tongatapu-ralle gallirallus hypoleucus
Vermutlich eine Darstellung der ausgestorbenen Tongatapu-Ralle; gemalt von George Forster zwischen 1772 und 1775 auf James Cooks zweiter Südseereise. George Forster, Public domain, via Wikimedia Commons)

Tongatapu-Ralle

James Cook: Verantwortlich für den Tod der Tongatapu-Ralle?

Es heißt, der englische Seefahrer James Cook brachte 1773 erstmals Hunde auf die Insel Tongatapu, die größte Insel des polynesischen Inselstaats Tonga. Als er 1777 wiederkam, waren die Hunde bereits verwildert und 1793 hatten sie sich unbändig vermehrt. Die Raubtiere waren dafür bekannt, Jagd auf Rallen zu machen – auch auf die Tongatapu-Ralle.

Schon bald nach 1777, kurz nach der Entdeckung der Tongatapu-Ralle konnte kein Exemplar der Vogelart mehr gesichtet werden, weshalb Experten heute davon ausgehen, dass der Vogel Ende des 18. Jahrhunderts ausgestorben ist.

David G. Medway befasste sich 2010 in The Tongatapu Rail Gallirallus hypoleucus – an extinct Species resurrected?, veröffentlicht in Notornis und herausgegeben von der Ornithological Society of New Zealand, mit der Geschichte der Tongatapu-Ralle.

Ihm zufolge war die Insel Tongatapu schon in den 1770er-Jahren ein schlechter Ort für Rallenvögel – insbesondere dann, wenn sie flugunfähig waren. Julian Hume schreibt zwar in Extinct Birds (2012), dass nicht sicher sei, ob die Tongatapu-Ralle nicht fliegen konnte. Doch wenn Sie fliegen konnte, sei sie sicherlich nicht gut darin gewesen.

Tongatapu wurde zu diesem Zeitpunkt bereits seit rund 2.800 Jahren von Menschen besiedelt und ein Großteil der Wälder war bereits abgeholzt, schreibt David W. Steadman 2006 in Extinction & Biogeography of Tropical Pacific Birds. So fand Cook einst auch den größten Teil der Insel als landschaftlich kultiviert und mit Plantagen versehen vor.

Steadman, Medway und Hume erachten es als einigermaßen überraschend, dass die Tongatapu-Ralle in den 1770er-Jahren überhaupt noch existierte. Der Vogel überlebte jahrhundertelang, dass die Einheimischen Jagd auf ihn machten, die Zerstörung seines Lebensraums sowie das Nachstellen durch eingeschleppte Säugetiere wie etwa Ratten. Die durch Cook eingeschleppten Hunde waren somit wahrscheinlich nur der letzte kleine Rest, der zum endgültigen Verschwinden der Vögel beigetragen hat.

Tongatapu-Ralle – Steckbrief
wissenschaftliche NamenGallirallus hypoleucus, Rallus hypoleucus, Hypotaenidia hypoleucus, (Rallus philippensis), (Rallus pectoralis)
englischer NameTongatapu Rail
ursprüngliches VerbreitungsgebietTongatapu (Südpazifik)
Zeitpunkt des Aussterbensfrühestens 1777
Ursachen für das AussterbenLebensraumverlust, Bejagung, auf Insel eingeschleppte Tiere (z.B. Ratten, Hunde)

Nur durch eine kurze Beschreibung und ein Bild bekannt

Bekannt ist die Tongatapu-Ralle lediglich von einer kurzen Beschreibung eines Vogels, der 1777 auf der Insel Tongatapu während Cooks dritter Südseereise  gesammelt wurde. Während dieser Reise wurde übrigens auch der heute ausgestorbene Kiritimati-Südseeläufer von Cook und seinen Leuten entdeckt.

Zudem existiert ein zeitgenössisches Gemälde des deutschen Naturforschers Georg Forster, das wahrscheinlich die Tongatapu-Ralle zeigt. Das Bild der Ralle entstand schon auf Cooks zweiter Südseereise zwischen 1772 und 1775.

Als im Juni 1777 James Cook und seine Expeditionsschiffe die Insel Tongatapu erreichten, notierte William Anderson, ein schottischer Naturforscher, dort eine Vielzahl an Vögel, welche die Einheimischen für die Seefahrer sammelten. Darunter befanden sich Tauben, kleine Rallen und Sultanshühner. Einige dieser Exemplare kaufte der bekannte englische Naturforscher Joseph Banks; auch eine Tongatapu-Ralle, aufbewahrt in Alkohol. Das Exemplar ist heute verschwunden.

Tongatapu-Ralle: 1777 entdeckt, 1867 als eigene Art anerkannt

John Latham, ein englischer Ornithologe, hatte Zugang zu den von Banks erworbenen Exemplaren und beschrieb die Tongatapu-Ralle 1784 folgendermaßen:

„Der Kopf dieser Art ist blasser, und der Streifen über dem Auge ist grau; der hintere Teil des Halses ist braun-weiß quergestreift; die Mitte des Rückens ist weiß, gemischt mit etwas braun (…); die Flügel sind olivbraun, quergefleckt mit weiß; (…) gitterartiges Muster aus olivbraun und weiß; das gesamte Unterteil ist weiß; Schnabel und Beine sind in einem blassen glaub-braun. Bewohnt Tongataboo. In der Sammlung von Sir Joseph Banks.“

Bis dahin besaß die Ralle von Tongatapu keinen spezifischen Namen. Sowohl Latham als auch der deutsche Naturforscher Johann Friedrich Gmelin gingen einfach davon aus, dass es sich bei der Vogelart lediglich um eine Varietät von Gallirallus philippensis handelt.

Dass es sich um eine Ralle handelt, war bis dahin allen klar, aber viel mehr auch nicht. Der schottische Vogelkundler Robert Gray ordnete die Tongatapu-Ralle 1850 daraufhin der Art Rallus pectoralis zu.

Der Naturforscher Otto Finsch und der Vogelkundler Gustav Hartlaub wendeten sich „angesichts der völlig unterschiedlichen Färbung“ des Gefieders gegen diese Ansicht. Und sie beschrieben den Vogel 1867 schließlich als Rallus hypoleucus neu. Somit wurde die Tongatapu-Ralle endlich als eigene Art akzeptiert, die nur auf der Insel Tongatapu endemisch war.

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