Kanaren-Austernfischer Haematopus meadewaldoi
Der Kanaren-Austernfischer erreichte eine Größe von 40 bis 45 Zentimeter. Seine Iris war rot, der lange Schnabel zinnoberrot mit hellerer Spitze. Artwork by Henrik Gronvold (1858–1940)., Public domain, via Wikimedia Commons)

Kanaren-Austernfischer

Ein mysteriöser Vogel in der Tring-Sammlung

Der Kanaren-Austernfischer gilt neben dem Riesenalk als die einzige in der Neuzeit in Europa ausgestorbene Vogelart. Er war auf den östlichen Kanaren, die geologisch zwar zu Afrika, politisch aber zu Spanien gehören, endemisch: Fuerteventura, Lanzarote, La Graciosa und ein paar kleinere unbewohnte Inseln wie Lobos, Montaña Clara, Allegranza und wahrscheinlich Roque del Este bildeten die Heimat des Austernfischers.

Einen 1938 in Gambia gefangenen geheimnisvollen Vogel, der sich heute in der Sammlung des Natural History Museum at Tring befindet, hielt man lange Zeit aufgrund seines schwarzen Gefieders für den letzten bekannten Kanaren-Austernfischer. Der Vogel wurde nach Großbritannien gebracht, wo er einige Jahre in Gefangenschaft lebte. Als Folge der künstlichen Fütterung entwickelte er einen abnormal langen Schnabel, sodass es unmöglich wurde, die Artzugehörigkeit dieses Exemplars zu bestimmen, denn die Schnabelform gilt bei der Identifizierung der in der Regel optisch recht homogenen Austernfischer als ein wichtiges Artmerkmal.

Mithilfe einer DNA-Analyse konnten Wissenschaftler 2019 letztlich feststellen, dass es sich bei dem Museumsexemplar NMHUK.1938.11.15.1 in Tring um keinen Kanarischen, sondern um einen Afrikanischen Schwarzen Austernfischer (Haematopus moquini) handelt, der sich 4.500 Kilometer entfernt von seinem eigentlichen Verbreitungsgebiet aufhielt. So ist anzunehmen, dass der letzte bekannte Kanarische Austernfischer 1913 gesammelt wurde. Lokalen Fischern und Leuchtturmwärtern zufolge, verschwand die Vogelart jedoch erst um 1940 herum.

Ziemlich überzeugende Berichte von Teneriffa vom Juli 1965 oder 1968 in Puerto de la Cruz und 1981 von El Médano könnten darauf hindeuten, dass eine kleine Population bis Anfang der 1980er-Jahre auf unbewohnten kleinen Inseln bei Teneriffa überlebt hat. Umfangreiche Untersuchungen zwischen 1956 und 1957 und in den späten 1980er-Jahren lieferten keinerlei Hinweise auf das Überleben des Kanarischen Austernfischers. Die Weltnaturschutzorganisation IUCN hat den Kanaren-Austernfischer daher 1994 für offiziell ausgestorben erklärt.

Kanaren-Austernfischer – Steckbrief
alternative BezeichnungenKanarenausternfischer, Kanarischer Austernfischer
wissenschaftliche NamenHaematopus meadewaldoi, Haematopus ostralegus meadewaldoi, Haematopus niger meadewaldoi, Haematopus niger meade-waldoi, Haematopus moquini, Haematopus moquini meadewaldoi, Haematopus unicolor meadewaldoi
englische NamenCanary Island Oystercatcher, Canary Islands Oystercatcher, Canarian Oystercatcher, Canarian Black Oystercatcher, Canary Islands Black Oystercatcher, Meade-Waldo’s Black Oystercatcher
ursprüngliches VerbreitungsgebietÖstliche Kanarische Inseln
Zeitpunkt des Aussterbensvermutlich um 1940
Ursachen für das AussterbenNahrungskonkurrenz mit Menschen, auf Inseln eingeschleppte Arten, Lebensraumverlust

Die Entdeckung des Austernfischers von den Kanarischen Inseln

Der englische Botaniker Philip Barker-Webb, der französische Naturforscher und Ethnologe Sabin Berthelot und andere Wissenschaftler beobachteten den Kanaren-Austernfischer zwischen 1828 und 1830 an den Küsten der kleinen, unbewohnten Insel La Graciosa und an den verlassenen Küsten von Fuerteventura und Lanzarote. Sie fertigten 1832 erste Aufzeichnungen über den Vogel in der L’Histoire Naturelle des Îles Canaries, einem Nachschlagewerk zur Naturgeschichte der Kanarischen Inseln, an.

Edmund Meade-Waldo, ein englischer Vogelkundler und Naturschützer, reiste mit dem englischen Forscher Henry Baker Tristram auf die Kanaren, nachdem sie von der Sichtung der neuen Art gehört hatten. Sie sammelten tatsächlich drei Exemplare. Meade-Waldo machte den Austernfischer von den Kanaren in ornithologischen Kreisen durch seine Veröffentlichung List of the birds observed in the Canary Islands (1893) erst bekannt. Zur gleichen Zeit erlegte der örtliche Sammler Ramón Gómez zwei weitere Vögel.

Kanaren-Austernfischer Verbreitungsgebiet
Die Karte zeigt die sieben großen Kanarischen Inseln im Atlantik westlich von Nordafrika. Das Verbreitungsgebiet des Kanaren-Austernfischers beschränkte sich auf die östlichen Inseln Fuerteventura und Lanzarote sowie einige kleinere Inseln. Angebliche Sichtungen 1965, 1968 und 1981 auf Teneriffa könnten darauf hinweisen, dass der Kanarische Austernfischer dort (länger) überlebt hat, zumal es von dort auch Berichte aus der Mitte des 19. Jahrhunderts gibt.

Die wissenschaftliche Erstbeschreibung

Den letzten bekannten Kanaren-Austernfischer sammelte am 3. Juni 1913 schließlich der britische Ornithologe David Armitage Bannerman. Er war es auch, der den Austernfischer von den Kanaren, der bis 1913 lediglich als Population des Schwarzen Afrikanischen Austernfischers (H. moquini) betrachtet wurde, erstmals wissenschaftlich als eigenständige Unterart Haematopus niger meade-waldoi beschrieb, wobei das Artepitheton Meade-Waldo ehrt:

„Die Existenz eines schwarz gefiederten Austernfischers auf den Kanarischen Inseln ist keineswegs eine neue Entdeckung. Es handelt sich jedoch eindeutig um einen seltenen Vogel, der in Museen nur sehr spärlich vertreten ist. Es gibt zwei adulte Weibchen von Graciosa und Fuerteventura im British Museum (…) und ein adultes Männchen von Graciosa im Museum of Liverpool (…). Bis heute hielt man diese Individuen für identisch mit dem (…) in Südafrika lebenden Schwarzen Austernfischer, doch beim Vergleich der Vögel von den zwei Lokalitäten wird sofort deutlich, dass es wichtige Unterschiede gibt.“

Exhibition and description of a new subspecies of oystercatcher (Haematopus niger meade-waldoi) from the Canary Islands, Bulletin of the British Ornithologists‘ Club, 1913, D. A. Bannerman.

Bannerman schreibt, die neue Unterart sähe dem Schwarzen Afrikanischen Austernfischer zwar ähnlich, aber sie sei deutlich kleiner, vor allem die Flügel betreffend. Zudem sei der Lauf schlanker und der Schnabel länger; so ermittelte er für den in Afrika lebenden Austernfischer eine Schnabellänge von 6,9 bis 7,1 cm, während der Schnabel der Kanarischen Austernfischer 7,7 bis 8,1 cm lang gewesen sein soll.

Ein weiterer Unterschied zwischen dem Austernfischer aus Afrika und dem der Kanaren sei, so Bannerman, dass das Gefieder des Kanaren-Austernfischers allgemein glänzend schwarz war, mit einem weißen Fleck an der Basis der Innenfahnen der Handdecken. Der Schwarze Afrikanische Austernfischer besäße hingegen nur einige weiße Federn auf den inneren Handschwingen.

Kanaren-Austernfischer: Art, Unterart oder Farbmorphe?

Afrikanischer Austernfischer
Der Kanaren-Austernfischer wurde aufgrund seiner Ähnlichkeit mit dem Afrikanischen Schwarzen Austernfischer (Bild) zunächst lange Zeit als dessen Unterart betrachtet. (© DickDaniels (http://theworldbirds.org/), CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons)

Nach Bannermans wissenschaftlicher Beschreibung fanden noch einige Namenswechsel statt, aber der Kanaren-Austernfischer blieb eine Unterart des Schwarzen Afrikanischen Austernfischers oder Kapausternfischers. Erst der britisch-südafrikanische Ornithologe Phil A. R. Hockey erhob den Kanaren-Austernfischer in The taxonomic status of the Canary Islands Oystercatcher Haematopus (niger) meadewaldoi (1981) in den Artstatus.

In seiner Studie untersucht Hockey drei Hypothesen, die vorgeschlagen wurden, um den taxonomischen Status des Kanarischen Austernfischers zu erklären: Entweder handelt es sich um eine melanistische Unterart oder Farbmorphe des schwarz-weiß gefiederten Austernfischers H. ostralegus; oder um eine eigenständige Unterart des Afrikanischen Schwarzen Austernfischers H. moquini oder die auf den Kanarischen Inseln entdeckten Vögel repräsentieren Langstrecken-Irrgäste.

Hockey schließt aus, dass die Austernfischer auf den Kanarischen Inseln Irrgäste sind, denn sämtliche Aufzeichnungen des Afrikanischen Schwarzen Austernfischers stammen aus Gebieten, die mehr als 4.000 Kilometer von den Kanaren entfernt liegen. Zudem sind die ausgewachsenen Brutvögel von H. moquini sesshaft und nur die Jungvögel entfernen sich von ihrem Geburtsort; die auf den Kanaren gesammelten Exemplare waren jedoch alle ausgewachsen. Weiterhin schließt Hockey aus, dass es sich beim Kanaren-Austernfischer um eine isolierte melanistische Population handelt, denn Albinismus ist zwar von anderen Austernfischer-Arten bekannt, aber Hinweise auf Melanismus bei den H. ostralegus-Unterarten gibt es keine.

Hockey prüft noch einmal die Unterschiede im Gefieder und in den Abmessungen zwischen dem Afrikanischen Schwarzen und dem Kanarischen Austernfischer: Er bestätigt, dass der Kanaren-Austernfischer einen längeren Schnabel besitzt. Außerdem ist sein weißer Fleck im Flügel insbesondere im frischen Gefieder deutlich zu sehen, während beim Afrikanischen Austernfischer ein blasserer (kein weißer) Fleck nur als Ergebnis von Federabnutzung oder Mauser sichtbar wird. Hockey geht davon aus, dass beide Austernfischer aufgrund des Gefieders und der Proportionen nicht der gleichen Population angehören und höchstens auf Unterarten-Ebene miteinander verwandt sein können. Letztendlich spricht er sich dafür aus, den Kanaren-Austernfischer als eigenständige Art anzusehen.

Bringen genetische Analysen Gewissheit?

Tereza Senfeld und ihr Team sequenzierten die mitochondriale DNA mehrerer Kanarischer Austernfischer und verglichen sie mit existierenden Arten. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie 2019 im Journal Ibis: Der Kanaren-Austernfischer gehöre trotz seiner Ähnlichkeit mit dem Afrikanischen Schwarzen Austernfischer H. moquini in eine Gruppe mit dem Austernfischer H. ostralegus. Die Wissenschaftler schlagen daher etwas Neues vor, und zwar, dass der Kanaren-Austernfischer eine lokale melanistische Unterart von H. ostralegus ist – und nicht, wie häufig zuvor angenommen, eine Unterart des Afrikanischen Schwarzen Austernfischers.

Haematopus ostralegus
DNA-Analysen haben gezeigt, dass der Kanaren-Austernfischer eine Unterart des Austernfischers H. ostralegus (Bild) sein könnte. Diese Art ist charakteristisch für die Nordseeküste. (© Bjørn Christian Tørrissen, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons)

Nun könnte man meinen, das Rätsel um den Kanaren-Austernfischer ist gelöst, ist es aber nicht. Der britische Ornithologe Nigel J. Collar widmete sich 2021 – bezugnehmend auf Senfelds Analysen – in einem Bericht im Ibis erneut der Frage, was der Austernfischer von den Kanarischen Inseln denn nun eigentlich war. Collar weist unter anderem darauf hin, dass genetische Untersuchungen zwar wichtig sind, doch sei es unvorsichtig anzunehmen, dass die phänotypischen Unterschiede damit außer Kraft gesetzt werden. Gene, die Merkmale wie Farbe oder Gesang steuern, seien in Senfelds Untersuchung, eine Erstellung einer molekularen Phylogenie, nicht sequenziert worden.

Weiterhin verweist Collar auf den Neuseeländischen Austernfischer (H. unicolor) und den Südinsel-Austernfischer (H. finschi), die sympatrisch leben. Diese beiden Taxa haben Genotypen, die genauso schwer zu unterscheiden sind wie die von H. ostralegus und dem Kanarischen Austernfischer, werden aber als separate Arten angesehen. Noch dazu sind sie rein äußerlich weit weniger unterscheidbar als H. ostralegus und der Kanaren-Austernfischer.

Am Ende spricht sich Collar, wie auch schon Bannerman, dafür aus, dass es sich beim Kanaren-Austernfischer um eine eigene Art handelt. Die Familie der Austernfischer (Haematopodidae) zeichne sich eben durch ein kaum unterscheidbares Aussehen aus, sodass die Bestimmung des Artstatus stets für Unsicherheit und Diskussionen sorgt. Es ist nicht konsistent, den Kanaren-Austernfischer als Unterart zu betrachten, wenn etwa der Neuseeländische und der Südsee-Austernfischer, die sich viel ähnlicher untereinander sehen und zusätzlich den Lebensraum teilen, als eigenständige Arten betrachtet werden.

Warum starb der Kanaren-Austernfischer aus?

Bereits im 19. Jahrhundert galt der Kanaren-Austernfischer als selten, bis er dann Anfang oder Mitte des 20. Jahrhunderts endgültig verschwand. Die Tatsache, dass der Kanarische Austernfischer eine Standvogelart war, machte ihn anfällig für Bejagung, Eierdiebe, Störungen im Lebensraum sowie eingeschleppte, gebietsfremde Säugetierarten, so der britische Ornithologe Julian P. Hume in Extinct Birds (2017).

Wüstenbildung auf Fuerteventura & Kanaren-Austernfischer
Die Wüstenbildung (Desertifikation) auf Fuerteventura und anderen Kanarischen Inseln führte zum Verlust des Lebensraums des Kanarischen Austernfischers und zu vermehrter Nahrungskonkurrenz mit dem Menschen. (© User: Hombre at wikivoyage shared, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons)

Auch Hockey (1982) hält es für möglich, dass eingeführte Prädatoren wie Ratten und Katzen zum Aussterben der Kanarischen Austernfischer geführt haben könnten. So seien wilde Katzen und andere landlebende Säugetiere auch dafür bekannt, den Afrikanischen Schwarzen Austernfischer zu jagen.

Weiterhin gibt es Hinweise darauf, dass die Eier des Kanaren-Austernfischers besonders gut geschmeckt hätten, weshalb sie vermehrt gesammelt worden sein könnten. Außerdem ist es wahrscheinlich, dass Austernfischer zusammen mit Zugvögeln, in den Wintermonaten geschossen wurden.

In The influence of coastal utilisation by man on the presumed extinction of the Canarian black Oystercatcher (1987) macht sich Hockey weitere Gedanken über die Faktoren, die zum Verschwinden der Kanaren-Austernfischer geführt haben. So habe es (und heute auch noch) aufgrund des Klimawandels eine fortschreitende Wüstenbildung auf den Kanarischen Inseln gegeben, die durch veränderte Landnutzungspraktiken zusätzlich beschleunigt wurde. Solch eine Wüstenbildung führte dazu, dass die Fruchtbarkeit der Böden nachlässt, Vegetation verschwindet und es zur Bodenerosion kommt. Eine Folge dessen wiederum war, so Hockey, dass die Inselbewohner vermehrt von marinen Ressourcen als Nahrung abhängig sind: Die Übererntung von Wirbellosen (etwa Schnecken, Muscheln oder Krebse) in der Strandzone durch den Menschen können dem Kanaren-Austernfischer so die Lebensgrundlage genommen haben.

Bei einer Untersuchung von Muschelhaufen entdeckte Hockey, dass die Größen der Muscheln, von denen der Kanaren-Austernfischer lebte, allmählich abnahmen, da auch die Menschen im großen Stil auf die Vorräte des Vogels zurückgriffen. Es scheint so, dass die Population der Kanarischen Austernfischer zunächst durch den Verlust von Lebensräumen eingegrenzt wurde, doch das Aussterben wurde wahrscheinlich durch zunehmende Störungen und Konkurrenz mit dem Menschen um Nahrung ausgelöst.

Kanarischer Austernfischer: Verhalten und Lebensweise

Austernfischer sind grundsätzlich ganz schwarze oder schwarz-weiße Küstenvögel mit langen roten oder orangefarbenen Schnäbeln. Evolutionsbiologisch gehen Wissenschaftler davon aus, dass es sich bei den schwarz-weißen Austernfischern um die ältere Variante handelt und dass sich die rein schwarzen Vögel zweimal unabhängig voneinander aus diesen entwickelt haben: einmal in der Neuen Welt und einmal in der Alten Welt.

Austernfischer sind auf der ganzen Welt verbreitet mit Ausnahme des Nord- und Südpols sowie einiger tropischer Regionen in Afrika und Asien. Aufgrund von Lebensraumzerstörung kam es in einigen Populationen zu sinkenden Bestandszahlen, doch nur eine von rund zehn Arten ist gemäß IUCN zurzeit stark gefährdet, der Chatham-Austernfischer (H. chathamensis). Und auch nur eine Austernfischer-Art, der Kanarische Austernfischer, gilt als ausgestorben.

Chatham Island Oystercatcher
Das Bild zeigt den stark gefährdeten Chatham-Austernfischer. 1973 gab es nur noch 50 Exemplare, 2019 wurden 228 adulte Vögel gezählt. Als Hauptgefahr für den Chatham-Austernfischer gelten eingeschleppte Beutegreifer, Kühe, Schafe und verwilderte Katzen. (© Jeff Flavell | Department of Conservation (NZ), CC BY 4.0, via Wikimedia Commons)

Es gibt sehr wenige Informationen zur Biologie des Kanaren-Austernfischers, da nur wenige Ornithologen diesen Vogel je gesehen haben. Aus den Bemerkungen über die Vögel der canarischen Inseln im Journal für Ornithologie (1855) wissen wir vom deutschen Sammler und Naturforscher Carl A. Bolle, dass die Kanaren-Austernfischer nur zögerlich flogen und es bevorzugten, zu laufen, selbst wenn sie unter Druck standen. Meade-Waldo (1893) beschrieb den Vogel als selten, immer paarweise unterwegs und sehr zahm – die Zahmheit und die Flugunlust sind sicherlich auch zwei Gründe, die die Populationszahlen haben sinken lassen.

Wahrscheinlich lebte der Kanarische Austernfischer in felsigen Küstengebieten. Bannerman (1913) weist darauf hin, dass der Vogel Sandstrände meidet, möglicherweise aber auch nur, weil er durch die Anwesenheit von Menschen von dort verdrängt wurde. Auch seine Ernährungsgewohnheiten deuten darauf hin, dass er immer seltener in der Strandzone anzutreffen war: Der Kanaren-Austernfischer ernährte sich von kleinen Weichtieren und Krebstieren, aber eher nicht von Austern, wie sein Name suggeriert, so Hockey 1996 im Handbook of the Birds of the World Vol. 3. Beliebte Beutetiere waren Napfschnecken (Patellidae) und afrikanische Miesmuscheln.

Vom Kanaren-Austernfischer existieren heute lediglich vier Exemplare, drei gesammelt von Meade-Waldo im National History Museum in London und eines von Bannerman im World Museum Liverpool. Das Typusexemplar ist ein Weibchen, das am 7. April 1888 oder 1889 in Jandía, Fuerteventura, erschossen wurde. Ein Jahr später, etwa zur gleichen Zeit wurde auf La Graciosa ein Paar erlegt. Von dort stammt auch das letzte bekannte Exemplar – das Männchen, das Bannerman am 3. Juni 1913 erlegt hatte und das sich nun in Liverpool befindet. Nicht bekannt ist, was aus einem im April 1852 gesammelten Exemplar wurde, das anscheinend ebenfalls in der Nähe von Jandía von Bolle erlegt wurde.

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