elefantenvogel rekonstruktion
Eine vor 1923 entstandene Rekonstruktion des Elefantenvogels Aepyornis maximus. Er konnte eine Körperhöhe von etwa drei Metern erreichen. Unknown author, Public domain, via Wikimedia Commons)

Elefantenvogel

Der vielleicht schwerste Vogel der Welt

Aepyornis bedeutet allergrößter Vogel, doch war der Elefantenvogel nicht der größte Vogel, der in der Neuzeit gelebt hat, denn das war der weibliche Südinsel-Riesenmoa. Dennoch besaß der Elefantenvogel mit einer Körperhöhe von drei Metern eine stattliche Größe und mit einem Gewicht von 450 Kilogramm gilt er zumindest als schwerster Vogel.

Elefantenvögel sind von fossilen und subfossilen Überresten und Eifunden auf Madagaskar bekannt. Das erste Fossil entdeckte der Naturforscher Alfred Grandidier zwischen 1865 und 1870. Dieser durchreiste Madagaskar mehrere Male und entdeckte auch die ersten Überreste von Lemerles Flusspferd und vom riesigen Faultier-Lemur Palaeopropithecus ingens.

Eigentlich steht der Begriff Elefantenvogel nicht ausschließlich für die Art Aepyornis maximus, sondern für eine ganze Familie ausgestorbener Laufvögel (Aepyornithidiae). Diese Elefantenvogel-Familie besteht aus zwei Gattungen – Mullerornis und Aepyornis –, zu der mehrere Arten gehören. Wenn hier vom Elefantenvogel die Rede ist, ist Aepyornis maximus gemeint, der größte Vertreter der Elefantenvögel.

Doch schon vor Grandidiers Entdeckung hat man vom Elefantenvogel gehört. So entstammt die Bezeichnung Elefantenvogel einem Reisebericht des venezianischen Reisenden Marco Polo aus dem Jahr 1298, der von einem Vogel namens Rukh (auch Roc, Rock, Ruch oder Roch) schreibt. Polo berichtete darin von einem Adler-ähnlichen Vogel, der so stark war, dass er einen Elefanten mit seinen Krallen hätte greifen können.

Igor Akimuschkin sieht in Vom Aussterben bedroht? (1981) in Polos Ausführungen ebenfalls die Beschreibung eines Elefantenvogels – oder wie er ihn nennt: eines Madagassischen Riesenstraußes.

Auch der Naturforscher Étienne de Flacourt lieferte 1658 in seiner Geschichte der großen Insel Madagaskar Hinweise für einen Riesenvogel, der allerdings flugunfähig war. Der Aspekt Flugunfähigkeit trifft auf den Elefantenvogel zu; sein Flugapparat ist fast vollständig zurückgebildet, die Beine waren lang, die Zehen kurz.

Da Polo von einem riesigen, fliegenden Greifvogel erzählt, ist es wahrscheinlicher, dass es sich dabei um den ausgestorbenen, einst auf Madagaskar heimischen Kronenadler handelt.

Elefantenvogel – Steckbrief

alternative BezeichnungenMadagaskar-Strauß, Madagaskarstrauß, Madagassischer Riesenstrauß, Vorompatra, Worompatra
wissenschaftlicher NameAepyornis maximus
englischer NameGreat Elephantbird
ursprüngliches VerbreitungsgebietMadagaskar (Indischer Ozean)
Zeitpunkt des Aussterbensum 1650
Ursachen für das AussterbenÜberjagung, Absammeln der Eier, Lebensraumverlust, auf Insel eingeschleppte Hühner-Krankheiten

Elefantenvogel – am nächsten mit dem Kiwi verwandt

elefantenvogel Aepyornis maximus
Skelett und Ei des Elefantenvogels Aepyornis maximus. Über diese Elefantenvogel-Art weiß man heute das meiste. (© Monnier, Public domain, via Wikimedia Commons)

Da der Elefantenvogel einem Strauß ähnlich sieht und dieser auch geografisch der nächste Laufvogel ist, glaubte man lange Zeit, die beiden Arten seien nah miteinander verwandt.

Anhand von DNA-Analysen haben Wissenschaftler für eine Studie (2014) aus dem Magazin Science Elefantenvögel mit anderen Laufvögeln wie Strauße, Kasuare, Emus, Moas, Kiwis und Nandus verglichen. Überraschenderweise kam dabei heraus, dass der Elefantenvogel mit dem kleinsten Laufvogel, dem auf Neuseeland heimischen Kiwi, am nächsten verwandt ist.

Wie bei vielen größeren Laufvögeln auch, war der Hals der Elefantenvögel lang und am Ende befand sich ein vergleichsweise kleiner Schädel. Die Eier des Elefantenvogels konnten einen Umfang von bis zu einem Meter haben. Laut Akimuschkin fasst ein Ei etwa neun Liter, was circa 184 Hühnereiern entspricht.

Der berühmte Science-Fiction-Autor H. G. Wells – bekannt durch Der Krieg der Welten – widmete sogar eine Kurzgeschichte dem Elefantenvogel. In „Aepyornis Island“ sucht ein Mann nach Eiern des Elefantenvogels und lebt dann zwei Jahre lang auf einer kleinen Insel mit einem dieser Vögel. Die Geschichte wurde 1894 zum ersten Mal veröffentlicht.

Ökologie der Elefantenvögel: Blind und nachtaktiv

Eine paläoneurologische Studie aus dem Jahr 2018, veröffentlicht in den Proceedings of the Royal Society B, liefert neue Erkenntnisse über die Neuroanatomie und Ökologie der ausgestorbenen Elefantenvögel. Die Untersuchung zeigt, dass Elefantenvögel möglicherweise blind waren und sich hauptsächlich auf ihren Geruchssinn und ihr Gehör verließen, um sich in ihrer Umgebung zurechtzufinden. Diese Erkenntnisse basieren auf der Analyse der Gehirnform, die bei Vögeln stark mit der neurologischen Funktion korreliert.

Die meisten heutigen Vogelarten verfügen über gut entwickelte Sehlappen zur Verarbeitung visueller Informationen und weniger gut entwickelte Riechkolben. Elefantenvögel hingegen hatten deutlich größere Riechkolben und nahezu nicht vorhandene Sehlappen. Dies deutet darauf hin, dass sie nachtaktiv waren und visuelle Wahrnehmung eine untergeordnete Rolle spielte. Auch die nächsten lebenden Verwandten der Elefantenvögel, die Kiwis, sind nachtaktiv. Die Studienautoren gehen davon aus, dass die Reduktion des visuellen Systems bei Elefantenvögeln und Kiwis eine evolutionäre Anpassung darstellt, die vor allem flugunfähige Vögel auf raubtierarmen Inseln betrifft.

Die Studie identifizierte auch Unterschiede in der Größe der Riechkolben zwischen verschiedenen Elefantenvogelarten. Aepyornis maximus hatte relativ große Riechkolben, was auf einen bewaldeten Lebensraum hindeutet, während Aepyornis hildebrandti sekundär reduzierte Riechkolben aufwies, was eher zu einem offenen Lebensraum passt. Diese Unterschiede in der Größe von Riechkolben und Sehlappen zwischen den Arten und Gattungen (Aepyornis vs. Mullerornis) deuten auf unterschiedliche sensorische Fähigkeiten hin und somit auf die Besetzung unterschiedlicher ökologischer Nischen unter den Elefantenvögeln. Einige Arten blieben nachtaktiv und bewohnten dichte Wälder, während andere besser an offene Graslandschaften und eine eher dämmerungsaktive Lebensweise angepasst waren.

Elefantenvögel: In der Neuzeit oder viel früher ausgestorben?

Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts behaupteten einige Einwohner Madagaskars, dass es in entlegenen Gebieten auf der Insel noch Elefantenvögel gebe. Und 1860 wollen Missionare aus den bewaldeten Sumpfgebieten noch den trompetenartigen Schrei des Vogels gehört haben, so Akimuschkin.

Wann genau die Madagassischen Riesenstrauße ausgestorben sind, ist ungewiss. Anhand archäologischer Hinweise zeigt sich, dass die Vögel bis mindestens zum Jahr 1000 oder 1200 gelebt haben. Dennoch wird immer wieder spekuliert, dass sie bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts hinein überlebt haben.

Unter anderem deshalb, weil Étienne de Flacourt 1658 noch von einem riesigen Vogel, der große Eier legt, berichtete. Dieser soll unbewohnte Regionen der Insel bewohnt haben. Ob Flacourt den Vogel wirklich gesehen oder nur Volksmärchen wiedergegeben hat, ist nicht bekannt.

Elefantenvögel: Aussterbeursachen unklar

Im Buch The Natural History of Madagascar (2003) heißt es, dass die Elefantenvögel einst auf ganz Madagaskar verbreitet waren. Experten stimmen im Großen und Ganzen darin überein, dass das Aussterben der Elefantenvögel auf den Einfluss der Menschen zurückzuführen sei – aber nicht auf den Einfluss der Madagassen, sondern der Europäer, die als Eroberer auf die Insel kamen.

Möglicherweise dienten sowohl die Vögel selbst als auch ihre Eier als wichtige Nahrungsquellen. Der englische Naturforscher David Attenborough weist aber darauf hin, dass viel zu wenige Elefantenvogel-Knochen menschliche Bearbeitungsspuren aufzeigen würden, als dass man davon ausgehen könne, Jäger seien Schuld am Verschwinden der Art:

Wenn es nicht das Fleisch der Elefantenvögel war, müssen es seine Eier gewesen sein, die auf die Menschen besonders attraktiv wirkten. So gibt es Hinweise darauf, dass Reisende im 19. Jahrhundert Eierschalen sahen, die von Menschen als Schüsseln benutzt wurden. Außerdem fanden Archäologen Überreste von Eierschalen in der Asche von einst durch Menschenhand entfachten Feuern. Man kann also davon ausgehen, dass die Eier als Mahlzeiten für ganze Familien dienten.

Weitere Gründe für das Aussterben der großen Laufvögel waren womöglich die auf Madagaskar durchgeführten Brandrodungen, bei der der Lebensraum der Elefantenvögel zerstört wurde.

Der Biologe Steven M. Goodman und der Museumskurator für Zoologie Bruce D. Patterson gehen in Natural Change and Human Impact in Madagascar (1997) davon aus, dass auch Krankheiten, etwa durch Haus- und Perlhühner eingeführt, beim Verschwinden des Elefantenvogels eine Rolle gespielt haben könnten.

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