Liste Vogelarten verschollen: Norfolkbrillenvogl (Zosterops albogularis)
Der Weißbrust- oder Norfolkbrillenvogel steht ebenfalls auf der Liste verschollener Vogelarten. Er war beheimatet auf der Norfolkinsel und die letzte Sichtung eines Exemplars gelang 2005. Rawpixel, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons)

Mehr als ein Jahrzehnt keine Spur: 126 Vogelarten als verschollen gelistet

Im Rahmen des Projekts The Search for Lost Birds, einer Kooperation von re:wild, der American Bird Conservancy und BirdLife International, entstand die bisher umfangreichste Aufstellung von Vogelarten, die wissenschaftlich als verloren gelten. Eine neu veröffentlichte Studie im Fachjournal Frontiers in Ecology and the Environment offenbart, dass von den etwa 11.849 bekannten Vogelarten 126 als „verschollen“ eingestuft werden. Diese Arten wurden seit mindestens zehn Jahren nicht mehr dokumentiert, was bedeutet, dass es keine aktuellen Fotos, Videos oder Tonaufnahmen von ihnen gibt. Zudem sind sie auf der Roten Liste der IUCN nicht als ausgestorben oder in der Wildnis ausgestorben verzeichnet.

Wie Cameron L. Rutt, der Hauptautor der Studie, betont, sind Vögel die am besten dokumentierte Tiergruppe auf der Erde. Dennoch gibt es Arten, die seit Jahrzehnten oder sogar Jahrhunderten nicht mehr gesehen wurden. So wurde die nachtaktive Jamaikanachtschwalbe (Siphonorhis americana) zuletzt 1860 dokumentiert. Eine Sichtung unidentifizierter Nachtschwalben im Jahr 1980 veranlasste die IUCN jedoch, die Art nur als „vom Aussterben bedroht (vermutlich ausgestorben)“ einzustufen. Die letzte gesicherte Beobachtung der Himalayawachtel liegt sogar 147 Jahre zurück.

Der Südinsel-Kokako von der Südinsel Neuseelands gilt ebenfalls seit langem als verschollen. Die letzte bestätigte Sichtung dieses Vogels datiert vor 114 Jahren. Dennoch geben immer wieder auftauchende, wenn auch unbestätigte, Sichtungen Anlass zur Hoffnung, dass diese Art überlebt haben könnte und möglicherweise bald von der Liste der verlorenen Vogelarten gestrichen wird.

Andere Arten sind noch nicht so lange verschollen. Dazu zählt beispielsweise die ausschließlich in Neuguinea beheimatete Zyklopenralle (Rallicula mayri), die zuletzt 2005 dokumentiert wurde. Der Türkiskehl-Höschenkolibri aus Ecuador wird seit 1960 als verschollen betrachtet. Ebenso befinden sich der ikonische Elfenbeinspecht und der Kaiserspecht aus Nordamerika, beide zuletzt 1967 dokumentiert, auf der Liste der verschollenen Vogelarten.

Wie können Vogelarten verloren gehen?

Die Gründe, warum diese 126 Vogelarten nicht aufgefunden werden können, sind vielseitig. Einige der Vögel leben in schwer zugänglichen Gebieten, was es Naturschützern erschwert, gezielte Suchaktionen durchzuführen. Es besteht auch die Möglichkeit, dass diese Vögel lediglich für die Wissenschaft als verschollen gelten, während lokale und indigene Gemeinschaften sie weiterhin beobachten können.

Ein markantes Beispiel hierfür ist die Fergusson-Fasanentaube, die 140 Jahre als verschollen galt und schließlich im November 2022 während einer gezielten Suchaktion im Landesinneren der zu Papua-Neuguinea gehörenden vulkanischen Insel Moratau wiederentdeckt wurde. Vor dieser Wiederentdeckung war die Art nur durch zwei Exemplare bekannt, die 1882 gesammelt worden waren.

Warum ist die Dokumentation verlorener Vogelarten wichtig?

Loxops ochracea
Auch verschollen: Der Maui-Akepakleidervogel (Loxops ochraceus) wurde zuletzt 1901 dokumentiert. (© Hiart, CC0, via Wikimedia Commons)

Ganze 62 Prozent der als verschollen geltenden Vogelarten sind vom Aussterben bedroht. Daher ist die Dokumentation einer solchen Art von entscheidender Bedeutung, um wirksame Schutzmaßnahmen zu entwickeln, die ihr Überleben sicherstellt. Das Wiederfinden verlorener Vogelarten ist vermutlich die einzige Möglichkeit, sie vor dem endgültigen Aussterben zu bewahren.

„Während einige der Arten auf der Liste unglaublich herausfordernd oder vielleicht sogar unmöglich zu finden sein könnten, könnten sich andere relativ schnell zeigen, wenn die Menschen an den richtigen Orten suchen“, erläutert John C. Mittermeier, Direktor der American Bird Conservancy. „Unabhängig von der Situation ist die enge Zusammenarbeit mit der lokalen Bevölkerung und Bürgerwissenschaftlern der beste Weg, verlorene Vögel zu finden und Naturschutzbemühungen zu starten, um sicherzustellen, dass diese Arten nicht wieder verloren gehen.“

Drei Plattformen für Bürgerwissenschaften – die Macaulay Library des Cornell Lab of Ornithology, iNaturalist und xeno-canto – sowie Museumsarchive und Medien aus Suchmaschinen haben sich als wertvolle Hilfsmittel bei der Suche nach verschollenen Vogelarten erwiesen. Ornithologen haben in diesem Zusammenhang mehr als 42 Millionen Fotos, Videos und Tonaufnahmen analysiert, um Hinweise auf das Vorkommen dieser seltenen Arten zu finden. Auch eine Zikaden-Art wurde dank Citizen Science und eines Bildes auf iNaturalist im März dieses Jahres nach mehr als 100 Jahren wiederentdeckt.

Das Projekt The Search for Lost Birds konnte in der Vergangenheit bereits einige Erfolge verzeichnen, darunter die Wiederentdeckung des Santa-Marta-Degenflügels (Campylopterus phainopeplus) in Kolumbien im August 2022, der seit 2010 nicht mehr dokumentiert worden war. Zudem gelang es Forschern im Dezember 2022 und Januar 2023, den seit 1999 als verschollen geltenden Sianakamadagaskarsänger an zwei verschiedenen Orten auf Madagaskar wiederzufinden.

Ursprüngliche Liste verzeichnete 144 verschollene Vogelarten

Während die erste Analyse vor zwei Jahren noch 144 als verschollen geltende Vogelarten auflistete, sind es in der aktuellen Studie mit dem Titel Global gaps in citizen-science data reveal the world’s ‚lost‘ birds nur noch 126 Arten. Dieser Rückgang lässt sich dadurch erklären, dass zwei Arten taxonomisch nicht mehr als separate Spezies angesehen werden. Zudem wurden 14 der ursprünglich 144 Arten zwischen 2022 und 2023 auf Bürgerwissenschaftsplattformen erfasst oder von Naturschützern dokumentiert. Bei zwei weiteren Arten der ursprünglichen Liste wurde festgestellt, dass Populationen in menschlicher Obhut existieren, weshalb sie nicht mehr als verschollen gelten.

Auf der Website des Projekts The Search for Lost Birds kann jeder Interessierte die vollständige Liste der verschollenen Vogelarten einsehen. Dort finden Vogelwissenschaftler und -begeisterte zu jeder Art Illustrationen, Informationen zur Taxonomie, zum Verbreitungsgebiet, zum Zeitpunkt der letzten Dokumentation sowie zum aktuellen IUCN-Status.

Das Projekt lädt Vogelbeobachter weltweit ein, sich an der Suche nach diesen verlorenen Arten zu beteiligen. Sollte jemand eine der verschollenen Arten sichten und Fotos, Videos oder Tonaufnahmen davon machen, kann er diese über das Projekt teilen und damit helfen, die Liste der verlorenen Arten zu aktualisieren.

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