bubalis buselaphus
Die Kopf-Rumpf-Länge der Nordafrikanischen Kuhantilope lag bei 150 bis 244 Zentimetern. Ihre Schulterhöhe betrug zwischen 109 und 150 Zentimetern. Goldfuss, Georg August; Schreber, Johann Christian Daniel; Wagner, Andreas Johann, Public domain, via Wikimedia Commons)

Nordafrikanische Kuhantilope

Die Nordafrikanische Kuhantilope und die antiken Zivilisationen

Der deutsche Zoologe Alfred Brehm schreibt in der Ausgabe von 1911 seines weltweit bekannten zoologischen Nachschlagewerks Brehms Tierleben: „Von den verschiedenen Arten am längsten bekannt ist die schon auf den ägyptischen Denkmälern vielfach dargestellte Nordafrikanische Kuhantilope Bubalis buselaphus.“ Und tatsächlich: Die Nordafrikanische oder Bubal-Kuhantilope muss einst weit verbreitet gewesen sein und für die Menschen in der Antike und auch später eine wichtige Rolle gespielt haben. Nicht nur zahlreiche antike griechische und römische Geschichtsschreiber und Gelehrte – etwa Aristoteles, Aischylos, Herodot oder Plinius der Ältere – erwähnen sie in ihren Schriften, sondern auch in römischen Fresken und Mosaiken ist sie abgebildet. So etwa in dem im zweiten und vierten Jahrhundert nach Christus entstandenen römischen Mosaiken von Hippo Regius, einer antiken Küstenstadt im heutigen Algerien; dort ist der Bubal als eines von vielen ausgestorbenen Tieren dargestellt. Selbst im Alten Testament soll der Name Yachmur auf die Bubal-Antilope verweisen und im Deuteronomium könnte the’o, beschrieben als ein koscheres Tier, auf den Hornträger (Bovidae) anspielen.

Wissenschaftler fanden zudem Hörner und Schädel der Antilopenart in mehreren ägyptischen Ausgrabungsstätten; einige stammen aus dem vierten Jahrhundert nach Christus, andere aus dem frühen Mittelalter. Die alten Ägypter besaßen sogar eine Hieroglyphe, die eine neugeborene Kuhantilope darstellt. In einer Grabstätte im ägyptischen Abadiyeh gefundene Hörner der Nordafrikanischen Kuhantilope verleiten Wissenschaftler zu der Annahme, dass der Bubal für die Ägypter eine mythologische Bedeutung gehabt hat. In The Doomsday Book of Animals (1981) weist David Day zusätzlich auf ihre mögliche Bedeutung als Fleischlieferant hin. Forscher nehmen auch an, dass die Menschen im antiken Ägypten Bubal-Kuhantilopen domestizierten und als Haustiere hielten.

Nordafrikanische Kuhantilope – Steckbrief
alternative BezeichnungenBubal-Kuhantilope, Bubal, Bubal-Antilope
wissenschaftliche NamenAlcelaphus buselaphus buselaphus, Alcelaphus buselaphus, Antilope bubalis, Bubalis buselaphus, Bubalis bubastis
englische NamenBubal Hartebeest, Northern Hartebeest, Bubal Antelope, Bubal
ursprüngliches VerbreitungsgebietNordafrika (Algerien, Ägypten, Libyen, Marokko und Tunesien)
Zeitpunkt des Aussterbensunklar, möglicherweise 1925
Ursachen für das AussterbenBejagung

Nur noch schöne Erinnerungen: Darum ist der Bubal ausgestorben

Schädel Bubal-Antilope
Von vorne gesehen erinnert die Form der Hörner der Bubal-Kuhantilopen an ein ‚U‘. Sowohl männliche als auch weibliche Tiere besaßen Hörner. (© Jacques de Sève, Public domain, via Wikimedia Commons)

Die Nordafrikanischen Kuhantilopen sind „nur noch schöne Erinnerungen in den Köpfen einiger französischer Besatzer“, schreibt David Day 1981. Er spielt damit auf die Okkupation Algeriens zwischen 1830 und 1903 durch die Franzosen an. Für das französische Kolonialmilitär war es zu Beginn der Besetzung ein Zeitvertreib und Sport, jede einzelne Kuhantilope zu erschießen, die sie entdeckten. Sie vernichteten ganze Herden auf einmal, weshalb die meisten Autoren hier auch von einem Massaker sprechen.

In Status and Distribution of Moroccan Wild Ungulates (1992) gibt Chris O. Loggers vom United States Forest Service an, dass sich die zuvor in Marokko weit verbreiteten Populationen Nordafrikanischer Kuhantilopen aufgrund der Bejagung mit modernen Waffen während des 19. Jahrhunderts enorm schnell dezimierten. Dies dürfte auch für die anderen Staaten im Norden Afrikas gelten, in denen Bubal-Antilopen lebten.

Während die IUCN als Ursache für das Verschwinden der Bubal-Kuhantilope allein auf die „Überjagung seit Jahrhunderten“ verweist, nennen Hanna Zeckau und Carsten Aermes in Brehms verlorenes Tierleben (2007) zusätzlich die „Zerstörung des Lebensraums“. Anderen Quellen geben keine Hinweise auf einem Zusammenhang zwischen dem Verlust von Lebensraum und dem Verschwinden der Bubal-Antilope, sodass anzunehmen ist, dass die Bejagung der Huftiere die primäre Aussterbeursache gewesen ist.

Die Bubal-Kuhantilope kam ursprünglich in Afrika nördlich der Sahara von Marokko bis Ägypten vor. Sie war in Algerien, im Süden Tunesiens, in Libyen, Palästina und Arabien anzutreffen. Die nördliche Grenze ihres Verbreitungsgebiets war die Mittelmeerküste. Das exakte Verbreitungsgebiet ist unklar, denn bei Ausgrabungen fand man Überreste der Kuhantilope nicht nur in Ägypten, sondern auch im Nahen Osten, vor allem in Israel und Jordanien. Klar ist, dass das historische Verbreitungsgebiet der Nordafrikanischen Kuhantilope mit der Zeit immer kleiner wurde.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts existierte die Bubal-Kuhantilope schon nur noch in den südlichen Bergregionen Algeriens und im Süden von Marokko im Hohen Atlas, der höchsten Gebirgskette des Atlas-Gebirges im Nordwesten Afrikas. Die riesigen Herden, die noch 1738 nördlich des Atlas-Gebirges zu finden waren, seien verschwunden und auch die 1870 noch in den Bergen im Süden Tunesiens an der Grenze zu Algerien lebenden Tiere seien fort, schrieb der amerikanische Naturforscher Francis Harper 1954 in Extinct and Vanishing Mammals of the Old World.

Wann ist die Nordafrikanische Kuhantilope ausgestorben?

bubal
Bubal-Antilopen besaßen rötlichgelbes Fell und einen fast schwarzen Schwanz. Ihre Iris war gelb. (© Jacques de Sève, Public domain, via Wikimedia Commons)

Wann die letzte freilebende Bubal-Kuhantilope starb, ist umstritten. Harper gibt an, dass 1902 das letzte Tier in Tunesien erlegt wurde. Die letzte bekannte Herde mit lediglich 15 Tieren befand sich 1917 in der Nähe der marokkanischen Kleinstadt Outat El Haj, allerdings wurden alle bis auf drei Individuen von einem einzigen Jäger erlegt. In der Region um Missour im Osten Marokkos starb die letzte Nordafrikanische Kuhantilope 1925. Diese wird in der Literatur häufig auch als das letzte Tier der Art überhaupt betrachtet.

Einige Quellen nennen noch spätere Aussterbezeitpunkte. Jean B. Panouse erwähnt in Les Mammiferes du Maroc (1957) etwa, dass 1945 noch eine Herde von Kuhantilopen in der Nähe der Zguid-Oase in Marokko gesehen worden sein soll. Panouse selbst zweifelt diese Sichtung allerdings an, denn Bubal-Kuhantilopen würden Berge und Hügel bewohnen, während der genannte Ort eine Ebene zwischen der M’Hamid-Oase und der Stein- und Felswüste Hammada du Dra sei. Der deutsche Zoologe Theodor Haltenorth schreibt 1980 in A Field Guide to the Mammals of Africa, including Madagascar, dass bis 1950 Kuhantilopen in Río de Oro, eine Provinz der ehemaligen spanischen Kolonie Spanisch-Sahara, gelebt haben sollen, obwohl kein Spanier, der dort war, jemals von Kuhantilopen in dieser Region berichtet hat. Die IUCN gibt sogar an, die letzte in Freiheit lebende Bubal-Kuhantilope sei zwischen 1945 und 1954 in Algerien geschossen worden.

Harper verweist in seinem Buch 1945 auf mehrere Suchaktionen in den 1920er- und 1930er-Jahren in Marokko, Algerien und Tunesien – auch in Gebieten, in denen wenige Jahrzehnte zuvor Bubal-Kuhantilopen noch zahlreich waren –, die allesamt erfolglos waren. Dieser Hinweis spricht für ein Aussterben der Bubal-Kuhantilope vor den 1940er- oder 1950er-Jahren.

Kaum Museumsexemplare vorhanden

bubal hartebeest london zoo
Das wahrscheinlich einzige Foto einer lebenden Nordafrikanischen Kuhantilope machte Lewis Medland 1895 im Londoner Zoo. (© Lewis Medland, Public domain, via Wikimedia Commons)

Nordafrikanische Kuhantilopen wurden Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts oft gefangen, um dann privat oder öffentlich in Zoos in Großbritannien, Italien, Frankreich oder Deutschland gehalten zu werden. Der Londoner Zoo hielt beispielsweise zwischen 1883 bis 1897 und von 1906 bis 1907 Bubal-Kuhantilopen. Wahrscheinlich starb die letzte in Gefangenschaft gehaltene Nordafrikanische Kuhantilope, ein Weibchen, am 9. November 1923 im ehemaligen Pariser Zoo Jardin des Plantes, wo sie zuvor 18 Jahre lang gelebt hatte.

Trotz der häufigen Unterbringung Nordafrikanischer Kuhantilopen in europäischen Zoos, scheint es heute nur eine überschaubare Anzahl an Museumsexemplaren zu geben. So suchten zum Beispiel der deutsch-amerikanische Zoologe Ernst Schwarz und A. E. Ruxton 1929 im Zuge ihrer Forschungsarbeit zur Gattung der Eigentlichen Kuhantilopen (Alcelaphus) nach Museumsexemplaren von Bubal-Antilopen in den europäischen Ländern, in denen die Tiere in Gefangenschaft gehalten wurden, konnten aber keine finden. Und auch Harper schreibt:

„Die typische Rasse dieser Art war in früheren Jahren ein häufiger Gast in Menagerien. Aber wir haben weder Fell noch Schädel eines in der Wildnis getöteten Exemplars gesehen. Es gibt keine in den britischen, Pariser oder Berliner Museen. Tatsächlich scheint es sehr wahrscheinlich, dass diese Form gänzlich ausgestorben ist. Alle Anfragen in Algerien, Tunesien sowie in Marokko erwiesen sich als fruchtlos…“

Extinct and Vanishing Mammals of the Old World, 1945, Francis Harper

Harper erwähnt jedoch eine ausgestopfte weibliche Nordafrikanische Kuhantilope, die die Academy of Natural Sciences of Philadelphia 1905 von der Zoological Society of Philadelphia erhalten haben soll. Dabei dürfte es sich um das einzige bekannte Museumsexemplar der Bubal-Kuhantilope in den USA handeln. Der britische Mammaloge Guy Dollman schreibt in einem 1937 im Journal Oryx veröffentlichten Beitrag über fünf weitere Museumsexemplare, darunter ein Kopf einer weiblichen Bubal-Kuhantilope, in der National Collection.

Auch eine aktuellere Studie aus dem Jahr 2007 zeigt, wie selten Nordafrikanische Kuhantilopen in Sammlungen vorkommen. In Evolution of Fighting Structures in Hartebeest untersuchten die Biologen Isabella Capellini und Leonard Morris Gosling 382 Schädel aus unterschiedlichen europäischen Museen und 13 Privatsammlungen von acht Arten aus der Gruppe der Kuhantilopen. Vom Bubal allerdings konnten sie lediglich fünf Exemplare ausfindig machen, wobei keiner der Schädel vollständig gewesen sei. Zum Vergleich: Von der Südafrikanischen Kuhantilope (Alcelaphus caama) standen den Wissenschaftlern immerhin 141 Museumsexemplare zur Verfügung. Nur von der Tora-Kuhantilope (Alcalaphus buselaphus tora), die gemäß IUCN zuletzt 1999 nachgewiesen wurde und daher als ’stark gefährdet (wahrscheinlich ausgestorben‘ gelistet wird, fanden Capellini und Gosling ebenfalls nur wenige Museumstiere (sieben).

Bubal-Antilope: Eine Unterart der Eigentlichen Kuhantilopen

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Die Karte zeigt die Verbreitungsgebiet der einzelnen Kuhantilopen-Unterarten beziehungsweise -Arten. (© J. Kingdon: The Kingdon Field Guide to African Mammals, 1997, via Wikimedia Commons)

Bei der Nordafrikanischen Kuhantilope, die 1766 vom deutschen Naturforscher und Entdeckungsreisenden Peter Simon Pallas wissenschaftlich beschrieben wurde, handelt es sich um eine von sieben in Afrika endemischen Unterarten der Eigentlichen Kuhantilopen, wobei die Nordafrikanische Kuhantilope die Nominat-Unterart darstellt. Die Südafrikanische Kuhantilope (A. caama) und die Lichtenstein-Antilope (A. lichtensteinii) werden bisweilen auch als Schwesterarten der ausgestorbenen Bubal-Antilope betrachtet.

Wie andere Kuhantilopen auch, war der Bubal ein sehr soziales Tier. Dies geht zumindest aus einem Bericht des spanischen Chronisten Luis del Mármol Carvajal hervor, der 1573 schrieb, dass er im Norden Marokkos Herden von 100 bis 200 Tieren gesehen habe. Das einzige Raubtier, dem die Nordafrikanische Kuhantilope zum Opfer fiel, war der Berberlöwe. Als dieser aus ihrem Lebensraum verschwand, traten Menschen mit Feuerwaffen an seine Stelle.

Die Nordafrikanische Kuhantilope ist bei weitem nicht das einzige Huftier (Ungulata), das in den letzten 250 Jahren in Afrika ausgestorben ist: Der Blaubock verschwand um 1800, das Quagga 1872, das Südliche Wüstenwarzenschwein in den 1870er-Jahren, die Algerische Gazelle 1894, Roberts Letschwe (Kobus leche robertsi), eine Antilopenunterart aus Sambia, starb Mitte des 20. Jahrhunderts aus und das Westliche Spitzmaulnashorn (Diceros bicornis longipes) 2006. Beim Aussterben dieser Arten spielte die Bejagung stets eine Rolle.

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