Lomanius
Ein auf den Philippinen vorkommender Weberknecht der Gattung Lomanius, der wie auch der ausgestorbene C. braueri zur Familie Podoctidae gehört. A. B. Kury: photographVae victis: uploader to en.wikipedia, Public domain, via Wikimedia Commons)

Centrobunus braueri (Weberknecht)

Centrobunus braueri: Einer der ausgestorbenen Opilioniden der Seychellen

Sie sind auch bekannt als Habermann, Opa Langbein, Schuster, Zimmermann, Weber, Schneidergeiß oder Kanker – die Weberknechte (Opiliones). Die oft langbeinigen Spinnentiere (Arachnida) existieren auf allen Kontinenten außer der Antarktis. Im Gegensatz zu Webspinnen (Araneae) sind Vorder- und Hinterkörper bei Weberknechten miteinander verwachsen. Sie besitzen keine Spinn- oder Giftdrüsen, dafür aber Stinkdrüsen, die giftige Substanzen absondern können.

Die monotypische zur Ordnung der Weberknechte gehörende Art Centrobunus braueri, die einzige Art ihrer Gattung, lebte auf Mahé, der Hauptinsel der Seychellen, einem afrikanischem Inselstaat im Indischen Ozean. Der Weberknecht C. braueri wurde 1894 entdeckt und vom niederländischen Arachnologen Jan Cornelis Christiaan Loman 1902 anhand eines einzelnen männlichen Exemplars wissenschaftlich in Neue aussereuropäische Opilioniden beschrieben.

centrobunus braueri
Augenhügel (links) und rechter Palpus (rechts) von Centrobunus braueri. (© J. C. C. Loman: Neue aussereuropäische Opilioniden. Zoologische Jahrbücher. Abteilung für Systematik, Geographie und Biologie der Tiere 16: 163-216. 1902)

Aus der Beschreibung Lomans geht hervor, dass C. braueri insgesamt dunkelbraun war, nur die Fußspitzen und Pedipalpen waren etwas heller. Loman bezeichnet die Gattung zudem als aberrant, da C. braueri morphologische Eigenheiten aufweist, die zu keiner Weberknecht-Familie so richtig passen wollen. So passe C. braueri aufgrund seiner wehrlosen Palpen eigentlich nicht in die Familie Podoctidae, der C. braueri allerdings zugeordnet wird. Weiterhin weise er diverse Merkmale aus der Familie Epidanidae auf, wie etwa den großen und hohen Augenhügel, das bedornte erste Fußpaar oder die kräftigen Pedipalpen. Zudem seien die Palpen von C. braueri viel länger als sein Körper und passen schon deshalb nicht in die Familie Podoctidae.

Die Familie Podoctidae umfasst rund 130 Weberknecht-Arten. Die meisten sind mittelgroß und weisen eine gelbe, braune oder grüne Färbung aus, sodass sie in ihrem Lebensraum sehr gut getarnt sind. Die Körperlänge von C. braueri betrug fünf Millimeter, seine Beine waren neun Millimeter lang. Die Tiere können glatt oder vollständig mit Stacheln oder Höckern übersät sein. Auch bei C. braueri war der „ganze Körper nebst Füssen von Sandkörnern bedeckt“. Am Bauch und an der Hüfte war er „ganz mit haartragenden Knötchen bedeckt“. Typisch für diese Weberknechte sind lange Dornen an allen Gliedern des ersten Laufbeinpaares.

Centrobunus braueri – Steckbrief
wissenschaftlicher NameCentrobunus braueri
englischer NameBrauer’s Spiky Harvestmen
ursprüngliches VerbreitungsgebietMahé (Seychellen)
Zeitpunkt des Aussterbens1894
Ursachen für das AussterbenLebensraumverlust, auf Insel eingeschleppte Pflanzen

Warum ist der Weberknecht C. braueri ausgestorben?

Nachdem die Art 1894 auf der Seychellen-Insel Mahé an einem nicht näher bekannten Ort entdeckt wurde, konnten trotz der Suchen in geeigneten Lebensräumen der Insel keine weiteren Exemplare ausfindig gemacht werden. Die Weltnaturschutzorganisation IUCN listet C. braueri in ihrer Red List seit 2014 als ausgestorben. Sie geht davon aus, dass die Weberknecht-Spezies in Wäldern des tropischen feuchten Tieflandes lebte.

Seit 1894 habe sich der Lebensraum für die endemische Tierwelt auf Mahé erheblich verschlechtert. Es sei nur eine kleine Fläche natürlichen und gesunden Lebensraums übrig geblieben, so die IUCN. Vor allem die Auswirkungen invasiver Pflanzenarten habe den ursprünglichen Lebensraum zerstört und zum Aussterben diverser Tierarten geführt.

Cinnamomum verum
Der auf die Seychellen-Inseln eingeschleppte Ceylon-Zimtbaum hat vermutlich zur Zerstörung des Lebensraums des ausgestorbenen Weberknechts C. braueri beigetragen. (© Vinayaraj, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons)

Für C. braueri wird angenommen, dass in erster Linie der auf die Insel eingeführte Ceylon-Zimtbaum (Cinnamomum verum) zum Problem für die Weberknecht-Art wurde. Die ursprüngliche Heimat des Ceylon-Zimtbaumes ist Sri Lanka; heute wird er aber in vielen tropischen Ländern der Erde angebaut.

Dadurch dass die Früchte des Zimtbaumes von Vögeln gefressen werden, verteilen sich die Samen schnell, sodass der Ceylon-Zimtbaum zu einer invasiven Pflanzenart wurde. Auf den Inseln des Indischen und Pazifischen Ozeans, insbesondere auf den Karibischen Inseln und den Seychellen, kommt der Zimtbaum verwildert vor. Hat der Ceylon-Zimtbaum einmal Fuß gefasst, wird er schnell zum dominierenden Baum in feuchten tropischen Tieflandwäldern. Als Konkurrent kann er die Biodiversität des Lebensraums beeinträchtigen und einheimische Pflanzenarten verdrängen. Das dichte Blätterdach des Zimtbaumes führt unter anderem dazu, dass andere Pflanzenarten plötzlich im Schatten stehen.

Eingeschleppte Tiere und Pflanzen zerstörten Flora und Fauna der Seychellen

Die Seychellen waren bis ins 18. Jahrhundert unbewohnt, sodass sich auf den Inseln eine besonders artenreiche Flora und Fauna entwickeln konnte. Auf der Inselgruppe sind mindestens 13 Amphibien-, 30 Reptilien- und 220 Vogelarten dokumentiert. Weiterhin leben dort mehr als 1.000 Arten wirbelloser Tiere, darunter 362 Spinnentiere und 71 Myriapoden (Tausendfüßer).

Die einzigen Säugetiere auf den Seychellen waren vor Ankunft der Menschen die Seychellen-Flughunde (Pteropus seychellensis). Mit den Menschen gelangten zahlreiche Tiere auf die Inseln: etwa Ratten, Hühner, Schweine, Rinder, Enten und Ziegen. Ratten, die auf die 55 Kilometer östlich von Mahé liegende Insel Frégate eingeschleppt wurden, rotteten so beinahe eine der größten und nur dort vorkommenden Schwarzkäferarten (Polposipus herculeanus) aus. Und auch andere einheimische wirbellose Tiere, wie Geißelskorpione, Schnecken und Riesentausendfüßer, litten unter den Nagetieren. Seit dem Jahr 2000 ist Frégate wieder rattenfrei, so ein National Geographic-Artikel (2011) über das Ökosystem der Seychellen.

Die ursprünglichsten Pflanzenarten findet man auf den Seychellen heute meistens nur noch weit oben – auf Bergspitzen, fernab von Landwirtschaft und menschlichen Siedlungen. Der Quallenbaum (Medusagyne oppositifolia), der schon als ausgestorben galt, bis er 1970 wiederentdeckt wurde, existiert ausschließlich auf Mahé. Er zählt zu den seltensten Pflanzen der Welt.

Neben den Zimtbäumen gelangten als invasive Pflanzenarten auch etwa Kokospflaumensträucher (Chrysobalanus icaco) und Guaven (Psidium) auf die Seychellen-Inseln. Sie alle führten dazu, dass einheimische Pflanzen, wie beispielsweise die fleischfressende Seychellen-Kannenpflanze (Nepenthes pervillei), verdrängt wurden.

Seit Ende des 19. Jahrhunderts sind neben C. braueri noch mindestens vier weitere Weberknecht-Arten auf den Seychellen ausgestorben sowie mehrere Tausend- und Hundertfüßer- und Riesenkrabbenspinnen-Arten.

Andere in der Neuzeit ausgestorbene Spinnentiere sind etwa die Cascade-Trichternetzspinne, die auf der Insel Tasmanien frühestens 1926 verschwand, und der einst in Israel endemische Höhlen-Skorpion Akrav israchanani, der spätestens Anfang der 1990er-Jahre ausstarb.

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