Wiederentdeckte Tiere 2024: Ptychochromis makira
Der seit 2003 nicht nachgewiesene Buntbarsch Ptychochromis makira konnte von Experten mithilfe lokaler Unterstützung 2024 auf Madagaskar wiederentdeckt werden. (© John C. Mittermeier/American Bird Conservancy (@johnmittermeier))

Leopard-Barbe, Mussauraupenfänger & Co.: Wiederentdeckte Tiere 2024

Von Zeit zu Zeit werden Tiere wiederentdeckt, die über Jahrzehnte oder länger als ausgestorben galten – sei es durch Zufall oder gezielte Suche. Diese sogenannten Lazarus-Arten verdeutlichen nicht nur die Widerstandsfähigkeit der Natur, sondern ziehen auch großes öffentliches Interesse auf sich. Sie inspirieren Menschen weltweit dazu, sich für den Naturschutz einzusetzen. Unter den Tetrapoden – also Amphibien, Vögeln, Säugetieren und Reptilien – wurden bislang 424 Arten wiederentdeckt. Diese Wiederentdeckungen erregen in der Regel die meiste Aufmerksamkeit, während Funde von Insekten, Spinnen oder Muscheln oft weniger Beachtung finden.

Eine Studie zu Beginn des Jahres hat die Faktoren untersucht, die eine Wiederentdeckung wahrscheinlicher machen. Dabei spielen die Größe eines Tieres, sein Lebensraum und menschliche Einflüsse eine zentrale Rolle. Inselarten sind oft tatsächlich ausgestorben, während unscheinbare Arten in abgelegenen oder schwer zugänglichen Lebensräumen oft lange unentdeckt bleiben. Besonders die tropischen Regionen mit ihrer hohen Artenvielfalt bieten ein großes Potenzial für Wieder- und Neuentdeckungen. Einige wiederentdeckte Tiere, über die im Jahr 2024 berichtete wurde, werden in diesem Artikel näher vorgestellt.

Mussauraupenfänger nach 44 Jahren wiederentdeckt

Wiederentdeckte Tiere 2024: Mussauraupensänger
Erstmals gelangen Foto- und Tonaufnahmen des seltenen Mussauraupenfängers.
(© Photo by Joshua Bergmark/Ornis Birding Expeditions)

Der Mussauraupenfänger (Lalage conjuncta) von der Insel Mussau in Papua-Neuguinea galt seit 1979 als verschollen. Im Juni 2024 wurde die Singvogelart aus der Familie der Raupenfänger vom australischen Vogelfotografen Joshua Bergmark während einer Vogelbeobachtungstour wiederentdeckt. Neun Exemplare in drei Schwärmen konnten dokumentiert werden. Die Vögel leben in den dicht bewaldeten Höhenlagen der Insel, was ihre Entdeckung über Jahrzehnte hinweg erschwerte.

Die Wälder von Mussau – der einzige bekannte Lebensraum der Art – sind durch Abholzung stark bedroht. Seit den 1980er-Jahren hat die intensive Holzwirtschaft weite Teile des Primärwaldes zerstört und den Lebensraum des Mussauraupenfängers enorm eingeschränkt. Während neu angelegte Holzfällerwege die Wiederentdeckung erleichterten, könnten sie langfristig die Population gefährden. Diese Wiederentdeckung unterstreicht die dringende Notwendigkeit, die Wälder von Mussau zu schützen und weitere Untersuchungen zur Verbreitung und Bestandsgröße der Vogelart durchzuführen.

Zwei verschollene Vogelarten auf Bougainville entdeckt

Wiederentdeckte Vögel 2024: Bartliest (Actenoides bougainvillei)
Bartliest, ein seltener Verwandter des Eisvogels, der 1904 beschrieben wurde. Seitdem gab es nur ein totes Exemplar und unbestätigte Sichtungen, bis seine Wiederentdeckung 2024 gelang.
J G Keulemans (1842 – 1912), Public domain, via Wikimedia Commons)

Auch bei der Wiederentdeckung zweier weiterer verschollener Vogelarten spielte Joshua Bergmark eine entscheidende Rolle. Auf der gebirgigen, kaum erforschten Insel Bougainville, die zu Papua-Neuguinea gehört, entdeckte er gemeinsam mit anderen Vogelbeobachtern im September 2024 den seit 2002 verschollenen Bougainville-Buschsänger (Cincloramphus llaneae) und den Bartliest (Actenoides bougainvillei) wieder. Letzterer, ein Verwandter des Eisvogels, wurde 1904 beschrieben, doch bis zu dieser Expedition fehlte ein gesicherter Nachweis. Der Bougainville-Buschsänger konnte erstmals lebend fotografiert werden, nachdem die Gruppe seinen charakteristischen Gesang aufgenommen und ihn damit angelockt hatte.

Auch die Bougainville-Erddrossel (Zoothera atrigena), seit 2002 nicht mehr dokumentiert, war Ziel der Expedition. Zwar blieb eine direkte Sichtung aus, doch die Beobachter zeichneten den melodischen Gesang eines Vogels auf, der mit hoher Wahrscheinlichkeit dieser Art zugeordnet werden kann.

Eine Wiederentdeckung im Museumsarchiv

Manchmal werden große Entdeckungen nicht in dichten Wäldern oder abgelegenen Gebirgen gemacht, sondern in den Archiven von Museen. So geschehen im Fall von Phrynomedusa fimbriata, einer kleinen Baumfroschart aus Brasilien. Mit ihrem blassblauen Rücken und dem rötlich-gelben Bauch war diese Spezies lange ein Mysterium, bekannt durch nur ein einziges Exemplar: ein Weibchen, das 1898 im Atlantischen Regenwald des Bundesstaates São Paulo gesammelt wurde.

Phrynomedusa marginata
Die Gattung Phrynomedusa umfasst sechs seltene Baumfroscharten, darunter Phrynomedusa fimbriata, die als ausgestorben gilt – oder doch nicht?
Hugo Claessen, CC BY-SA 2.5, via Wikimedia Commons)

Nach mehr als einem Jahrhundert intensiver, aber erfolgloser Suche wurde die Art 2004 offiziell in die Liste der ausgestorbenen Arten der brasilianischen Roten Liste aufgenommen. Doch im Oktober 2024 sorgte eine Studie für Aufsehen: Bei der Durchsicht der Sammlung des Museu de Zoologia der Universidade de São Paulo entdeckten Forschende ein weiteres Exemplar – ein Männchen, das fälschlicherweise als andere Art identifiziert worden war.

Untersuchungen ergaben, dass dieses zweite Exemplar zwischen 1950 und 1960 im Bundesstaat Paraná gesammelt wurde, etwa 350 Kilometer vom ursprünglichen Fundort entfernt. Dieser zeitlich und geografisch entfernte Fund wirft Fragen auf: Könnte das Verbreitungsgebiet von P. fimbriata größer sein als bisher angenommen? Ist es möglich, dass die Art in den verbliebenen Refugien des Atlantischen Regenwaldes überlebt hat? Die Entdeckung weckt neue Hoffnung, diese Spezies eines Tages lebend wiederzufinden.

Überraschende Rückkehr: Mesilau-Kröte überlebt Erdbeben

Mesilau-Kröte wiederentdeckt 2024
Die rotbraune Mesilau-Kröte lässt sich leicht an ihrem warzigen Rücken erkennen. Männchen erreichen eine Größe von etwa drei Zentimetern, Weibchen sind mit 3,4 Zentimetern etwas größer.
(© Photo from Evan Quah via Quah, Imbun and Yek (2024), doi: https://doi.org/10.11646/zootaxa.5447.2.6)

Die Mesilau-Kröte (Ansonia guibei), die ausschließlich am Mount Kinabalu in Malaysia vorkommt, galt seit dem verheerenden Erdbeben von 2015 als verschollen. Nun konnten Wissenschaftler Kaulquappen und ein halberwachsenes Exemplar in den Gewässern des Mesilau-Flusses nachweisen. Diese Entdeckung zeigt, dass die Art nicht nur die Naturkatastrophe überlebt hat, sondern sich auch weiterhin fortpflanzt – ein Beweis für ihre Widerstandsfähigkeit in einer vom Erdbeben stark beeinträchtigten Umgebung.

Trotz der Wiederentdeckung bleibt die Mesilau-Kröte vom Aussterben bedroht. Ihr ohnehin stark begrenzter Lebensraum in den Hochlandregionen rund um den Mesilau-Fluss ist weiterhin durch Erdrutsche, Verschmutzung und die Folgen des Klimawandels bedroht. Diese Faktoren verschlechtern die Wasserqualität, die für das Überleben der Art essenziell ist. Wissenschaftler arbeiten an einem Erhaltungsplan, um den Lebensraum der Kröte zu schützen und ihre Population langfristig zu sichern.

Regenfroschart aus Ecuador nach einem Jahrhundert wiederentdeckt

Pristimantis medemi
Mit 596 beschriebenen Arten (Stand Oktober 2022) ist Pristimantis die artenreichste Gattung der Wirbeltiere, deren Vertreter von der Karibik bis nach Südamerika verbreitet sind.
Giovanni Alberto Chaves Portilla, CC BY-SA 2.5, via Wikimedia Commons)

Der Regenfrosch Pristimantis ruidus, der ausschließlich in den ecuadorianischen Anden vorkommt, galt seit seiner Erstbeschreibung im Jahr 1922 als verschollen. Ein ganzes Jahrhundert blieb die Art unbeobachtet, bis sie 2022 im Molleturo-Wald von einem Team um den Biologen Juan Sánchez-Nivicela wiederentdeckt wurde. Zwei winzige Frösche, deren raue Haut und markante W-förmige Falten auf dem Rücken der ursprünglichen Beschreibung entsprachen, wurden gefunden. Die endgültige Bestätigung, dass es sich um P. ruidus handelt, gelang durch den Abgleich ihrer genetischen Daten mit konservierten Exemplaren von 1922.

Die Andenwälder Ecuadors, der einzige bekannte Lebensraum von P. ruidus, sind durch Abholzung und die Umwandlung in Weideland stark bedroht, was viele endemische Arten der Region an den Rand des Aussterbens gebracht hat. Diese Froschart steht symbolisch für die dringende Notwendigkeit, die südlichen Anden – eines der am stärksten gefährdeten Ökosysteme Ecuadors – umfassend zu schützen.

Wiederentdeckung von Berezowskis Riednatter löst altes Rätsel

Berezowskis Riednatter wiederentdeckt
Mehr als 125 Jahre lang konnte Berezowskis Riednatter nicht nachgewiesen werden.
(© Liang Y-T, Huang Z-D, Ding L, Vogel G, Ananjeva NB, Orlov NL, Shi S-C, Wu Z-J, Chen Z-N (2024) Revalidated after having been described more than a century ago: Calamaria berezowskii Günther, 1896 (Squamata, Colubridae) from Sichuan, Southwestern China. Zoosystematics and Evolution 100(3): 897-911. https://doi.org/10.3897/zse.100.125798)

Die Wiederentdeckung von Berezowskis Riednatter hat ein langjähriges Rätsel der Herpetologie gelöst. Die Art wurde 1896 wissenschaftlich beschrieben, galt jedoch seitdem als potenziell ungültig, da keine weiteren Exemplare gefunden wurden. Viele Experten vermuteten, dass es sich lediglich um eine Variante der Braunen Riednatter (C. pavimentata) handeln könnte. Zwischen 2017 und 2022 führten Forscher mehrere Expeditionen in die Bergregionen der chinesischen Provinz Sichuan durch und entdeckten drei Schlangen, die aufgrund ihrer gelben Kragenmarkierungen und weiterer körperlicher Merkmale exakt der ursprünglichen Beschreibung entsprachen. Morphologische Studien und DNA-Analysen bestätigten schließlich, dass es sich bei C. berezowskii um eine eigenständige Art handelt.

Diese Wiederentdeckung ist nicht nur taxonomisch bedeutsam, sondern trägt wesentlich zum Verständnis der Gattung Calamaria bei, einer der artenreichsten Gruppen asiatischer Schlangen. Die in Bergwäldern lebende und unterirdisch aktive Zwergschlange zeigt exemplarisch, wie wenig über solche versteckt lebenden Arten bekannt ist. Die Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit weiterer Forschungs- und Schutzmaßnahmen in den Biodiversitäts-Hotspots Chinas, um das Überleben anderer gefährdeter Arten zu sichern.

Abrau-Sprotte: Seit 2008 verschwunden

Im September 2024 wurde die Wiederentdeckung der Abrau-Sprotte (Clupeonella abrau) bekanntgegeben, einem endemischen Fisch des Abrau-Sees in der Region Krasnodar, Russland. Die kleine Heringsart galt seit 2008 als verschollen. Erst DNA-Analysen von Proben, die bereits 2019 gesammelt wurden, bestätigten nun eindeutig die Existenz dieser Art.

Wiederentdeckte Tiere 2024: Abrau-Sprotte (Clupeonella abrau)
Mit einer Körperlänge von etwa 9,5 Zentimetern ernährt sich die Abrau-Sprotte vorwiegend von Krebstieren und bewohnt ausschließlich das Süßwasser des kleinen Karstsees Abrau, unweit des Schwarzen Meeres.
Лев Семёнович (Симонович) Берг (2 (14) марта 1876 — 24 декабря 1950), Public domain, via Wikimedia Commons)

Die Population der Abrau-Sprotte wurde in den letzten Jahrzehnten durch die Einführung invasiver Fischarten wie dem Zander und durch Wasserentnahmen stark dezimiert. Dennoch weckt ihre Wiederentdeckung Hoffnung: Gezielte Schutzmaßnahmen könnten die Erholung der Art ermöglichen. Aufgrund ihres äußerst begrenzten Verbreitungsgebiets ist die Abrau-Sprotte ein eindringliches Beispiel dafür, wie wichtig gezielte Schutzmaßnahmen sind, um die Biodiversität in isolierten und gefährdeten Ökosystemen zu erhalten.

Ausgestorben geglaubte Leopard-Barbe wieder aufgetaucht

Wiederentdeckte Tiere 2024: Leopardbarbe
Die Leopard-Barbe, auch Mesopotamische Barbe genannt, wurde zuletzt 2011 dokumentiert. Ihre charakteristischen schwarzen Flecken heben sie deutlich von anderen Karpfenfischen ab.
KediÇobanı, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons)

Einst im Flusssystem von Tigris und Euphrat verbreitet, von Ostanatolien bis in den Irak, ging der Bestand der Leopard-Barbe (Luciobarbus subquincunciatus) in den letzten Jahrzehnten dramatisch zurück. Ursachen dafür waren übermäßige Fischerei, Umweltverschmutzung, Lebensraumzerstörung und der Bau von Staudämmen. Angesichts dieser Entwicklungen galt die Art als möglicherweise ausgestorben.

Doch Anfang 2024 gelang einem Expertenteam die Wiederentdeckung der Leopard-Barbe im türkischen Teil des Tigris-Flusses. Unterstützt von lokalen Fischern konnten zwei Exemplare gefangen und eindeutig identifiziert werden, darunter ein Fisch von 50 Zentimetern Länge. Die IUCN stuft die Leopard-Barbe als „vom Aussterben bedroht“ ein, da der Bestand in den letzten drei Jahrzehnten um mehr als 80 Prozent zurückgegangen sein soll. Der Fund gibt Hoffnung auf mögliche Schutzmaßnahmen, um das Überleben dieser Art zu sichern.

Nach 140 Jahren wiederentdeckt: Dornrücken-Engelhai

Wiederentdeckte Tiere 2024: Dornrücken-Engelhai (Squatina armata)
Mit einer Länge von bis zu einem Meter und einem stark abgeflachten Körper hebt sich der Dornrücken-Engelhai deutlich von anderen Haiarten ab.
D Ross Robertson, Public domain, via Wikimedia Commons)

Die Wiederentdeckung des Dornrücken-Engelhais (Squatina armata) vor der Küste Chiles nach fast 140 Jahren markiert einen bedeutenden Moment für die Meeresforschung. Diese an Rochen erinnernde Haiart, bekannt für ihren flachen Körperbau und die charakteristischen hakenförmigen Dornen, war seit ihrer Erstbeschreibung im Jahr 1887 weitgehend aus dem Blickfeld der Wissenschaft verschwunden. Erst 2024 gelang es Fischern, mehrere Exemplare aus den Tiefen zu bergen. Zwei davon wurden im Nationalmuseum für Naturgeschichte in Santiago genauer untersucht. Eine im April veröffentlichte Studie definierte erstmals einen Neotypus für die Art und präzisierte ihre Beschreibung. Damit konnte der Dornrücken-Engelhai eindeutig von ähnlichen Arten wie dem Pazifischen Engelhai (S. californicus) abgegrenzt werden.

Die Wiederentdeckung verdeutlicht die Herausforderungen im Schutz und in der Erforschung seltener Tiefseearten. Aufgrund ihrer nächtlichen Jagdmethoden und ihres Lebens im Sand und Schlamm des Meeresbodens entziehen sich Engelhaie häufig wissenschaftlicher Dokumentation. Gleichzeitig sind sie aufgrund von Beifang und langsamer Fortpflanzung besonders bedroht.

Die Rückkehr der Kurznasen-Maräne nach 40 Jahren

Die Kurznasen-Maräne (Coregonus reighardi), eine Süßwasserfischart aus der Familie der Lachsfische, galt seit 1985 als ausgerottet. Vor Kurzem wurde ihre Wiederentdeckung im Oberen See (Lake Superior), dem größten der fünf Großen Seen Nordamerikas, öffentlich gemacht. Überraschenderweise wurde die Art in einem Gewässer gefunden, in dem sie zuvor nie nachgewiesen worden war.

Wiederentdeckte Art 2024: Kurznasen-Maräne (Coregonus reighardi)
Die letzten bestätigten Sichtungen der Kurznasen-Maräne stammen aus dem Ontariosee (1964), dem Michigansee (1982) und dem Huronsee (1985). (© From: W. N. Koelz. Coregonid Fishes of the Great Lakes. U.S. Bureau of Fisheries Bulletin no. 43 (Part 2). Washington, D.C.: U.S. Government Printing Office, 1929., Public domain, via Wikimedia Commons)

Einst weit verbreitet in den Großen Seen, verschwand die Kurznasen-Maräne infolge von Überfischung, invasiven Arten wie dem Meerneunauge und der Verschlechterung der Wasserqualität. Während einer Fischereibestandsaufnahme im Jahr 2022 entdeckten Wissenschaftler des United States Geological Survey (USGS) nahe der Keweenaw-Halbinsel im Oberen See drei junge Exemplare dieser lange verschollenen Art. Spätere Untersuchungen bestätigten das Vorhandensein adulter Exemplare, was auf eine kleine, stabile Population hinweist. Die Wiederentdeckung der Kurznasen-Maräne bietet die Gelegenheit, die Biodiversität der Großen Seen neu zu bewerten und Maßnahmen zum Schutz bedrohter Arten und ihrer Lebensräume zu intensivieren.

21 Arten auf Madagaskar wiederentdeckt

Wiederentdeckte Tiere 2024:  Tausendfüßler Spirostreptus sculptus
Der Tausendfüßler Spirostreptus sculptus war war über 125 Jahre lang verschollen. (© Dmitry Telnov)

Ein weiteres bedeutendes Ereignis, über das im Jahr 2024 berichtet wurde, war die Wiederentdeckung von 21 verschollenen Arten im Makira-Wald, dem größten zusammenhängenden Waldgebiet Madagaskars. Die Expedition, die im September 2023 stattfand, war Teil der Search for Lost Species-Initiative von Re:wild und markierte die erste Multi-Taxa-Expedition dieser Art. Zu den wiederentdeckten Arten gehören drei beinahe durchsichtige, irisierende Fischarten: der Makira-Regenbogenfisch (Bedotia alveyi), eine bislang unbeschriebene Rheocles-Art sowie der Buntbarsch Ptychochromis makira. Diese Fischarten, die durch Überfischung und Lebensraumverlust stark bedroht sind, wurden dank der Unterstützung lokaler Fischer und Führer nachgewiesen.

Ein Highlight der Expedition war die Wiederentdeckung des Tausendfüßlers Spirostreptus sculptus, der seit 1897 nur von einem Typusexemplar bekannt war. Mit einer Länge von bis zu 27,5 Zentimetern scheint diese Art im Makira-Wald häufiger vorzukommen, als bisher angenommen. Weitere bemerkenswerte Funde umfassen die Schneckenart Kaliella crandalli, die seit 2010 als verschollen galt, sowie fünf Spinnenarten, darunter die Springspinne Tomocyrba decollata, die zuletzt 1900 dokumentiert wurde. Zudem entdeckte das Team 17 bisher unbekannte Spinnenarten, darunter eine auffällige Zebraspinnenart, deren einzigartige Eiersäcke in einer Höhle gefunden wurden.

Die Ergebnisse dieser Expedition zeigen, dass der Makira-Wald trotz der Bedrohungen durch Holzeinschlag und landwirtschaftliche Aktivitäten ein bedeutendes Refugium für verlorengeglaubte und noch unbeschriebene Arten darstellt. Ein Grund mehr, Madagaskars einzigartige Biodiversität besser zu schützen.

Bunter Rüsselkäfer nach fast 100 Jahren wieder da

Rüsselkäfer wiederentdeckt: Metapocyrtus bifoveatus
Mit einer Länge von 1,35 Zentimetern zählt der wiederentdeckte Rüsselkäfer Metapocyrtus bifoveatus zu den größeren Vertretern seiner Gattung.
(© Tomislav Terzin et al, From deforestation to recovery: One new species and new record of the genus Metapocyrtus Heller, 1912 (Coleoptera: Curculionidae: Entiminae: Pachyrhynchini) from Negros Island, Philippines with the review of type material, Topola (2023). DOI: 10.5937/topola2312005T)

Nach fast 100 Jahren wurde der auffällig gefärbte Rüsselkäfer Metapocyrtus bifoveatus in den Regenwäldern der philippinischen Insel Negros wiederentdeckt. Die Art, bekannt für ihre metallisch grüne, blaue und rostbraune Färbung, war zuvor nur durch ein Typusexemplar aus dem Jahr 1925 bekannt. Erst 2016 und 2017 konnten neue Proben im Northern Negros Natural Park gesammelt und vom Biologen Tom Terzin eindeutig identifiziert werden.

Diese Entdeckung ist ein Hoffnungsschimmer für die durch Abholzung stark geschädigten Wälder von Negros. Während großflächige Entwaldung im 20. Jahrhundert das ursprüngliche Tieflandhabitat des Rüsselkäfers zerstörte, scheinen sich die Wälder auf den Berggipfeln allmählich zu erholen. Interessanterweise wurde M. bifoveatus in etwa 1.400 Metern Höhe entdeckt, deutlich oberhalb seines vermuteten historischen Lebensraums. Dieser Fund deutet darauf hin, dass sich die Art möglicherweise an höhere Lagen angepasst hat oder vor der Zerstörung ihres Habitats ein breiteres Verbreitungsgebiet besaß.

Mikromotte nach 87 Jahren durch Museumsexemplar wiederentdeckt

Mikromotte Pachyrhabda citrinacma
Die taiwanesische Mikromotte Pachyrhabda citrinacma galt seit 87 Jahren als verschollen.
 (© Photos from Shen, Su and Hsu (2024), doi: 10.11646/zootaxa.5446.2.11)

Die Wiederentdeckung der Mikromotte Pachyrhabda citrinacma wurde durch ein zufällig gefundenes Exemplar in der Insektensammlung der National Taiwan University möglich. Während der Neuorganisation des Archivs stießen Forscher auf den winzigen Falter, der 1935 gesammelt und seither in einer Schachtel vergessen worden war. Die Art wurde ursprünglich 1936 vom britischen Entomologen Edward Meyrick beschrieben, jedoch gingen die beiden Originalexemplare kurz nach seiner knappen Erstbeschreibung verloren. Dies machte P. citrinacma zu einer kaum erforschten und über Jahrzehnte rätselhaften Art – bis zu ihrer Wiederentdeckung.

Das wiedergefundene Museumsexemplar half Forschenden, gezielt nach der Art in der Natur zu suchen. Sie entdeckten schließlich Larven von P. citrinacma in ovalen Unterschlüpfen und zogen diese unter kontrollierten Bedingungen bis zum Erwachsenenstadium auf. Die ausgewachsenen Falter, mit ihren rosafarbenen, federartigen Flügeln und auffälligen Hinterbeinen, ermöglichten es erstmals, den gesamten Lebenszyklus dieser Art zu dokumentieren. Diese Entdeckung unterstreicht die immense Bedeutung von Museumssammlungen für den Artenschutz. Sie bieten nicht nur Einblicke in vergangene Biodiversität, sondern können auch als Grundlage dienen, verschollene Arten zu lokalisieren und besser zu verstehen.

Zikade nach über 100 Jahren dank Citizen Science wiederentdeckt

Zikade wiederentdeckt 2024:   Okanagana arctostaphylae
Ein Foto der seit 1915 verschollenen Zikadenart Okanagana arctostaphylae.
(© lcollingsparker, CC BY-NC, via iNaturalist)

Dank der Citizen-Science-Plattform iNaturalist wurde die Zikadenart Okanagana arctostaphylae nach über einem Jahrhundert wiederentdeckt. Im Juli 2020 fotografierte die Naturbeobachterin Lucinda Collings Parker eine auffällig rote Zikade in ihrem Garten in den Ausläufern der Sierra Nevada, Kalifornien, und lud das Bild auf die Plattform hoch. Wissenschaftler identifizierten die Zikade als die seit 1915 verschollene Art und begannen daraufhin mit gezielten Nachforschungen. Bereits am folgenden Tag konnten Exemplare auf Manzanita-Sträuchern, der typischen Wirtspflanze der Art, nachgewiesen werden. Im Jahr 2023 wurde Okanagana arctostaphylae erneut in der Region gesichtet.

Diese Wiederentdeckung zeigt, wie wichtig Bürgerwissenschaften für die Erforschung von Zikaden sind, deren Lebenszyklen oft schwer zu entschlüsseln sind. Mit einem Großteil ihres Lebens unter der Erde – manchmal bis zu 17 Jahre – und nur gelegentlichem Auftreten stellen Zikaden eine besondere Herausforderung für Entomologen dar. Die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Naturbeobachtern hat nicht nur das Verbreitungsgebiet von O. arctostaphylae neu definiert, sondern auch das Verständnis über diese Insekten erweitert.

Warum sind Wiederentdeckungen so wichtig?

Wiederentdeckungen vermeintlich ausgestorbener Arten sind weit mehr als wissenschaftliche Sensationen – sie bilden die Grundlage für gezielte Schutzmaßnahmen. Erst die Gewissheit, dass eine Art noch existiert, ermöglicht den Schutz ihres Lebensraums und die Umsetzung gezielter Erhaltungsprojekte.

Darüber hinaus liefern Wiederentdeckungen unschätzbare wissenschaftliche Erkenntnisse. Sie offenbaren, wie Arten unter extremen Bedingungen überleben, welche Bedrohungen sie gefährden und welche Ökosysteme besonders widerstandsfähig sind. Dieses Wissen ist nicht nur für die geretteten Arten selbst wertvoll, sondern trägt auch dazu bei, andere bedrohte Arten und Lebensräume effektiver zu schützen.

Wiederentdeckte Arten rücken häufig die Aufmerksamkeit auf gefährdete Ökosysteme, deren Schutz weitreichende positive Effekte hat. Schutzmaßnahmen bewahren nicht nur eine einzelne Spezies, sondern unterstützen zahlreiche andere Lebewesen, die in demselben Lebensraum existieren.

Jede gerettete Art ist ein Gewinn für die Biodiversität – und damit für die Stabilität von Ökosystemen, die unsere Lebensgrundlagen sichern: Nahrung, sauberes Wasser und Schutz vor Naturkatastrophen. Zugleich haben solche Entdeckungen eine starke Symbolkraft. Sie verdeutlichen die Zerbrechlichkeit der Natur, wecken Begeisterung und motivieren zum Handeln. Sie zeigen, dass Naturschutz erfolgreich sein kann – und geben uns Hoffnung.

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