Channa amphibeus Foto
Das erste Foto des Schlangenkopffischs Channa amphibeus. Die Art galt bereits als ausgestorben, nachdem sie seit dem frühen 20. Jahrhundert nicht mehr nachgewiesen konnte. (© Photo Credits: X/ @ranjeetnature)

Indien: Verschollener Schlangenkopffisch nach 85 Jahren wiederentdeckt

Der Schlangenkopffisch Channa amphibeus, auch bekannt als Chel Snakehead oder Borna Snakehead, wurde in der Himalaya-Region Indiens wiederentdeckt. Die Art galt als eine der seltensten und am schwersten auffindbaren Schlangenkopffischarten der Welt, und Wissenschaftler vermuteten bereits ihr Aussterben.

Ein Forschungsteam unter der Leitung von Jayasimhan Praveenraj und Tejas Thackeray von der Thackeray Wildlife Foundation (TWF), einer gemeinnützigen Forschungs- und Naturschutzorganisation mit Sitz in Mumbai, konnte die Art nun an den Ufern des Chel-Flusses in Kalimpong, Nordbengalen, erneut nachweisen. Wie im Fachjournal Zootaxa berichtet wurde, war die letzte dokumentierte Sichtung dieser Art bereits im frühen 20. Jahrhundert.

C. amphibeus wurde in den Jahren 1840, 1845 und 1938 ausschließlich im Chel-Fluss, der zum Einzugsgebiet des Brahmaputra gehört, nachgewiesen. Danach galt er über acht Jahrzehnte als verschollen. Die letzten bekannten Exemplare wurden von den Naturforschern G. E. Shaw und E. O. Shebbeare zwischen 1918 und 1933 gesammelt. Trotz mehrerer wissenschaftlicher Untersuchungen im bekannten Verbreitungsgebiet konnte die Art lange Zeit nicht erneut nachgewiesen werden.

Was sind Schlangenkopffische?

Schlangenkopffische (Channidae) sind räuberische Süßwasserfische, die in Asien (Channa) und Afrika (Parachanna) mit über 50 Arten vertreten sind. In Asien sind allein 37 Schlangenkopffischarten bekannt, von denen viele als Zierfische exportiert werden. Ihre Evolutionsgeschichte reicht mehr als 50 Millionen Jahre zurück, mit einem Ursprung in der Himalaya-Region. Klimatische Veränderungen wie die Intensivierung des asiatischen Monsuns begünstigten ihre Verbreitung.

Schlangenkopffische sind für ihre Fähigkeit bekannt, atmosphärischen Sauerstoff über ein Suprabranchialorgan aufzunehmen, das ihnen das Überleben in sauerstoffarmen Gewässern und sogar kurze Wanderungen über Land ermöglicht. Ihr flacher, länglicher Kopf erinnert an den einer Schlange, was ihnen ihren Namen verlieh. Einige Arten haben sich durch ihre Anpassungsfähigkeit und ihr aggressives Jagdverhalten den Ruf als invasive „Monsterfische“ erworben.

Channa pardalis
Channa pardalis ist eine Schlangenkopffischart aus Indien, die erst 2016 wissenschaftlich beschrieben wurde. Bereits zuvor war sie unter dem Namen Leopard-Schlangenkopffisch als Aquarienfisch bekannt.
Fishofindia, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons)

Neue Nachweise im Jahr 2024

Im September 2024 gelang es dem Forschungsteam, drei Exemplare von C. amphibeus zu sammeln und für spätere Untersuchungen zu konservieren. Zusätzliche fotografische Nachweise ergänzten die Entdeckung. Hinweise auf die Art erhielten die Wissenschaftler von den Rabha, einer ethnischen Gruppe am Chel-Fluss, die berichteten, einen Schlangenkopffisch verzehrt zu haben. Aufgrund der historischen Nachweise in dieser Region reiste das Forschungsteam zum Fundort.

Die Identifizierung der vermeintlich ausgestorbenen Fischart nahm vier Monate in Anspruch, da die Wissenschaftler die Merkmale des Fisches mit früheren Aufzeichnungen abgleichen mussten. Biometrische Messungen, wie der Durchmesser der Augen, halfen dabei, die Art als tatsächlich identisch mit der zuletzt 1938 gesichteten Exemplare zu bestätigen.

Channa amphibeus Wiederentdeckung
Der Schlangenkopffisch C. amphibeus nach Shaw und Shebbeare, die 1938 die erste Aquarelldarstellung von C. amphibeus anfertigten.
USGS, Public domain, via Wikimedia Commons)

Mit einer Körperlänge von 80 bis 100 Zentimetern zählt C. amphibeus zu den größten Schlangenkopffischarten. Die Gattung umfasst sowohl Zwergformen von 25 Zentimeter Länge als auch Exemplare, die über einen Meter lang werden können. Wie alle Schlangenkopffische ist auch diese Art ein obligater Luftatmer, der zur Atmung auf atmosphärischen Sauerstoff angewiesen ist.

Bedeutung der Wiederentdeckung von Channa amphibeus

Diese Wiederentdeckung ist von großer wissenschaftlicher Bedeutung. Erstmalig konnten biometrische und genetische Daten erhoben werden. Zudem gibt es nun das erste Bild eines lebenden Exemplars von C. amphibeus, der von den lokalen Stammesgemeinschaften „Bora Chung“ genannt wird. Die Art zeichnet sich durch schillernde grüne Schuppen und einen gelben Streifen aus, die sie von anderen Schlangenkopffischen unterscheiden.

Das Forschungsteam plant nun, das Fortpflanzungsverhalten von C. amphibeus zu untersuchen und Schutzmaßnahmen zu entwickeln. Zudem sollen mögliche Bedrohungen durch Umweltveränderungen analysiert werden.

Bedrohungen und Schutzmaßnahmen

Aktuell sind keine spezifischen Bedrohungen für C. amphibeus bekannt. Die Internationale Union zur Bewahrung der Natur (IUCN) weist jedoch darauf hin, dass Lebensräume in Gebirgsbächen durch Sedimentation infolge von Abholzung und landwirtschaftlichen Praktiken beeinträchtigt werden. Dies könnte in der Vergangenheit zum Populationsrückgang von C. amphibeus geführt haben.

Die Wiederentdeckung dieser Art wirft zudem Fragen zur Populationsgröße und ökologischen Resilienz auf. Während Schlangenkopffische für ihre hohe Anpassungsfähigkeit bekannt sind und einige Arten bereits als invasive Spezies dokumentiert wurden, bleibt unklar, ob C. amphibeus aufgrund seiner geringen Populationsdichte und seines begrenzten Verbreitungsgebiets eine ähnliche ökologische Rolle einnehmen könnte. Die Ergebnisse der neuen Studie unterstreichen die Notwendigkeit weiterer Forschungen zur Bestandsgröße sowie zur potenziellen Gefährdung durch Habitatverlust und Umweltveränderungen.

Den Forschern zufolge ist diese Wiederentdeckung nicht nur ein Gewinn für die Artenvielfalt, sondern unterstreicht auch die dringende Notwendigkeit größerer Anstrengungen zum Schutz der Art.

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