Chinesischer Flussdelfin: Unbestätigte Sichtungen
Seit den 1980er-Jahren schon gehörte der Baiji, auch als Chinesischer Flussdelfin bezeichnet, zu den seltensten Säugetieren der Welt. Bei Zählungen wurden 1986 noch 300 Tiere festgestellt, 1990 noch 200, im Jahr 1997 zählte man 23 Baijis und 1998 schließlich nur noch sieben.
Intensive Suchen nach dem Flussdelfin in den Jahren 2006 und 2007 zeigten keinen Erfolg. Allerdings gibt es hin und wieder Meldungen wie etwa im Shanghai Daily 2007, dass ein Baiji gesehen oder gar gefilmt wurde. Die Aufnahmen hätten aber eine solch schlechte Qualität, dass man nicht sagen könne, ob es sich um einen Baiji handele, so August Pfluger, Präsident der Baijii.org Foundation.
Trotz aller vermeintlichen Sichtungen, konnte bisher niemand einen Beweis für die Existenz des Chinesischen Flussdelfins erbringen. Und selbst, wenn ein oder zwei Tiere überlebt hätten, würde dies nicht ausreichen, um den Erhalt der Art zu sichern. Die Weltnaturschutzorganisation IUCN listet den Jangtse-Delfin bisher noch als ‚vom Aussterben bedroht‘.
Mit dem Chinesischen Flussdelfin ist die erste Walart ausgestorben, seit Menschen auf der Erde leben. Der Baiji ist der einzige Vertreter der Gattung Lipotes. Er gehört zur Ordnung der Wale (Cetacea). Die erste eigentliche Beschreibung des Chinesischen Flussdelfins stammt noch aus der Han-Dynastie. Der Zoologe Gerrit Smith Miller beschrieb den Baiji dann erstmals 1918 wissenschaftlich.
Über die Lebensweise dieser Tiere ist nur wenig bekannt, denn aufgrund ihrer Seltenheit konnten Wissenschaftler sie kaum beobachten. In Gefangenschaft wurden lediglich zwei Tiere gehalten.
Chinesischer Flussdelfin – Steckbrief
alternative Bezeichnungen | Jangtse-Delfin, Baiji |
wissenschaftlicher Name | Lipotes vexillifer |
englische Namen | Baiji, Chinese River Dolphin, Yangtze River Dolphin, Whitefin Dolphin, Yangtze Dolphin |
ursprüngliches Verbreitungsgebiet | mittlerer und unterer Jangtsekiang (China) |
Zeitpunkt des Aussterbens | etwa 2002 |
Ursachen für das Aussterben | Umweltverschmutzung (Chemikalien, Lärm), Kollisionen mit Motorbooten, Bejagung, Futtermangel durch Überfischung, Blockade der Delfin-Wanderrouten durch Staudämme |
Chinesische Industrialisierung Schuld am Aussterben des Jangtse-Delfins
Eine 2007 durchgeführte Untersuchung des Wassers aus dem Jangtsekiang ergab überraschenderweise, dass der Fluss trotz der Einleitung von Schadstoffen eine bessere Wasserqualität habe, als zuvor angenommen. Die Wissenschaftler erklären dies durch die Verdünnung, da der Jangtse eine Vielzahl an Zubringerflüssen hat, so berichtete Die Welt im November 2007.
Doch bereits fünf Jahre später schreibt das Fachmagazin Science über die zunehmende Verschmutzung des Jangtse aufgrund der Industrialisierung. Dadurch gelten heute viele im Fluss endemische Arten als vom Aussterben bedroht. Dazu gehören beispielsweise der Jangtse-Stör (Acipenser dabryanus), der China-Alligator (Alligator sinensis) oder die Jangtse-Riesenweichschildkröte (Rafetus swinhoei), von der 2016 weltweit vermutlich nur noch drei Tiere existierten. Der Schwertstör, der ebenfalls im Jangtse endemisch war, gilt als zwischen 2005 und 2010 ausgestorben.
Kult-Autor Douglas Adams und Zoologe Mark Carwardine haben dem Baiji in ihrem Buch Die Letzten ihrer Art: Eine Reise zu den aussterbenden Tieren unserer Erde aus dem Jahr 1990 noch ein eigenes Kapitel gewidmet. Die beiden sind dem Chinesischen Flussdelfin noch begegnet.
Die Umweltverschmutzung durch Chemikalien und Lärm sorgte für den Rückgang der Delfin-Population. Zahlreiche Schiffe und Motorboote auf dem Jangtsekiang bewirkten, dass dem fast blinden Baiji die akustische Ortung nicht mehr möglich war. Aufgrund dessen kam es etwa zu Kollisionen mit Motorbooten. Auch beim Beutefang sind Chinesische Flussdelfine wegen ihrer verkümmerten Augen auf die Echoortung angewiesen.
Baiji: Einst auch wegen des Fleisches und Öls bejagt
Zur Zeit der Frühindustrialisierung wurden die Delfine auch wegen ihres Öls und Fleisches gejagt. Außerdem stellte man aus den Tieren Leder her. Weiterhin bedienten sich viele lokale Fischer Fischereimethoden, die dem Baiji schadeten. Dazu gehörten zum Beispiel die Fischerei mit Dynamit und Strom, sich aufrollenden Haken oder Stellnetzen. Oft wurde der Chinesische Flussdelfin so zum Beifang, wenn auch unabsichtlich.
Weitere Ursachen für das Aussterben des Jangtse-Delfins waren der Futtermangel aufgrund von Überfischung (Baijis ernährten sich ausschließlich von Fischen) sowie das Blockieren der natürlichen Wanderrouten der Delfine durch den Bau von Staudämmen im Jangtse.
Schon 1979 erkannte China den Chinesischen Flussdelfin als bedrohte Art an und die destruktiven Fischereimethoden wurden verboten. im Jahr 1983 wurde sogar ein Jagdverbot erlassen. Allerdings änderte dies und das Einrichten von Schutzzonen nicht mehr viel an der Situation des Jangtse-Delfins. Das letzte Foto eines lebenden Baijis wurde 2002 geschossen.
Baiji-Sichtungen 2013 und 2016: Grund zur Hoffnung?
Die Zeitung Shanghai Daily berichtete 2013, dass einem Mann aus einem Kilometer Entfernung Baiji-Aufnahmen im Tongling-Naturreservat, einem Reservat für Süßwasserdelfine, gelungen seien. Wissenschaftler hätten das Tier auf den Aufnahmen als Chinesischen Flussdelfin identifiziert, so Focus Online.
Drei Jahre später, 2016, meldeten chinesische Amateur-Naturschützer, einen Chinesischen Flussdelfin in der Nähe der Stadt Wuhu gesehen zu haben. The Guardian berichtete darüber. Zoologen gehen bisweilen davon aus, dass es sich um eine Verwechslung mit Jangtse-Glattschweinswalen (Neophocaena asiaeorientalis asiaeorientalis) handelt, die ebenfalls im mittleren und unteren Jangtse-Fluss leben und sehr selten sind.
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