Ferreira-Stachelratte (verwandt mit der Puerto-Rico-Höhlenstachelratte)
So ähnlich könnte auch die Puerto-Rico-Höhlenstachelratte ausgesehen haben. Das Bild zeigt die in Südamerika heimische Ferreira-Stachelratte (Mesomys hispidus). R. Mintern, Public domain, via Wikimedia Commons)

Puerto-Rico-Höhlenstachelratte

Fast alle ursprünglichen Landsäugetiere Puerto Ricos sind ausgestorben

Es heißt, Puerto Rico ist die einzige Insel der Großen Antillen, die fast alle ihre einheimischen Landsäugetiere verloren hat – auch die Puerto-Rico-Höhlenstachelratte. Mit der Ankunft der Europäer vor rund 500 Jahren begann das Aussterben der endemischen Fauna. Die meisten Säugetiere, die man heute auf der Insel antrifft, gelangten – teils absichtlich, teils unabsichtlich – durch Siedler dorthin.

Wie für viele Inseln typisch, gab es auch auf Puerto Rico von Anfang an nur wenige Säugetierarten. Inzwischen handelt es sich bei den einzigen noch existierenden endemischen Landsäugern um 13 Fledermausarten.

Ausgestorben sind drei Fledermausarten und vier Nagetierarten: die Puerto-Rico-Höhlenstachelratte, die Puerto-Rico-Spitzmaus (Nesophontes edithae), die Puerto-Rico-Ferkelratte (Isolobodon portoricensis) und Puerto-Rico-Riesenhutias (Elasmodontomys obliquus). Die Corozal-Ratte (Puertoricomys corozalis) und zwei Arten von Zweifinger-Faultieren sind lange vor der Kolonisation ausgestorben.

Ein Großteil der Säugetiere wurde nach und nach auf die Insel eingeschleppt. Die allerersten Siedler führten Meerschweinchen und Hunde aus Zentral- und Südamerika ein, und das indigene Volk der Taínos brachte Baumratten von der Insel Hispaniola mit, die ihnen als Nahrungsquelle dienen sollten.

Nachdem Christoph Kolumbus Puerto Rico 1493 entdeckte, brachten die europäischen Siedler ihre domestizierten Tiere mit auf die Insel: Katzen, Ziegen, Schweine, Rinder, Pferde und Esel. Und ein paar andere, die als blinde Passagiere an Bord der Schiffe waren, wie die Hausratte (Rattus rattus), die Wanderratte (Rattus norvegicus) und verschiedene Mäusearten.

Hinzu kamen im 19. Jahrhundert noch Kleine Mungos (Herpestes javanicus), die die eingeführten Ratten wieder ausrotten sollten. Mit dem Resultat, dass die Ratten weiterhin am Zuckerrohr knabberten und die Kleinen Mungos einigen Schaden in der puerto-ricanischen Vogelwelt anrichteten. Mittlerweile leben sogar Rhesusaffen und Totenkopfaffen im Südwesten Puerto Ricos und gefährden den endemischen Vogelbestand.

Puerto-Rico-Höhlenstachelratte – Steckbrief
alternative Bezeichnungen Antillianische Höhlenratte, Insel-Höhlenratte,
lateinische Namen Heteropsomys insulans, Heteropsomys antillensis, Homopsomys antillensis
englische Namen Insular Cave Rat, Antillean Cave Rat
ursprüngliches Verbreitungsgebiet Puerto Rico, Vieques Island (Karibik)
Zeitpunkt des Aussterbens um 1500
Ursachen für das Aussterben Lebensraumverlust, auf Insel eingeschleppte Tiere

Puerto-Rico-Höhlenstachelratte starb mit Kolumbus‘ Ankunft in der Neuen Welt aus

Die Karibik mit Puerto Rico (rot). Puerto Rico ist auch Teil der Inselgruppe Große Antillen, die unter anderem zusammen mit den Kleinen Antillen und den Bahamas die Westindischen Inseln bilden. (© Nzeemin, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons)

Am 19. November 1493 erreichte Kolumbus mit 17 Schiffen die Insel Puerto Rico, die er zunächst San Juan Bautista taufte. Im August 1508 gründete ein Leutnant unter Kolumbus dort die erste Siedlung namens Caparra, die heutige Hauptstadt San Juan. Die Kolonisation nahm schnell Gestalt an, zahlreiche Siedlungen entstanden und die Siedler versklavten die Taíno als Arbeitskräfte.

Nicht nur das Volk der Taíno wurde zum Opfer der Kolonialisierung und galt kurze Zeit später als ausgestorben, sondern auch die einheimischen Tierarten litten unter den neuen Siedlern. Bejagung, Lebensraumverlust und invasive auf Puerto Rico eingeführte Tiere dezimierten die einheimische Fauna. Die IUCN hält eingeschleppte Ratten für den Hauptgrund des Verschwindens der Puerto-Rico-Höhlenstachelratte.

Mittels Radiokarbonmethode konnten der britische Zoologe Samuel T. Turvey und seine Kollegen 2007 in einer Studie zeigen, dass die Puerto-Rico-Höhlenstachelratte etwa bis ins frühe 16. Jahrhundert überlebte, als die Kolonisation der Westindischen Inseln begann.

Drei Gattungen aus der Familie der Stachelratten (Echimyidae), die auf den Westindischen Inseln lebten, starben in historischer Zeit aus: Boromys, Brotomys und Heteropsomys. Anhand fossiler und subfossiler Funde konnten mehrere ausgestorbene Stachelrattenarten beschrieben werden: die Große Kuba-Stachelratte (Boromys offella), die Torres Kuba-Stachelratte (Boromys torrei), die zur Gattung Brotomys gehörige Hispaniola-Stachelratte sowie die Puerto-Rico-Höhlenstachelratte. Die letzten Stachelratten verschwanden vermutlich Anfang des 19. Jahrhunderts von den Karibischen Inseln.

Puerto-Rico-Höhlenstachelratte: Über ihre Lebensweise lässt sich nur spekulieren

Der Nutria gehört zur Familie der Stachelratten
Eine mittlerweile hierzulande weit verbreitete Stachelratte ist der Nutria. Er stammt ursprünglich aus Südamerika und gelangte Ende des 19. Jahrhunderts als Tier für Pelzfarmen nach Mitteleuropa. (© Stefan Oemisch, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons)

Viel weiß man über die Puerto-Rico-Höhlenstachelratte nicht. Da Wissenschaftler nur über fossile Überreste der Art verfügen, können keine Aussagen über ihre äußerlichen Merkmale wie etwa die Felleigenschaften getroffen werden. Beschrieben wurde die Puerto-Rico-Höhlenstachelratte erst 1916, also lange nachdem sie bereits ausgestorben war.

Die Fundorte der Überbleibsel der puerto-ricanischen Höhlenstachelratte weisen darauf hin, dass die Art einst sowohl auf der Insel Puerto Rico als auch auf der dazugehörigen kleinen Insel Vieques lebte. Wahrscheinlich ernährte sich die Puerto-Rico-Höhlenstachelratte, wie andere Stachelratten auch, überwiegend pflanzlich von Früchten, Nüssen, Gras, Zuckerrohr, Blättern oder Bambussprossen.

Stachelratten bewohnen ganz unterschiedliche biologische Nischen. Es gibt reine Baumbewohner, aber auch welche, die nur auf dem Boden leben. Einige graben Erdbauten und verbringen ihre Zeit unter der Erde, andere wiederum nicht, die verstecken sich in Höhlen, hohlen Bäumen, Büschen, zwischen Felsen oder in Baumwurzeln. Eines haben aber haben fast alle Arten gemeinsam: Stachelratten sind dämmerungs- oder nachtaktiv, tagsüber verstecken sie sich. Möglicherweise bevorzugte die Stachelratte von Puerto Rico Höhlen; ihre englischen Trivialnamen deuten dies mit Cave Rat (Höhlenratte) zumindest an.

Stachelratten und Ratten sind nicht miteinander verwandt

Stachelratten sind Nagetiere (Rodentia) und ähneln optisch zwar den Ratten, sind aber mit diesen nicht näher verwandt. Der auch hierzulande vorkommende Nutria (Myocastor coypus), auch Biberratte genannt, gehört ebenfalls zur Familie der Stachelratten. Stachelratten sind eine Unterordnung der Stachelschweinverwandten (Hystricomorpha).

Namensgebendes Merkmal der Stachelratten sind die bei vielen Arten vorkommenden borstigen Rücken- und Seitenhaare, die wie Stacheln aussehen. Die Farbe des Fells variiert je nach Art von Rotbraun bis Braun, Grau oder Schwarz; einige Arten haben auch weiße Streifen am Kopf oder Körper.

Eine Eigenheit der Stachelratten ist ihr Schwanz, der abbricht, wenn daran gezogen wird oder sie angegriffen werden. Der abgebrochene Schwanz verwirrt die Angreifer meist einen Moment lang, sodass die Tiere Zeit für ihre Flucht gewinnen können. Anders als das bei Eidechsen der Fall ist, wächst der Schwanz von Stachelratten allerdings nicht wieder nach. Das erklärt auch, weshalb viele Stachelratten in freier Wildbahn gar keinen oder nur einen Stummelschwanz besitzen.

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