Neuseeland, bekannt für seine einzigartige Tier- und Pflanzenwelt, birgt viele Geheimnisse aus der Vergangenheit. Eines davon wurde durch eine aktuelle Studie in den Biology Letters enthüllt: Die ausgestorbenen Hochland-Moas (Megalapteryx didinus) waren nicht nur majestätische Vögel, sondern spielten auch eine zentrale Rolle in der Verbreitung farbenfroher, trüffelartiger Pilze wie Gallacea scleroderma. Diese Pilze, die heute noch in Neuseeland wachsen, sind von entscheidender Bedeutung für das ökologische Gleichgewicht der Wälder.
Mykovoren und Symbiosen: Wie Tiere und Pilze die Wälder Neuseelands beeinflussen

(© George Edward Lodge, Public domain, via Wikimedia Commons)
Mykovoren, also Tiere, die Pilze konsumieren, spielen eine Schlüsselrolle bei der Verbreitung von Pilzsporen. In Regionen ohne säugetierdominierte Fauna, wie Neuseeland, übernahmen vermutlich Vögel diese Funktion. Doch direkte Nachweise für diese Annahme sind begrenzt, da seit der Besiedlung Neuseelands durch Menschen im 13. Jahrhundert 41 Prozent der einheimischen Vogelarten ausgestorben sind. Die Moas sind eines der prominentesten Beispiele für diesen Verlust – und mit ihnen ging eine wichtige Funktion für das Ökosystem verloren.
Ektomykorrhiza, wie zum Beispiel Trüffel, Steinpilze oder Fliegenpilze, erfüllen eine wichtige Funktion in Waldökosystemen, denn sie wachsen in Symbiose mit Bäumen oder Sträuchern: Die Pilze liefern den Pflanzen Nährstoffe und Wasser aus dem Bodenund erhalten im Gegenzug Zucker aus der Photosynthese, den sie als Energiequelle benötigen. Ektomykorrhiza selbst können keine Photosynthese betreiben und sind deshalb auf diese Kohlenhydrate angewiesen.
Ein Beispiel dafür ist der leuchtend violette, trüffelartige Pilz Gallacea scleroderma. Seine auffällige Färbung diente vermutlich dazu, von Vögeln wie den Moas leichter entdeckt und verbreitet zu werden. Diese Symbiose trägt maßgeblich zur Stabilität und Widerstandsfähigkeit der Wälder bei, insbesondere unter veränderten Klimabedingungen.
Die Moas als unersetzliche Sporenverbreiter
Fossile Kotproben aus Höhlen im Nordwesten von Nelson zeigen, dass die Hochland-Moas nicht nur farbenfrohe Trüffel wie Gallacea scleroderma, sondern auch andere Ektomykorrhiza-Pilze wie Russula macrocystidiata und Rossbeevera pachydermis verzehrten. Die Untersuchung zeigte auch, dass die Pilzsporen in den Kotproben in hohen Konzentrationen vorlag, was darauf hindeutet, dass die Moas diese Pilze aktiv gefressen haben. Mit ihren langen Verdauungszeiten und weiten Wanderungen transportierten die Laufvögel Pilzsporen über große Entfernungen und trugen entscheidend zur Verbreitung dieser Pilze bei.
Interessanterweise gibt es Hinweise darauf, dass auch andere Moa-Arten, wie der Südinsel-Riesenmoa und der Buschmoa (Anomalopteryx didiformis), Pilze konsumierten. Frühere Analysen fossiler Kotproben dieser Arten enthüllten Spuren von Ektomykorrhiza. Diese Nachweise waren jedoch weniger spezifisch und zeigten nicht die taxonomische Präzision oder die eindeutigen Beweise für trüffelartige Arten, wie sie in der aktuellen Studie gefunden wurden.
Folgen des Verlusts für Neuseelands Wälder
Mit dem Aussterben der Moas im 15. Jahrhundert – vor allem verursacht durch Bejagung – gingen nicht nur faszinierende Vogelarten verloren, sondern auch wichtige Akteure im Ökosystem Neuseelands. Untersuchungen zeigen, dass heutige einheimische Vögel in Neuseeland nur selten Pilze konsumieren, während eingeführte Säugetiere wie Ratten und Hirsche vor allem exotische Pilzarten verbreiten. Dies bedroht die Vielfalt endemischer Pilze wie der farbenfrohen Trüffel. Ohne ausreichende Sporenverbreitung könnten diese Pilze langfristig aussterben, was die Widerstandsfähigkeit der Wälder schwächt. Invasive Baumarten, die weniger auf Symbiosen angewiesen sind, könnten dadurch begünstigt werden und heimische Wälder verdrängen.
Fazit: Ein empfindliches Gleichgewicht
Die Moas waren unverzichtbare Partner für die Wälder Neuseelands und ein Beispiel dafür, wie eng Tier- und Pflanzenarten in einem Ökosystem verknüpft sind. Ihr Verlust zeigt, wie empfindlich diese Netzwerke auf Störungen wie das Artensterben reagieren. Ohne die Moas und andere einheimische Mykovoren droht das ökologische Gleichgewicht weiter zu kippen. Dies könnte nicht nur die heimische Biodiversität gefährden, sondern auch die Widerstandsfähigkeit der Wälder gegen die Auswirkungen des Klimawandels beeinträchtigen.
Quelle
- Boast, A. P., Wood, J. R., Cooper, J., Bolstridge, N., Perry, G. L. W., & Wilmshurst, J. M. (2025). DNA and spores from coprolites reveal that colourful truffle-like fungi endemic to New Zealand were consumed by extinct moa (Dinornithiformes). Biology Letters, 21(2024). https://doi.org/10.1098/rsbl.2024.0440
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