Haustiere: Wie Hunde und Katzen die Biodiversität bedrohen
Hunde und Katzen sind aus unserem Alltag nicht wegzudenken – doch ihr Einfluss auf Wildtiere ist erheblich. Studien belegen: Freilaufende Haustiere tragen weltweit zur Bedrohung hunderter Tierarten bei – durch direkte Prädation, Verdrängung und Umweltbelastung. Verantwortungsvolle Haltung ist deshalb ein wichtiger Beitrag zum Artenschutz.

Haustiere als ökologische Herausforderung: Wie Hunde und Katzen die Biodiversität beeinflussen

Sie gelten als beste Freunde des Menschen, treue Begleiter im Alltag und wertvolle Helfer im sozialen und therapeutischen Bereich: Hunde und Katzen sind aus unserem Leben kaum wegzudenken. Doch ihr Einfluss reicht weit über Haus und Garten hinaus – mit Folgen für Wildtiere, Ökosysteme und das Klima. Zwei aktuelle Studien zeigen, dass sowohl Hunde als auch Katzen erhebliche Umweltprobleme verursachen können, wenn ihre Haltung nicht umsichtig gestaltet wird. Besonders im Fokus: die enormen Populationsgrößen, ihr Jagdverhalten – und unser Umgang mit ihnen.

Die Umweltwirkungen von Hunden – unterschätzt, aber real

Laut der Überblicksstudie Bad dog? The environmental effects of owned dogs (2025) von Philip W. Bateman und Lauren N. Gilson leben weltweit über eine Milliarde Hunde – viele davon unter menschlicher Obhut, ein großer Teil jedoch auch als Streuner oder in halbfreier Haltung. Damit ist der Hund der weltweit häufigste große Fleischfresser. Und obwohl er im Vergleich zur Katze meist als weniger bedrohlich wahrgenommen wird, sind seine ökologischen Auswirkungen nicht zu vernachlässigen.

Direkte Auswirkungen auf Wildtiere

Hundekot aufsammeln
Das Einsammeln der Hinterlassenschaften des eigenen Hundes hat nicht nur den Vorteil, dass andere nicht hineintreten – es schützt auch Böden, Gewässer und Wildtiere vor Überdüngung und Schadstoffen, wie die Studie von Bateman & Gilson zeigt.
  • Hunde stören, jagen oder töten Wildtiere – teils aus Spieltrieb, teils aus Instinkt. Besonders betroffen sind bodenbrütende Vogelarten.
  • Selbst angeleinte Hunde lösen bei vielen Wildtieren Stress aus. Studien zeigen, dass allein ihre Anwesenheit zur Brutaufgabe führen kann.
  • Ein drastisches Beispiel für die Gefahren freilaufender Hunde für Wildtiere stammt aus dem Siebengebirge bei Bonn. Dort wurden in bestimmten Jahren bis zu 30 bis 40 Rehe von Hunden gerissen. Besonders tragisch sind Fälle, in denen trächtige Ricken getötet werden, was auch den Tod der ungeborenen Kitze bedeutet.
  • Auch Weidetiere sind betroffen: Laut Monitoring-Daten aus dem Jahr 2021/2022 wurden in Bayern nahezu gleich viele Risse von Weidetieren durch Wölfe und freilaufende Hunde registriert – acht durch Hunde und neun durch Wölfe. In anderen Bundesländern zeigen die Zahlen ein ähnliches Bild.

Langfristige Störwirkungen

Hund an der Leine
In Schutzgebieten, auf Wiesen mit Bodenbrütern und im Wald während der Brut- und Setzzeit ist das Anleinen von Hunden essenziell – zum Schutz bedrohter Tierarten und ihrer Lebensräume.
  • Hunde hinterlassen Gerüche, Kot und Urin, die selbst nach ihrem Weggang das Verhalten von Wildtieren beeinflussen.
  • In den USA zeigen Studien: Hirsche, Füchse und Luchse meiden Gebiete, in denen regelmäßig Hunde unterwegs sind – auch, wenn gerade keine da sind.
  • Ein durchschnittlicher Hund produziert in seinem Leben über 1.000 Kilogramm Kot und 2.000 Liter Urin. Diese Hinterlassenschaften gelangen oft in empfindliche Ökosysteme und verursachen dort Nährstoffüberschüsse, Verunreinigungen und Veränderungen der Pflanzenzusammensetzung.
  • Besonders problematisch sind Medikamentenreste und Insektizide, die in Flüssen und Seen angereichert werden können – mit potenziell toxischer Wirkung auf aquatische Organismen.

Klimawirkung der Tierhaltung

  • Die weltweite Hundefutterproduktion beansprucht rund ein Prozent der globalen Ackerfläche.
  • Die damit verbundenen CO₂-Emissionen entsprechen jenen eines mittelgroßen Landes.
  • Bis zu 13,5 % der weltweiten Wildfischfänge, darunter fettreiche Arten wie Sardellen, landen nicht auf menschlichen Tellern – sondern in Hundenäpfen.

Katzen als globale Gefahr für Wildtiere

Während die Umwelteffekte von Hunden oftmals unterschätzt werden, steht die Freigängerkatze längst im Fokus der Wissenschaft. Die im Oktober 2023 veröffentlichte Studie A global synthesis and assessment of free-ranging domestic cat diet unter Leitung von Christopher Lepczyk analysierte weltweit die Beuteauswahl und Auswirkungen von freilaufenden Hauskatzen – mit besorgniserregenden Ergebnissen.

Ein weltweites Jagdproblem

Stephenschlüpfer - ausgerottet durch Katzen
Der Stephenschlüpfer von Stewart Island gilt als Paradebeispiel für eine allein durch Katzen ausgerottete Vogelart.
John Gerrard Keulemans, Public domain, via Wikimedia Commons)
  • Freilaufende Hauskatzen jagen und töten weltweit mindestens 2.084 bekannte Wirbeltierarten – darunter Vögel (ca. 57 %), Reptilien (ca. 27 %) und Säugetiere (ca. 12 %).
  • Mindestens 347 dieser Arten sind bereits als gefährdet oder vom Aussterben bedroht gelistet (nach IUCN), was etwa 17 % der Beutetiere entspricht. Für den Newell-Sturmtaucher (Puffinus newelli) beispielsweise, eine vom Aussterben bedrohte Seevogelart, die ausschließlich auf Hawaii vorkommt, geht eine Hauptbedrohung von verwilderten Hauskatzen aus: Sie jagen sowohl Alt- als auch Jungvögel in nahezu allen bekannten Kolonien auf der Insel Kaua‘i – selbst in den entlegensten Brutgebieten. Aber auch andere invasive Arten bedrohen die Vogelart, wie zum Beispiel Ratten, Schleiereulen und Kleine Mungos. Auch eingeschleppte Nutztiere wie Schweine und Ziegen sowie invasive Insektenarten haben negative Auswirkungen auf den Fortbestand der Art. Auch der im Westen Australiens endemische Schwarzschwanz-Beutelmarder (Dasyurus geoffroii) erlebte zuletzt aufgrund von Rotfüchsen und verwilderten Katzen einen starken Populationsrückgang.
  • Auf Inselökosystemen wie Neuseeland, Hawaii oder Madagaskar ist die Artenvielfalt besonders empfindlich. Katzen stellen dort laut der Studie eine drei- bis vierfach größere Bedrohung für bedrohte Tierarten dar als auf kontinentalen Flächen. Die Ausrottung endemischer Arten wie des Stephenschlüpfers auf Neuseeland wird direkt auf die Einführung von Hauskatzen zurückgeführt.
  • Katzen sind sogenannte „Superprädatoren“: Sie jagen auch dann, wenn sie ausreichend gefüttert werden. Ihr Jagdverhalten ist oft spielerisch oder instinktgeleitet, was ihre potenzielle Gefährlichkeit für Wildtiere noch erhöht.
  • Durchschnittlich bringt eine Freigängerkatze pro Jahr zwischen 25 und 50 Beutetiere nach Hause – viele weitere werden jedoch getötet, ohne mitgebracht zu werden, sodass die Dunkelziffer der getöteten Tiere weitaus höher sein dürfte.

Weitere Gefahren durch Katzen

  • Hauskatzen bedrohen Wildtiere nicht nur durch Jagd, sondern auch durch die Übertragung von Krankheiten (etwa Toxoplasmose) und durch Verdrängung anderer Arten.
  • In Österreich gehen laut BirdLife Austria jährlich Millionen Vögel durch die Jagd von über einer Million Freigängerkatzen verloren. Besonders betroffen sind Stieglitze, Grünlinge, Bluthänflinge, Amseln, Hausrotschwänze und Girlitze.

Ökologische Effekte von Haustieren sind menschengemacht

Die ökologischen Effekte von Haustieren sind real – und sie sind menschengemacht. Nicht das Tier selbst, sondern unser Umgang damit ist entscheidend. Hunde und Katzen können erheblichen Schaden anrichten, wenn sie unkontrolliert in natürliche Lebensräume eindringen. Gleichzeitig wäre es falsch, die Tiere als „Umweltsünder“ hinzustellen, denn es liegt in der Verantwortung der Halterinnen und Halter, diese Auswirkungen zu minimieren.

Empfehlungen für Hundehalter:

  • Anleinpflicht einhalten, insbesondere in Schutzgebieten, auf Wiesen mit Bodenbrütern oder im Wald während der Brut- und Setzzeit.
  • Hundekot entsorgen, auch abseits der Stadt – zur Vermeidung von Überdüngung und Krankheitsübertragung.
  • Nachhaltiger füttern: Alternativen mit weniger Fleisch, Insektenprotein oder pflanzenbasierten Zutaten reduzieren den ökologischen Fußabdruck.
  • Parasitenmittel bewusst einsetzen, insbesondere bei Mitteln, die für Insekten oder Wasserorganismen giftig sind.

Empfehlungen für Katzenhalter:

Buntes Katzenhalsband mit Glöckchen zum Schutz der Wildtiere
Ein farbiges Halsband mit Glöckchen kann helfen, Wildtiere zu schützen: Studien zeigen, dass solche Warnsignale die Jagderfolge von Katzen deutlich verringern – ein kleiner Beitrag mit großer Wirkung für die Artenvielfalt.
  • Insofern überhaupt praktikabel: Freigang begrenzen oder unter Aufsicht gestalten (gesicherter Balkon, Katzengehege oder Spaziergänge an der Leine).
  • Glöckchen und auffällige Halsbänder können die Jagderfolge verringern – besonders effektiv sind Halsbänder mit leuchtenden Farben.
  • Spielverhalten fördern und Jagdtrieb umleiten, etwa durch regelmäßige Beschäftigung mit Spielzeug.
  • Kastration aller Freigänger, um unkontrollierte Vermehrung und Verwilderung zu verhindern.

Haustiere wie Hunde und Katzen sind fest in unserer Gesellschaft verankert – sie erfüllen emotionale, soziale und sogar therapeutische Funktionen. Gleichzeitig dürfen ihre Auswirkungen auf Natur und Biodiversität nicht ignoriert werden. Die Studienlage ist eindeutig: Freilaufende Hunde und vor allem Katzen stellen für viele Wildtiere eine Bedrohung dar. Der Schlüssel zu einem harmonischeren Miteinander von Tierliebe und Naturschutz liegt nicht in Verboten, sondern in einem verantwortungsvollen Umgang. Wer Haustiere hält, trägt Mitverantwortung – auch für die Welt jenseits von Sofa und Gartenzaun.

Quellen

  • Lepczyk, C. A., Fantle-Lepczyk, J. E., Dunham, K. D. et al. (2023): A global synthesis and assessment of free-ranging domestic cat diet. Nature Communications 14. https://doi.org/10.1038/s41467-023-42766-6
  • Bateman, P. W., Gilson, L. N. (2025). Bad dog? The environmental effects of owned dogs. Pacific Conservation Biology. Advance online publication. https://doi.org/10.1071/PC24071

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