese Unterschiede sind auf die geografische Isolation der Vögel zurückzuführen, die keine Möglichkeit hatten, zwischen den Inseln zu wandern. Die Trennung der Moa-Linien auf der Südinsel begann vor etwa fünf Millionen Jahren und setzte sich bis vor etwa 1,7 Millionen Jahren fort, als sich verschiedene Populationen entlang der West- und Ostseite der Südalpen herausbildeten.

Eine spätere Studie des Molekularbiologen Michael Bunce aus dem Jahr 2009 unterstützt diese Ergebnisse. Beide Studien stimmen darin überein, dass geologische Veränderungen maßgeblich zur Evolution der Moas beitrugen. Bunce betont jedoch, dass Nord- und Südinsel in den letzten 20 bis 30 Millionen Jahren geologisch weitgehend isoliert waren, was zur Entstehung unterschiedlicher Dinornis-Linien auf beiden Inseln führte. Diese Isolation förderte die Divergenz zwischen dem Südinsel-Riesenmoa Dinornis robustus auf der Südinsel und dem Nordinsel-Riesenmoa Dinornis novaezealandiae auf der Nordinsel.

Bunce liefert zudem genauere Daten zur Diversifikation der Moas, die vor etwa 5 bis 8,5 Millionen Jahren begann – zeitgleich mit dem beschleunigten Anstieg der Südalpen. Diese geologischen Veränderungen schufen neue Lebensräume, was die Anpassung und Spezialisierung der Vögel vorantrieb. Die verschiedenen Linien des Südinsel-Riesenmoas entwickelten sich getrennt in westliche und östliche Populationen, was zu genetischen Unterschieden innerhalb dieser Art führte.

Tinamus major
Obwohl sie geografisch näher am Kiwi oder Emu gelegen waren, zeigen genetische Untersuchungen, dass die Moas am engsten mit ihrer Schwestergruppe, den südamerikanischen Steißhühnern oder Tinamous, verwandt waren.
Chloe and Trevor Van Loon, CC BY 4.0, via Wikimedia Commons)

Eine 2014 veröffentlichte Studie zur Verwandtschaft der ausgestorbenen Moas und anderer flugunfähiger Ratiten wie Straußen und Emus ergab überraschende Ergebnisse: Genetische Analysen zeigen, dass die flugfähigen Tinamous oder Steißhühner (Tinamidae) aus Südamerika enger mit den Moas verwandt sind als andere Ratiten wie Emus oder Kiwis. Dies widerspricht der bisherigen Annahme, dass alle flugunfähigen Vögel von einem gemeinsamen, ebenfalls flugunfähigen Vorfahren abstammen. Stattdessen deutet dies darauf hin, dass die Flugfähigkeit bei verschiedenen Vogelgruppen unabhängig voneinander mehrfach verloren ging.

Worin unterscheiden sich Nordinsel- und Südinsel-Riesenmoa?

Die verschiedenen Lebensräume der Nord- und Südinsel führten zu einer ökologischen Spezialisierung der Moas. Während die Südinsel durch gebirgiges Terrain und unterschiedliche Vegetationszonen geprägt war, bot die Nordinsel ein milderes Klima mit weniger extremen Bedingungen. Diese Unterschiede hatten Einfluss auf die körperliche Entwicklung der Moas.

Südinsel-Riesenmoa Schädel
Der Schädel eines Südinsel-Riesenmoas. Der kräftige Schnabel war gut geeignet, um harte Pflanzenteile wie Zweige und Baumrinde zu zerkleinern, während die kleinen Augenhöhlen auf eine eher eingeschränkte Sehkraft hindeuten.
Auckland Museum, CC BY 4.0, via Wikimedia Commons)

In Memoirs on the Extinct Wingless Birds of New Zealand (1897) beschreibt Richard Owen die Südinsel-Moas als kräftiger und robuster, während die Moas der Nordinsel schlanker und länger gebaut waren. Diese Merkmale lassen sich durch die jeweiligen Umweltbedingungen erklären: Auf der rauen, gebirgigen Südinsel war ein kompakterer und kräftigerer Körperbau von Vorteil, um in der harschen Umgebung besser zu überleben. Die schlankeren Moas der Nordinsel waren hingegen an das mildere Klima und die weniger anspruchsvolle Landschaft angepasst, was ihnen möglicherweise eine effizientere Fortbewegung ermöglichte.

Owen konzentrierte sich in seinen Beschreibungen hauptsächlich auf die Körperproportionen und ließ den tatsächlichen Größenunterschied zwischen den Arten außer Acht. Sein Fokus auf die Proportionen könnte durch die Vielzahl der von ihm beschriebenen Dinornis-Arten zu Verwirrung über die tatsächliche Größe geführt haben.

Heute wissen wir, dass der Südinsel-Riesenmoa insgesamt größer und schwerer war als der Nordinsel-Moa. Diese körperlichen Merkmale passen zu den klimatischen Gegebenheiten: Größere und robustere Tiere wie die Südinsel-Riesenmoas sind besser darin, Körperwärme zu speichern und widrigen klimatischen Bedingungen zu trotzen. Der leichtere Körperbau des Nordinsel-Moas könnte dagegen in der milderen Umgebung von Vorteil gewesen sein, da er weniger Energie für die Bewegung und die Erhaltung des Körpergewichts erforderte.

Taxonomie: Vielfalt innerhalb der Moa-Gruppe

Rekonstruktion Südinsel-Riesenmoa
Der Südinsel-Riesenmoa, wie alle anderen Moa-Arten, besaß einen relativ kleinen Kopf mit einem breiten, flachen Schnabel und kleinen Augen. Sein Hals war lang, während der Körper groß und stämmig wirkte. Die kräftigen, massiven Beine trugen das Gewicht seines schweren Körpers.
Nobu Tamura (nobu.tamura@yahoo.com), CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons)

Die Taxonomie der Moas sorgte seit jeher für Verwirrung. Die große morphologische Vielfalt innerhalb der Gruppe erschwerte die Abgrenzung zwischen innerartlichen Unterschieden und tatsächlichen Artenmerkmalen, weshalb anhand von Skelettüberresten eine Vielzahl von Moa-Arten beschrieben wurden. Walter Rothschild listete in seinem Werk Extinct Birds (1907) ganze 37 Arten auf. Spätere Taxonomen wie Gilbert Archey (1941) und Walter R. B. Oliver (1949) reduzierten die Anzahl auf 20 beziehungsweise 27 Arten. Der amerikanische Ornithologe Joel Cracraft akzeptierte in seiner Studie The Species of Moa (1976) nur noch 13 Arten. Neuere systematische Untersuchungen haben schließlich die Zahl auf neun Arten in sechs Gattungen und drei verschiedenen Familien eingrenzt.

Unabhängig von der genauen Anzahl bleibt klar, dass die Moa-Gruppe eine außergewöhnliche Artenvielfalt aufwies, die alle anderen Gruppen von Ratiten übertraf. Errol Fuller drückt in Extinct Birds (2001) seine Bewunderung aus, indem er darauf hinweist, dass es erstaunlich sei, wie viele Moa-Arten in dem vergleichsweise kleinen Neuseeland lebten, während auf dem riesigen afrikanischen Kontinent lediglich ein einziger Laufvogel, der Strauß (Struthio camelus), vorkommt.

Die Gattung der Riesenmoas (Dinornis), bestehend aus zwei Arten, gehört zur Familie der Dinornithidae. Heute werden zwei valide Arten anerkannt: der Nordinsel-Riesenmoa (Dinornis novaezealandiae) und der Südinsel-Riesenmoa (Dinornis robustus). Ebenfalls auf der Südinsel Neuseelands lebten der Kleine Moa, der Küstenmoa, der Waldmoa, der Elefantenfuß-Moa und der Schopfmoa.

Subfossile Überreste der Südinsel-Riesenmoas, einschließlich Knochen, Eierschalen, Federn und Fußabdrücken, sind in Museen weltweit ausgestellt, unter anderem in Auckland, Canterbury und Wellington in Neuseeland sowie in London und Tring, England. Mumifizierte Überreste befinden sich in Otago auf der Südinsel Neuseelands und in York, England.

Bisherige Seitenaufrufe: 1825

Unterstütze diesen Blog! Wenn dir dieser Beitrag gefallen hat, ziehe bitte eine kleine Spende in Betracht. Jeder Beitrag, egal wie klein, macht einen Unterschied. Deine Spende ermöglicht es mir, den Blog werbefrei zu halten und auf Bezahlschranken zu verzichten, damit alle Leser freien Zugang zu den Inhalten haben. Du kannst ganz einfach über den Spendenbutton spenden oder mir ein Buch aus meiner Amazon Wunschliste schenken. Jeder Betrag zählt und wird sehr geschätzt! Vielen Dank für deine Unterstützung!