Ein Rindenpilz aus Ostasien zerstörte nicht nur die Amerikanische Kastanie
Die Amerikanische Sackmotte oder Kastanien-Sackträgermotte war zum Überleben auf die in Nordamerika heimische Amerikanische Kastanie (Castanea dentata) angewiesen. Nur diese Laubbaumart konnte ihren Raupen als Wirtspflanze dienen, was der hochspezialisierten Schmetterlingsart letztendlich zum Verhängnis wurde.

Die Amerikanische Kastanie zählte einst zu den bedeutendsten Bäumen im Osten Nordamerikas – bis 1904. Da wurde der Kastanienrindenkrebs (Chryphonectria parasitica), ein auf Kastanien parasitierender asiatischer Rindenpilz, versehentlich mit einigen Setzpflanzen der chinesischen Zierkastanie nach Amerika eingeschleppt.
Innerhalb weniger Jahrzehnte brachen die Bestände der für den Rindenpilz anfälligen Amerikanischen Kastanie zusammen. Und damit auch die der Amerikanischen Sackmotte, die ihre Wirtspflanzen verlor.
Die Verbreitung der Pilzkrankheit verlief besonders schnell, da die Sporen durch Wind, Regen, Insekten und Vögel weitergetragen werden. Bis 1950 vernichtete der Kastanienrindenkrebs die Amerikanische Kastanie fast vollständig, sodass sie heute kaum noch vorkommt.
Für die Flora und Fauna Nordamerikas spielte die Amerikanische Kastanie einst eine wichtige Rolle. Ihr Laub und ihre Früchte bildeten die Nahrungsgrundlage vieler Tierarten, wie etwa der 1914 ausgestorbenen Wandertaube.
Ein weiterer Grund, der zum Aussterben, der Kastanien-Sackträgermotte geführt haben könnte, ist, dass die Insekten von mindestens zwei Wespenarten parasitiert wurden. Die Wespen nutzten die Motte dabei als Wirtstier.
Amerikanische Sackmotte – Steckbrief
alternative Bezeichnung | Kastanien-Sackträgermotte |
lateinischer Name | Coleophora leucochrysella |
englische Namen | Chestnut Casebearer Moth, Chestnut Casebearer, Chestnut Case-bearer Moth, Chestnut Case-bearer, American Coleophorid Moth |
ursprüngliches Verbreitungsgebiet | Indiana, Pennsylvania, Virginia (USA) |
Zeitpunkt des Aussterbens | zwischen 1904 und 1950 |
Ursachen für das Aussterben | aus Asien eingeschleppter Kastanienrindenpilz |
Amerikanische Sackmotte: Mit großer Sicherheit ausgestorben

Der amerikanische Entomologe James Brackenridge Clemens, der sich auf Schmetterlinge (Lepidoptera) spezialisiert hatte, beschrieb die Amerikanische Sackmotte 1863 wissenschaftlich. Coleophora leucochrysella gehört zur Familie der Sackträgermotten oder Miniersackträger (Coleophoridae).
Die Raupen der Amerikanischen Sackmotte, deren Flügelspannweite rund 1,5 Zentimeter betrug, lebten in den Blättern der Amerikanischen Kastanie und ernährten sich von diesen. Ältere Raupen nutzten Pflanzenteile des Baumes, um sich um ihren Körper herum zum Schutz einen etwa ein Zentimeter langen Sack zu spinnen.
Die Amerikanische Sackmotte war einst in den Bundesstaaten Virginia, Pennsylvania und Indiana beheimatet, die allesamt im Osten der USA liegen. Da die Mottenart nur von dort bekannt ist, heute nur noch sehr wenige Amerikanische Kastanien existieren und auch keine Larven der Mottenart gefunden wurden, ist anzunehmen, dass die Amerikanische Sackmotte ausgestorben ist. Auch die IUCN listet die Insekten als ausgestorben.