Amsterdamente war kaum größer als eine Drossel
Sowohl die Amsterdam-Insel als auch Saint Paul liegen mehr als 3.000 Kilometer entfernt von Kontinenten. Dennoch oder gerade deshalb wurden die beiden Inseln häufig von frühen Seefahrern und ihren mitreisenden Tieren angesteuert, sodass sämtliche endemische Vögel dort bereits ausgerottet waren, bevor sie wissenschaftlich beschrieben werden konnten. So auch die kleine, flugunfähige Amsterdamente, die erst 1996 anhand von Knochenfunden durch die Ornithologen Storrs Lovejoy Olson und Pierre Jouventin beschrieben wurde.
Schriftlich erwähnt wurde die Amsterdamente schon viel früher: William de Vlaming notierte 1696 nämlich, dass er glaubte, „zwei vierfüßige Tiere, die an einen Wiesel oder Fuchs erinnern“ im Schilf der Amsterdam-Insel gesehen zu haben. Die Zoologen W. R. P. Bourne, A. C. F. David und C. Jouanin interpretieren die Sichtung de Vlamings in einem 1983 erschienenen Artikel als Amsterdamente. Sie sind sich sicher, dass es sich um kein Säugetier gehandelt haben kann, da Säuger erst später durch Seefahrer und Walfänger auf das Eiland gelangt seien. Der britische Ornithologe Julian P. Hume schließt indes in Extinct Birds (2017) nicht aus, dass de Vlaming auch Ratten gesehen haben könnte.
Eine weitere schriftliche Erwähnung stammt vom britischen Geschichtsschreiber John Barrow; er berichtet 1793 von einer „kleinen, braunen Ente“ auf der Insel Saint Paul, die kaum größer als eine Drossel gewesen sei. Zum Vergleich: Die auch in Europa heimische Singdrossel (Turdus philomelos) erreicht eine Körperlänge von 20 bis 22 Zentimetern.
Die Amsterdamente unterschied sich in ihrer Größe und ihren reduzierten Flügeln von allen anderen bekannten Entenarten. Die einzige ihr ähnliche Entenspezies ist die größere, flugunfähige Aucklandente (Anas aucklandica), eine Schwimmente (Anatini) von den subantarktischen Aucklandinseln. Der Schnabel der Amsterdamente war sehr kurz und an der Spitze rund, sodass sie am ehesten zur Gattung Mareca zählt, zu der auch die Pfeifente (M. penelope) gehört.
Die ersten Knochen der Amsterdamente wurden schon 1955 bzw. 1956 gefunden, die die Wissenschaftler als ähnlich der Knochen der europäischen Knäkente (Anas querquedula) beschrieben. Im Jahre 1987 wurden dann weitere Knochen von mindestens 30 Individuen gefunden. Diese wiesen auf eine kleine Ente mit kurzem Schnabel hin. Die kräftigen Beine, reduzierten Brustbeine und Flügel deuteten auf Flugunfähigkeit hin.
An den Knochen konnte weiterhin abgelesen werden, dass die Amsterdamente wenig Salzwasser trank, weshalb der Vogel vermutlich nicht an der Küste lebte. Die Knochen wurden 500 Meter über dem Meeresspiegel geborgen.
Amsterdamente – Steckbrief
alternative Bezeichnung | Amsterdam-Ente |
wissenschaftliche Namen | Mareca marecula, Anas marecula |
englische Namen | Amsterdam Island duck, Amsterdam duck, Amsterdam wigeon |
ursprüngliches Verbreitungsgebiet | Amsterdam-Insel, vermutlich auch Saint-Paul-Insel (Indischer Ozean) |
Zeitpunkt des Aussterbens | Ende des 18. Jahrhunderts |
Ursachen für das Aussterben | Überjagung, auf Inseln eingeschleppte Tiere |
Amsterdamente: Heimatinsel bislang ungeklärt
Ungeklärt ist bisher, ob die ausgestorbene Amsterdamente nur auf der Amsterdam-Insel endemisch war oder auch auf der Saint-Paul-Insel vorkam. Da sämtliche Knochen der Amsterdamente auf der Amsterdam-Insel im südlichen Indischen Ozean gefunden wurden, gehen Wissenschaftler heute davon aus, dass diese Entenart dort heimisch war.
Der Bericht von Barrow stammt allerdings von der Nachbarinsel Saint Paul, weshalb nicht sicher ist, ob es sich bei der von Barrow beschriebenen Ente nur um eine ähnliche Entenart handelt oder ob die Amsterdamente doch beide Inseln besiedelte.
Der Abstand zwischen beiden Inseln beträgt lediglich 80 Kilometer. Olson und Jouventin sind der Meinung, dass Vögel, die auf der einen Insel gelebt haben, auch durchaus auf der anderen gelebt haben könnten.
Knochen erst wenige hundert Jahre alt
Die Weltnaturschutzorganisation IUCN datiert das Aussterben der Amsterdamente auf das Ende des 18. Jahrhunderts. Zudem sind die von Olson und Jouventin beschriebenen Knochen der Ente nicht älter als ein paar hundert Jahre.
Barrow gibt in seinem Bericht einen möglichen Hinweis für das Aussterben der Amsterdamente. Er schrieb: Die Ente war die „bevorzugte Nahrungsquelle der fünf Seehundjäger, die auf der Insel lebten“.
Da die Knochen darauf hinweisen, dass die Schwimmente nicht fliegen konnte, dürfte sie auch eine leichte Beute für Jäger gewesen sein. Auf Inseln, in Abwesenheit menschlicher Zivilisation lebende Tiere sind meistens wenig scheu (Inselzahmheit).
Zwar sind die Amsterdam- und Saint-Paul-Insel heute wie damals weitestgehend unbewohnt, doch weisen Olson und Jouventin auf die strategisch günstige Position der Inseln zwischen Afrika und Australien hin. Daher dürften diese oft von Walfängern und Seglern besucht worden sein. Diese machten vermutlich nicht nur Jagd auf die Amsterdamente und eventuell andere dort endemische Vögel, sondern führten auch fremde Tierarten ein und Brandrodungen durch.
Unterstütze diesen Blog! Wenn dir dieser Beitrag gefallen hat, ziehe bitte eine kleine Spende in Betracht. Jeder Beitrag, egal wie klein, macht einen Unterschied. Deine Spende ermöglicht es mir, den Blog werbefrei zu halten und auf Bezahlschranken zu verzichten, damit alle Leser freien Zugang zu den Inhalten haben. Du kannst ganz einfach über den Spendenbutton spenden oder mir ein Buch aus meiner Amazon Wunschliste schenken. Jeder Betrag zählt und wird sehr geschätzt! Vielen Dank für deine Unterstützung!