babiroussa
Zeichnung eines Hirschebers vom Naturmaler Jean-Charles Werner (1830). Babirusas besitzen – wie Wildschweine (Sus scrofa) auch – zwei untere Hauer, die seitlich aus dem Maul herauswachsen. Zusätzlich haben Hirscheber zwei besonders große obere Hauer, die den Rüssel durchbrechen und bis zu 30 Zentimeter lang werden. Sitron, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons)

Bola-Batu-Hirscheber

Bola-Batu-Hirscheber: Halb Hirsch, halb Schwein

Bei dem Tier mit dem merkwürdig klingenden Namen Bola-Batu-Hirscheber handelt es sich um eine vermutlich ausgestorbene Art der Hirscheber (Babyrousa), auch Babirusa genannt – eine Kombination der indonesischen Wörter für Hirsch und Schwein. Wissenschaftler sind sich uneinig, ob die auf der indonesischen Insel Sulawesi gefundene Art ausgestorben ist oder noch lebt und ob es sich überhaupt um eine eigene Art handelt.

Der niederländische Paläontologe Dirk Albert Hooijer beschrieb den Bola-Batu-Hirscheber 1950 wissenschaftlich – zunächst allerdings als eine Unterart von Babyrousa babyrussaBabyrousa babyrussa umfasste damals sämtliche Hirscheber und eine Aufteilung in unterschiedliche Arten fand erst später statt. So erlangte der Bola-Batu-Hirscheber durch die Biologen Colin Groves und Erik Meijaard 2002 seinen Artstatus.

Mittlerweile unterscheidet die Wissenschaft vier Arten: den Molukken-Hirscheber (Babyrousa babyrussa), den Sulawesi-Hirscheber (Babyrousa celebensis), den Togian-Hirscheber (Babyrousa togeanensis) und den Bola-Batu-Hirscheber. Alle Hirscheberarten leben ausschließlich auf Sulawesi oder den vorgelagerten Inseln sowie auf den Sula-Inseln, einer Inselgruppe in Indonesien.

Diese Einteilung in vier Arten, von denen eine ausgestorben ist, ist laut dem Handbook of the Mammals of the World Vol. 2 (2011) als nicht endgültig anzusehen, da noch genetische Untersuchungen ausstehen.

Bola-Batu-Hirscheber – Steckbrief
lateinische NamenBabyrousa bolabatuensis, Babyrousa babyrussa bolabatuensis, (Babyrousa celebensis)
englischer NameBola Batu Babirusa
ursprüngliches VerbreitungsgebietSulawesi (Indonesien)
Zeitpunkt des Aussterbensunklar
Ursachen für das AussterbenBejagung, Lebensraumverlust

Gibt es den Bola-Batu-Hirscheber überhaupt?

babyrousa celebensis - verwandt mit dem Bola-Batu-Hirscheber
Schädel eines männlichen Molukken-Hirschebers. (© Didier Descouens, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons)

Der Bola-Batu-Hirscheber ist nur durch Knochenfunde bekannt. Benannt wurde er nach dem ersten Fundort seiner subfossilen Überreste in der Bola-Batu-Höhle. Die Höhle, in der ein Kieferknochen und Zähne entdeckt wurden, befindet sich im Süden Sulawesis. Deshalb nahmen Experten auch an, dass der Bola-Batu-Hirscheber dort auch endemisch war und jetzt ausgestorben ist. Die gefundenen Knochen stammen aus dem Holozän, dem gegenwärtigen erdgeschichtlichen Zeitabschnitt.

Vor mehreren Jahrzehnten stieß man in der Provinz Kulawi im Zentrum Sulawesis auf einen einzelnen Hirscheberschädel, der dem Bola Batu Babirusa zugeordnet wurde. Basierend auf diesen Fund vermutete Groves 1980 in einem Artikel der Fachzeitschrift Zoologische Mededelingen, dass es eine existente Population von Bola-Batu-Hirschebern im zentralen Teil der Insel geben könnte.

Danach fand Groves zusammen mit Meijaard Ähnlichkeiten zwischen den Hirschebern in Zentral-Sulawesi und dem Togian-Hirscheber (B. togeanensis), der nur auf den vorgelagerten Inseln vorkommt. Deshalb nahmen sie an, dass es sich um ein bislang unbeschriebenes Taxon handelt. Eine endgültige taxonomische Einordnung könne nur stattfinden, wenn weitere Exemplare gefunden werden, so Groves und Meijaard.

Die ersten gefundenen subfossilen Überreste klassifizierten Groves und Meijaard zunächst als Bola-Batu-Hirscheber. Später stuften sie den Fund jedoch als nicht-klassifizierbar ein, ebenso wie noch existente Populationen aus dem Osten Sulawesis und von der Insel Buton. Es gebe bislang nicht genügend Exemplare für weiterführende Untersuchungen. Aufgrund dieser Unklarheiten setzt die IUCN den Bola-Batu-Hirscheber vorläufig mit dem in Nord-Sulawesi heimischen Sulawesi-Hirscheber (B. celebensis) gleich.

Warum wäre der Bola Batu Babirusa ausgestorben?

Seit jeher werden Hirscheber und andere Schweinearten von Menschen bejagt und domestiziert. Davon zeugt auch 40.000 Jahre alte Höhlenmalerei, die auf der Insel Sulawesi gefunden wurde und möglicherweise einen Hirscheber zeigt.

Mit Hirschebern hat die Domestikation allerdings nie wirklich funktioniert, da sich die Tiere in Gefangenschaft nur schwer vermehren. Die IUCN schätzt, dass es heute gerade einmal noch 4.000 in freier Wildbahn lebende Hirscheber gibt. Die Weltnaturschutzorganisation stuft die verschiedenen Arten als ‚gefährdet‘ und ’stark gefährdet‘ ein.

Alastair A. Macdonald hat sich in Ecology, Conservation and Management of Wild Pigs and Peccaries (2017) näher mit den Gefahren beschäftigt, denen Hirscheber ausgesetzt sind. Die Bejagung der Tiere betrieben (und betreiben) die Einwohner Sulawesis, um das Fleisch an christliche Gemeinden im Norden zu verkaufen. Teils werden auch männliche Hirscheber wegen ihrer Zähne getötet, um diese an balinesische Händler zu verkaufen. Diese wiederum nutzen sie zur Herstellung von Masken.

Zudem kommt es vor, dass Hirscheber versehentlich in Schlingfallen muslimischer Jäger geraten, die eigentlich auf der Jagd nach Anoas (auf Sulawesi heimische Rinder) sind. Da muslimische Jäger Hirscheber als Ungeziefer betrachten, die ihre Fallen vergiften, töten sie die Tiere und lassen sie im Wald liegen und verrotten.

Hirscheber leben im tropischen Regenwald, doch kommerzielle Waldrodungen sowie Waldumwandlung und -degradation zerstörten mehr als 75 Prozent der Waldflächen. Auch der Verlust natürlichen Lebensraums könnte demnach eine Ursache für das Aussterben der Bola-Batu-Hirscheber gewesen sein. Und wenn es den Bola-Batu-Hirscheber doch noch gibt oder er keine eigene Art darstellt, so ist doch gewiss, die Zahl der Hirscheber auf Sulawesi ist stark zurückgegangen. Tendenz sinkend, so die IUCN.

Der Bola-Batu-Hirscheber ist nicht die einzige Tierart, die auf Sulawesi vermutlich ausgestorben ist. Auch der Entenschnabelkärpfling, ein Fisch des Poso-Sees im Zentrum der Insel, und die Vogelart Sangihe-Rostfischer (Ceyx fallax sangirensis) von den vorgelagerten Inseln sind wahrscheinlich betroffen.

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