Der wiederentdeckte Schwarzzügelastrild sieht dem Wellenastrild (Bild) ähnlich.
Der weit verbreitete Wellenastrild (Bild) ähnelt dem seltenen und nun wiederentdeckten Schwarzzügelastrild, unterscheidet sich jedoch durch seinen roten Augenstreif, der beim Schwarzzügelastrild schwarz ist. Die ersten Aufnahmen des Schwarzzügelastrilds gelangen 2023 im Rahmen des Search for Lost Birds-Projekts. André Simons, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons)

Wiederentdeckt nach 70 Jahren: Der Schwarzzügelastrild lebt noch

Die Biodiversität der Demokratischen Republik Kongo (DRK) birgt zahlreiche Geheimnisse, darunter auch Arten, die als verschollen galten. Eine dieser Arten, der Schwarzzügelastrild (Estrilda nigriloris), wurde erstmals 1928 von dem US-amerikanischen Zoologen James Chapin als eigenständige Art beschrieben. Seit den letzten dokumentierten Nachweisen zwischen 1927 und 1950 galt er jedoch als verschollen – bis er im Jahr 2023 nach über sieben Jahrzehnten ohne wissenschaftlichen Nachweis wiederentdeckt wurde.

Die Nachricht über die Wiederentdeckung wurde kürzlich vom Search for Lost Birds-Projekt bekannt gegeben, einer Initiative, die weltweit nach verschollenen Vogelarten sucht. Die Entdeckung liefert nicht nur neue Erkenntnisse über die Artenvielfalt der Region, sondern verdeutlicht zugleich die Dringlichkeit von Schutzmaßnahmen für bedrohte Lebensräume.

Eine Expedition mit unerwartetem Ausgang

Am 29. September 2023 befand sich Manuel Weber, Biomonitoring-Berater für den Upemba-Nationalpark, auf einer 14-tägigen Expedition in diesem artenreichen Schutzgebiet im Südosten der Demokratischen Republik Kongo. Während einer Bootsfahrt auf dem Kabwe-See entdeckte er am Ufer eine Gruppe von acht kleinen Prachtfinken. Die Vögel fielen ihm durch ihre stumpfen roten Schnäbel, ihr blassbraunes, rosaschimmerndes Gefieder, dunkle Bänderung und eine markante schwarze Augenmaske auf. Es war der Schwarzzügelastrild – eine Art, die seit 1950 nicht mehr dokumentiert worden war.

Trotz des engen Zeitplans gelang es Weber, die Vögel für einige Minuten zu beobachten und fotografisch festzuhalten. Diese Aufnahmen sind die ersten dokumentierten Bilder des Schwarzzügelastrilds in freier Wildbahn. Die detaillierte Beschreibung der Sichtung wurde in der Dezemberausgabe 2024 des Bulletin of the African Bird Club veröffentlicht und stellt den ersten wissenschaftlich belegten Nachweis der Art seit mehr als 70 Jahren dar.

Die wissenschaftliche Bedeutung der Entdeckung

Demokratische Republik Kongo
Die Demokratische Republik Kongo (rot) liegt in Zentralafrika. Im Südosten des Landes befindet sich der Upemba-Nationalpark, in dem der Schwarzzügelastrild nach mehr als 70 Jahren wiederentdeckt wurde.
TUBS, GFDL 1.2, via Wikimedia Commons)

Die Wiederentdeckung des Schwarzzügelastrilds bietet eine seltene Gelegenheit, eine bisher kaum erforschte Art genauer zu untersuchen. rotz der Erstbeschreibung als eigenständige Art im Jahr 1928 und einiger weniger dokumentierter Funde zwischen 1927 und 1950 ist bislang wenig über seine Biologie bekannt. Die Art unterscheidet sich von dem ähnlichen Wellenastrild (Estrilda astrild) durch eine schwarze Augenmaske, eine schmale rosa-weiße Linie über den Zügeln, graue Wangen und einen kürzeren, kompakteren Schnabel.

Da nach 1950 keine weiteren dokumentierten Sichtungen erfolgten, galt der Schwarzzügelastrild als verschollen. Aufgrund der wenigen Daten wird der Schwarzzügelastrild auf der Roten Liste der IUCN als ‚ungenügend dokumentiert‚ (data deficient) geführt, eine Einstufung, die nur 38 Vogelarten weltweit betrifft. Dies ist bemerkenswert, da Vögel in der Regel zu den besser dokumentierten Tiergruppen zählen.

Sein Verbreitungsgebiet scheint auf den Südosten der DRK begrenzt zu sein, doch fehlen weiterhin genaue Daten zu Populationsgröße und Bestandsentwicklung. Zudem sorgt die taxonomische Einordnung der Art weiterhin für Diskussionen unter Fachleuten. Einige Forscher halten den Schwarzzügelastrild aufgrund seiner Ähnlichkeit zum Wellenastrild für eine Unterart, doch genetische Analysen könnten hier Klarheit schaffen.

Die Sichtung von 2023 könnte den Anstoß für weiterführende Untersuchungen geben. Genetische Analysen wären notwendig, um die Art eindeutig von ähnlichen Spezies abzugrenzen. Gezielte Studien könnten zudem neue Erkenntnisse über ihren Lebensraum, ihr Verhalten und ihre Bestandsdynamik liefern. Nur so kann ein wirksamer Schutzplan für den Schwarzzügelastrild entwickelt werden.

Der Upemba-Nationalpark: Ein bedrohtes Paradies

Kongo Nationalpark
Der Upemba-Nationalpark gilt als artenreiches Schutzgebiet im Südosten der Demokratischen Republik Kongo und Fundort des lange verschollenen Schwarzzügelastrilds.
EdwinAlden.1995, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons)

Die Wiederentdeckung des Schwarzzügelastrilds verdeutlicht die immense ökologische Bedeutung des Upemba-Nationalparks als Rückzugsort seltener und teils verschollener Arten. Der Park, einer der ältesten Nationalparks der Demokratischen Republik Kongo, erstreckt sich über mehr als 1,2 Millionen Hektar und war einst ein Hotspot der afrikanischen Tierwelt. Hier lebten große Populationen von Elefanten, Löwen und Zebras – doch Wilderei, illegale Siedlungen und die rücksichtslose Ausbeutung natürlicher Ressourcen haben das Ökosystem stark geschwächt.

Zusätzlich erschweren bewaffnete Rebellengruppen, die in der Region operieren, die Arbeit der Parkranger erheblich. Sie bedrohen nicht nur die letzten Bestände geschützter Wildtiere, sondern auch die Sicherheit des gesamten Schutzgebiets.

Ein weiteres gravierendes Problem ist die Zerstörung natürlicher Lebensräume durch illegale Bergbauaktivitäten. Besonders gefährdet ist der Lufira-Fluss, der als „Lebensader der Biodiversität“ des Parks gilt. Geplante Staudammprojekte drohen das Wasserregime massiv zu verändern und damit zahlreiche Tier- und Pflanzenarten zu gefährden. Auch die „Zone Annexe“, in der der Schwarzzügelastrild wiederentdeckt wurde, ist zunehmenden Umweltbelastungen ausgesetzt: Überfischung, Verstädterung und Wasserverschmutzung setzen dem empfindlichen Ökosystem immer stärker zu.

Ein Hoffnungsschimmer für die Wissenschaft

Die Wiederentdeckung des Schwarzzügelastrilds ist bereits die vierte Erfolgsmeldung des Search for Lost Birds-Projekts in diesem Jahr, nach der Wiederentdeckung des Schwarzschwanz-Zistensängers, des Sirabartvogels und des Ockerkehlklarinos. Dies zeigt, dass selbst lange verschollene Arten noch existieren und unter den richtigen Bedingungen wiedergefunden werden können. Um sie langfristig zu erhalten, sind gezielte Forschung und Schutzmaßnahmen entscheidend.

„Die DRK hat mehr verschollene Vogelarten als fast jede andere Region der Welt. Angesichts des zunehmenden menschlichen Drucks auf die Umwelt ist es wichtiger denn je, diese Arten zu finden und zu dokumentieren“, betont John Mittermeier, Direktor des Search for Lost Birds-Programms beim American Bird Conservancy. „Besonders erfreulich ist, dass der Schwarzzügelastrild von Mitarbeitern des Upemba-Nationalparks wiederentdeckt wurde – denn sie sind in der besten Position, um ihn zu schützen.“

Die Entdeckung könnte der Auftakt zu einer umfassenderen Erforschung der Region sein. Nur durch ein tiefgehendes Verständnis der dort lebenden Arten kann eine solide Basis für deren Schutz geschaffen werden. Der Schwarzzügelastrild ist ein lebendiges Beispiel dafür, dass sich die Suche nach vermeintlich ausgestorbenen Arten lohnt – und dass es noch nicht zu spät ist, sie zu bewahren.

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