Wiederentdeckung: Schwarzschwanz-Zistensänger
Ein Schwarzschwanz-Zistensänger: Diese seltene und schwer zu beobachtende Art wurde 2024 im Nordosten Angolas wiederentdeckt, nachdem sie 14 Jahre lang als verschollen galt. Maans Booysen, Birding Weto, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons)

Wiederentdeckung in Angola: Ein verschollener Vogel kehrt erneut zurück

Sucht man nach einer über Jahre verschollenen Tierart, kann es helfen, an den letzten bekannten Fundort zurückzukehren. Wie eine aktuelle Meldung des Search for Lost Birds-Projekts zeigt, verfolgte der Ornithologe Michael Mills genau diesen Ansatz, als er im Februar 2024 den Schwarzschwanz-Zistensänger (Cisticola melanurus) im Nordosten Angolas erneut nachweisen konnte. Zuvor galt die Art 14 Jahre lang als verschollen. Die letzte dokumentierte Beobachtung stammt aus dem Jahr 2010 – ebenfalls von Mills, der den Vogel am exakt gleichen Ort fotografierte.

Ein unscheinbarer Spezialist mit markantem Schwanz

Der Schwarzschwanz-Zistensänger ist ein mittelgroßer Singvogel mit auffallend langem Schwanz und eher unauffälligem Gefieder. Auffällig sind seine rostroten Kopfpartien sowie die schwarze Schwanzfärbung mit hellen Außenkanten – weiß bei Männchen, grau bei Weibchen.

Die Art lebt in den Miombo-Trockenwäldern Angolas und der Demokratischen Republik Kongo, wo sie bevorzugt in den Baumkronen nach Insekten sucht. Gelegentlich kann sie auch am Boden auf Nahrungssuche gehen. Der Schwarzschwanz-Zistensänger ähnelt dem Pfeifzistensänger (C. pipiens) und dem Taborazistensänger (C. angusticauda), unterscheidet sich jedoch durch ihren schwarzen Schwanz mit hellen Außenkanten.

Warum wurde der Schwarzschwanz-Zistensänger so selten dokumentiert?

Das Verbreitungsgebiet des Schwarzschwanz-Zistensängers umfasst den Miombowald im Nordosten Angolas und im südlichen Teil der Demokratischen Republik Kongo – eine Region, die in der Vergangenheit von schweren Konflikten gezeichnet war. Angola erlebte von 1961 bis 2002 zwei aufeinanderfolgende Kriege: den Unabhängigkeitskrieg gegen Portugal (1961-1974) und den Bürgerkrieg (1975-2002), bei dem bis zu 800.000 Menschen ums Leben kamen. Auch in der benachbarten Demokratischen Republik Kongo gab es in dieser Zeit anhaltende kriegerische Auseinandersetzungen. Die eingeschränkte Zugänglichkeit der Region erklärt, warum der Schwarzschwanz-Zistensänger über Jahrzehnte kaum dokumentiert wurde.

Historische Aufzeichnungen und erste Wiederentdeckung 2010

Cisticola melanurus von Henrik Gronvold
Der Schwarzschwanz-Zistensänger ist ein kleiner, grau-brauner Singvogel mit einem unauffälligen Gesang. Er unterscheidet sich von anderen Arten der Gattung durch seinen Schwanz, der etwas länger und schmaler ist und schwarze statt meist braune Schwanzfedern hat.
Henrik Gronvold, Public domain, via Wikimedia Commons)

Der Schwarzschwanz-Zistensänger wurde 1882 vom deutschen Ornithologen Jean Louis Cabanis erstmals wissenschaftlich beschrieben. Zwischen der Erstbeschreibung und 1958 wurden insgesamt lediglich 14 Exemplare der Art gesammelt. Danach gab es mehrere gemeldete Sichtungen zwischen 1972 und 2009.

Im Juli und August 2010 entdeckten Michael Mills, Martim Melo und Alexandre Vaz eine kleine Familie von Schwarzschwanz-Zistensängern in der Nähe von Cacolo, Angola, und konnten die Art erstmals fotografieren und Tonaufnahmen anfertigen. In ihrem Bericht, veröffentlicht 2010 im Bulletin of the African Bird Club, lieferten sie wertvolle Erkenntnisse zur Identifikation und zum Verhalten des Vogels. Obwohl diese Entdeckung dokumentiert wurde, blieb die Art danach für Jahre unbeachtet – bis Mills sie im Februar 2024 erneut nahe des ursprünglichen Fundorts nachweisen konnte.

Trotz der detaillierten Dokumentation von Mills und seinem Team schien sich in den Folgejahren niemand auf die Suche nach dem Schwarzschwanz-Zistensänger zu begeben. Die Region bleibt schwer zugänglich, und Zistensänger sind für Ornithologen eine Herausforderung, da viele der Arten sich äußerlich stark ähneln und oft nur durch ihren Gesang unterschieden werden können.

Zukunftsaussichten: Schutz und weitere Nachweise

Laut der IUCN ist der Schwarzschwanz-Zistensänger als „ungenügend erforscht“ (Data Deficient) eingestuft, da bislang keine ausreichenden Daten zur Populationsgröße oder zum Verbreitungsgebiet vorliegen. Die größte Bedrohung für die Vogelart ist der fortschreitende Verlust seines Lebensraums durch Abholzung für die Landwirtschaft und Feuerholzgewinnung. Obwohl keine gesicherten Populationsschätzungen vorliegen, wird angenommen, dass die Art aufgrund der Zerstörung der Miombo-Wälder rückläufig sein könnte. Um eine genauere Einstufung zu ermöglichen, sind dringend weitere Feldstudien erforderlich.

Mills plant für August 2025 eine ornithologische Expedition, bei der erneut gezielt nach dem Schwarzschwanz-Zistensänger gesucht werden soll. Mit etwas Glück wird es dann weitere Nachweise geben – vielleicht sogar aus dem südlichen Kongo, wo die Art zuletzt 1960 dokumentiert wurde.

Search for Lost Birds: Die Suche nach verschollenen Vogelarten

Der Schwarzschwanz-Zistensänger ist eine von aktuell 142 Vogelarten, die von der Initiative Search for Lost Birds gelistet werden. Dieses internationale Projekt hat es sich zur Aufgabe gemacht, verschollene Vogelarten weltweit wiederzufinden und ihre Bestände wissenschaftlich zu dokumentieren. Durch gezielte Expeditionen und die Zusammenarbeit mit lokalen Forschern konnten bereits 22 der 142 gelisteten Arten wiederentdeckt werden. So gelang es erst vor Kurzem, zwei Vogelarten in Peru erneut aufzuspüren. Auch der Mussauraupensänger, der 44 Jahre als verschollen galt, konnte im vergangenen Jahr wiederentdeckt werden.

Die Wiederentdeckung des Schwarzschwanz-Zistensängers zeigt, dass gezielte Forschung und systematische Suche selbst in entlegenen Regionen wertvolle Erkenntnisse liefern können. Initiativen wie Search for Lost Birds leisten dabei einen entscheidenden Beitrag, um den Schutz seltener und verschollener Arten voranzutreiben.

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