atlasbaer
So mag der Atlasbär ausgesehen haben. Nicolas Maréchal, Public domain, via Wikimedia Commons)

Atlasbär

Atlasbär war Teil von Tierhetzen im Römischen Reich

Der Atlasbär soll im nordafrikanischen Atlasgebirge und in den angrenzenden Regionen Libyens, Algeriens und Marokko gelebt haben. Von ihm existieren keine Fotos, keine wissenschaftlichen Abbildungen, keine Exemplare in Museen und keine vollständigen Skelette. Was vom Atlasbären blieb, sind subfossile Knochen aus Höhlen, alte Reiseberichte und antike Quellen.

Die antiken Quellen zeugen vor allem davon, dass der Atlasbär von Tierfängern gefangen und an die Römer verkauft wurde, die ihn beispielsweise für Tierhetzen (venationes) zur Belustigung des Publikums töten ließen, ihn als Sport jagten oder einsetzten, um Verurteilte zu töten. Neben Gladiatorenkämpfen gehörten Tierhetzen zu den großen Unterhaltungsattraktionen des Römischen Reiches bis ins 6. Jahrhundert.

Bei diesen sogenannten venationes traten wilde Tiere etwa aus Afrika, Indien und dem Nahen Osten gegeneinander an. Die Tierhetzen wurden mit der Zeit immer größer und kostspieliger, sodass der Verschleiß an wilden Tieren stieg und zu deren Aussterben beitrug.

Tierhetzen und Gladiatorenkämpfe waren sicherlich nicht nur beim Atlasbären, sondern auch beim Berberlöwen, Auerochsen, Kaspischen Tiger (Panthera tigris virgata) und beim Afrikanischen Leopard (Panthera pardus pardus) Mitschuld am Verschwinden der Art.

Atlasbär – Steckbrief
alternative BezeichnungenBerberbär, Nandibär
wissenschaftliche NamenUrsus arctos crowtheri, Ursus crowtheri
englische NamenAtlas Bear, African Bear, North African Brown Bear, Atlas Brown Bear
ursprüngliches VerbreitungsgebietNordafrika (Algerien, Marokko, Libyen)
Zeitpunkt des Aussterbensum 1869
Ursachen für das AussterbenÜberjagung

Atlasbär: Unterart des Braunbären oder eigene Art?

atlasbär / Kampf mit Bären
Darstellung eines Kämpfers oder eines Jägers mit einem Bären aus dem Römischen Reich. (© BS Thurner Hof)

Beim Atlasbären handelt es sich um die einzige Bärenart, die in historischer Zeit noch sicher in Afrika gelebt hat, denn  Wissenschaftler fanden Knochen dieser Bärenart in Höhlen.

Erst Ende des 19. Jahrhunderts entdeckten Wissenschaftler fossile und subfossile Überreste des Atlasbären. Die meisten Experten halten den Atlasbären aufgrund der Knochenfunde für eine ausgestorbene Unterart des heute noch existierenden Braunbären (Ursus arctos); einige gehen aber davon aus, dass der Atlasbär eine eigene Art darstellt.

Woher der Atlasbär letztendlich stammt, ist ungewiss. Eine Studie von Sebastien Calvignac und Kollegen aus dem Jahr 2008 konnte keine genetische Gemeinsamkeit mit Braunbären feststellen. Allerdings konnten die Wissenschaftler eine schwache Verbindung zu Eisbären finden. Höhlenmalereien aus Andalusien, Spanien zeigen Eisbären, was darauf hindeutet, dass diese Tiere einst dort anzutreffen waren. Von Andalusien aus könnten die Bären zum Atlasgebirge geschwommen sein.

Wann genau, der Atlasbär ausgestorben ist, ist nicht klar. Vermutlich wurde das letzte Weibchen 1869 oder 1870 in Marokko erschossen, doch gibt es auch unbestätigte Sichtungen des Naturforschers Jules René Bourguignat, nach denen es im Osten von Algerien 1869 noch Bären gegeben haben soll. Experten sind sich einig, dass der Atlasbär im 19. Jahrhundert ausgerottet wurde.

Da der Atlasbär erst nach 1869 ausgestorben ist und die Tierart nur bis zum 6. Jahrhundert Teil römischer venationes war, kann man das Aussterben sicherlich nicht ausschließlich darauf zurückführen.

Vielmehr starb der Atlasbär kurz nach der Erfindung moderner Feuerwaffen aus. Mit diesen wurde es einfacher, große Tiere wie Bären zu erlegen. Weiterhin dürften Überjagung und das Fangen von Einzeltieren ohne Chance auf Vermehrung für Zoos mit dazu beigetragen haben, dass die Art ausgestorben ist.

Etwa so groß wie der Europäische Braunbär

atlasbär ursus arctos crowtheri
Ein römisches Mosaik, das wahrscheinlich den heute ausgestorbenen Atlasbären zeigt. Es gibt fast nur Quellen aus römischer Zeit über diese Bärenart aus Nordafrika. (© See page for author, Public domain, via Wikimedia Commons)

Der Schweizer Zoologe Heinrich Rudolf Schinz war der erste, der den Atlasbären wissenschaftlich beschrieb. Die recht knappe Erstbeschreibung befindet sich in seinem 1844 erschienenem Werk Systematisches Verzeichniss aller bis jetzt bekannten Säugethiere.

Schinz beschrieb den Atlasbären mit braun-schwarzem Fell und einer schwarzen Schnauze. Schnauze und Klauen sollen kleiner als vom Amerikanischen Schwarzbären (Ursus americanus) gewesen sein, während sein Körperbau gedrungener und kräftiger war.

Knochenfunde weisen darauf hin, dass der Atlasbär vermutlich in etwa so groß wie der in Europa lebende Braunbär (Ursus arctos arctos) war. Europäische Braunbären erreichen aufgerichtet eine Höhe von 1,70 bis 2,20 Metern und ein Gewicht zwischen 100 und 350 Kilogramm, wobei die Männchen stets deutlich schwerer als die Weibchen sind. Für den Atlasbären nehmen Experten ein Gewicht von 200 bis 450 Kilogramm und eine Körperlänge von rund 275 Zentimetern an.

Der Atlasbär gilt im Gegensatz zum ebenfalls ausgestorbenen Mexikanischen Grizzlybären oder zum Ungava-Labrador-Grizzly (U. a. ungavaesis) als anerkannte Unterart des Braunbären (Ursus arctos). Beim Mexikanischen und Ungava-Labrador-Grizzly handelte es sich vielmehr um Populationen des Grizzlybären auf dem nordamerikanischen Kontinent (U. a. horribilis).

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