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Zeichnung einer Riesenfossa. Das Raubtier soll bis auf die Größe identisch mit den heute auf Madagaskar lebenden Fossas gewesen sein. Daniel Burch Caballé, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons)

Riesenfossa

Riesenfossas: In prähistorischer Zeit oder im 17. Jahrhundert ausgestorben?

Fraglich ist, ob die Riesenfossa in der Neuzeit ausgestorben ist. Gemeinhin wird nämlich davon ausgegangen, dass Riesenfossas spätestens 500 nach Christus ausgestorben sind, allerdings berichtet der Naturforscher Étienne de Flacourt 1658 in seiner Geschichte der großen Insel Madagaskar von einem Tier namens Antamba, welches von einigen Wissenschaftlern als Riesenfossa gedeutet wird, wie etwa von Samuel T. Turvey 2009 in Holocene Extinctions.

Flacourt beschreibt Antamba als ein großes Leoparden-ähnliches Raubtier, welches Menschen und Vieh verzehrt. Weiterhin heißt es, Antamba lebe in abgelegenen Bergregionen und sei sehr selten.

Zuerst beschrieben wurde die Riesenfossa Cryptoprocta spelea 1902 vom französischen Zoologen Guillaume Grandidier. Anerkannt wurde sie als eigenständige Art und damit als unterschiedlich zur heute noch existierenden Fossa Cryptoprocta ferox aber erst 1935.

Riesenfossa – Steckbrief
alternative BezeichnungenSchwarze Fossa, Antamba
wissenschaftlicher NameCryptoprocta spelea
englische NamenGiant Fossa, Giant Fosa, Fosa Mainty
ursprüngliches VerbreitungsgebietMadagaskar (Indischer Ozean)
Zeitpunkt des Aussterbens1658 oder früher
Ursachen für das Aussterbennicht bekannt

Gab es die Riesenfossa überhaupt?

Die ausgestorbenen Riesenfossas weisen keine Unterschiede zu heutigen Fossas auf Madagaskar auf – bis auf den Größenunterschied. So messen heutige Fossas zwischen 1,40 und 1,70 Meter Körperlänge inklusive des Schwanzes, während Riesenfossas etwa zwei Meter lang wurden.

Auch wenn heutige Fossas bewiesenermaßen kleiner als Riesenfossas sind, sehen beispielsweise Michael Köhncke und Klaus Leonhardt in einem in Mammalian Species 1986 veröffentlichten Artikel Riesenfossas und heutige Fossas als identische Spezies an. Auch Ronald M. Nowak teilt diese Ansicht und geht in Walker’s Mammals of the World nur von einer einzigen Art aus.

Begründet werden können die Größenunterschiede möglicherweise damit, dass mit dem Auftauchen des Menschen auf Madagaskar und der Bejagung der Fossas sowie dem Verschwinden größerer Beutetiere (etwa Riesenlemuren) die Fossas nach und nach kleiner geworden sind.

Auch wenn man die Beschreibung der Antamba von Flacourt näher betrachtet, liefert diese keine Hinweise auf eine Riesenfossa; er könnte schlicht und einfach von einer Fossa, wie sie heute existiert, berichtet haben.

Steven M. Goodman, Jörg U. Ganzhorn und Rodin M. Rasoloarison bestätigen hingegen in ihrer in Zoosystema 2004 herausgegebenen Studie On the specific Identification of subfossil Cryptoproctra from Madagaskar den eigenen Artstatus der Riesenfossas. Die Wissenschaftler vergleichen 159 subfossile und 32 moderne Fossa-Überreste und kommen zu dem Schluss, dass Riesenfossas bedeutend größer waren als heutige Fossas waren und damit eine eigene Art darstellen. Auch die Weltnaturschutzorganisation IUCN sieht Riesenfossas als valide Art an.

In der Literatur ist neben der heutigen Fossa C. ferox und der Riesenfossa C. spelea noch von einer dritten Art die Rede: Cryptoprocta antamba. Der französische Paläontologe Charles Lamberton nahm 1939 aufgrund eines seltsam geformten Unterkiefers an, dass es sich um eine dritte Art handele. Die Studie von Goodman und seinen Kollegen kann den Artstatus allerdings nicht belegen und geht von einem missgebildeten Kiefer von C. spelea aus.

Möglicherweise existiert die Riesenfossa noch / doch

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Ein Foto der heute auf Madagaskar existierenden Fossa (Cryptoprocra ferox). (© Chad Teer, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons)

Einerseits zweifeln einige Wissenschaftler die Existenz der Riesenfossas an, andererseits gehen andere sogar davon aus, dass die Art noch existieren könnte.

Goodman, Ganzhorn und Rasoloarison bemerken am Ende ihrer Studie, dass Einheimische Madagaskars auf der ganzen Insel zwei Arten von Cryptoprocta bzw. Fossas beschreiben: Fosa Mainty oder Schwarze Fossa und Fosa Mena oder Rötliche Fossa. Zudem soll die rötliche Variante kleiner als die schwarze sein, was wiederum nahelegt, dass es sich bei der Schwarzen Fossa um die Riesenfossa handeln könnte.

Unklar ist jedoch, ob es sich bei den Größen- und Farbunterschieden nicht vielleicht lediglich um Unterschiede handelt, die sich mit dem Geschlecht, dem Alter oder einer generellen Variation erklären lassen.

Es existieren zudem Berichte über extrem große Fossas in bestimmten Regionen der Insel; etwa von M. Louvel in Quelques observations sur le ‚fosa‘ (1954), der in einem Hühnerstall im Wald von Morondava eine zwei Meter lange Fossa mit einem Gewicht von 30 Kilogramm gefangen haben will. Hierzu merken Goodman, Ganzhorn und Rasoloarison allerdings an, dass die Forscherin Clare E. Hawkins in dieser Region 1998 etwa 30 Fossas gefangen hat, die morphologisch eindeutig der Art Cryptoprocta ferox zuzuordnen sind.

Auch der britische Zoologe und Kryptozoologe Karl Shuker weist in seinem Blog darauf hin, dass der Fossa-Experte Luke Dollar aufgrund bis heute anhaltender Berichte zu Schwarzen Fossas in bestimmten östlichen Regenwaldgebieten Madagaskars seit 1999 auf der Suche nach dem Tier ist und Kamerafallen aufgestellt hat. Allerdings blieb die Suche bislang erfolglos.

Ursachen für das Aussterben unklar

Bei der Riesenfossa – so sie denn existierte – handelt es sich um das einzig bekannte Raub-Säugetier Madagaskars, das ausgestorben ist. Zu den neuzeitlich ausgestorbenen Tieren Madagaskars gehören mindestens 17 Lemur-Arten wie etwa Palaeopropithecus ingens, der Elefantenvogel, Lemerles Flusspferd und Hippopotamus madagascariensis.

Experten gehen hinsichtlich der Größe, des gewaltigen Kiefers und der großen Zähne der Riesenfossa davon aus, dass sie heute ausgestorbene Riesenlemuren, die zu groß für heutige Fossas gewesen sein dürften, gefressen haben. Auch Tenreks, Mungos oder junge Madagassische Flusspferde dienten den Riesenfossas wahrscheinlich als Nahrungsquelle. Nachzulesen ist dies bei Josep Antoni Alcover und Miquel McMinn in ihrem Artikel Predators of Vertebrates on Islands (1994).

Warum die Riesenfossa ausgestorben sein könnte, ist unklar; auch die IUCN liefert keinerlei Anhaltspunkte. Möglicherweise begründet sich das Aussterben der Art im Zusammenleben mit dem Menschen auf Madagaskar oder dem Verlust größerer Beutetiere wie den Riesenlemuren und den Madagassischen Flusspferden.

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