Der Einfluss des Menschen auf Biodiversität
Zwei Welten: Links ein intakter Wald, rechts ein kahlgeschlagener Forst. Eine aktuelle Studie in Nature zeigt, wie drastisch solche Eingriffe die Artenvielfalt verändern.

Neue Studie: Wie menschliche Einflüsse die Biodiversität verändern

Die Vielfalt des Lebens auf unserem Planeten – die sogenannte Biodiversität – gerät in vielen Regionen stark unter Druck, vor allem durch menschliche Aktivitäten. Eine kürzlich in Nature veröffentlichte Studie hat erstmals in großem Umfang untersucht, wie sich verschiedene menschliche Einflüsse in unterschiedlichen Lebensräumen weltweit auf die Artenvielfalt auswirken. Dafür hat ein internationales Forschungsteam über 2.100 wissenschaftliche Publikationen mit Daten von rund 97.000 Standorten ausgewertet.

Fünf Haupttreiber menschlicher Einflüsse

Im Fokus standen fünf zentrale Einflussfaktoren: Landnutzungsänderungen, Verschmutzung, Ressourcennutzung, Klimawandel und invasive Arten. Die zentrale Erkenntnis: Alle diese Faktoren senken die lokale Artenvielfalt erheblich und verändern zugleich die Zusammensetzung der Lebensgemeinschaften so stark, dass manche Gebiete vollständig umgestaltet werden.

Das Fehlen von Wölfen beeinflusst die Biodiversität in einem Gebiet.
Wölfe sind Schlüsselakteure: Als Spitzenprädatoren regulieren sie ganze Ökosysteme und beeinflussen so die Artenvielfalt spürbar.
(© Doreen Fräßdorf, 2007)
  1. Landnutzungsänderungen: Wälder werden zu Agrarflächen, Städte breiten sich aus, und Monokulturen ersetzen einst vielfältige Lebensräume. Das Ergebnis: Weltweit ähneln sich viele Flächen immer stärker.
  2. Verschmutzung: Chemische Belastungen durch Pestizide, Düngemittel, Industrieabgase und Abwässer belasten Luft, Böden und Gewässer – häufig mit unmittelbaren Folgen für Fische, Insekten und andere empfindliche Organismen.
  3. Ressourcennutzung: Überfischung, übermäßige Holzentnahmen stören die lokalen Nahrungsnetze und treiben vor allem spezialisierte Arten an den Rand des Verschwindens.
  4. Klimawandel: Steigende Temperaturen und veränderte Niederschläge zwingen viele Arten dazu, ihren Lebensraum zu verlegen oder sich anzupassen. Hitzetolerante und generalistische Arten breiten sich hingegen weiter aus.
  5. Invasive Arten: Eingeschleppte oder absichtlich eingeführte Arten können einheimische Arten verdrängen, weil sie oft anpassungsfähiger sind oder natürliche Feinde fehlen.

Verlust der lokalen Artenvielfalt

In vielen Gebieten geht die Artenzahl durchschnittlich um knapp 20 Prozent zurück. Besonders große Verluste zeigten sich bei größeren Tieren wie Säugetieren oder Vögeln: Verschwindet eine dieser Arten, bleiben oft wichtige ökologische Funktionen unbesetzt (etwa Bestäubung oder Regulierung von Beutetieren).

Zu den wichtigsten Ursachen zählen hier Habitatzerstörung und Verschmutzung. Das heißt aber nicht, dass die anderen Faktoren unbedeutend sind – auch Klimawandel, invasive Arten und Übernutzung sorgen für Rückgänge. Oft wirken sogar mehrere Faktoren gleichzeitig, was die Erholung der betroffenen Gebiete weiter erschwert.

Große und kleine Organismen: verschiedene Schicksale

Bei kleineren Lebewesen wie Mikroben oder Pilzen zeigt sich eher eine schnelle Neuzusammensetzung der Gemeinschaften, weil diese häufig kürzere Lebenszyklen haben und sich schneller an neue Bedingungen anpassen. Größere Organismen dagegen hingegen sind anfälliger für drastische Rückgänge. Einmal verschwundene Schlüsselarten lassen sich nur schwer ersetzen, was zu tiefgreifenden Störungen im gesamten Ökosystem führt.

Homogenisierung und Auseinanderdriften

Lange nahm man an, dass sich alle Lebensräume zunehmend angleichen. Tatsächlich gibt es zwei Tendenzen:

  • Weltweit (beispielsweise über Kontinente hinweg) bleiben häufig nur ein paar robuste und anpassungsfähige Arten übrig, wodurch sich viele Gebiete ähneln.
  • Lokal hingegen entstehen oft neue Unterschiede, weil sich je nach Umweltbedingungen jeweils andere Anpassungsstrategien durchsetzen.

Starke Verschiebungen in der Zusammensetzung

Die Artenzusammensetzung in vielen Ökosystemen hat sich grundlegend verschoben. Wer heute einen See oder einen Wald aufsucht, trifft dort ganz andere Tier- und Pflanzenarten als früher:

  • Manche früher häufigen Arten sind verschwunden oder nur noch selten.
  • Generalisten – also Arten, die mit vielen Bedingungen klarkommen – breiten sich stattdessen aus.
  • Gebietsfremde oder invasive Arten ergänzen oder verdrängen heimische Bestände und tragen so zur „Umgestaltung“ bei.

Zwar können auf diese Weise neue, durchaus robuste Arten entstehen, doch führt dies häufig zu Einheits-Ökosystemen, in denen nur wenige Arten überleben. Die Stabilität und Vielfalt solcher Gemeinschaften leidet langfristig.

Warum diese Veränderungen uns alle betreffen

Die an vielen Orten nachgewiesene Abnahme der lokalen Biodiversität hat zahlreiche Folgen. Wissenschaftler warnen davor, dass bestäubende Insekten fehlen, Böden weniger fruchtbar werden oder ganze Nahrungsnetze zusammenbrechen könnten. Gehen wichtige Arten verloren, schränkt das nicht nur die ästhetische und genetische Vielfalt ein, sondern es kann auch unsere Ernährungssicherheit und Gesundheit bedrohen.

Was kann man tun?

Wiederaufforstung um den Biodiversitätsverlust entgegen zu wirken
Gemeinsam für die Artenvielfalt: Freiwillige bei der Wiederaufforstung auf den Seychellen, um gerodete Flächen in artenreiche Lebensräume zurückzuverwandeln.
TRASS/SETS, CC BY 4.0, via Wikimedia Commons)
  1. Schutz intakter Gebiete: Je weniger stark ein Lebensraum bereits beeinträchtigt ist, desto leichter lässt er sich bewahren. Das bedeutet, dass bestehende Naturschutzgebiete ausgeweitet oder besser vernetzt werden sollten.
  2. Wiederherstellung geschädigter Lebensräume: In bereits gestörten Gebieten hilft eine Renaturierung, um die ursprüngliche Artenvielfalt zurückzugewinnen. Dies setzt voraus, dass man etwa durch Begrünung oder Wiedervernässung von Flächen den natürlichen Zustand wiederherstellt – und gleichzeitig Schadstoffeinträge stark reduziert.
  3. Reduktion von Schadstoffen: Selbst wenn umfassende Klimaschutzmaßnahmen oder Landnutzungsänderungen Zeit brauchen, kann das Eindämmen von Pestiziden oder Düngemittel sofortige positive Effekte haben.
  4. Globale Zusammenarbeit: Gerade invasive Arten oder der Klimawandel machen nicht an Landesgrenzen Halt. Maßnahmen gegen Klimawandel und invasive Arten gelingen nur, wenn Länder international eng zusammenarbeiten, sei es durch Handelsregelungen oder gezielte Schutzabkommen.
  5. Langfristiges Monitoring: Um zu erkennen, welche Maßnahmen wirken, braucht es verlässliche Daten und regelmäßige Kontrollen.

Der gemeinsame Nenner ist das Artensterben

Die Studie von Francois Keck und seinem Team zeigt, dass die menschliche Prägung von Ökosystemen weltweit zu deutlichen Verlusten führt. Während sich manche Gebiete global gesehen immer mehr ähneln, entwickeln sich andere sehr unterschiedlich – in beiden Fällen sinkt aber die lokale Artenvielfalt.

Diese Ergebnisse verdeutlichen, dass effektiver Naturschutz im 21. Jahrhundert alle großen Treiber im Blick haben muss – von intensiver Landnutzung und Umweltverschmutzung bis hin zu Klimawandel und invasiven Arten. Nur ein umfassender Ansatz kann diesen Trend bremsen oder gar umkehren. Dazu gehören lokale Schutzkonzepte genauso wie global abgestimmte Maßnahmen. Den Forschenden zufolge ist jetzt wichtig, nicht nur eindringlich zu warnen, sondern auch konkret zu handeln: Lebensräume müssen erhalten, renaturiert, entlastet und besser vernetzt werden, um den Artenreichtum auf unserem Planeten zu bewahren.

Quelle

  • Keck, F., Peller, T., Alther, R., et al. (2025). The global human impact on biodiversity. Nature. https://doi.org/10.1038/s41586-025-08752-2
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