Der Kouprey gilt als eines der rätselhaftesten Wildrinder der Welt. Erst 1937 von westlichen Wissenschaftlern beschrieben, blieb das scheue Tier aus den tropischen Wäldern des Dreiländerecks Vietnam, Laos und Kambodscha jahrzehntelang kaum erforscht. Viele Zoologen sahen im Kouprey ein Phantom: kaum gesichtet, kaum erforscht, schwer einzuordnen.
Zahlreiche Hypothesen kreisten jahrzehntelang um seine Herkunft: Handelt es sich beim Kouprey um eine eigenständige Wildrindart – oder doch um ein Produkt natürlicher Kreuzungen? Manche Fachleute vermuteten in ihm ein verwildertes Hausrind, andere eine regionale Variante des Bantengs (Bos javanicus). Sogar eine Abstammung vom ausgestorbenen Auerochsen wurde diskutiert.

(© Christian Pirkl, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons)
Doch eines scheint (fast) sicher: Der Kouprey ist ausgestorben. Oder er ist so selten geworden, dass er sich der wissenschaftlichen Beobachtung seit über einem halben Jahrhundert vollständig entzieht. Die Hoffnung auf eine Wiederentdeckung jedoch bleibt – besonders in Kambodscha, wo der Kouprey als Nationalsymbol gilt. Ob er tatsächlich verschwunden ist oder in entlegenen Wäldern Ostkambodschas noch überlebt, ist bis heute ungewiss.
Seit Prinz Norodom Sihanouk ihn 1964 offiziell zum Nationaltier erklärte, steht der Kouprey symbolisch für die wilde Natur des Landes und für die Khmer-Kultur. Diese Würdigung wurde 2005 durch ein königliches Dekret erneuert. Im kollektiven Gedächtnis des Landes ist der Kouprey allgegenwärtig: Statuen säumen Straßen, Parks und Zoos; Briefmarken zeigen sein Bild; und selbst auf dem Trikot der Fußballnationalmannschaft prangt seine Silhouette. Eine überlebensgroße Statue an einem Kreisverkehr nahe Wat Phnom in Phnom Penh erinnert täglich an ihn. Auch in Provinzstädten wie Sen Monorom wird er in Denkmalform verewigt.
Vielleicht ist es dieser tief verankerte Symbolwert, der erklärt, warum ein offizielles Eingeständnis seines Aussterbens bislang ausgeblieben ist. Denn für viele Menschen steht der Kouprey nicht nur für ein seltenes Tier, sondern für Stolz, Widerstandskraft und die Hoffnung, dass nicht jeder Verlust endgültig sein muss.
Kouprey – Steckbrief
alternative Bezeichnungen | Kouproh, Kousproh, Kou-Prey |
wissenschaftliche Namen | Bos sauveli, Bibos sauveli, Novibos sauveli, Bos javanicus sauveli |
englische Namen | Kouprey, Grey ox, Indo-Chinese forest ox, Forest ox |
ursprüngliches Verbreitungsgebiet | Kambodscha, Laos, Vietnam, (Thailand) |
Zeitpunkt des Aussterbens | unklar, wahrscheinlich nach 1982 |
Ursachen für das Aussterben | Wilderei, Krankheiten, Lebensraumverlust |
IUCN-Status | vom Aussterben bedroht (möglicherweise ausgestorben) |
Anatomische Besonderheiten: Wamme, Hornspitzen und Nasenkerben
Der Name Kouprey – auch „Kouproh“ – stammt aus der Khmer-Sprache und bedeutet so viel wie „graues Rind“. Diese Bezeichnung ist jedoch irreführend, da nur Kühe und Kälber ein hellgraues Fell trugen. Ausgewachsene Bullen hingegen waren dunkelbraun bis schwarz gefärbt. Beide Geschlechter trugen Hörner: Bei Kühen erreichten sie eine Länge von bis zu 40 Zentimetern, bei Bullen konnten sie bis zu 80 Zentimeter lang werden.
Mit einer Schulterhöhe von 1,70 bis 1,90 Metern und einem Gewicht zwischen 700 und 900 Kilogramm gehörte der Kouprey zu den großen Wildrindern Südostasiens. Größentechnisch rangierte er zwischen dem kleineren Banteng und dem deutlich massiveren Gaur (Bos gaurus). Die Körperlänge betrug etwa 2,1 bis 2,2 Meter.

(© DFoidl, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons)
Was den Kouprey wirklich besonders machte, waren nicht bloß seine Größe, Färbung oder Hörner, sondern drei anatomische Eigenheiten, die so bei keinem anderen Wildrind bekannt sind. Sie gaben der Wissenschaft Anlass zur Annahme, dass es sich um eine eigenständige Art handeln müsse.
Die Wamme – eine auffällige Hautfalte

(© Coolidge 1940, The Indo-Chinese Forest Ox or Kouprey, via Biodiversity Heritage Library)
Die große, tief gefaltete Wamme, die besonders bei männlichen Tieren stark ausgeprägt war, hing locker vom Hals herab. Beim Gehen und Laufen schwang diese Hautfalte deutlich mit. Sie bestand aus weicher, oft zottelig behaarter Haut und konnte laut dem amerikanischen Zoologen Harold Jefferson Coolidge Jr. (1940) bis zu 44 Zentimeter lang sein. Der Biologe Charles H. Wharton (1957) schrieb, dass die Wamme bei alten Bullen so groß war, dass sie sogar durch das Gras schleift. Weibliche Tiere hatten eine deutlich kleinere Wamme mit bis zu zehn Zentimetern Länge. Herwart Bolken (1961) betonte:
„Eine der auffallendsten Eigentümlichkeiten des Kouprey ist die stark entwickelte Wamme. Auch bei Banteng und Gaur findet sich eine mehr oder minder gut ausgebildete Wamme, aber sie erreicht nie die Ausmaße (…). Unter den Hausrindern sind besonders die Zebus durch enorme Wammenbildung ausgezeichnet. Sie allein erreichen eine dem Kouprey vergleichbare Wammengröße.“
Der Kouprey, Bos (Bibos) sauveli Urbain 1937. Zeitschrift für Saugetierkunde 26: 193-254. Bohlken, H. (1961)
Die genaue Funktion der Wamme ist nicht eindeutig geklärt. Sie könnte ein sekundäres Sexualmerkmal sein, das Männchen und Weibchen optisch unterscheidet. Darüber hinaus könnte sie der Thermoregulation dienen, indem sie überschüssige Körperwärme abgibt. Möglich ist auch, dass sie als visuelles Signal in der Kommunikation mit Artgenossen eine Rolle spielte – etwa zur Einschüchterung von Rivalen oder zur Präsentation während der Paarungszeit.
Zerfranste Hornspitzen als Altersmerkmal

(© Coolidge 1940, The Indo-Chinese Forest Ox or Kouprey, via Biodiversity Heritage Library)
Ein weiteres distinktives Merkmal des Kouprey sind die zerfaserten Hornspitzen bei männlichen Tieren. Diese erscheinen mit zunehmendem Alter aufgebrochen, gesplittert oder faserig, als würde sich die äußere Hornschicht in Fasern auflösen oder abblättern. Es handelt sich dabei aber nicht um Schäden am Knochen selbst, sondern um die Keratinscheide, die den knöchernen Hornzapfen umgibt.
Bohlken (1961) schrieb, dass das „Aufsplittern“ der Hornspitzen bei vierjährigen Tieren beginnt und mit sieben bis acht Jahren abgeschlossen ist. Die auffällige Fransenstruktur entsteht vermutlich auf natürliche Weise – etwa durch Abnutzung beim Kämpfen oder Reiben an Bäumen, durch besonders schnelles Hornwachstum mit poröser Struktur oder durch eine genetisch bedingte Besonderheit der Hornbildung.
Vergleichbare Strukturen sind bei anderen Wildrindern wie dem Banteng, Gaur oder dem Auerochsen nicht zu beobachten. Deren Hörner enden in der Regel glatt, symmetrisch und konisch. Das zerfaserte Aussehen der Kouprey-Hörner gilt daher als eindeutige, artspezifische Besonderheit der männlichen Tiere. Coolidge (1940) betrachtete sie bereits als wichtiges Unterscheidungsmerkmal und Argument für den Artstatus des Kouprey.
Morphologisch einzigartig: Eingekerbte Nasenlöcher

Die Nasenlöcher des Kouprey sind tief eingeschnitten und an der unteren Begrenzung scharf eingekerbt. Dieses Merkmal wurde bereits in der Erstbeschreibung durch Achille Urbain (1937) hervorgehoben und später von Coolidge (1940) als einzigartig unter den Wildrindern beschrieben:
„Die Nasenlöcher sind seitlich tief eingeschnitten und bilden eine charakteristische Einkerbung, wie sie bei keiner anderen Art der Gattung Bos vorkommt.“
The Indo-Chinese Forest Ox or Kouprey, S. 431, 1940, H. J. Coolidge Jr.
Im Gegensatz zu den eher rundlichen und glatten Nasenlöchern anderer Wildrinder wie Gaur, Banteng oder Auerochse weisen Koupreys eine markante Einkerbung an der unteren Begrenzung der Nasenöffnung auf. Diese Kerben, die bei Männchen und Weibchen gleichermaßen vorkamen, wurden sowohl an lebenden Tieren als auch an Schädelpräparaten dokumentiert.
Weder Urbain noch Cooldige machten Aussagen zur Funktion der Einkerbungen – möglicherweise verbessern sie die Luftzufuhr bei hohen Außentemperaturen oder dienen der Schallverbreitung beim Röhren. In Verbindung mit der zerfaserten Hornspitze und der stark ausgeprägten Wamme beim Männchen liefern die eingekerbten Nasenlöcher ein weiteres Argument für die taxonomische Eigenständigkeit des Kouprey.
Die Erstbeschreibung weckt Interesse am Kouprey
Als wissenschaftlicher „Entdecker“ des Kouprey gilt gemeinhin der französische Zoologe, Museums- und Zoodirektor Achille Urbain. Im Juli 1936 gelangte ein in der Nähe von Chep in der Provinz Preah Vihear im Norden Kambodschas gefangenes männliches Kalb in seinen Besitz. Er brachte das Tier in den Zoo de Vincennes in Paris, dessen Leitung er zu dieser Zeit innehatte.

(© Georges Broihanne – historisches Bild, via Wikimedia Commons)
Dieses Kalb diente Urbain als Typusexemplar für die 1937 veröffentlichte Erstbeschreibung der Art Bos sauveli. Laut seiner Angaben war das Tier 1939 vier Jahre alt und bereits ausgewachsen – allerdings war die Ausbildung der Hörner beim Tod des Tieres im Jahr 1940 noch nicht vollständig abgeschlossen, wie Bohlken 1961 in seinem Fachartikel Der Kouprey (Zeitschrift für Säugetierkunde) anmerkte. Mit Urbains Veröffentlichung begann ein wachsendes wissenschaftliches Interesse an dieser bis dahin unbekannten Wildrindart.
Zwei Jahre nach Herausgabe der Erstbeschreibung, 1939, nahm der französische Tierpräparator, Zoologe und Jagdexperte François Edmond-Blanc an der VII. zoologischen Expedition in Indochina teil. Gemeinsam mit dem bekannten Jagdführer Vincent Pietri erlegte er in der Nähe von Samrong in der kambodschanischen Provinz Kratié einen erwachsenen männlichen Kouprey. Fell, Schädel und Skelettreste des Tieres wurden dem Museum of Comparative Zoology in Cambridge, Massachusetts (USA) übergeben.
Dieses zweite Exemplar wurde später als Hypotypus der Art klassifiziert und bildete die Grundlage für eine umfassende morphologische Analyse durch Coolidge. Seine 1940 veröffentlichte Monografie The Indo-Chinese forest ox or kouprey gilt bis heute als eine der wichtigsten Referenzarbeiten zur Anatomie und taxonomischen Einordnung des Kouprey.
Marcel Dufossé: Der eigentliche Entdecker des grauen Wildochsen
Lange bevor der Kouprey offiziell als neue Wildrindart beschrieben wurde, hatte der französische Kolonialarzt, Jäger und Naturbeobachter Marcel Dufossé bereits wesentliche Beiträge zu seiner Entdeckung geleistet. Mehr als zwei Jahrzehnte vor Achille Urbains Erstbeschreibung von 1937 benannte, beschrieb und illustrierte Dufossé das bis dahin der Wissenschaft unbekannte Tier – und erkannte frühzeitig seine biologische Bedeutung.
Am 16. Mai 1917 erlegte Dufossé in der Nähe der alten Khmer-Ruinen von Sambor Prei Kuk (nahe Kampong Thom) einen großen, grauen Wildrindbullen. In seiner 1918 erschienenen Monographie de la circonscription de Kompong Thom unterschied er diesen „bœuf gris“ (grauer Wildochse) deutlich vom bekannten „bœuf rouge“, dem Banteng, und wies auf auffällige morphologische und verhaltensbiologische Unterschiede hin.
Bereits zu diesem Zeitpunkt vertrat Dufossé die Ansicht, dass es sich um eine eigenständige Art handele – eine Einschätzung, die er mit bemerkenswerter Klarheit formulierte. Er warnte eindringlich vor dem Aussterben des Tieres, forderte – seiner Zeit weit voraus – ein vollständiges Jagdverbot und bezeichnete den Kouprey als „wahre biologische Kostbarkeit“. Damit war er nicht nur der erste Europäer, der das Tier detailliert beschrieb, sondern auch einer der frühesten Fürsprecher seines Schutzes.
In seinem 1930 veröffentlichten, sehr umfangreichen Jagd- und Reiseführer Chasse et tourisme au Cambodge et dans le Sud-Indochine lieferte Dufossé weiterführende Informationen: Er dokumentierte das Verhalten und die Verbreitung der Art, verwendete systematisch den Khmer-Namen „kou prey“ (Kuh des Waldes) und veröffentlichte vermutlich die ersten Fotografien von Kouprey-Schädeln – ein männliches und ein weibliches Exemplar. Besonders interessant sind seine Hinweise auf Domestikationsversuche: In einem kambodschanischen Dorf beobachtete er ein gezähmtes Jungtier, das als Zugtier eingesetzt wurde. Er betonte dessen „außergewöhnliche Kraft und hohe Ausdauer.
Trotz dieser wichtigen Pionierleistung blieben Dufossés Beiträge lange unbeachtet. Der Tierarzt René Sauvel – später ein enger Mitarbeiter Urbains – nannte seine Monographie abfällig ein „petit opuscule“ (kleines Heftchen) und spielte ihre Bedeutung systematisch herunter. Dennoch stützte sich Urbain in seiner offiziellen Erstbeschreibung von 1937 explizit auf Dufossés Beobachtungen.
Spätere Zoologen wie Coolidge (1940) und Bohlken (1961) würdigten Dufossé immerhin als ersten namentlich bekannten westlichen Zeugen des Kouprey. Erst in den 1960er-Jahren erfuhren Dufossés Leistungen durch Pierre Pfeffer und Ou Kim San späte Anerkennung: Sie würdigten seine frühe, präzise Beschreibung des Kouprey als wegweisend und hoben seine klare Differenzierung der Wildrindarten Kambodschas hervor.
Rückblickend war Marcel Dufossé nicht nur der eigentliche Entdecker des Kouprey, sondern auch ein früher Vertreter des Artenschutzgedankens in Südostasien. Er erkannte die biologische Einzigartigkeit des Tieres, dokumentierte seine Lebensweise und setzte sich für seinen Schutz ein – lange bevor die westliche Zoologie den Kouprey als valide Art akzeptierte.
Historisches Verbreitungsgebiet und Lebensraum

(© Karte bearbeitet nach IUCN Red List of Threatened Species, species assessors and the authors of the spatial data., CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons)
Der Kouprey war ursprünglich in einem klar abgegrenzten Gebiet auf dem Festland Südostasiens beheimatet. Laut der Internationalen Union zur Bewahrung der Natur (IUCN) umfasste sein historisches Verbreitungsgebiet große Teile des östlichen Kambodscha, angrenzende Gebiete im Süden von Laos, den Westen Vietnams und möglicherweise den äußersten Südosten Thailands. Letzteres gilt jedoch als umstritten: Es existieren bislang keine belastbaren Belege für ein Vorkommen in Thailand. Die IUCN erwähnt Thailand zwar als potenziell saisonales Randgebiet, verweist aber selbst darauf, dass dies nicht sicher belegt ist.
Der amerikanische Zoologe Robert S. Hoffmann (1986) stellte auf Grundlage archäologischer Funde die Hypothese auf, dass Koupreys möglicherweise einst bis in den Norden der chinesischen Provinz Yunnan verbreitet waren. Dabei dürfte es sich jedoch eher um eine frühere, pleistozäne Verbreitung handeln – nicht um das eigentliche historische Vorkommensgebiet der Neuzeit.
Lebensraumansprüche des Wildrinds
Feldbeobachtungen, insbesondere durch Charles H. Wharton in den 1950er-Jahren, zeigen: Der Kouprey bevorzugte offene, vielfältig strukturierte Landschaften. Typisch waren laubwerfende Trockenwälder mit einem abwechslungsreichen Mosaik aus Grasflächen, dichterem Gehölz, Wasserstellen und natürlichen Salzlecken. Auch Rückzugsräume waren von Bedeutung, um Störungen aus dem Weg gehen zu können.

(© Dtfman, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons)
Für den Kouprey war ein großräumiger Lebensraum entscheidend, in dem sich Futter, Wasser und Salz über weite Flächen verteilt finden ließen. So konnte eine gestörte Herde problemlos auf andere Gebiete ausweichen, ohne auf lebenswichtige Ressourcen verzichten zu müssen. Wichtig waren auch schattige Rückzugsorte: Vor allem an heißen Tagen hielten sich Koupreys tagsüber bevorzugt in dichten Wäldern auf.
Wharton beschrieb den Kouprey als typischen Bewohner weitläufiger Tieflandwälder, der sowohl offene Savannen als auch lichteres Parkland nutzte. Die tatsächlich genutzten Flächen machten vermutlich weniger als ein Drittel des potenziell geeigneten Waldgebiets aus – der Kouprey bewohnte also gezielt bestimmte Kernbereiche innerhalb eines größeren Lebensraumkomplexes. Auch Übergangsbereiche zu halbimmergrünen Wäldern wurden gelegentlich aufgesucht.
Das Verbreitungsgebiet war geprägt von einem deutlich ausgeprägten Wechsel zwischen Trocken- und Regenzeit und relativ geringen Jahresniederschlägen von unter 2.000 Millimetern. Die Landschaft war meist flach oder leicht hügelig – ideale Bedingungen für ein ziehendes Wildrind, das große Distanzen überwindet, um geeignete Standorte aufzusuchen.
Als die Koupreys verschwanden: Letzte Sichtungen & Hinweise
Der amerikanische Biologe Charles H. Wharton verbrachte in den Jahren 1951 und 1952 mehrere Monate in Kambodscha, um Koupreys zu beobachten. In seiner 1957 erschienenen Monografie An ecological study of the Kouprey schätzte er den Bestand auf lediglich etwa 500 wildlebende Tiere – deutlich weniger als die rund 800 Individuen, von denen 1938 noch ausgegangen worden war. Zum Vergleich: Die Population des sympatrisch vorkommenden Bantengs schätzte er auf rund 5.000 Tiere.
Ein einzigartiges Zeugnis seiner Expedition ist ein kurzer Film, den Wharton während seiner Beobachtungen 1951/52 anfertigte. Es handelt sich um die einzige bekannte Filmaufnahme freilebender Koupreys. Die Szenen wurden später in dem Dokumentarfilm Wild Cattle of Cambodia (1957) veröffentlicht:
Bereits zum Zeitpunkt ihrer wissenschaftlichen Erstbeschreibung 1937 waren Koupreys ausgesprochen selten. Wahrscheinlich überschritt ihre Gesamtzahl im 20. Jahrhundert zu keinem Zeitpunkt 2.000 Individuen.
Letzte gesicherte Nachweise
Die letzten eindeutig belegten Kouprey-Sichtungen gehen laut IUCN auf die 1960er-Jahre zurück:
- 1963/1964 beobachtete Wharton erneut Koupreys und stellte fest, dass ihr Vorkommen selbst in geeigneten Lebensräumen deutlich geringer war als das des Bantengs. Das beobachtete Verhältnis schwankte zwischen 1:2 und 1:10. Aufgrund ihrer geringen Populationsgröße, ihrer engen Bindung an spezifische Lebensräume und der intensiven Bejagung seien Koupreys, so Wharton, deutlich stärker vom Aussterben bedroht als andere Wildrinder.
- 1969 berichtete der Großwildjäger und Autor James Mellon von der Beobachtung zweier weiblicher Koupreys in der Region Chep/Melouprey im Nordosten Kambodschas. Diese Sichtung gilt bis heute als der letzte allgemein akzeptierte direkte Nachweis lebender Koupreys.
- Zwischen 1964 und 1970 führte der französische Zoologe Pierre Pfeffer fünf dreimonatige Feldexpeditionen durch. In den Regionen Mondulkiri, Lomphat und Phnom Prich dokumentierte er anhand von Spuren, Kamerafallen und Sichtungen mehrere kleine Kouprey-Gruppen. In Phnom Prich konnte er eine Herde mit insgesamt 23 Individuen erfassen, darunter mehrere adulte Tiere, Jungtiere und halbwüchsige Bullen. Auch in anderen Gebieten stieß er auf kleine Herden mit fünf bis sieben Tieren. Pfeffer stellte innerhalb seines Beobachtungszeitraums einen besorgniserregend rasanten Rückgang der Kouprey-Population fest. Zudem erkannte er, dass Koupreys nur in abgelegenen, schwer zugänglichen Wäldern lebten und in verstreuten Kleingruppen auftraten. Seine Ergebnisse veröffentlichte er 1969 in Considérations sur l’écologie des forêts claires du Cambodge oriental – einer der letzten umfassenden Feldstudien zur Art.
Eine konkrete Gesamtbestandszahl nannte Pfeffer nicht – sie dürfte aber bereits im niedrigen zweistelligen bis unteren dreistelligen Bereich gelegen haben. Nach 1970 gab es in den Ländern Kambodscha, Laos, Thailand und Vietnam keine dokumentierten Sichtungen oder Nachweise mehr zu Koupreys.
Hinweise aus den 1980er-Jahren
Trotz der zunehmenden politischen Isolation Kambodschas in Folge von Bürgerkrieg und Besatzung gab es in den 1980er-Jahren vereinzelte Hinweise auf das mögliche Überleben kleiner Kouprey-Restpopulationen. Der Zoologe Chris Thouless dokumentierte im Rahmen seines Berichts Kampuchean Wildlife – Survival Against the Odds (1987) mehrere glaubwürdige Zeitzeugenberichte von Geflüchteten, die in den 1970er- und frühen 1980er-Jahren Koupreys gesehen haben wollen.
Einige Personen berichteten, zwischen 1975 und 1979 in entlegenen Waldgebieten, in die sie unter dem Regime der Roten Khmer zwangsumgesiedelt worden waren, selbst Koupreys beobachtet zu haben. Besonders bemerkenswert ist der Bericht eines Mannes, der zwischen 1979 und 1982 an der Jagd auf sechs Koupreys aus einer Herde von schätzungsweise 30 Tieren beteiligt gewesen sei. Auch aus dem westlich gelegenen Siem Reap – außerhalb des bekannten historischen Verbreitungsgebiets – wurden Sichtungen gemeldet.
Als letzte glaubwürdige Quelle gelten Aussagen von Einheimischen aus einem früheren Kouprey-Rerservat, dem Distrikt Kampong Sralao im Nordosten Kambodschas. Dort sollen in den 1980er-Jahren Rinder gezielt in Wälder getrieben worden sein, um sie mit wilden Kouprey-Bullen zu kreuzen – man schrieb diesen eine besondere Widerstandskraft gegen Rinderpest zu.
Diese Berichte nährten die Hoffnung, dass sich zumindest kleine, isolierte Kouprey-Populationen bis in die späten 1980er-Jahre hinein in schwer zugänglichen Regionen Südostasiens halten konnten. Wissenschaftlich bestätigt wurde dies jedoch nicht. Konkrete Beweise in Form von Fotografien, toten Tieren oder genetischem Material fehlen.
Neue Hoffnung auf Kouprey-Spuren?
Seit 2022 leitet der Zoologe Andrew Tilker vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung in Kooperation mit der NGO Re:wild die erste gezielte Studie seit über einem Jahrzehnt. Ziel ist es, mithilfe historischer Expeditionsberichte und aktueller Kamerafallendaten herauszufinden, ob es noch unerschlossene Lebensräume gibt, in denen Koupreys bis heute überlebt haben könnten.

(© Veal Thom Grasslands, Public Domain, via Wikimedia Commons)
Die laufende Studie ist in drei Phasen gegliedert: Zunächst analysiert das Forschungsteam historische Quellen, um die ehemaligen Kernverbreitungsgebiete des Kouprey möglichst präzise zu rekonstruieren. In einem zweiten Schritt folgt die Auswertung bestehender Kamerafallen-Daten aus weiten Teilen Indochinas. Dabei wird geprüft, welche Landschaftstypen bereits systematisch erfasst wurden und wo noch blinde Flecken bestehen. Auf dieser Grundlage sollen potenzielle Rückzugsgebiete ermittelt werden, die bislang kaum oder gar nicht untersucht wurden.
Im Fokus stehen besonders schwer zugängliche Grenzregionen zwischen Kambodscha und Laos, insbesondere der Virachey-Nationalpark im Nordosten Kambodschas. Mit mehr als 3.300 Quadratkilometern zählt er zu den größten und unerforschten Waldgebieten des Landes. Welche Arten dort leben, ist weitgehend unbekannt. Erst 2021 gelang hier der erste fotografische Nachweis einer Fortpflanzungspopulation des stark bedrohten Riesenmuntjaks (Muntiacus vuquangensis) in Kambodscha – ein Hinweis auf das Potenzial solcher entlegenen Rückzugsräume.
Laut einem Artikel auf Dialogue Earth (September 2022) sollte die Kouprey-Studie ursprünglich 2023 abgeschlossen werden. Bis 2025 ist sie jedoch offenbar noch nicht vollständig beendet. Das weitere Vorgehen hängt laut Tilker davon ab, ob die Analyse tatsächlich Regionen mit geeigneten ökologischen Bedingungen identifizieren kann, die eine gezielte Feldsuche rechtfertigen würden. Sollte dies der Fall sein, gebe es bereits internationales Interesse an weiterführenden Expeditionen.
Wie Tilker auf Anfrage mitteilte, arbeitet das Forschungsteam derzeit an der Finalisierung des Manuskripts. Es ist geplant, die Ergebnisse im Laufe des Jahres 2025 zu veröffentlichen.
Schutzmaßnahmen für den Kouprey
Nach der wissenschaftlichen Erstbeschreibung des Kouprey im Jahr 1937 wurde das seltene Wildrind rasch zum Symboltier Kambodschas. Bereits 1960 ergriff Staatsoberhaupt Norodom Sihanouk erste Schutzmaßnahmen: Er stellte die Art unter gesetzlichen Schutz und wies drei Schutzgebiete zu ihrem Erhalt aus. Auch unter seinem Nachfolger Lon Nol blieben diese Reservate zunächst bestehen. Doch mit der Machtübernahme der Roten Khmer (1975–1979) verloren sie ihre Funktion: Viele Forstangestellte wurden getötet, sämtliche Aufzeichnungen zu den Schutzgebieten gingen vollständig verloren.
Warnungen, die niemand hören wollte
Der französische Zoologe Pierre Pfeffer erkannte ebenfalls bereits in den 1960er-Jahren die besorgniserregende Lage der Art. In seinen Feldberichten (1969) nannte er intensive Bejagung, Lebensraumverlust und politische Instabilität als Hauptbedrohungen – und forderte gezielte Schutzgebiete, insbesondere in in Lomphat und Phnom Prich, langfristige Monitoringprogramme und internationale Zusammenarbeit. Ohne diese Maßnahmen, so Pfeffers Prognose, sei das Aussterben des Kouprey innerhalb weniger Jahrzehnte unausweichlich – eine Einschätzung, die sich leider bewahrheitet hat. Pfeffers Warnungen fanden kein Gehör.
Der IUCN-Aktionsplan von 1989
Es sollte bis in die 1980er-Jahre dauern, bis ernsthaft in Erwägung gezogen wurde, den Kouprey unter Schutz zu stellen: Im Januar 1988 fand in Hanoi ein Workshop mit Fachleuten aus Kambodscha, Laos, Vietnam, Thailand und internationalen Organisationen statt. Er mündete in den offiziellen Aktionsplan The Kouprey: An Action Plan for Its Conservation, veröffentlicht 1989 durch die IUCN.
Dieser Plan beruhte auf damaligen Schätzungen, laut denen noch etwa 27 Koupreys in Vietnam, 40 bis 100 in Laos, bis zu 200 in Kambodscha und möglicherweise einige wenige saisonal in Thailand lebten – insgesamt eine Restpopulation von 100 bis 300 Tieren. Die Zahlen stützten sich überwiegend auf Einzelbeobachtungen, nicht verifizierten Sichtungen und Hinweisen lokaler Gemeinschaften. Im Bericht selbst wurden sie als unsicher und spekulativ eingestuft.
Trotz alledem war der Optimismus groß: Der Aktionsplan sah konkrete Maßnahmen vor, darunter grenzübergreifende Suchaktionen, Monitoringprojekte, die Einrichtung und Sicherung von Schutzgebieten, eine verbesserte internationale Zusammenarbeit und Aufklärungskampagnen.
Die Suche nach dem Wildrind bleibt erfolglos

(© Cyndy Sims Parr, CC BY-SA 2.0, via Wikimedia Commons)
Bald schon zeigte sich, die ambitionierten Vorhaben konnten der Realität nicht standhalten. Internationale Expeditionen in den Jahren 1989 bis 1990 im südlichen Laos blieben ergebnislos. Politische Unsicherheit, verminte Gebiete und fehlende Infrastruktur erschwerten die Erhebungen erheblich, sodass einige Expeditionen vorzeitig abgebrochen werden mussten. Auch spätere Suchen, etwa 1994, 1999 und in der Zeit zwischen 2000 und 2006, führten zu keinem einzigen Nachweis der Art.
Rückblickend konstatiert die IUCN, dass die damaligen Bestandszahlen – insbesondere für Laos und Vietnam – deutlich überschätzt waren. In den 1990er-Jahren konnten dort nicht einmal mehr größere Populationen anderer Wildrinderarten wie Banteng oder Gaur (Bos gaurus) belegt werden – ein starkes Indiz dafür, dass der Kouprey in diesen Ländern bereits ausgestorben war.
Letzte Hoffnung in Ost-Kambodscha
Seit 2001 bestätigen systematische Bestandserhebungen, dass nennenswerte Wildrind-Vorkommen nur noch im Osten Kambodschas existieren. In den übrigen Teilen des historischen Verbreitungsgebiets leben die Tiere stark fragmentiert – meist nur noch Kleingruppen von wenigen Dutzend Individuen über riesige Flächen verteilt. Ein Fortbestehen des Kouprey in diesen Regionen kann daher ausgeschlossen werden.
Insgesamt dürfte, so die IUCN, die Zahl aller noch lebenden Wildrinder im gesamten Kouprey-Verbreitungsgebiet unter 5.000 liegen – mehr als 90 Prozent davon in den östlichen Provinzen Kambodschas. Selbst wenn irgendwo noch Tiere überlebt haben, wären es vermutlich nur vereinzelte, isolierte Individuen. Die Art steht damit unmittelbar vor dem endgültigen Aus, sofern sie nicht bereits ausgestorben ist.
Im Jahr 2011 wertete die IUCN rund 90 Prozent aller verfügbaren Kamerafallenfotos aus Regionen aus, in denen Koupreys einst lebten. Das Ergebnis: Bantengs, Gaur und sogar Wildbüffel wurden mehrfach erfasst, aber kein einziges Bild zeigte einen Kouprey. Die letzte gesicherte Sichtung liegt inzwischen mehr als 50 Jahre zurück.
Da eine direkte Wiederentdeckung zunehmend unwahrscheinlich erscheint, richtet sich der Fokus heutiger Schutzbemühungen laut IUCN auf den Erhalt intakter Lebensräume, die auch für andere bedrohte Arten – und eventuell eine kleine Kouprey-Restpopulation – von Bedeutung sein könnten. Zudem werden bestehende Kamerafallendaten systematisch ausgewertet, insbesondere aus Regionen, die bislang unzureichend untersucht wurden.
IUCN-Bewertung: Kouprey vermutlich ausgestorben
Die Internationale Union zur Bewahrung der Natur (IUCN) stuft den Kouprey seit 2008 als „vom Aussterben bedroht (möglicherweise ausgestorben)“ ein. Grundlage dieser Bewertung sind massive Bestandseinbrüche, die sich in den letzten Jahrzehnten vollzogen haben: Die IUCN geht von einem Rückgang der Population um mehr als 80 Prozent aus – verursacht vor allem durch intensive Wilderei, den Verlust geeigneter Lebensräume und die Verbreitung von Rinderkrankheiten durch Hausvieh. Es wird angenommen, dass dieser Rückgang anhält, sofern die Art nicht bereits vollständig verschwunden ist.
Für Thailand und Vietnam nimmt die IUCN an, dass der Kouprey dort ausgestorben ist, für Kambodscha und Laos wird er hingegen als „möglicherweise ausgestorben“ eingestuft. Sollte es irgendwo noch überlebende Tiere geben, so handelt es sich höchstwahrscheinlich nur um einzelne, isolierte Individuen – die Zahl geschlechtsreifer Exemplare dürfte bei weitem unter 250 liegen, vermutlich sogar unter 50.
Ein offizieller Status als „ausgestorben“ (extinct, EX) wurde bislang nicht vergeben. Die IUCN verweist darauf, dass für eine solche Einstufung alle potenziellen Lebensräume systematisch und ergebnislos untersucht worden sein müssen – eine Voraussetzung, die derzeit noch nicht erfüllt ist. Tatsächlich gibt es insbesondere im östlichen Kambodscha noch zwei relevante Regionen, die bislang gar nicht in die Bildauswertung einbezogen wurden. Solange diese Datenlücken bestehen, bleibt ein geringer Spielraum für Hoffnung und die internationale Schutzverantwortung gegenüber der Art besteht fort.
Warum der Kouprey (wahrscheinlich) ausgestorben ist
Bereits 1917, also zwei Jahrzehnte vor der offiziellen Erstbeschreibung des Kouprey, warnte der französische Kolonialarzt Marcel Dufossé vor der drohenden Ausrottung des Tieres durch exzessive Bejagung. Er war damit einer der ersten, der öffentlich auf den Rückgang einer bis dahin kaum bekannten Art hinwies – seine Mahnung blieb jedoch ungehört.
Als die internationale Wissenschaft den Kouprey 1937 erstmals wahrnahm, war sein Bestand bereits stark dezimiert. Auch spätere Expeditionen wie die des französischen Zoologen Pierre Pfeffer in den 1960er-Jahren bestätigten, dass Koupreys selbst in ihren bevorzugten Lebensräumen nur in geringer Dichte vorkamen. Der Rückgang der Art war zu diesem Zeitpunkt bereits weit fortgeschritten.
Krieg, Umbrüche und Kontrollverlust

(© The Royal Government of Cambodia, CC0, via Wikimedia Commons)
In den 1960er- und 1970er-Jahren erlebte Südostasien tiefgreifende politische und militärische Umbrüche, deren Auswirkungen auch die Natur massiv trafen. Während des Vietnamkriegs wurden nicht nur große Flächen Vietnams, sondern auch angrenzende Gebiete in Laos und Kambodscha durch Bombardierungen, Truppenbewegungen und den Einsatz von Entlaubungsmitteln wie Agent Orange stark geschädigt. Die Zerstörung von Lebensräumen und der Verlust staatlicher Kontrolle führten dazu, dass Wildtierschutz praktisch zum Erliegen kam. Es ist wahrscheinlich, dass in dieser Phase ganze Kouprey-Populationen ausgelöscht wurden.
Mit dem Ende der Herrschaft der Roten Khmer ab 1979 begann Kambodscha sich wirtschaftlich zu öffnen. Der Zugang zu Märkten und internationalen Handelsnetzwerken führte zu einem rasanten Anstieg der kommerziellen Wilderei unten Soldaten, Händlern und lokalen Gemeinschaften. Wildtiere wurden zunehmend nicht mehr nur zur Selbstversorgung gejagt, sondern gezielt für den Verkauf – unter anderem als Fleisch, Trophäe oder für die traditionelle Medizin.
Jagd als größte Bedrohung
Besonders seltene Arten wie der Kouprey sind von diesen Entwicklungen betroffen. Da Jäger in der Regel nicht gezielt nach bestimmten Arten suchen, sondern alles verwerten, was ihnen begegnet, ist auch ein einzelnes Tier ein lohnendes Ziel. Der hohe Bekanntheitsgrad des seltenen und mythenumwobenen Kouprey und sein Trophäenwert auf dem Schwarzmarkt machten ihn zusätzlich attraktiv und erhöhten das Risiko seiner Ausrottung erheblich.
Eine besonders gefährliche Form der Wilderei ist die Schlingenjagd: Diese einfachen Fallen, meist aus Draht oder Seil, sind billig, schnell zu setzen und verursachen massive Verluste bei Großtieren. Allein in Kambodscha, Laos und Vietnam schätzte der WWF in einem 2020 veröffentlichten Bericht die Zahl aktiver Schlingen auf mehr als zwölf Millionen.
Für den Kouprey stellte die intensive Bejagung die mit Abstand größte Bedrohung dar. Neben dem Fleisch waren es vor allem Schädel und Hörner, die auf dem Schwarzmarkt hohe Preise erzielten. Schon bevor der illegale Wildtierhandel in Laos, Vietnam und Kambodscha in den 1990er- und 2000er-Jahren boomte, erzielten Kouprey-Trophäen hohe Preise auf lokalen Märkten: Männliche Hörner wurden in Laos auf bis zu 4.000 US-Dollar geschätzt, weibliche auf 1.600.
In Thailand wurden derartige Trophäen teils verdeckt per Katalog gehandelt; die typischen fransigen Hornspitzen waren bei diesen Stücken abgeschliffen worden, um ihre Herkunft zu verschleiern. Noch Anfang der 2010er-Jahre gab es Hinweise auf Kopfgelder für Kouprey-Hörner – ein klares Zeichen dafür, dass der Druck auf eventuelle Restbestände nie aufgehört hat.
Angebliche Heilkräfte
Neben dem Trophäenhandel spielte auch der Markt für Buschfleisch sowie die traditionelle Medizin eine entscheidende Rolle. Kouprey-Hörnern wurden – wie vielen anderen Tierteilen im Rahmen der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) – Heilkräfte zugeschrieben. Konkrete wissenschaftliche Wirkungen sind nicht belegt, doch im Volksglauben und im illegalen Wildtierhandel gelten sie als wertvolle Wundermittel. So nahm man etwa an, gemahlenes Kouprey-Horn könne Fieber senken und „Gifte“ aus dem Körper leiten. Der Glaube, dass Koupreys besonders robust seien (etwa gegenüber Rinderpest), übertrug sich zudem auf die Vorstellung, ihr Horn könne die Widerstandskraft des Menschen stärken. Aber auch ohne konkrete medizinische Wirkung galt das Horn symbolisch als stark und wertvoll.
Andere große Wildtiere Südostasiens, wie der 1938 zuletzt dokumentierte Schomburgk-Hirsch und das 2009 vermutlich ausgestorbene Vietnamesische Nashorn, sind bereits der anhaltenden Bejagung und Wilderei für „medizinische“ Zwecke zum Opfer gefallen.
Krankheiten & Lebensraumverlust
Die IUCN nennt neben der Jagd als weiteren Grund für das Verschwinden des Kouprey eingeschleppte Tierseuchen, etwa durch frei laufende Hausrinder. Als weitgehend isoliert lebende Art ohne ausreichende Immunabwehr war der Kouprey besonders anfällig für Infektionen. Parallel dazu schrumpfte sein Lebensraum durch Rodung, Landwirtschaft, Infrastrukturprojekte und Bergbau rapide – selbst innerhalb eigens eingerichteter Schutzgebiete. Für eine Art mit ohnehin geringer Populationsgröße können solche Einflüsse schnell verheerend wirken.
Eigene Art, Kreuzung oder Reliktart?
Seit seiner wissenschaftlichen Beschreibung 1937 wirft der Kouprey Fragen zu seiner systematischen Stellung auf. Bereits früh vermuteten einige Zoologen, es könnte sich bei ihm nicht um eine eigenständige Art handeln, sondern um das Produkt einer Kreuzung – etwa zwischen Haus- und Wildrindern. Andere sahen im Kouprey hingegen eine urtümliche Wildform mit eigenen anatomischen Merkmalen.
Der Kouprey zeigt morphologische Überschneidungen mit mehreren anderen Rindformen: dem indischen Zebu (Bos indicus), dem südostasiatischen Banteng (Bos javanicus) und dem Gaur (Bos gaurus). Auch der Wasserbüffel (Bubalus arnee) wurde zeitweise in die Diskussion einbezogen. Diese Ähnlichkeiten ließ einige Biologen vermuten, der Kouprey sei keine neue Wildart, sondern das Produkt einer Kreuzung.

Eine neue Gattung: Novibus sauveli
Harold J. Coolidge plädierte zunächst für die Einordnung des Kouprey in eine eigene Gattung. In seiner Publikation von 1940 schlug er den Namen Novibos vor, mit Novibos sauveli als einziger Art – benannt nach dem französischen Kolonialveterinär René Sauvel.
Coolidge begründete seine Entscheidung mit auffälligen anatomischen Merkmalen, insbesondere im Schädel- und Hornbau, die den Kouprey deutlich von anderen Wildrindern abgrenzten. Seine Einschätzung wurde jedoch nicht von allen Fachkollegen geteilt.
Kreuzungshypothesen
Edmond-Blanc (1947) war der erste, der die Vermutung äußerte, beim Kouprey handele es sich nicht um eine eigenständige Art, sondern um eine Hybride. Mögliche Elterntiere sah er im Banteng und im Gaur oder Wasserbüffel. Er spekulierte auch über eine Entstehung durch Hybridisierung von Zebu und Banteng oder Zebu und Gaur. Seine Argumentation basierte unter anderem auf dem Fehlen stabiler Fortpflanzungsgemeinschaften in freier Wildbahn, markanten Unterschieden zwischen männlichen und weiblichen Tieren und dem begrenzten Fundmaterial.
In den 1950er-Jahren wurde diese Hybridtheorie von weiteren Zoologen aufgegriffen – etwa vom deutschen Säugetierkundler Herwart Bohlken, der in einer Publikation von 1958 davon ausging, dass das von Urbain beschriebene Tier eine Kreuzung aus Banteng und Zebu gewesen sein könnte.
Die Art als eigenständige Linie?
Andere Zoologen widersprachen diesen Einschätzungen. René Sauvel, ein Tierarzt im Dienst der französischen Kolonialverwaltung in Indochina, sprach sich bereits 1949 in seiner Studie Distribution géographique du Kou–Prey für den Status als eigenständige Art aus.
Der sowjetische Mammaloge Ivan Ivanovich Sokolov schlug 1954 vor, den Kouprey gemeinsam mit Banteng und Gaur in die Untergattung Bibos (innerhalb der Gattung Bos) einzuordnen – ein Vorschlag, der später auch von Bohlken aufgenommen wurde.
Der Vergleich mit dem Auerochsen

(© Bohlken (1961), CC BY-NC 3.0, via archive.org)
Eine besonders interessante These veröffentlichte der dänische Zoologe Frits Braestrup 1960 im Journal Naturens Verden. Er lehnte sowohl die Hybridtheorie als auch die Gattung Novibos ab und argumentierte stattdessen, der Kouprey sei ein primitiver Verwandter des 1627 in seiner Wildform ausgestorbenen Auerochsen (Bos primigenius). Braestrup sah im Kouprey eine Art „missing link“ zwischen früheren Wildrindern Eurasiens und den heutigen asiatischen Arten – eine Auffassung, die allerdings nie breite Zustimmung fand.
In einer systematischen Untersuchung analysierte Herwart Bohlken 1961 zahlreiche Schädel von Koupreys, Auerochsen, Bantengs, Gaurs und Zebus. Besonders der Hornquerschnitt fiel ins Gewicht: Er beschrieb beim Kouprey deutlich ovale Hörner, ähnlich wie bei Gaur und Banteng, aber verschieden von den runderen Hörnern des Auerochsen und anderer Bos-Arten. Auch die Form des Schädels, der Stirn und des Nackenhöckers sprach nach seiner Auffassung für eine klare Abgrenzung des Koupreys als eigenständige Wildrindart. Bohlken stellte den Kouprey daher in die Untergattung Bibos, neben Banteng und Gaur.
Neuere taxonomische Erkenntnisse
Lange Zeit war die systematische Stellung des Kouprey umstritten. Doch erst moderne molekulargenetische Methoden ermöglichten es, die Herkunft dieser seltenen Wildrindart genauer zu untersuchen. Die Ergebnisse mehrerer Studien führten zunächst zu kontroversen Interpretationen und mündeten schließlich in einem weitgehend akzeptierten Konsens.
2006: Eine umstrittene Hybrid-Hypothese
Im Jahr 2006 sorgte eine Studie für Aufsehen: Der Biologe Gary J. Galbreath und sein Team setzten sich in der Studie Genetically solving a zoological Mystery: Was the Kouprey a feral Hybrid? mit der Hybridentheorie auseinander. Basierend auf der Analyse mitochondrialer DNA kamen die Autoren zu dem Schluss, dass der Kouprey keine eigenständige Wildart, sondern eine wilde Hybridform aus Banteng und Zebu sei. Diese Interpretation schlug hohe Wellen – nicht zuletzt, weil sie dem bis dahin vorherrschenden Artstatus widersprach.
Doch schon ein Jahr später revidierten die Autoren ihre Einschätzung. Neue Analysen und methodische Überlegungen führten dazu, dass Galbreath und seine Mitautoren ihre Hybrid-Hypothese öffentlich zurücknahmen.
2007: Bestätigung des Artstatus
Eine grundlegende Wende brachte 2007 die Studie Resolving a zoological Mistery: The Kouprey is a real Species von Alexandre Hassanin und Anne Ropiquet. Die beiden französischen Evolutionsbiologen analysierten mitochondriale und nukleare DNA von Kouprey und verwandten Wildrindern. Ihr Fazit: Der Kouprey ist eindeutig eine valide, natürlich vorkommende Art.
Die genetischen Überschneidungen mit dem Banteng erklären die Autoren nicht durch kürzliche Kreuzungen, sondern durch introgressive Hybridisierung während des Pleistozäns vor etwa zehntausenden Jahren. Damals kam es offenbar zu natürlicher genetischer Durchmischung unter den Vorfahren der heutigen asiatischen Wildrinder. Diese uralten genetischen Spuren haben sich bis heute im Erbgut des Kouprey erhalten, ohne dass er deshalb seinen Artstatus verliert.
2021: Eine verwobene Evolutionsgeschichte
Einen weiteren wichtigen Beitrag leistete Mikkel-Holger Strander Sinding mit seinem Forschungsteam im Jahr 2021. In der Studie Kouprey genomes unveil polytomic origin of wild Asian Bos bestätigten die Autoren, dass der Kouprey eine eigenständige Art ist – genetisch nicht näher mit Zebus verwandt, jedoch dem Banteng und Gaur nahe steht. Die genaue Verwandtschaft ist allerdings nicht eindeutig zu klären. Man nennt das eine Polytomie – ein Stammbaum, bei dem sich mehrere Linien fast gleichzeitig voneinander trennen. Ursache dafür ist vermutlich ein rascher Artbildungsprozess mit umfangreichen Hybridisierungen unter den Vorfahren der Wildrinderarten – Kouprey, Banteng und Gaur.
Durch diese umfangreichen Hybridisierungen zwischen den Vorfahren sieht das mitochondriale Erbgut (mtDNA) heute aus wie ein Mix aus allen dreien. Das mütterliche Erbgut des Kouprey liegt mittendrin in einer Gruppe aus Banteng- und Gaur-DNA – das macht die genaue Zuordnung schwierig. Diese Überlappungen erschweren zwar eine eindeutige phylogenetische Zuordnung, bestätigen aber, dass der Kouprey keine Kreuzung der Neuzeit ist, sondern ein evolutionäres Produkt einer komplexen, über Jahrtausende hinweg verlaufenen Artentrennung.
Fazit: Eine echte Art
Die aktuelle Forschungslage unterstützt den Status des Kouprey als eigenständige Wildrindart. Seine genetische Nähe zu Gaur und Banteng, gepaart mit Spuren pleistozäner Hybridisierung, macht ihn zu einem interessanten Beispiel für die komplexe Evolution asiatischer Huftiere. Die Debatte um seine Herkunft zeigt gleichzeitig, wie wie moderne Methoden helfen können, zoologische Rätsel zu lösen, die jahrzehntelang offen blieben.
Das mysteriöse Bourges-Exemplar
Ein besonders spannendes Kapitel in der Geschichte des Kouprey beginnt nicht in den Wäldern Kambodschas, sondern im Musée d’Histoire naturelle in Bourges, Frankreich. Dort befindet sich ein vollständig präpariertes Rind, das bereits 1871 montiert wurde – mehr als 60 Jahre bevor der Kouprey wissenschaftlich beschrieben wurde.

(© KoS, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons)
Erst im Jahr 2003 fiel der Blick des Zoologen Michel Tranier vom Pariser Naturkundemuseum bei einem Kolloquium zur Säugetierkunde auf das ausgestellte Tier. Tranier war überzeugt, dass es sich um etwas Besonderes handelte und empfahl eine genauere Untersuchung. Die Konservatorin Michèle Lemaire beauftragte daraufhin den Zoologierestaurator Yves Walter, der eine Knochenprobe aus dem Unterkiefer entnahm.
Radiografien und spätere genetische Analysen, durchgeführt von Alexandre Hassanin, bestätigten 2006 den Verdacht: Das ausgestopfte Tier ist eng mit dem Holotypus des Kouprey verwandt und zählt zweifelsfrei zur Gattung Bos. Es ist männlich und gehört zu derselben evolutionären Linie wie Banteng und Gaur. Das heißt, das Bourges-Exemplar ist ein Kouprey und damit das einzige bekannte vollständig erhaltene Exemplar dieser vermutlich ausgestorbenen Art. Besonders wertvoll für die Wissenschaft: Anders als die fragmentarischen Referenzstücke in Paris und den USA ist dieser Kouprey als Ganzkörperpräparat erhalten.
Allerdings zeigt das Bourges-Tier einige Abweichungen von bekannten Kouprey-Exemplaren: Es ist größer, hat ein leicht verändertes Hornprofil, und auch die Fellfarbe weicht ab. Hinzu kommt ein kurioser Aspekt: Bei der ursprünglichen Präparation im 19. Jahrhundert wurden offenbar die äußeren Geschlechtsmerkmale entfernt – möglicherweise aus konservatorischen oder ästhetischen Gründen, was später bei Vergleichen zu Verwirrung führte.
Diese morphologischen Besonderheiten ließen Zweifel aufkommen: War das Tier wirklich ein Wildrind oder ein domestiziertes Exemplar mit Kouprey-Erbgut? Hassanin und sein Team halten es für plausibel, dass das Tier halbwild oder gezähmt war, vielleicht in ländlichen Regionen Kambodschas gehalten – ein Aspekt, der die bisherige Sicht auf den Kouprey als ausschließlich wild lebende Art infrage stellt.
Auch die Etymologie des Namens Kouprey liefert Hinweise auf eine mögliche Domestikationsgeschichte: Während „prey“ im Khmer „Wald“ bedeutet, steht „kou“ für „Hausrind“. Daraus ergibt sich sinngemäß: „Wald-Hausrind“ oder „verwildertes Hausrind“. Das könnte darauf hindeuten, dass die Art möglicherweise eine lange Geschichte der Interaktion mit dem Menschen hat.
Das Bourges-Exemplar kam 1931 im Zuge der Dezentralisierung der Sammlungen des Pariser Museums nach Bourges – mit dem Vermerk: „Bœuf du Cambodge, don du ministre de la Marine“ (Kambodscha-Rind, Geschenk des Marineministers). Es wurde gemeinsam mit einem der ältesten bekannten Elefantenpräparate Frankreichs an das Museum überstellt. Laut eines MagCentre-Artikels (2013) steht der ausgestopfte Kouprey aus Bourges heute in einer schutzverglasten Vitrine und ist für Besucher öffentlich zugänglich.
Das Bourges-Exemplar wirft ein neues Licht auf die Naturgeschichte des Kouprey. Die Ergebnisse der Studie stützen die Theorie, dass der Kouprey eine eigenständige Art ist, aber möglicherweise eine Domestikationsgeschichte besitzt. Hassanin liefert genetische, morphologische und historische Hinweise dafür, dass der Kouprey vielleicht nicht nur ein Wildrind war, sondern in gewissem Maße eine kulturell geprägte Tierform. Ein weiterer Beleg dafür, dass der Kouprey bis heute ein zoologisches Mysterium bleibt.
Der Kouprey in Museen, Sammlungen und menschlicher Obhut
Da der Kouprey erst 1937 wissenschaftlich beschrieben wurde und bereits damals als außerordentlich selten galt, sind weltweit kaum museale Belege dieser Art erhalten geblieben. Das Typusexemplar – ein junges Männchen – wurde lebend im Pariser Zoo gezeigt. Nach seinem Tod 1940 wurden Haut und Skelett präpariert und im Muséum national d’histoire naturelle in Paris als Holotypus hinterlegt – dem maßgeblichen Referenzexemplar für die Erstbeschreibung durch Achille Urbain.
Darüber hinaus existieren nur wenige authentifizierte Kouprey-Präparate von Koupreys in internationalen naturkundlichen Sammlungen, darunter:
- Museum of Comparative Zoology, Harvard University (USA): Vollständiges Skelett und Schädel eines erwachsenen Männchens, 1939 durch Edmond-Blanc in Kambodscha erlegt – der Hypotypus.
- Smithsonian Institution, National Museum of Natural History (Washington, D.C., USA): Zwei Skelette und Schädel weiblicher Tiere aus Kambodscha (1964), sowie ein Hornpaar eines Bullen aus Vietnam (1957).
- Florida Museum of Natural History (USA): Zwei männliche Schädel, gesammelt 1961 und 1962 in Kambodscha.
- Natural History Museum of Denmark: Zwei männliche Schädel aus Kambodscha, gesammelt 1957.
- KUBI Mammalogy Collection (Japan): Schädel eines weiblichen Kouprey, gesammelt 1954 in Kambodscha.
- American Museum of Natural History (New York, USA): Männlicher Schädel aus Kambodscha, datiert auf 1938.
- Muséum d’Histoire Naturelle de Bourges (Frankreich): Vollständiges, 1871 präpariertes Männchen, erst 2006 genetisch als Kouprey identifiziert.
- Weitere Schädel- und Hornpräparate befinden sich in Museen in Phnom Penh, Hanoi, London und Paris.
Darüber hinaus existieren vereinzelt Hörner oder Trophäenstücke in Privatbesitz oder auf südostasiatischen Märkten, deren Herkunft ist jedoch oft zweifelhaft, und die taxonomische Authentizität meist nicht eindeutig belegbar.
Vor dem Hintergrund der extremen Seltenheit und des mutmaßlichen Aussterbens der Art kommt den erhaltenen Präparaten heute eine besonders große wissenschaftliche Bedeutung zu. Sie sind die wichtigste Quelle für morphologische Vergleiche, genetische Analysen und die taxonomische Einordnung des Kouprey.
Haltung in menschlicher Obhut
Soweit bekannt, wurde nur ein einziger Kouprey jemals in einem Zoo gehalten: Das junge Männchen, das am 5. Mai 1937 in den Pariser Zoo kam und dort gemeinsam mit einem jungen Gaur und einem Wasserbüffel gezeigt worden sein soll. Es diente Achille Urbain als Grundlage für die wissenschaftliche Erstbeschreibung der Art.
Der Kouprey verstarb am 2. Februar 1940, vermutlich infolge von Versorgungsengpässen während des Zweiten Weltkriegs. Das folgende historische Video zeigt die Ankunft des jungen Kouprey-Bullen und anderen exotischen Tieren im Zoo von Paris:
Ein zweites, bislang kaum dokumentiertes Beispiel betrifft ein mutmaßliches Kouprey-Kalb, das in den 1950er-Jahren im privaten Garten von Norodom Sihanouk, dem damaligen Staatschef Kambodschas, gehalten worden sein soll. Über dieses Tier ist jedoch kaum etwas bekannt: Alter, Geschlecht, Herkunft sowie Zeitpunkt und Umstände des Todes sind nicht dokumentiert, ebenso wenig wie eine spätere museale Nutzung. Es wird vermutet, dass keinerlei wissenschaftlich verwertbare Proben (etwa Schädel oder Haut) erhalten sind. Sollte dieses Tier tatsächlich ein Kouprey gewesen sein, wäre es das einzige bekannte Exemplar außerhalb Europas, das nach 1940 noch in menschlicher Obhut lebte.
Quellen
- Bohlken, H. (1961). Der Kouprey, Bos (Bibos) sauveli Urbain 1937. Zeitschrift für Säugetierkunde, 26, 193–254.
- Coolidge, H. J. (1940). The Indo-Chinese forest ox or kouprey. Memoirs of the Museum of Comparative Zoology, 54(6), 421–531.
- Delgado, A. L. (2022, 19. September). The kouprey: On the trail of Cambodia’s elusive wild cattle. Dialogue Earth. https://dialogue.earth/en/nature/kouprey-on-the-trail-of-cambodias-elusive-wild-cattle/
- Edmond-Blanc, F. (1947). A contribution to the knowledge of the Cambodian wild ox or Kousproh. Journal of Mammalogy, 28(3), 245–248.
- Galbreath, G. J., Mordacq, J. C., & Weiler, F. H. (2006). Genetically solving a zoological mystery: Was the kouprey (Bos sauveli) a feral hybrid? Journal of Zoology, 270(4), 561–564.
- Hassanin, A., Ropiquet, A., Cornette, R., Tranier, M., Pfeffer, P., Candegabe, P., & Lemaire, M. (2006). Has the kouprey (Bos sauveli Urbain, 1937) been domesticated in Cambodia? Comptes Rendus Biologies, 329(2), 124–135.
- Hassanin, A., & Ropiquet, A. (2007). Resolving a zoological mystery: The kouprey is a real species. Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences, 274(1627), 2849–2855.
- Hoffmann, R. S. (1986). A new locality record for the kouprey from Viet Nam, and an archaeological record from China. Mammalia, 50(3), 391–395.
- MacKinnon, J. R., & Stuart, S. N. (Eds.). (1989). The kouprey: An action plan for its conservation. IUCN/SSC Asian Wild Cattle Specialist Group.
- MagCentre. (2013, Februar 8). Le fabuleux destin du kouprey de Bourges. MagCentre. https://www.magcentre.fr/17840-le-fabuleux-destin-du-kouprey-de-bourges/
- Pfeffer, P. (1969). Considérations sur l’écologie des forêts claires du Cambodge oriental. Terre et Vie, 1, 3–24.
- Sauvel, R. (1949). Distribution géographique du Kou-Prey (Bibos sauveli Urb.). Mammalia, 13(4), 144–148.
- Seveau, A. (2013). Le Kou Prey (Bos sauveli), une comète dans la zoologie ? ResearchGate.
- Sinding, M.-H. S., et al. (2021). Kouprey (Bos sauveli) genomes unveil polytomic origin of wild Asian Bos. iScience, 24, 103226.
- Thouless, C. (1987). Kampuchean wildlife – Survival against the odds. Oryx, 21(4), 223–228.
- Urbain, A. (1937). Le kou prey ou boeuf gris cambodgien. Bulletin de la Société Zoologique de France, 62(5), 305–307.
- Wharton, C. H. (1957). An ecological study of the Kouprey (Novibos sauveli). Monographs of the Institute of Science and Technology, Monograph No. 5, Manila, Philippines.
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