Wiederentdeckung: Lachskarpfen (Aaptosyax grypus)
Das Foto zeigt Lachskarpfen auf einem Markt in Laos im Jahr 1997. Die im Mekong lebende Raubfischart galt seit 2005 unter anderem aufgrund von Überfischung und Lebensraumverlust als ausgestorben. Peter Cunningham, CC BY 3.0, via Wikimedia Commons)

Mekong: Seit 2005 ausgestorben geglaubter Lachskarpfen wiederentdeckt

Eine kürzlich in der Fachzeitschrift Biological Conservation veröffentlichte Studie dokumentiert die Wiederentdeckung des Lachskarpfens (Aaptosyax grypus) im Mekong-Flusssystem. Die Art galt seit 2005 als möglicherweise ausgestorben, da über einen Zeitraum von 15 Jahren keine bestätigten Nachweise vorlagen. Zwischen 2020 und 2023 konnten jedoch drei ausgewachsene Exemplare in Kambodscha gefangen und eindeutig identifiziert werden.

Der Lachskarpfen, ein großer Raubfisch, wurde erst 1991 wissenschaftlich beschrieben. Mit einer Länge von bis zu 130 Zentimetern und einem Gewicht von 30 Kilogramm zählt er zu den beeindruckendsten Süßwasserarten der Region. Charakteristisch sind eine Kerbe im Oberkiefer und ein Fettlid, das einen Großteil des Auges bedeckt.

So gelang die Wiederentdeckung

Historische Beobachtungen beschränkten sich auf wenige Sichtungen im Mekong-Flusssystem. Ab 2005 gab es keinerlei bestätigte Sichtungen mehr, und die Internationale Union zur Bewahrung der Natur (IUCN) führte die Art seit 2011 als „vom Aussterben bedroht“ mit einem sinkenden Populationstrend.

Die Wiederentdeckung der Fischspezies wurde durch die Zusammenarbeit von Wissenschaftlern und lokalen Fischern ermöglicht. Alle drei zwischen 2020 und 2023 gefangenen Individuen wurden in der kambodschanischen Provinz Stung Treng dokumentiert. Im Oktober 2020 wurde ein Exemplar im unteren Sesan-Stausee, einem Nebenfluss des Mekong, nachgewiesen. Zwei weitere Fänge erfolgten im Juni 2022 ebenfalls im Sesan-Stausee und im Oktober 2023 im Mekong-Fluss nahe Siem Bok.

Die Fänge aus den Jahren 2022 und 2023 wurden von Forschern des Inland Fisheries Research and Development Institute (IFReDI) untersucht und konserviert, während das Exemplar von 2020 anhand von Fotografien identifiziert wurde. Diese Nachweise erweitern das bekannte Verbreitungsgebiet der Art, das zuvor vor allem in Laos und Thailand lag, auf den kambodschanischen Mekong und seine Nebenflüsse. Sie bestätigen zudem, dass der Lachskarpfen trotz jahrzehntelanger Unsicherheit weiterhin existiert und in Teilen seines Lebensraums überlebt hat.

Gründe für den Rückgang des Lachskarpfens

Die Population des Lachskarpfens ist laut IUCN in den letzten zehn Jahren um über 90 Prozent zurückgegangen. Dieser Rückgang ist auf eine Kombination aus anthropogenen Eingriffen und fehlenden Schutzmaßnahmen zurückzuführen.

Mekong-Fluss
Der Mekong: Lebensraum für zahlreiche bedrohte Arten wie den Lachskarpfen und eine der wichtigsten Lebensadern Südostasiens.
Basile Morin, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons)

Ein wesentlicher Faktor ist die Überfischung. Aufgrund ihrer Größe und ihres schnellen Wachstums war die Art ein begehrter Speisefisch in der Region. Insbesondere der Einsatz von modernen Fangmethoden wie Kiemennetzen hat den Bestand stark reduziert. Der Fang adulter Tiere reduziert nicht nur die Anzahl der fortpflanzungsfähigen Individuen, sondern beeinträchtigt auch die langfristige Stabilität der Population.

Die Habitatzerstörung durch den Bau von Staudämmen entlang des Mekong hat die Wanderungsrouten der Art unterbrochen, die für die Fortpflanzung entscheidend sind. Barrieren behindern die Fischwanderungen, die früher über große Entfernungen möglich waren, und haben das Verbreitungsgebiet der Art stark eingeschränkt. Wanderungen, die früher kilometerweit stromaufwärts führten, sind nun häufig durch unüberwindbare Barrieren eingeschränkt.

Zusätzlich verschlechtert die Wasserverschmutzung durch industrielle Abwässer und landwirtschaftliche Chemikalien die Lebensbedingungen des Lachskarpfens erheblich. Vor allem Jungfische sind empfindlich gegenüber solchen Belastungen, was ihre Überlebens- und Fortpflanzungsfähigkeit verringert.

Der Mangel an Schutzmaßnahmen hat diese Bedrohungen verstärkt. Es fehlten Monitoring-Programme und gezielte Initiativen, um den Rückgang frühzeitig zu erkennen und entgegenzuwirken. Der Lachskarpfen wurde lange Zeit weder wissenschaftlich ausreichend untersucht noch in Schutzstrategien einbezogen – die Tatsache, dass die Art über einen Zeitraum von 15 Jahren als möglicherweise ausgestorben galt, trug zu diesem Umstand bei.

Die Kombination dieser Faktoren hat den Lachskarpfen in eine äußerst kritische Lage gebracht. Die wiederentdeckten Exemplare zeigen, dass er noch nicht ausgerottet ist, und geben Anlass zur Hoffnung, dass durch gezielte Schutzmaßnahmen eine Stabilisierung und mögliche Wiederherstellung der Population erreicht werden kann.

Schutzmaßnahmen für den Lachskarpfen

Mekong-Riesenwels
Auch der Mekong-Riesenwels gilt aufgrund von Überfischung und Habitatverlust als vom Aussterben bedroht. Er könnte von Schutzmaßnahmen für den wiederentdeckten Lachskarpfen profitieren.
KKPCW, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons)

Die Wissenschaftler der Studie empfehlen mehrere Maßnahmen, um den langfristigen Schutz des Lachskarpfens zu gewährleisten. Zunächst wird der Einsatz von Umwelt-DNA vorgeschlagen, um die Verbreitung und Habitatnutzung der Art systematisch zu erfassen. Ergänzend könnten Telemetrie-Studien und markierungsbasierte Methoden wie „Capture-Mark-Recapture“ eingesetzt werden, um Bewegungsmuster und Populationsgrößen zu analysieren.

Die Einbindung lokaler Gemeinschaften spielt eine zentrale Rolle. Durch Bürgerwissenschaft (Citizen Science) können Fischer und Anwohner aktiv an der Dokumentation von Sichtungen und Lebensräumen teilnehmen. Anreize für die lebende Freilassung gefangener Exemplare könnten die Beteiligung fördern und das Bewusstsein für den Schutz stärken.

Darüber hinaus betonen die Forscher die Bedeutung von Schutzgebieten in Kernlebensräumen wie tiefen Pools und Stromschnellen. Diese sollten in Zusammenarbeit mit lokalen Gemeinschaften entwickelt werden, um die Bedürfnisse der Bevölkerung zu berücksichtigen. Da der Mekong mehrere Länder durchquert, ist eine transnationale Kooperation zwischen Kambodscha, Laos und Thailand unerlässlich.

Abschließend wird ein langfristiges Überwachungsprogramm empfohlen, um die Populationsdynamik und die ökologische Rolle der Art zu erfassen. Diese Maßnahmen könnten nicht nur den Lachskarpfen schützen, sondern auch die Biodiversität im Mekong fördern.

Bedeutung für den Mekong und darüber hinaus

Der Lachskarpfen hat eine weitreichende Bedeutung für die Ökologie des Mekong-Flusssystems. Als großer Raubfisch spielt er eine zentrale Rolle in der Nahrungskette und trägt zur Regulation des ökologischen Gleichgewichts bei. Sein Vorkommen und Zustand gelten zudem als Indikator für die allgemeine Gesundheit des Flusssystems. Die Abwesenheit dieser Art über einen längeren Zeitraum hätte nicht nur den Verlust einer einzigartigen Art bedeutet, sondern auch auf tiefgreifende Störungen im Ökosystem hingewiesen.

Die Schutzmaßnahmen, die für den Erhalt des Lachskarpfens erforderlich sind, könnten durch den sogenannten „Umbrella-Effekt“ weit über diese eine Art hinausreichen. Maßnahmen wie der Schutz von Kernlebensräumen, die Kontrolle von Überfischung und die Verbesserung der Wasserqualität würden auch anderen bedrohten Arten im Mekong zugutekommen. Dazu gehören unter anderem der Mekong-Riesenwels (Pangasianodon gigas) und der Riesen-Süßwasserstechrochen (Urogymnus polylepis), die ähnlichen Bedrohungen ausgesetzt sind.

Die Wiederentdeckung des Lachskarpfens zeigt, dass es noch nicht zu spät ist, um gefährdete Arten zu retten. Sie unterstreicht die Dringlichkeit koordinierter Maßnahmen. Jetzt nicht zu handeln, könnte nicht nur das Aussterben der Fischart bedeuten, sondern auch den Verlust eines bedeutenden Teils der aquatischen Biodiversität des Mekong-Flusssystems. Der Erfolg im Schutz des Lachskarpfens könnte ein Modell für ähnliche Bemühungen weltweit sein und dazu beitragen, das Bewusstsein für den Wert und die Fragilität von Süßwasserökosystemen zu schärfen.

Quelle

  • Bunyeth Chan, Zeb S. Hogan, Michael I. Grant, Samol Chhuoy, Chheana Chhut, Kong Heng, Sébastien Brosse, Rediscovery and future approaches to conservation of the elusive giant salmon carp Aaptosyax grypus, a Critically Endangered megafish in the Mekong, Biological Conservation, Volume 299, 2024, 110814, ISSN 0006-3207, https://doi.org/10.1016/j.biocon.2024.110814.

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