Wiederentdeckt nach 57 Jahren: Vilcabamba-Inca
Im August 2024 gelang die erste fotografische Dokumentation des Vilcabamba-Inkas seit seiner Entdeckung 1967. (© Carole Turek / Hummingbird Spot (YouTube))

Peru: Nach 57 Jahren verschollene Kolibri-Art wiederentdeckt

Vilcabamba-Inka (Coeligena eisenmanni)
Der Vilcabamba-Inka ist ein großer Kolibri mit geradem Schnabel, dunkelgrünem Körper, schwarzem Kopf, auffälligem weißen Brustband, überwiegend weißem Schwanz und kupferfarbenen Oberschwanzdecken.
(© Carole Turek / Hummingbird Spot (YouTube))

Im August 2024 gelang es der Naturfotografin Carole Turek gemeinsam mit ihrem Kollegen William Orellana, erstmals seit 57 Jahren einen Vilcabamba-Inka (Coeligena eisenmanni) in freier Wildbahn zu dokumentieren. Die Sichtung markiert einen wichtigen Moment in der Geschichte der Vogelkunde – und könnte ein Ausgangspunkt für neue Schutzbemühungen rund um diesen seltenen Kolibri sein.

Der Vilcabamba-Inka wurde erstmals 1967 im südzentralen Peru gesammelt, in den abgelegenen Vilcabamba-Bergen der Region Cusco. Basierend auf diesen Exemplaren beschrieb der amerikanische Ornithologe John Weske die Art offiziell im Jahr 1985. Seither fehlten jedoch jegliche bestätigte Sichtungen oder Nachweise – keine Fotos, keine Tonaufnahmen, keine Beobachtungen. Die Art galt als verschollen.

Bis zum Jahr 2024 existierten lediglich Museumsexemplare, die als einzige Grundlage für die taxonomische Einordnung dienten. Und selbst diese Einordnung war umstritten: Während viele Taxonomien den Vilcabamba-Inka als Unterart des weit verbreiteten Violettscheitelkolibri (Coeligena torquata) führen, plädieren andere für die Anerkennung als eigenständige Art – vor allem aufgrund seiner geografischen Isolation und der charakteristischen kupferfarbenen Oberschwanzdecken, die ihn deutlich vom Violettscheitelkolibri unterscheiden.

Die Wiederentdeckung: Erste Fotos und Videoaufnahmen

Turek hatte ursprünglich eine ganz andere Mission: In Kolumbien wollte sie den Santa-Marta-Degenflügel (Campylopterus phainopeplus) fotografieren – ebenfalls eine Art, die als verschollen galt und erst 2022 wiederentdeckt wurde. Bei dieser Gelegenheit wurde sie von Mitarbeitenden der American Bird Conservancy (ABC) auf den Vilcabamba-Inka aufmerksam gemacht.

Kurz darauf plante sie eine Reise nach Peru und fügte vier zusätzliche Tage in der Region Vilcabamba ein. Gemeinsam mit Orellana begab sich das Team auf die Suche. Schon am ersten Tag – im Nebelwald zwischen 1.600 und 3.000 Metern Höhe – gelang der Durchbruch: Der auffällige Kolibri mit seinem schwarz-grünen Gefieder und der weißen Brustbinde erschien kurz an nektarreichen Blüten – und ermöglichte dem Team innerhalb weniger Sekunden die ersten Fotos und ein kurzes Video. Dann verschwand der Vogel und kehrte während der restlichen Expedition nicht mehr zurück.

Vilcabamba in Peru
In den abgelegenen Vilcabamba-Bergen im südlichen Peru gelang im August 2024 die Wiederentdeckung des seltenen Vilcabamba-Inkas.
Burkhard Mücke, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons)

Was wir jetzt wissen – und was wir nicht wissen

Mit der Wiederentdeckung des Vilcabamba-Inkas ist zumindest eine Frage geklärt: Die Art existiert noch. Doch einige andere Fragen bleiben offen:

  • Wie groß ist die Population?
    Es gibt keine verlässlichen Daten zur Anzahl der Individuen. Auch die genaue Verbreitung bleibt unklar.
  • Ist Coeligena eisenmanni eine eigene Art?
    Die taxonomische Einordnung ist weiter umstritten. DNA-Analysen und neue Feldbeobachtungen könnten künftig Klarheit schaffen.
  • Wie bedroht ist die Art?
    Die Internationale Union zur Bewahrung der Natur (IUCN) listete den Vilcabamba-Inka zuletzt im Jahr 2016 als „nicht gefährdet“. Grund: Es fehlten ausreichend Daten für eine fundierte Einstufung. Angesichts der Wiederentdeckung dürfte eine Neubewertung erfolgen.

Bedrohungen und Perspektiven

Der Lebensraum des Vilcabamba-Inkas – die Nebelwälder der südperuanischen Anden – ist vergleichsweise wenig gestört, vor allem im Vergleich zu anderen Regionen. Dennoch dringen landwirtschaftliche Projekte und Bergbauaktivitäten zunehmend in diese Gebiete vor. Die Zerstörung, Fragmentierung und Degradierung der Wälder schreitet voran – mit potenziell gravierenden Folgen für endemische Arten wie dem Vilcabamba-Inka.

Zugleich bietet die Wiederentdeckung Anlass zur Hoffnung: Neue Beobachtungen könnten das Interesse von Ornithologen und Vogelbeobachtern wecken, mehr Daten liefern und langfristig auch Schutzprojekte anstoßen – etwa nach dem Vorbild im Norden Perus, wo die Organisation ECOAN gemeinsam mit der ABC das Abra Patricia-Reservat gegründet hat, das heute mehr als 25.000 Hektar Andenwald schützt.

Video der Wiederentdeckung des Vilcabamba-Inkas auf YouTube

Die Wiederentdeckung des verschollenen Vilcabamba-Inkas zeigt, wie viel wir über die Tierwelt unseres Planeten noch nicht wissen – und wie wichtig gezielte Forschung, lokale Zusammenarbeit und internationale Aufmerksamkeit sind. Nach fast sechs Jahrzehnten wurde dieser außergewöhnliche Kolibri wiedergefunden. Jetzt liegt es an uns, mehr über ihn zu erfahren – und seinen Lebensraum zu schützen.

Die ersten Videoaufnahmen des Vilcabamba-Inkas sind auf dem YouTube-Kanal Hummingbird Spot von Carole Turek zu sehen. Es dokumentiert die Wiederentdeckung vor Ort und enthält die bislang einzigen bekannten Bewegtbilder der Art:

Der vollständige englische Originalbericht zur Wiederentdeckung wurde auf der Plattform Search for Lost Birds veröffentlicht – einem Gemeinschaftsprojekt von Re:wild, der American Bird Conservancy (ABC) und BirdLife International. Ziel ist es, weltweit verschollene Vogelarten wiederzufinden und auf ihren Schutz aufmerksam zu machen. Im Rahmen der Initiative wurde kürzlich erst der seit 2008 vermisste Zimtbrust-Blauschnäpper auf den Philippinen wiederentdeckt.

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