Lepidochrysops praeterita (Highveld Bläuling) - verwandt mit Morants Bläuling?
Der ebenfalls in Südafrika endemische Highveld-Bläuling (Lepidochrysops praeterita) – eng verwandt oder identisch mit dem ausgestorbenen Morants Bläuling? JMK, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons)

Morants Bläuling

Morants Bläuling: Drei männliche Exemplare sind geblieben

Walter Morant, vermutlich ein Insektenkundler, der in der ehemaligen britischen Kolonie Natal im Süden Afrikas lebte, wohnte den Treffen der 1868 gegründeten Natural History Association of Natal von Beginn an bei. Er hielt dort Reden und stellte Insekten aus. Sein Spezialgebiet: südafrikanische Insekten, vor allem Schmetterlinge. Im September 1870 entdeckte Morant in Blue Bank, nahe der Stadt Ladysmith in der KwaZulu-Natal-Provinz an der Ostküste Südafrikas zwei ihm unbekannte Falter, die er später dem britisch-stämmigen Naturforscher Roland Trimen zukommen ließ. Trimen, seinerzeit Kurator im South African Museum, und Henry James Bowker beschrieben die Schmetterlingsart als Lepidochrysops hypopolia 1887 in ihrer berühmten Monographie South African Butterflies. Die Spezies wurde nach seinem Entdecker Morant’s Blue beziehungsweise Morants Bläuling genannt.

Morants Bläuling ist nur durch drei männliche Exemplare bekannt. Zwei vollständige zur Familie der Bläulinge (Lycaenidae) gehörende Falter entdeckte Morant und das dritte, bei dem ein Bein fehlt, fand der seit seiner Kindheit in Südafrika lebende Ornithologe Thomas Ayres 1879. Seinen Fund machte er nicht in derselben Region wie Morant, sondern in der Nähe der Stadt Potchefstroom in der Nordwestprovinz (damals West-Transvaal) Südafrikas. Die beiden vollständigen Exemplare befinden sich heute im National History Museum in London, das andere wird im Iziko South African Museum in Kapstadt ausgestellt.

Morants Bläuling – Steckbrief
alternative BeeichnungenMorant-se-bloutjie, Morant-bloutjie, Verlore Ratsbloutjie
wissenschaftliche NamenLepidochrysops hypopolia, Lycaena hypopolia, Cupido hypopolia, Neochrysops hypopolia
englische NamenMorant’s Blue, Lost Nimble Blue
ursprüngliches VerbreitungsgebietSüdafrika
Zeitpunkt des Aussterbensetwa 1879
Ursachen für das Aussterbenunklar

Sexualdichroismus: Wie der weibliche Morants Bläuling aussah, ist ungewiss

Lepidochrysops quassi
Sexualdichroismus beim in Afrika endemischen Bläuling Lepidochrysops quassi: Männchen links und Weibchen rechts. Bethune Baker, Public domain, via Wikimedia Commons)

Wirklich viel ist über die Schmetterlingsart Morants Bläuling, die seit 1994 in der Roten Liste der Weltnaturschutzorganisation IUCN als ausgestorben geführt wird, nicht bekannt. Biologen gehen davon aus, dass die Gebiete, in denen Morant und Ayres die Falter entdeckten, ihrem Verbreitungsgebiet entsprachen: das Grasland der KwaZulu-Natal- und der Nordwestprovinz Südafrikas.

Berichte, denen zufolge ein gewisser C. W. Morrison ein einzelnes weibliches Tier in der Nähe der Stadt Estcourt in der KwaZulu-Natal-Provinz gefunden hat, ließen sich nicht bestätigen. Bis heute ist es bei den drei männlichen Faltern geblieben.

Die drei gesammelten Männchen weisen eine Flügelspannweite von knapp zwei Zentimetern auf. Die Oberseite ihrer Flügel ist violettblau und am Rand befindet sich ein schmaler brauner Saum. Zudem besitzen sie einen deutlich erkennbaren medianen Fleck auf den Vorderflügeloberseiten. Die Oberseite der Hinterflügel weist einen schmalen schwarzen Fleck auf, der von einem ockergelben Halbmond begrenzt wird. Die Unterseite der Flügel war braun mit einigen dunkleren Flecken; zum Flügelrand hin wurde das Braun dunkler.

Wie die weiblichen Exemplare wohl aussahen, lässt sich nicht sagen. Wir wissen aber, dass viele männliche Bläulinge an den Flügeloberseiten blau sind – daher auch der Name. Die weiblichen Exemplare hingegen besitzen oft eine andere Flügelfärbung. Dieses Phänomen nennt sich Sexualdichroismus.

Morants Bläuling – Vielleicht doch nur ein Highveld-Bläuling?

Entomologen spekulierten, ob es sich beim Morants Bläuling lediglich um eine (möglicherweise durch die Präparation) chemisch gebleichte Version des Highveld-Bläulings (Lepidochrysops praeterita) handelt. Sollte das der Fall sein, wären sie Artgenossen.

Wahrscheinlicher ist, dass der Highveld-Bläuling eng mit Morants Bläuling verwandt und vielleicht sogar die Schwesterart ist. Warum die Arten nicht identisch sind, schreibt der Entomologe Jonathan Bradford Ball in seiner Masterarbeit (2006) für die Universität Stellenbosch: Die Unterseiten von Morants Bläuling sind heller, die Oberseiten sind nicht gebleicht und die äußeren Ränder der Vorderflügel sind bei den Männchen von Morants Bläuling konvexer geformt als beim Highveld-Bläuling. Es bestehen also nicht nur farbliche, sondern auch morphologische Unterschiede zwischen den Arten.

Trimen und Bowker merken in ihrer Beschreibung der Spezies an, dass der Morants Bläuling am ehesten dem Brenton-Bläuling (Orachrysops niobe), den Trimen 1858 bereits beschrieben hatte, ähnelt sowie dem ebenfalls von Trimen 1887 beschriebenen King Blue (Lepidochrysops tantalus). Die beiden Arten seien allerdings kleiner und an der Unterseite dunkler gefärbt als Morants Bläuling.

Warum ist Morants Bläuling ausgestorben?

Karte von Südafrika mit Kolonien von 1885
Karte Südafrikas mit den Kolonialgebieten von 1885. Die Exemplare von Morants Bläuling fand man in Natal und Transvaal. (© Themightyquill, Kirkworld, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons)

Nichts weist darauf hin, warum Morants Bläuling ausgestorben ist. Als Morant die Schmetterlingsart 1870 entdeckte, muss sie schon extrem selten gewesen sein, denn nach dem letzten Fund 1879 konnte kein weiteres Exemplar ausfindig gemacht werden.

Es handelt sich bei Morants Bläuling jedenfalls nicht um die erste Art aus der Familie der Bläulinge, die ausgestorben ist. Der berühmteste in den 1940er-Jahren verschwundene Bläuling ist wohl der in San Francisco (Kalifornien, USA) einst endemische Xerces-Bläuling. Er starb aus, weil sein Lebensraum vollständig im Zuge der Urbanisierung besiedelt und damit zerstört wurde. Wahrscheinlich wurde dabei auch seine Hauptfutterpflanze, die zur Entwicklung seiner Raupen nötig war, verdrängt. Ähnlich erging es wahrscheinlich dem Mauritius-Schnauzenfalter, der 1865 ausstarb.

Ob bei Morants Bläuling ähnliche Entwicklungen zum Verschwinden geführt haben, ist unklar. Die Geschichte Südafrikas zeigt jedoch, dass mit den natürlichen Ressourcen des Landes in den letzten Jahrhunderten nicht immer rücksichtsvoll umgegangen wurde. Die IUCN merkt zudem an, dass sich die Vegetation im ehemaligen Verbreitungsgebiet von Morants Bläuling seit den 1870er-Jahren verändert habe.

Exkurs: Weiße Siedler in Südafrika

Im Jahr 1652 wurde die erste dauerhafte europäische Siedlung in Südafrika gegründet. Von da an kamen immer mehr Menschen, um die Kapkolonie zu besiedeln. Die neuen Siedler benötigten Behausungen sowie Acker- und Weideland, weshalb sie uralte Wälder abgeholzten, Wildtiere erschossen und natürlichen Lebensraum zerstörten.

Die mehrere Jahrzehnte andauernde Überweidung und Monokultur verwandelten den einst fruchtbaren Boden vielerorts in erodierte Landstriche ohne Flora und Fauna. Die ersten großen Tierarten starben aus: um 1800 der Blaubock, 1865 der Kaplöwe und 1883 das Quagga. Mitte des 19. Jahrhunderts verschwanden zudem die letzten Elefanten aus dem Süden Afrikas.

Die ersten „Naturschutzgebiete“ in Südafrika entstanden zunächst aus Eigennutz, denn sie sollten sicherstellen, dass Kolonialherren reichlich Tiere zum Bejagen vorfanden. Die Schutzgebiete dienten außerdem zur Sicherung von Gebirgsregionen in ihrer Funktion als Wassereinzugsbereiche sowie zur Erhaltung wirtschaftlich wichtiger Waldbestände.

Irgendwann kam es zum Umdenken in den Köpfen der Menschen: 1846 wurde das erste Naturschutzgesetz Afrikas erlassen. Es diente dem Schutz der Ebenen und Hügel vor Erosion in der Kapkolonie. Und ab 1858 galt für alle britischen Kolonien des 19. Jahrhunderts der Forest and Herbage Preservation Act. In der Folge wurden bis 1914 insgesamt 15 Schutzgebiete, die eine Gesamtfläche von 30.000 Quadratkilometern besaßen, gegründet. Diese bildeten später die Kerne heutiger afrikanischer Großschutzgebiete.

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