Stephanoaetus coronatus
Der in Afrika heimische Kronenadler Stephanoaetus coronatus (Bild) ist ein naher Verwandter des ausgestorbenen Madagaskar-Kronenadlers. Tom Tarrant, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons)

Madagaskar-Kronenadler

Madagaskar-Kronenadler – Der Ursprung der Legende vom Riesenvogel Roch?

In der Geschichte von Sindbad und in Erzählungen von Marco Polo etwa kommt ein riesiger Vogel namens Roch (auch Roc, Rokh, Ruch oder Rock) vor. Autoren brachten Roch häufig mit dem ausgestorbenen Madagaskar-Strauß oder Elefantenvogel in Verbindung, wiederum andere sahen in ihm einen Greifvogel. Sollte Roch jemals existiert haben, so könnte der Madagaskar-Kronenadler der Ursprung der Legende gewesen sein.

In Beschreibungen Marco Polos heißt es: „Dort lebt der Vogel Greif. (…) Diejenigen, die ihn gesehen haben, berichten, er sehe einem Adler gleich, nur sei er unerhört groß (…). Der Greif ist von gewaltiger Kraft und Größe. Einen Elefanten packt er, trägt ihn hoch in die Lüfte, läßt ihn fallen (…), zerhackt ihn mit dem Schnabel und frißt ihn auf.“

raphia farinifera
Die Blätter der Palme Raphia farinifera weisen Ähnlichkeit mit Vogelfedern auf. (© Ton Rulkens from Mozambique, CC BY-SA 2.0, via Wikimedia Commons)
Marco Polo berichtet zudem, dass ein Mongolen-Khan namens Kublai, Leute in die Heimat des Rochs – auf die Insel Madagaskar – schickte, um mehr über den Riesenvogel herauszufinden. Den Vogel bekamen sie nicht zu Gesicht, fanden aber eine über 20 Meter lange Feder, die dem Roch gehören soll.

Allerdings weist Igor Akimuschkin in Vom Aussterben bedroht? (1981) darauf hin, dass die Kundschafter höchstwahrscheinlich keine Feder eines Riesenvogels gefunden haben, sondern lediglich ein Blatt der in Madagaskar heimischen Palme Raphia farinifera. Denn die Blätter dieses großen Baumes werden etwa 20 Meter lang und ähneln Vogelfedern.

Madagaskar-Kronenadler – Steckbrief
wissenschaftlicher Name Stephanoaetus mahery
englische Namen Malagasy Crowned Eagle, Madagascar Crowned Hawk-Eagle
ursprüngliches Verbreitungsgebiet Madagaskar (Indischer Ozean)
Zeitpunkt des Aussterbens 16. Jahrhundert
Ursachen für das Aussterben Lebensraumverlust, Überjagung von Beutetieren des Adlers

Der mächtigste Vogel Madagaskars der Neuzeit

kronenadler
Der heute noch existierende afrikanische Kronenadler. (© N Myburg. Photo courtesy Roberts Multimedia Birds CD-ROM. Copyrighted GFDL)

Ob nun der Riesenvogel Roch mit dem Madagaskar-Kronenadler gleichzusetzen ist, sei dahingestellt, sicher ist aber, dass der Kronenadler auf Madagaskar existiert hat. Bekannt ist dieser allerdings nur durch einige subfossile Überreste.

Etwa 85 Kilometer westlich der Hauptstadt Madagaskars Antananarivo fand man 1925 unter anderem einen Tarsometatarsus (Laufbein) des madagassischen Kronenadlers. Das gefundene Laufbein wies eine Länge von 18 und eine Breite 2,8 Zentimetern auf. Die Beine und Füße waren also sehr kräftig gebaut – wie auch beim verwandten afrikanischen Kronenadler (Stephanoaetus coronatus).

Der in Afrika lebende Kronenadler soll etwas kleiner als der Madagaskar-Kronenadler gewesen sein. An dieser Stelle folgen dennoch seine Maße, um eine Vorstellung von der Größe des Vogels zu bekommen: Er wird zwischen 80 und 95 Zentimeter lang und besitzt eine Flügelspannweite von 150 bis 180 Zentimetern.

Madagaskar-Kronenadler soll einst Flusspferde gejagt haben

Als erster beschrieb der amerikanische Biologe Steven Michael Goodman in den Proceedings of the Biological Society of Washington den Madagaskar-Kronenadler 1994. Aufgrund der Laufbein-Länge und von Vergleichen mit dem heute in Afrika lebenden Kronenadler geht Goodman davon aus, dass der Madagaskar-Kronenadler sich einst von Madagassischen Flusspferden und großen Lemuren wie zum Beispiel Palaeopropithecus ingens ernährte. Zudem hält er es sogar für möglich, dass er auch die Jungvögel der bis zu drei Meter großen Elefantenvögel jagte.

Die Ornithologen Julian Pender Hume und Michael Walters vermuten in Extinct Birds (2012), dass die Abholzung von Wäldern und damit die Zerstörung des Lebensraums des Kronenadlers auf Madagaskar zum Verschwinden der Art geführt haben. Ein weiterer Grund sei die Überjagung von Beutetieren des Greifvogels gewesen. Als Zeitpunkt für das Aussterben nehmen Hume und Walters das 16. Jahrhundert an.

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