Phelsuma gigas Rodrigues-Riesengecko Modell
Ein maßstabsgerechtes Modell vom Rodrigues-Riesengecko im Naturkundemuseum der Île aux Aigrettes (Mauritius). Abu Shawka, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons)

Rodrigues-Riesengecko

Rodrigues-Riesengecko: 1842 beschrieben, 1691 entdeckt

„Hier gibt es noch eine andere Art nachtaktiver Eidechsen, mit grauer Färbung, und [sehr] hässlich; sie sind so groß und lang wie der Arm eines Menschen, ihr Fleisch schmeckt nicht schlecht, sie lieben es, auf Latanpalmen zu verweilen.“ So beschrieb der französische Naturforscher und Entdecker François Leguat den Rodrigues-Riesengecko in seinen naturkundlichen Beobachtungen aus den Jahren 1691 bis 1693 auf den Maskarenen-Inseln in seinem 1707 veröffentlichten Reisetagebuch.

Neben dem Rodrigues-Riesengecko erwähnte Leguat in seiner Reisebeschreibung noch einige andere, bis dato unbekannte und heute ausgestorbene Tierarten: So etwa den Rodrigues-Solitär, den Rodrigues-Sittich (Psittacula exsul), den Rodrigues-Nachtreiher und den Rodrigues-Taggecko (Phelsuma edwardnewtoni). Obwohl Leguat der eigentliche Entdecker des Rodrigues-Riesengeckos war, stammt die erste anerkannte wissenschaftliche Erstbeschreibung vom französisch-mauritischen Naturforscher und Seefahrer François Liénard de la Mivoye aus dem Jahr 1842.

Liénard beschrieb den Rodrigues-Riesengecko anhand von fünf lebenden Individuen, die man ihm 1841 nach Mauritius geschickt hatte. Sie stammten von der kleinen vorgelagerten Felseninsel Frégate, 400 Meter südwestlich von Rodrigues.

Es heißt, der Rodrigues-Riesengecko fraß sowohl Früchte als auch Insekten und dass er vor allem Vogeleier erbeutete. Auch Küken sollen auf seinen Speiseplan gestanden haben. Das einzige, was die Rodrigues-Riesengeckos in Liénards Obhut jedoch zu sich nahmen war gesüßtes Wasser, das er ihnen mittels Löffel verabreichte. Der letzte der fünf Geckos starb nach nur zwei Monaten in Gefangenschaft.

Aufgrund von Liénards Erfahrungen gehen Biologen davon aus, dass der Rodrigues-Riesengecko sich auch von süßen Früchten, Pollen und Nektar ernährt. Zudem war die pinkfarbene Zunge der Echse gut geeignet für derartige Nahrung.

Rodrigues-Riesengecko – Steckbrief
alternative BezeichnungenRodriguez-Riesengecko, Rodrigues-Riesentaggecko, Rodriguez-Riesentaggecko, Rodrigues-Nachtgecko, Rodriguez-Nachtgecko
wissenschaftliche Namen Phelsuma gigas, Gecko gigas, Gecko newtoni, Gekko newtoni
englische NamenRodrigues Giant Day Gecko, Rodrigues‘ Day Gecko, Liénard’s Giant Gecko, Rodriguez Night Gecko, Rodrigues Night Gecko
ursprüngliches VerbreitungsgebietRodrigues, Ile Frégate (Indischer Ozean)
Zeitpunkt des Aussterbensfrühestens 1841
Ursachen für das Aussterbenauf Inseln eingeschleppte Tiere, Bejagung, Lebensraumverlust, Brände

Rodrigues-Riesengecko: Ein nachtaktiver Taggecko?

Phelsuma guentheri (Günthers Taggecko)
Der heute nur noch auf Round Island bei Mauritius vorkommende Guenthers Taggecko (Phelsuma guentheri) soll dem Rodrigues-Riesengecko im Verhalten sehr ähnlich gewesen sein. Auch er legt ein nachtaktives Verhalten an den Tag. (© Jjargoud (based on copyright claims)., Public domain, via Wikimedia Commons)

Schon Leguat beschrieb den Rodrigues-Riesengecko als nachtaktiv. Auch die tagsüber schmalen, vertikalen und elliptischen Pupillen, wie sie für nachtaktive Geckos typisch sind, weisen auf Nachtaktivität hin. Dennoch gehört der blaugraue bis braungraue, im Gegensatz zu anderen Geckos wenig farbenfrohe Rodrigues-Riesengecko zur Gattung der Taggeckos (Phelsuma).

Taggeckos sind, wie der Name vermuten lässt, anders als die meisten anderen Gecko-Gattungen, tagaktiv. Ausnahmen bilden Guenthers Taggecko (Phelsuma guentheri) – und der Rodrigues-Riesengecko. Beide Arten ähneln sich vom Verhalten her und gelten als nachtaktiv. Der Rodrigues-Riesengecko hielt sich am Tage auf Latanpalmen oder in Felsspalten auf und ging, wenn es dunkel wurde, auf Nahrungssuche.

Der deutsche Zoologe Albert Günther ordnete den Rodrigues-Riesengecko in die Gattung der nachtaktiven Geckos (Gekko) ein und verlieh ihm den Namen Gekko newtoni. Dies geht aus seinem Artikel The Extinct Reptiles of Rodrigues (1879) hervor, in dem er die Knochen des Rodrigues-Riesengecko mit denen des nachtaktiven Tokeh (Gekko gekko) vergleicht.

Der belgisch-britische Zoologe George Albert Boulenger zweifelte bereits 1885 die Richtigkeit der Einordnung der Riesenechse in die Gattung Gekko aufgrund von Skelettmerkmalen an. David Day löst das Ganze pragmatisch und bezeichnet die Taggecko-Art 1981 im Doomsday Book of Animals als Rodriguez Night Gecko (Rodriguez-Nachtgecko).

Heute wird der Rodrigues-Riesengecko trotz seiner Dämmerungs- und Nachaktivität in die Gattung der Taggeckos eingeordnet, weil Wissenschaftler ihn für sekundär nachtaktiv halten. Er hat sich wahrscheinlich aus tagaktiven Gecko-Vorfahren entwickelt. Der Rodrigues-Riesengecko besitzt nämlich die für Taggeckos typischen reduzierten inneren Zehen.

Ratten und Katzen rotteten Riesenechse aus

Henry H. Slater: Rodrigues: Off Isle aux Frégates, 1875
Der Maler des Bildes, Henry H. Slater, war ein britischer Naturforscher, der 1874 auf eine Schiffsexpedition zur Beobachtung des Venustransits (Vorbeiziehen des Planeten Venus an der Sonne) nach Rodrigues fuhr. Slater sammelte unter anderem fossile Knochen ausgestorbener Tiere (auch vom Rodrigues-Riesengecko) auf der Insel. Das Bild zeigt Slater und einen Fischer sowie die Insel Frégate. (© Henry H. Slater (1851–1934), Public domain, via Wikimedia Commons)

Bekannt war der Rodrigues-Riesengecko ausschließlich von der knapp 110 Quadratkilometer großen Insel Rodrigues und von der ihr vorgelagerten, gerade einmal 0,12 Quadratkilometer kleinen Ile Frégate.

Frühe Besucher von Rodrigues schleppten Ratten mit auf die Insel ein, doch schien der Rodrigues-Riesengecko noch einige Zeit überlebt zu haben. Sein Verschwinden fällt mit der Ankunft von Katzen zwischen 1732 und 1755 auf Rodrigues zusammen, so Anthony S. Cheke und Julian P. Hume 2008 in Lost Land of the Dodo. Aus zeitgenössischen Aufzeichnungen geht hervor, dass der Riesengecko 1725 und 1726 noch sehr häufig auf Rodrigues anzutreffen war. Doch bereits 1761 galt er als extrem selten, möglicherweise auf der Hauptinsel sogar schon ausgestorben.

Auf Frégate haben wohl alleine dort eingeschleppte Wanderratten (Rattus norvegicus) zum Verschwinden der letzten Rodrigues-Riesengeckos geführt. Vermutlich hat Liénard Rodrigues-Riesengeckos 1841 als letzter lebend gesehen. Jedenfalls fand man 1874 nur noch Knochenreste der Echsen auf Frégate.

Laut IUCN kommt auch Feuer als eine mögliche Ursache für das Aussterben des Riesengeckos in Betracht. Leguat erwähnt in seinem Reisebericht von 1707 zudem, dass das Fleisch der Rodrigues-Riesengeckos nicht schlecht schmecke. Dies ist als Hinweis darauf zu werten, dass die Gecko-Art zumindest von frühen Kolonisten bejagt und verspeist wurde.

Auch Lebensraumzerstörung dürfte zum Verschwinden des baumbewohnenden Rodrigues-Riesengeckos geführt haben. Er bewohnte nämlich vor allem tropische Wälder und diese wurden durch Menschen größtenteils abgeholzt.

Verwechslungsgefahr!

Phelsuma Gigas Rodrigues-Riesengecko subfossile Knochen
Subfossile Knochen vom Rodrigues-Riesengecko, 1879. (© Gunther, A, Public domain, via Wikimedia Commons)

Über die Jahre entstanden unterschiedliche Beschreibungen und wissenschaftliche Bezeichnungen für den Rodrigues-Riesengecko, die heute als Synonyme geführt werden. Einer der Artnamen, die der Rodrigues-Riesengecko erhielt, war newtoni. Boulenger beschrieb den Anfang des 20. Jahrhunderts ausgestorbenen Rodrigues-Taggecko 1884 mit demselben Artepitheton als Phelsuma newtoni. Damit keine Verwechslungen aufkommen, wurde schließlich der Artname des Rodrigues-Taggecko in edwardnewtoni abgewandelt.

Benannt wurde der Rodrigues-Riesengecko mit P. gigas nach dem Riesen Gigas, dem Kind von Uranus und Gaea, aus der griechischen Mythologie. Der Name Gigas wird üblicherweise an Arten vergeben, die in ihrer Gattung Riesen sind. So auch der Rodrigues-Riesengecko. Mit 44 Zentimetern Länge (einige Quellen besagen 54 Zentimeter) war er der größte jemals entdeckte Taggecko.

In der Literatur wird der Rodrigues-Riesengecko manchmal auch nur als Riesengecko bezeichnet, was aber verwirrend ist, denn der Begriff Riesengecko ist vielmehr ein Synonym für den ausgestorbenen Gigarcanum-Gecko beziehungsweise Kawekaweau. Dieser erreichte eine Körperlänge von mehr als 60 Zentimetern und gehört in die Gattung der Neuseeländischen Braungeckos (Hoplodactylus).

Ein Großteil der Beschreibungen des Rodrigues-Riesengeckos stammt aus dem 19. Jahrhundert; Präparate gibt es in Sammlungen heutzutage keine mehr – selbst das Typusexemplar ging verloren. Lediglich etwa hundert subfossile Knochen existieren noch, diese ergeben aber kein vollständiges Skelett.

Expeditionen und Suchaktionen auf Rodrigues und Frégate im 20. Jahrhundert und vor allem ab den 1960er-Jahren bis heute konnten keine Beweise dafür liefern, dass eine Population des Rodrigues-Riesengeckos überlebt haben könnte.

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