Eine im November veröffentlichte Langzeitstudie belegte bereits den drastischen Rückgang der Tagfalter in Mitteleuropa. Nun bestätigt eine umfassende Untersuchung der Washington State University in Vancouver, USA, dass auch in Nordamerika die Schmetterlingspopulationen rapide schwinden. Zwischen 2000 und 2020 nahm die Gesamtzahl der gezählten Schmetterlinge im Durchschnitt um 41,5 Prozent ab. Besonders betroffen sind spezialisierte Arten, die auf enge ökologische Nischen angewiesen sind. Einige wenige Spezies hingegen konnten sich anpassen und ihre Bestände stabil halten oder sogar ausweiten.
Das Schmetterlingssterben in Zahlen

(© Pacific Southwest Region USFWS from Sacramento, US, Public domain, via Wikimedia Commons)
Die Studie stützt sich auf mehr als 76.000 Erhebungen aus 2.500 verschiedenen Regionen der USA und umfasst 554 Schmetterlingsarten. Insgesamt wurden über 12,6 Millionen Schmetterlinge erfasst. Von den 342 Arten mit ausreichender Datengrundlage verzeichnet ein Drittel einen signifikanten Rückgang. Besonders besorgniserregend ist, dass bei 107 Arten die Population um mehr als 50 Prozent gesunken ist, während 22 Arten sogar einen Rückgang von über 90 Prozent erlitten haben. Insgesamt sind die Schmetterlingsbestände in den kontinentalen USA innerhalb von zwei Jahrzehnten um 22 Prozent geschrumpft. Die durchschnittliche jährliche Rückgangsrate liegt bei 1,3 Prozent. Zwei Drittel aller untersuchten Arten verzeichnen einen Rückgang von mehr als zehn Prozent, und die Zahl der Arten mit schrumpfenden Beständen übersteigt jene mit wachsenden Populationen um das 13-Fache.
Besonders gravierend ist, dass dieser Rückgang nahezu flächendeckend in den gesamten USA zu beobachten ist. Lediglich im pazifischen Nordwesten konnten Forschende eine Gesamtzunahme der Schmetterlingspopulationen um zehn Prozent feststellen. Dieser Anstieg geht jedoch fast ausschließlich auf einen vorübergehenden Populationsboom des Kalifornischen Fuchses (Nymphalis californica) zurück – ein Trend, der vermutlich nicht langfristig Bestand haben wird. Besonders besorgniserregend ist die Situation im Südwesten der USA, wo Schmetterlinge aufgrund extremer Trockenheit und steigender Temperaturen überdurchschnittlich stark betroffen sind.
Diese Schmetterlingsarten kämpfen ums Überleben
Von den untersuchten Arten verzeichneten 114 einen signifikanten Rückgang, während lediglich neun Arten eine wachsende Population aufweisen. Besonders stark betroffen sind der Monarchfalter (Danaus plexippus), eine Unterart des Karner-Bläulings (Lycaeides melissa samuelis) sowie verschiedene Vertreter der Augenfalter- und Dickkopffalter-Familien.

(© Charlie Jackson, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons)
Der Monarchfalter steht seit Jahren im Fokus der Diskussionen rund um den „Endangered Species Act“ der USA. Sein Bestand schrumpft kontinuierlich durch den Verlust von Lebensräumen, den Einsatz von Pestiziden und die Auswirkungen des Klimawandels. Besonders dramatisch ist der Rückgang der östlichen Population, die seit den 1980er-Jahren um 80 Prozent geschrumpft ist. Noch gravierender ist die Lage der westlichen Population, die einen Rückgang von über 95 Prozent verzeichnet. Aufgrund dieser besorgniserregenden Entwicklung schlug der U.S. Fish and Wildlife Service im Dezember 2024 vor, den Monarchfalter offiziell unter den Schutz des „Endangered Species Act“ zu stellen.
Ein warnendes Beispiel für eine bereits ausgestorbene Schmetterlingsart ist der Xerces-Bläuling, der im 20. Jahrhundert aufgrund der Zerstörung seines Lebensraums in Kalifornien verschwand. Sein Schicksal könnte bald viele weitere Arten ereilen.
Weitere Schmetterlingsarten, die seit dem Jahr 2000 einen massiven Rückgang von über 95 Prozent erlitten haben:
- Tailed Orange (Eurema proterpia)
- Mitchell’s Satyr (Neonympha mitchellii mitchellii)
- Gemalter Halbmond (Phyciodes picta)
- Hermes Copper (Lycaena hermes)
Besonders drastisch ist der Rückgang des Florida-Weiß-Schmetterlings (Appias drusilla). Diese Art ist in den letzten zwei Jahrzehnten nahezu vollständig aus den Erhebungen verschwunden und verzeichnet einen jährlichen Rückgang von mehr als 40 Prozent.
Warum Schmetterlinge verschwinden
Die Ursachen für den Rückgang der Schmetterlingspopulationen in den USA sind vielfältig:
- Intensive Landwirtschaft und Pestizideinsatz: Der massive Einsatz von Pestiziden, insbesondere Neonicotinoiden, schädigt das Nervensystem der Schmetterlinge und reduziert ihre Überlebenschancen erheblich. Eine aktuelle Untersuchung zeigt, dass viele Insektizide kaum nachweisbare Vorteile für die Ernteerträge bringen, während sie Bestäuber und andere Insekten massiv gefährden.
- Klimawandel: Höhere Temperaturen und veränderte Niederschlagsmuster beeinflussen das Blühverhalten vieler Pflanzen. Dadurch fehlt Raupen und erwachsenen Faltern oft zur entscheidenden Zeit eine ausreichende Nahrungsquelle.
- Lebensraumverlust: Die Zerstörung von Grasland, Wiesen und Feuchtgebieten sowie die zunehmende Urbanisierung rauben Schmetterlingen ihre natürlichen Brut- und Nahrungsplätze.
- Regionale Unterschiede: Während in den trockenen Regionen des US-Südwestens zunehmende Dürren dazu führen, dass Schmetterlinge austrocknen und ihre Wirtspflanzen verdorren, ist im Mittleren Westen der übermäßige Einsatz von Insektiziden auf landwirtschaftlichen Flächen die Hauptbedrohung.
Schmetterlinge sind nicht nur essenziell für die Bestäubung zahlreicher Pflanzenarten, sondern auch ein wichtiger Indikator für die Gesundheit von Ökosystemen. Ihr Rückgang geht mit einem drastischen Schwund der Vogelpopulationen einher: In Nordamerika sind in den letzten 50 Jahren fast drei Milliarden Vögel verschwunden – ein Muster, das sich mit dem Schmetterlingssterben deckt und die weitreichenden ökologischen Konsequenzen verdeutlicht.
Wie lässt sich das Schmetterlingssterben stoppen?
Um dem Rückgang der Schmetterlingspopulationen entgegenzuwirken, sind gezielte Schutzmaßnahmen erforderlich. Eine zentrale Strategie ist die Förderung blütenreicher Lebensräume in der Landwirtschaft, etwa durch die Anlage von Blühstreifen und naturnahen Flächen. Dies bietet Schmetterlingen nicht nur Nahrung, sondern auch essenzielle Rückzugsorte.

(© Belladonna2, CC BY-SA 2.5, via Wikimedia Commons)
Ebenso wichtig ist die drastische Reduzierung des Pestizideinsatzes. Nachhaltige Methoden wie integrierte Schädlingsbekämpfung (Integrated Pest Management, IPM) oder biologische Alternativen können dazu beitragen, Schmetterlinge und andere Bestäuber zu schützen, ohne den landwirtschaftlichen Ertrag zu gefährden.
Auch der Schutz bestehender Lebensräume spielt eine entscheidende Rolle. Wildwiesen, Feuchtgebiete und ungenutzte Naturflächen bieten Schmetterlingen wertvolle Lebensräume, die dringend erhalten bleiben müssen. Privatpersonen können ebenfalls einen Beitrag leisten, indem sie in ihren Gärten heimische Pflanzen fördern und auf Pestizide verzichten.
Für wandernde Arten wie den Monarchfalter ist zudem der Erhalt von Rastplätzen und Überwinterungsgebieten essenziell. Ohne diese Zwischenstationen drohen die Bestände weiter zu schrumpfen. Gleichzeitig sind politische Maßnahmen erforderlich, etwa ein Verbot besonders schädlicher Pestizide und eine nachhaltigere Landwirtschaftspolitik, um langfristige Verbesserungen zu erzielen.
Hoffnung auf Erholung
Trotz der alarmierenden Zahlen gibt es Anlass zur Hoffnung. Schmetterlinge besitzen eine bemerkenswerte Fähigkeit zur Regeneration, sofern ihre Lebensbedingungen verbessert werden. Wenn gezielte Schutzmaßnahmen konsequent umgesetzt werden, können sich viele Populationen nicht nur stabilisieren, sondern langfristig erholen.
Besonders wirksam sind Maßnahmen wie die Wiederherstellung natürlicher Lebensräume, der Verzicht auf schädliche Pestizide und eine nachhaltigere Landnutzung. Erste Erfolge zeigen, dass gezielte Schutzprogramme, etwa für den Monarchfalter, bereits positive Effekte haben können. Wissenschaftler betonen daher, dass es entscheidend ist, jetzt zu handeln – sowohl auf lokaler als auch auf nationaler Ebene –, um den Schmetterlingen eine Zukunft zu ermöglichen.
Quelle
- Edwards, C. B., et al. (2025). Rapid butterfly declines across the United States during the 21st century. Science, 387(1090). https://doi.org/10.1126/science.adp4671
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