mergus-australis Aucklandsäger
Illustration von 1909. Der Aucklandsäger hielt sich vor allem im Süßwasser auf und begab sich in Flüssen, Flussmündungen und geschützten Buchten auf Nahrungssuche. F. W. HUTTON, F.E.S. AND JAMES DRUMMOND, Public domain, via Wikimedia Commons)

Aucklandsäger

Zwischen 1972 und 1973 suchten die Ornithologen Gordon Williams und Milton Weller nach dem seit 70 Jahren nicht mehr dokumentierten Aucklandsäger. Beim Aucklandsäger handelt es sich um einen Entenvogel, der auf den bis dahin wenig erforschten Auckland Islands, eine subantarktische Inselgruppe, endemisch war. Im Zentrum der Expedition stand die zweitgrößte Insel der Inselgruppe: Adams Island – die einzige große Insel, auf der keine in der Vergangenheit eingeschleppten Säugetiere lebten. Williams und Weller inspizierten besonders die nördliche, gut geschützte Küste von Adams Island, denn dort wurde das letzte Paar Aucklandsäger 1902 vom Earl of Ranfurly gesehen und gesammelt. Drei Monate lang durchforsteten die beiden Experten sämtliche Gebiete, in denen Enten leben könnten, durchkämmten die Küstengewässer und besuchten alle Häfen und Inselchen der Aucklandinseln – mit dem Ergebnis, dass die Aucklandsäger tatsächlich verschwunden zu sein scheinen. Die Ergebnisse vorangegangener Suchaktionen haben sich somit bestätigt.

Neben Adams Island blieben auch die zwei wesentlich kleineren Inseln Disappointment und Ewing von fremden Tieren verschont, besitzen aber keine geeigneten Gewässer, in denen Enten leben könnten. Die Hauptinsel und mit Abstand größte Insel ist Auckland Island mit fast 460 Quadratmetern Fläche. Dort gibt es zwar unzählige Flüsse, Fjorde und Seen, in denen sich der Aucklandsäger aufhalten könnte, aber leider auch große Populationen von auf die Insel eingeführten Mäusen, Ratten, Katzen, Hunden, Ziegen und Schweinen. Im Notornis – Journal of the Ornithological Society of New Zealand beschrieben Williams und Weller 1974 ihre vergebliche Suche nach dem Aucklandsäger.

Die Suchaktion in den Jahren 1972 und 1973 war die letzte nach dem Aucklandsäger. Die Weltnaturschutzorganisation IUCN geht davon aus, dass der Entenvogel um 1910 ausgestorben ist, als Adams Island zum Naturschutzreservat wurde. Im Jahr 1934 erklärte man schließlich die gesamte Inselgruppe zum Schutz von Flora und Fauna zum Reservat. Und 1998 erklärte die UNESCO die Aucklandinseln zum Weltnaturerbe.

Aucklandsäger – Steckbrief
wissenschaftlicher NameMergus australis
englische NamenNew Zealand Merganser, Auckland Merganser, Auckland Islands Merganser, Auckland Island Merganser, Southern Merganser
ursprüngliches VerbreitungsgebietAucklandinseln (Südpazifik, Neuseeland)
Zeitpunkt des Aussterbens1902
Ursachen für das AussterbenBejagung, auf Inseln eingeschleppte Tiere, Lebensraumverlust

Unwirtliche Lebensbedingungen auf den subantarktischen Aucklandinseln

Adams Island (Aucklandinseln, Neuseeland)
Adams Island gilt als der Ort, an dem die letzten lebendigen Aucklandsäger gesehen wurden. Die zu den Auckland Islands gehörende unbewohnte Insel ist rund 21 Kilometer lang und neun Kilometer breit. (© L. Mead & T. Nicklin, Public domain, via Wikimedia Commons)

Heute sind die Aucklandinseln unbewohnt. Nur zeitweise kommen Wissenschaftler und eine streng reglementierte Anzahl von Touristen dorthin. Doch in der Vergangenheit gab es Versuche, sich dort niederzulassen. So kamen 1841 und 1842 Maori und Ende 1849 erreichten 150 britische Siedler die Aucklandinseln. Der Brite Charles Enderby initiierte das Siedlungsvorhaben, sodass die Briten im Dezember 1849 auf der Hauptinsel Hardwicke, eine Landwirtschafts- und Walfanggemeinde am natürlichen Hafen Port Ross gründeten.

Bereits im August 1852, nach nicht einmal drei Jahren waren alle Siedler aus Hardwicke verschwunden. Aufgrund der schlechten Böden, des rauen Klimas und des vielen Regens war es schwierig, Getreide anzubauen. Zudem ließen sich in der dichten Vegetation kaum Viehherden halten und auch der Walfang erwies sich als wenig ertragreich.

Die letzten verbliebenen Maori gaben schließlich 1854 auf und kehrten nach Stewart Island oder auf die Chathaminseln zurück. Die Aucklandinseln gelten seitdem als unbewohnbar. Wahrscheinlich sind es die klimatischen Bedingungen und die Abgelegenheit, die dafür sorgten, dass es dort niemand lange aushielt: Es regnet mehr als 300 Tage im Jahr und es herrscht fast immer starker Westwind. Die Durchschnittstemperatur liegt bei acht Grad Celsius. Im Sommer kann es schon mal zehn bis 16 Grad warm werden; die winterlichen Temperaturen sind mit vier bis zehn Grad dafür recht mild.

Heute weist fast nichts mehr auf die Anwesenheit von Menschen auf den Aucklandinseln hin. Die meisten Gebäude wurden entfernt und in Sydney versteigert. Nur ein Friedhof mit drei Kindergräbern und den Überresten von drei Schiffbrüchigen, die auf den Auckland Islands strandeten, erinnert an die einstige Besiedlung.

Das Verbreitungsgebiet des Aucklandsägers war einst viel größer

Aucklandsaeger im Museum of New Zealand Te Papa Tongarewa Museum
Ein Aucklandsäger im Museum of New Zealand Te Papa Tongarewa in Wellington, Neuseeland. Die männlichen Aucklandsäger besaßen etwa sechs Zentimeter lange rotbraune Schopffedern, der Schopf der Weibchen war kürzer. (© Te Papa, 1. Juni 1902, via Wikimedia Commons)

Subfossile Funde belegen, dass der Aucklandsäger in der Vergangenheit ein weitaus größeres Verbreitungsgebiet als nur die Aucklandinseln hatte. Knochenfunde weisen darauf hin, dass er auch auf dem Festland von Neuseelands Südinsel und auf Stewart Island lebte. Auf den Chatham-Inseln fanden Forscher 2014 Überreste einer verwandten Spezies des Aucklandsägers: Mergus milleneri. Die Art starb vermutlich mit der Besiedlung der Inseln zwischen 1400 und 1500 aus.

Schon die Maori, die ab 1.000 nach Christus Neuseeland besiedelten, bejagten den Aucklandsäger so stark, dass es, als die Europäer Neuseeland zu besiedeln begannen, gar keine Säger mehr auf dem Festland gab. Wissenschaftler schätzen, dass der Aucklandsäger auf Neuseeland zwischen dem 13. und 14. Jahrhundert größtenteils ausgestorben ist.

Ab dem 19. Jahrhundert kam der Aucklandsäger wahrscheinlich fast nur noch auf den Aucklandinseln vor. Die britische Vogelkundlerin Janet Kear weist 2005 in Ducks, Geese and Swans darauf hin, dass im 19. Jahrhundert noch wenige Exemplare der Säger-Art an unzugänglichen Regionen der Ost- und Nordküste Neuseelands überlebt hätten.

Nicht nur für den Aucklandsäger war Adams Island der letzte Rückzugsort. Auch die lange Zeit für ausgestorben gehaltene Aucklandralle (Lewinia muelleri) wurde 1966 hier wiederentdeckt. Zudem wurde die flugunfähige Aucklandente (Anas aucklandica), die große Ähnlichkeit zur ausgestorbenen Amsterdamente aufweist, durch eingeschleppte Katzen und Hunde nahezu ausgerottet.

Aussterbeursache: Kombination aus Bejagung und eingeschleppten Tieren

Neuseeland und Aucklandinseln
Die Auckland Islands sind vulkanischen Ursprungs und gebirgig. Die Inselgruppe ist rund 500 Kilometer von der Südinsel Neuseelands entfernt. (© de:Benutzer:Ulfl, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons)

Dass Maori den Aucklandsäger gezielt bejagten, zeigen Ausgrabungen von maorischen Muschelhaufen, in denen diverse Knochen des Aucklandsägers gefunden wurden, so der Ornithologe Alan Tennyson in Extinct Birds of New Zealand (2006).

Die Europäer entdeckten die Aucklandinseln 1806, als der britische Walfänger und Kapitän Abraham Bristow mit seinem Walfangschiff Ocean die unbewohnten Inseln ansteuerte. Bristow verlieh der Inselgruppe den Namen Lord Auckland’s; zu Ehren eines Freundes seines Vaters, der britische Adlige und Diplomat William Eden, 1. Baron Auckland. Zu dieser Zeit wurden auch Schweine auf die Aucklandinseln gebracht, die dafür sorgten, dass die Bestandszahlen des Aucklandsägers stark zurückgingen.

Kurz nach der Entdeckung der Inselgruppe kamen vermehrt Seehundfänger und errichteten ihre Stationen auf den Inseln. Bereits 1812 waren die Seehundbestände derart eingebrochen, dass die Jäger ihre Siedlungen wieder verließen. Es existieren nur zwei indigene endemische Säugetierarten auf den Auckland Islands: der Neuseeländische Seebär (Arctocephalus forsteri) und der Neuseeländische Seelöwe (Phocarctos hookeri).

Forschungsreisende, wie etwa die Botaniker David Lyall und Joseph Dalton Hooker im Jahr 1840, sammelten nicht nur Pflanzen auf den Auckland Islands, sondern hinterließen dort bei ihrer Abreise auch Nutztiere wie Schafe, Kaninchen und Hühner, deren Anwesenheit wiederum ein Eingriff in Flora und Fauna darstellte.

Nach 1850 vermehrt auf die Inseln gebrachte Ziegen, Schafe und Rinder zerstörten zunehmend den Lebensraum der Aucklandsäger. Weiterhin dezimierten Hunde, Katzen und Ratten die Zahl der Entenvögel auf den Inseln. Wann genau Hunde, Katzen und Ratten eingeschleppt wurden, ist nicht bekannt, doch letztere dürften wohl unabsichtlich als blinde Passagiere auf Schiffen dort hingelangt sein.

Der Aucklandsäger: Ein flugunfähiger Entenvogel

Illustration des Aucklandsägers von John Gerrard Keulemans 1905
Illustration des Aucklandsägers von John Gerrard Keulemans 1905. Im Gegensatz zu anderen Säger-Arten wiesen die Küken des Aucklandsägers keine weißen Streifen im Gesicht auf. (© Creator: John Gerrard Keulemans, Public domain, via Wikimedia Commons)

Der Aucklandsäger, der zur Vogelgattung der Säger (Mergus) gehört, war mit rund 58 Zentimetern Körperlänge und einem Gewicht von etwa 900 Gramm eine recht kleine Entenart. Die Abmessungen ähneln denen des heute noch existierenden Mittelsägers (Mergus serrator) oder der Stockente (Anas platyrhynchos).

Beim Aucklandsäger handelt es sich um den einzigen Säger, der auf den Gewässern Neuseelands vorkam; andere Säger-Arten findet man heute noch in Europa, Asien, Nord- und Südamerika. Aufgrund seiner kurzen Flügel nehmen Ornithologen an, dass der Aucklandsäger nur eingeschränkt flugfähig war. Stattdessen war er ein sehr guter Taucher, der sich von Fischen und im Wasser lebenden Wirbellosen ernährte. Seine Flugunfähigkeit hat sicherlich zum schnellen Aussterben der Vogelart mit beigetragen, da er dadurch leichter zu bejagen war.

Enten aus der Gattung der Säger zeichnen sich durch ihren langen Schnabel aus, der an den Kanten gezackt ist und an eine Säge erinnert. Außerdem ist der Schnabel an der Spitze hakenförmig nach unten gebogen. Der Schnabel des Aucklandsägers unterschied sich von anderen Sägern insofern, dass er länger war, so Tennyson.

Wissenschaftlich beschrieben wurde der Aucklandsäger als Mergus australis 1841 durch die französischen Naturforscher Jacques Bernard Hombron und Honoré Jacquinot. Ein Jahr zuvor wurde die Säger-Art während einer Expedition zweier kleinerer Kriegsschiffe unter der Leitung des französischen Seefahrers und Polarforschers Jules Dumont d’Urville zum ersten Mal gesammelt.

Wie kam der Aucklandsäger nach Neuseeland?

Säger sind in weiten Teilen Nordamerikas und Eurasiens weit verbreitet, kommen aber auf der Südhalbkugel nur sehr selten vor. Eine Art, der Dunkelsäger (Mergus octosetaceus), ist in Südamerika endemisch und mindestens zwei ausgestorbene Arten sind aus Neuseeland und dazugehörigen Inseln bekannt. Das Aussterben der Säger in der Region Neuseeland hat dazu geführt, dass ihre evolutionäre Geschichte ein Rätsel blieb. Stammen ihre Vorfahren und die des Dunkelsägers von unabhängigen Kolonisationsereignissen von der Nordhalbkugel? Oder gab es einen einzigen Vorstoß in die Südhalbkugel, gefolgt von anschließenden Divergenz-Ereignissen?

Einige morphologische und verhaltensbedingte Hinweise deuten darauf hin, dass die Vögel der Südhalbkugel möglicherweise eine monophyletisches Klade bilden, die von nur einem einzigen Ausbreitungsereignis von der Nordhalbkugel abstammt. Der Grund: Die Säger der Südhalbkugel teilen mehrere Merkmale, die sich von denen der Nordhalbkugel unterscheiden.

Gänsesäger Mergus merganser - der nächste Verwandte des ausgestorbenen Aucklandsägers
Die in Eurasien und Nordamerika vorkommenden Gänsesäger (Weibchen links, Männchen rechts) gelten als die nächsten Verwandten des ausgestorbenen Aucklandsägers.
Paul Danese, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons)

Eine 2024 im Zoological Journal of the Linnean Society veröffentlichte Studie untersucht, wie die Säger auf die Südhalbkugel gelangten. Der neuseeländische Zoologe Nicolas J. Rawlence und sein Team analysierten dafür DNA-Proben des Dunkelsägers und des Aucklandsägers. Sie stellten fest, dass Säger ursprünglich von der Nordhalbkugel stammen und sich vor etwa 18 Millionen Jahren von ihren nächsten Verwandten trennten. Vor 14 bis sieben Millionen Jahren entwickelten sie sich dann in mehrere verschiedene Arten.

Die Säger aus der Region Neuseeland sind am engsten mit dem nordhemisphärischen Gänsesäger (Mergus merganser) verwandt. Ihre Vorfahren kamen vor mindestens sieben Millionen Jahren in einem separaten Kolonisationsereignis nach Neuseeland, was zur Abspaltung vom Dunkelsäger führte. Derzeit laufen weitere genetische Forschungen, um die evolutionäre Geschichte der Säger Neuseelands zu rekonstruieren.

Die Ergebnisse der Studie widersprechen der Annahme vieler Neuseeländer, dass die einheimischen Vögel des Landes aus Australien stammen. Genetische und paläontologische Forschungen zeigen nämlich immer wieder, dass einige neuseeländische Vögel aus weiter entfernten Regionen kommen. Zum Beispiel sind Kiwis (Apteryx) am engsten mit den ausgestorbenen Elefantenvögeln Madagaskars verwandt. Der Ende des 13. Jahrhunderts ausgestorbene Adzebill (Aptornis) ist mit Vögeln der Gattung Sarothrura, ebenfalls aus Madagaskar, verwandt, und die ausgestorbenen Moa-Arten stehen den Steißhühnern (Tinamidae) aus Südamerika am nächsten.

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