In dem am 28. Oktober 2024 veröffentlichtem Update der Roten Liste der IUCN erfuhren einige Tierarten eine Statusverschlechterung dahingehend, dass ein Kategorienwechsel zwischen der IUCN Red List 2023 (Version 2023-1) und der IUCN Red List 2024 (Version 2024-2) stattfand, sodass sie nun als „ausgestorben“ gelistet werden. Die IUCN-Kategorie, in der eine Art geführt ist, kann sich in der Roten Liste bei tatsächlichen Bestandsveränderungen, bei neuem Wissen über bestehende Populationen oder infolge früherer Fehleinschätzungen verändern.
Die Rote Liste der IUCN ist ein globales Instrument zur Bewertung des Aussterberisikos von Arten und zur Beobachtung von Biodiversitätstrends. Sie teilt Arten in neun Kategorien von „nicht bewertet“ bis „ausgestorben“ ein, wobei „gefährdet“, „stark gefährdet“ und „vom Aussterben bedroht“ besonders kritisch sind.
Erstmals zwei Arten in Deutschland ausgestorben
In der aktuellen IUCN Red List 2024 wurden fünf Vogel-, neun Fisch- und fünf Schneckenarten für offiziell ausgestorben erklärt. Zum ersten Mal sind zwei Arten aus Deutschland als global ausgestorben gelistet: die Chiemsee-Renke und die Starnberger Renke, zwei Fischarten aus der Gattung Coregonus, auch bekannt als Maränen oder Rheinanken. Diese Arten, die nur in Deutschland vorkamen, sind unwiederbringlich verloren. Dies stellt einen Wendepunkt dar, da bisherige Aussterbefälle in Deutschland nur lokale Verluste betrafen und die betreffenden Arten in anderen Regionen Europas oder weltweit noch existierten – wie etwa der Anfang des 17. Jahrhunderts ausgestorbene Auerochse.
Die IUCN hat diese Tiere 2024 für ausgestorben erklärt
Maui-Sichelkleidervogel (Hemignathus affinis) Der U.S. Fish and Wildlife Service (USFWS) erklärte den Maui-Sichelkleidervogel bereits 2023 für ausgestorben. Nach über 60 Jahren ohne Sichtung wurde die Art 1967 wiederentdeckt; anschließend gab es rund 30 angebliche Sichtungen, die letzte 1996. Der nun von der IUCN für ausgestorben erklärte Maui-Sichelkleidervogel starb durch die massiven Eingriffe in Hawaiis Wälder seit der Ankunft der Polynesier aus, einschließlich Abholzung und der Einführung invasiver Tiere und Krankheiten wie Vogelmalaria und -pocken.
Kauai-Sichelkleidervogel (Hemignathus hanapepe) Obwohl es seit 1960 mindestens 30 Sichtungen gab, zuletzt 2007, hat die IUCN die Vogelart für ausgestorben erklärt. Der Grund: Es gibt bei keiner der Sichtungen genügend Beweise, um eine Verwechslung mit dem Kauai-Amakihikleidervogel (Chlorodrepanis stejnegeri) sicher auszuschließen. Der Kauai-Sichelkleidervogel ist durch den Verlust und die Zerstörung von Lebensraum für Landwirtschaft sowie durch eingeführte Arten, die ihm nachstellten und Krankheiten übertrugen.
Maui-Akepakleidervogel (Loxops ochraceus) Den einst auf der Hawaiiinsel Maui endemische Maui-Akepakleidervogel führt die IUCN nun in der Kategorie "Ausgestorben", da er nach 1988 nicht mehr gesichtet wurde. Der USFWS entfernte die Art bereits 2023 aufgrund ihres vermuteten Aussterbens aus der Liste bedrohter Arten. Die Wissenschaft unterscheidet etwa 24 Gattungen und 59 Arten innerhalb der Kleidervögel, von denen inzwischen mindestens 38 als ausgestorben gelten. Lebensraumverlust, eingeschleppte Krankheiten und Konkurrenz durch invasive Arten gelten als Hauptaussterbeursachen.
Gelbkopf-Kleidervogel (Psittirostra psittacea) Der einst auf vielen Hawaiiinseln weit verbreitete Gelbkopf-Kleidervogel verschwand zwischen 1899 und 1931 von Oahu, Maui, Molokai und Lanai. Zuletzt dokumentiert wurde er 1989 auf Kauai, weshalb die IUCN ihn nun als ausgestorben klassifiziert. Zwei Hurrikane in den Jahren 1982 und 1992, die das Alakai-Sumpfgebiet auf Kauai, das letzte bekannte Verbreitungsgebiet der Art, trafen, besiegelten das Schicksal des Gelbkopf-Kleidervogels wahrscheinlich endgültig.
Weißbrust-Brillenvogel (Zosterops albogularis) Der Weißbrust-Brillenvogel von der Norfolkinsel war um 1908 noch häufig, doch bis 1962 schrumpfte die Population auf unter 50 Individuen. Intensive Nachforschungen, zuletzt 2020, blieben ohne Erfolg, sodass die Art nun auf der IUCN-Roten Liste als ausgestorben gilt. Hauptursache für das Aussterben waren eingeschleppte Hausratten in den 1940er-Jahren; zusätzlich beschleunigten Habitatverlust sowie Konkurrenz durch invasive Pflanzen und den Graumantel-Brillenvogel (Z. lateralis) den Rückgang der Art.
Maiforelle (Salmo schiefermuelleri) Die Maiforelle, die in der IUCN-Kategorie "Ausgestorben" gelistet wird, ist vermutlich durch die starken Eingriffe in ihren Lebensraum verschwunden, darunter Uferbegradigungen, Wehranlagen und Wasserverschmutzung, die ihre Wander- und Fortpflanzungsmöglichkeiten stark eingeschränkten. Auch die Überfischung spielte eine Rolle, da das Fleisch der Maiforelle begehrt und hochpreisig war. Zusätzlich könnten eingeschleppte Arten das endgültige Aussterben begünstigt haben.
Partula dentifera Die nachtaktive, lebendgebärende Baumschnecke von der polynesischen Insel Raiatea wurde zuletzt 1972 nachgewiesen; 1991 gefundene Gehäuse der Art waren leer. Die IUCN hat Partula dentifera nun offiziell als ausgestorben eingestuft. Hauptursache für das Aussterben dieser und anderer Partula-Arten ist der Fraßdruck durch die fleischfressende Rosige Wolfsschnecke (Euglandina rosea), die zur Bekämpfung der eingeschleppten Großen Achatschnecke (Achatina fulica) auf die Insel gebracht wurde.
Partula faba Die IUCN Red List verzeichnet nun auch die polynesische Baumschneckenart Partula faba als ausgestorben. Seit 1991 versuchten Zoos im Vereinigten Königreich, diese Schneckenart vor dem Aussterben zu bewahren. Anfangs zeigte das Erhaltungsprogramm Erfolg, doch allmählich setzte ein Bestandsrückgang ein. Die letzte bekannte Kolonie wurde erst dem Bristol Zoo und später dem Edinburgh Zoo anvertraut, jedoch ohne dauerhaften Erfolg – die letzte Schnecke starb schließlich im Februar 2016.
Partula guamensis Die relativ große Baumschnecke Partula guamensis kam einst zahlreich auf der zu Mikronesien gehörenden Insel Pohnpei vor, allerdings konnten seit 1936 keine lebenden Exemplare mehr gefunden werden. Felduntersuchungen in den Jahren 2005, 2006 und 2008 fanden nur vier tote, verwitterte Gehäuse. Da die Art auch in neueren Erhebungen in geeigneten Lebensräumen nicht nachgewiesen wurde, führt die Rote Liste der IUCN sie nun als ausgestorben.
Langfords Baumschnecke (Partula langfordi) Langfords Baumschnecke kam ursprünglich nur an fünf Stellen auf der Insel Aguiguan in den Marianen vor und war bis 1992 auf einen einzigen Standort zurückgedrängt. Seitdem wurde kein lebendes Exemplar mehr gesichtet, weshalb die Art laut IUCN nun als ausgestorben gilt. Ihre Lebensräume waren ab den 1940er-Jahren durch intensive Abholzung stark eingeschränkt worden, und das endgültige Aussterben wurde durch die Einführung der räuberischen Rosigen Wolfsschnecke (Euglandina rosea) im Jahr 1992 ausgelöst.
Partula tristis – Raiatea, Französisch-Polynesien – letzte bestätigte Sichtung 1934
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