Bonin-Taube Columba versicolor
Die mittelgroße Bonin-Taube erreichte eine durchschnittliche Länge von 45 Zentimetern. Ihr Rücken glänzte grauschwarz, die Flügeldecken wiesen ein dunkles Türkisgrün und Dunkelblau auf, die Unterseite war hellgrau, der Schnabel gelbgrün und die Beine und Füße waren dunkelrot. Lydia Kingsley Kefford, Public domain, via Wikimedia Commons)

Bonin-Taube

Bonin-Taube: 1827 entdeckt, 1889 verschwunden

Im Juni 1827 landete die HMS Blossom während einer Erkundungsfahrt mit ihrem Kapitän Frederick W. Beechey rund 800 Kilometer südlich des Hafens von Tokio auf der Insel Chichi-jima, die Beechey Peel Island taufte. Kapitän Beechey war der erste, der die Bonin-Taube entdeckte. Er bemerkte die beträchtliche Vielfalt und Menge an Vögeln auf der Insel, obwohl bereits Schiffbrüchige zahlreiche Schweine und Ratten dorthin gebracht hätten.

Nur 25 Jahre später, als der amerikanische Marinekommandant Oliver Hazard Perry die Bonininseln auf seinem Weg nach Japan ansteuerte, heißt es, dass die Vögel auf den Inseln selten geworden sind. Zu dieser Zeit, 1853, lebten lediglich 31 Menschen dort, allerdings gab es auf Chichi-jima, „wo keine Säugtiere, mit Ausnahme einer Fledermaus zuvor existierten“, nun Rehwild, Ziegen, Schweine, Schafe sowie „unzählige Katzen und Hunde“.

Als Japan die Bonininseln 1875 annektierte, hatten diese nur 100 Einwohner. Doch bereits 1900 bewohnten mehr als 5.000 Menschen die Inseln. Dieser rapide Bevölkerungsanstieg führte schließlich zum Verschwinden der Bonin-Taube, denn mit dem Bevölkerungswachstum verschwanden auch allmählich die Wälder von den Inseln.

Der norwegische Tiersammler und Naturalienhändler P. Augustus Holst schoss 1889 das letzte Exemplar der Bonin-Taube auf der gerade einmal 1,58 Quadratkilometer großen Insel Nakodo-jima. Zwischen 1900 und 1929 suchten verschiedene Sammler auf den Inseln vergebens nach dem Vogel. Heute existieren vier Museumsexemplare der Bonin-Taube.

Bonin-Taube – Steckbrief
alternative Bezeichnungen Bonintaube, Ogasawara-Karasubato
wissenschaftlicher Name Columba versicolor
englische Namen Bonin Wood Pigeon, Bonin Wood-Pigeon, Bonin Woodpigeon
ursprüngliches Verbreitungsgebiet Bonininseln (Japan)
Zeitpunkt des Aussterbens frühestens 1889
Ursachen für das Aussterben auf Inseln eingeschleppte Tiere, Bejagung, Lebensraumverlust

1832: Wissenschaftliche Erstbeschreibung durch Freiherr von Kittlitz

Veilchen-Taube
Die auf einigen japanischen Inseln vorkommende Veilchentaube soll der Bonin-Taube nicht nur ähnlich gesehen haben, sondern auch in ihrer Lebensweise gab es Parallelen. (© Philipp Franz von Siebold, Public domain, via Wikimedia Commons)

Wissenschaftler gehen heute davon aus, dass die Bonin-Taube zumindest auf den zur japanischen Ogasawara-Inselgruppe (auch Bonininseln) gehörenden Inseln Nakodo-jima und Chichi-jima (früher: Peels Island oder Peelsinsel) endemisch war. Die zur Gattung der Feldtauben (Columba) gehörende Bonin-Taube lebte und nistete in den Wäldern der Inseln.

Heinrich von Kittlitz, ein preußisch-schlesischer Naturforscher und Ornithologe, entdeckte die Bonin-Taube 1828. Er gilt heute als Erstbeschreiber der Art, denn in seinen Kupfertafeln zur Naturgeschichte der Vögel erwähnt er sie 1832 als erster in einem wissenschaftlichen Rahmen. Er schreibt, die Bonin-Taube häufig in Gesellschaft der ebenfalls unter anderem auf den Bonininseln vorkommenden Veilchentaube (Columba janthina) beobachtet zu haben:

„(…) hier lebt sie (die Veilchentaube) mit (…) (C. versicolor mihi) die als Art sichtbar verschieden obgleich ihr äusserst ähnlich ist, dabei aber weit seltener vorkommt. In allen Geschlechts- und Altersverschiedenheiten ist der Unterschied beider in Farbe und Grösse bemerkbar, in Nahrung und Lebensart sind sie übrigens sehr verwandt. Sie halten sich einzeln und paarweiss, und fressen unter andern gern die Früchte der dortigen Fächerpalme.“

Die schwindende Avifauna der Bonininseln

Ogasawara-Inseln (Bonininseln)
Die Karte zeigt die zu den Bonininseln gehörenden Inselketten. Die Bonin-Taube kam auf der Chichijima- und Mukojima-Inselkette vor. (© www.demis.nl, via Wikimedia Commons)

Die Vogelvielfalt der südlich von Japan gelegenen Inseln und Inselgruppen wurde in den letzten Jahrhunderten stark dezimiert. Davon betroffen waren auch die Bonininseln. Neben der Bonin-Taube sind mindestens noch die Bonin-Erddrossel (Zoothera terrestris) und der Bonin-Kernbeißer (Chaunoproctus ferreorostris) in den 1830er-Jahren verschwunden. Das letzte Exemplar des Bonin-Rotrückreihers (Nycticorax caledonicus crassirostris) wurde 1889 auf Nakodo-jima gefangen.

Die Sturdee-Zwergfledermaus, die seit 1915 kein Lebenszeichen mehr von sich gab, bewohnte ebenfalls die Bonininseln. Zudem sind ein Großteil der einst auf den Inseln endemischen Schnecken heute vom Aussterben bedroht oder bereits ausgestorben.

Während die IUCN, die die Bonin-Taube seit 1988 als ‚ausgestorben‘ listet, davon ausgeht, dass die Zerstörung des natürlichen Lebensraums durch Entwaldung auf den Bonininseln zum Aussterben der Taube geführt hat, sehen andere Wissenschaftler die Einfuhr fremder Tierarten als Hauptgrund für das Verschwinden an.

Die ersten Siedler ließen sich ab 1830 auf Chichi-jima nieder. Diese versorgten Walfänger auf der Durchreise mit frischen Lebensmitteln, Fleisch und Wasser. Es ist davon auszugehen, dass auch ab diesem Zeitpunkt exotische Tiere (etwa Ratten oder Katzen) auf die Insel gelangten, die den heimischen Vögeln nachstellten oder deren Eier fraßen.

Es gibt Hinweise darauf, dass die Bonin-Taube und andere Vogelarten der Bonininseln bejagt wurden. Die Tatsache, dass die Bonin-Taube kaum Angst vor Menschen zeigte (Inselzahmheit) und damit eine leichte Beute für Jäger war, trug sicherlich auch zu ihrem schnellen Verschwinden bei.

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