Scotorythra megalophylla
Weiblicher Kona-Riesenspanner aus dem Buch Fauna Hawaiiensis (1899). Scotorythra_megalophylla-Fauna_Hawaiiensis1899.PNG: Edwin Wilsonderivative work: Peter Maas, Public domain, via Wikimedia Commons)

Kona-Riesenspanner

Kona-Riesenspanner: Nur einer von vielen

Das Besondere an der Inselgruppe Hawaii ist, dass es dort unheimlich viele endemische Arten gibt. Aufgrund der Abgeschiedenheit der Inseln haben sich nämlich die dort lebenden Arten im Laufe der Zeit in unterschiedliche neue Arten aufgespalten. Die Gattung Scotorythra, zu der ausschließlich Motten gehören, die auf Hawaii endemisch sind, besteht zum Beispiel aus rund 50 verschiedenen Arten. Von denen ist neben dem Kona-Riesenspanner mindestens noch der Koolau-Riesenspanner (S. nesiotes) ausgestorben. Gemäß IUCN wurden beide Arten zuletzt im frühen 20. Jahrhundert nachgewiesen.

Eigentlich ist über den Kona-Riesenspanner kaum etwas bekannt. Man weiß weder, auf welche Wirtspflanzen er angewiesen war, noch warum er ausgestorben ist. Sicher ist, dass er zur Familie der Spanner (Geometridae) und damit zu den Nachtfaltern zählt. Er muss wohl dämmerungs- oder nachtaktiv gewesen sein.

Der auf Schmetterlinge spezialisierte britische Entomologe Edward Meyrick beschrieb den Kona-Riesenspanner und diverse andere auf Hawaii heimische Falter 1899 zunächst als Acrodrepanis megalophylla. Später wurde der Kona-Riesenspanner der vom britischen Insektenkundler Arthur Gardiner Butler 1883 beschriebenen Gattung Scotorythra zugeordnet.

Beim Kona-Riesenspanner handelt es sich um die zweitgrößte endemische Mottenart Hawaiis nach der heute noch existierenden Blackburn-Sphinx-Motte (Manduca blackburni). Die Flügelspannweite des Kona-Riesenspanners lag bei rund acht Zentimetern.

In Insects of Hawaii. Volume 7 (1958) beschreibt der US-amerikanische Entomologe Elwood C. Zimmermann das Verbreitungsgebiet des Kona-Riesenspanners folgendermaßen: „Diese Art wurde oberhalb von Hilo, in Olaa (heute Keaau), in Kilauea und in Kona gesammelt.“ Die Typuslokalität ist Kona in einer Höhe von 3.000 Metern über dem Meeresspiegel. Alle von Zimmermann genannten Orte und Regionen befinden sich auf der hawaiianischen Hauptinsel Big Island, sodass anzunehmen ist, dass der Kona-Riesenspanner nur dort vorkam.

Kona-Riesenspanner – Steckbrief
wissenschaftliche NamenScotorythra megalophylla, Acrodrepanis megalophylla
englischer NameKona Giant Looper Moth
ursprüngliches VerbreitungsgebietBig Island (Hawaii)
Zeitpunkt des Aussterbensfrühes 20. Jahrhundert
Ursachen für das Aussterbenunklar

Hawaii: Ein Paradies der Artbildung

Darwinfinken
Die Darwinfinken sind ein Beispiel für adaptive Radiation auf den Galápagos-Inseln: Aus einem Vorfahren entwickelten sich verschiedene Arten mit unterschiedlichen Schnäbeln und Ernährungsweisen. (© John Gould, Public domain, via Wikimedia Commons)

Vor Ankunft der Menschen auf der Inselgruppe Hawaii gab es dort keine Landsäugetiere mit Ausnahme der auch in Amerika verbreiteten Weißgrauen Fledermaus (Lasiurus cinereus). Es gab auch keine Landreptilien oder Amphibien. Dennoch hat Hawaii hat einen besonders hohen Anteil an endemischen Arten. Das evolutionsbiologische Phänomen, bei dem sich eine Art in viele verschiedene aufspaltet, nennt sich adaptive Radiation. Sie wird begünstigt durch die abgelegene Lage der hawaiianischen Inseln. Auf diese Weise konnten sich auch viele ökologische Nischen herausbilden.

Bei der Artbildung durch adaptive Radiation spaltet sich eine weniger spezialisierte Art in mehrere stärker spezialisierte Arten auf. Diese neuen Arten haben jeweils besondere Merkmale, mit denen sie sich an die vorhandenen Umweltverhältnisse anpassen. Da Hawaii nicht nur aus einer, sondern mehreren Inseln besteht, kann sich auf jeder Insel eine andere Art bilden.

Auf der Hawaii-Inselkette existierten zum Beispiel auch unzählige Arten von Kleidervögeln (Drepanidini), die vermutlich alle von einer einzigen Vogelart abstammen, die einst als Irrgast auf den Inseln landete und dort heimisch wurde. Knapp die Hälfte der Kleidervögel gilt heute als ausgestorben, wie etwa der Annakleidervogel oder der Oahu-Sichelkleidervogel (Hemignathus lucidus).

Auf Hawaii gibt es zudem zahlreiche Arten von Fruchtfliegen oder Taufliegen (Drosophilidae). Dazu gehören auch zwölf beschriebene Arten hawaiianischer Langbeinfliegen der Gattung Campsicnemus, die allesamt keine oder nur reduzierte Flügel haben. Die Koolau-Spornflügel-Langbeinfliege gilt seit 1907 als ausgestorben. Für das Verschwinden dieser Art war in erster Linie die im 19. Jahrhundert auf Hawaii eingeschleppte Großkopfameise (Pheidole megacephala) verantwortlich.

Großkopfameisen gehören heute zu den schlimmsten invasiven Arten der Erde, die die biologische Vielfalt bedrohen und vor allem endemische wirbellose Tiere verdrängen. Klar ist, im Flachland Hawaiis hat die Großkopfameise verschiedene Insektenarten und auch Schneckenarten (etwa Achatinella apexfulva und Achatinella buddii) verdrängt. Möglicherweise besteht dann ja auch ein Zusammenhang mit dem Verschwinden des Kona-Riesenspanners.

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