potto
Einige Wissenschaftler vermuten, dass der in Afrika beheimatete Potto (Bild) dem ausgestorbenen Jamaika-Affen ähnlich sieht. Pottos sind schwer gebaute Primaten, die sich nur langsam auf allen vieren fortbewegen. Ltshears, CC BY 3.0, via Wikimedia Commons)

Jamaika-Affe

Rätselhafter Affen-Fund auf Jamaika

Da es auf den karibischen Inseln eigentlich keine Primaten gibt, stellten 1919 gefundene Knochen eines Affen – später als Jamaika-Affe bezeichnet – Wissenschaftler zunächst vor ein Rätsel. Ein Affe in der Karibik? Heute weiß man, auf den karibischen Inseln muss es einst eine Primatenfauna gegeben haben, denn es wurden bald darauf noch zwei andere bereits ausgestorbene Arten entdeckt: der Hispaniola-Affe (Antillothrix bernensis) und der Kuba-Affe (Paralouatta varonai).

Subfossile Überreste des Hispaniola-Affen fand man sowohl in der Dominikanischen Republik als auch auf Haiti. Experten gehen davon aus, dass diese Art mindestens bis 2.000 vor Christus überlebt hat. Knochen des Kuba-Affen wurden auf Kuba gefunden und sie weisen darauf hin, dass dieser zumindest bis 3.000 vor Christus existierte.

Wann und warum der Kuba- und der Hispaniola-Affe ausgestorben sind, ist nicht bekannt, aber Forscher vermuten, dass das Verschwinden der Arten im Zusammenhang mit der Besiedlung der Inseln durch die Indianer steht. Das heißt, es muss lange vor der Entdeckung Amerikas 1492 durch Christoph Kolumbus gewesen sein.

Jamaika-Affe – Steckbrief
wissenschaftlicher Name Xenothrix mcgregori
englischer Name Jamaican Monkey
ursprüngliches Verbreitungsgebiet Jamaika
Zeitpunkt des Aussterbens Anfang des 18. Jahrhunderts
Ursachen für das Aussterben nicht bekannt, eventuell Bejagung

Jamaika-Affe: Ursachen für das Aussterben unbekannt

Auch die Ursachen für das Verschwinden des Jamaika-Affen sind bis heute nicht erforscht, so die Weltnaturschutzorganisation IUCN. Da einige subfossile Überreste in einer prähistorischen Küche gefunden wurden, lässt sich davon ausgehen, dass die Primaten den Bewohnern Jamaikas um 200 vor Christus auch als Nahrung dienten. Ob das die Aussterbeursache war, ist jedoch fraglich.

Im Gegensatz zu den beiden anderen auf den karibischen Inseln gefundenen Primatenarten dürfte der Jamaika-Affe länger gelebt haben. Denn Berichte früher europäischer Siedler auf Jamaika deuten darauf hin, dass die Art bis Anfang des 18. Jahrhundert hinein überlebt haben könnte, so Ross D. E. MacPhee und Clare Flemming 1999 in einer Publikation des CREO – Committee on recently extinct Species.

Jamaika-Affe: Erst 1952 wissenschaftlich beschrieben

Die ersten Überreste des Jamaika-Affen wurden 1919 in einer Höhle entdeckt durch Harold E. Anthony, dem ehemaligen Vorsitzenden der Abteilung für Mammalogie am American Museum of Natural History in New York. Beim Fundort, der Long Mile Cave im Nordwesten von Jamaika, handelt es sich um eine wichtige Stätte für die Paläontologie und Paläoanthropologie. Dort fand man auch andere ausgestorbene Tierarten.

In der Höhle entdeckten Wissenschaftler vor allem Teile des Unterkiefers; später wurden im Süden Jamaikas noch weitere Schädelteile gefunden. Trotz der Funde Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die Beschreibung der Spezies erst 1952 abgeschlossen, denn die zwei Doktoranden Karl Koopman und Ernest Williams fanden in einer Schublade des American Museum of Natural History vergessene zum Skelett gehörige Unterkiefer- und Oberschenkel-Fragmente. Ihre Ergebnisse haben sie unter dem Titel West Indian Fossil Monkeys in den American Museum Novitates No. 1546 im Jahr 1952 niedergeschrieben.

Verschiedene Expeditionen zu jamaikanischen Höhlen in den 1990er-Jahren erbrachten weitere Knochenfunde, die dem Jamaika-Affen zugeordnet werden können.

Einordnung in die Gruppe der Neuweltaffen umstritten

aotus - naher verwandter vom jamaika-affe?
Nachtaffen könnten nahe mit dem Jamaika-Affen verwandt gewesen sein. Das Foto zeigt einen Nancy-Ma-Nachtaffen (Aotus nancymaae). (© MarcSaCi, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commonsi)
Aufgrund der wenigen zur Verfügung stehenden Überreste, ist es für Neuweltaffen-Spezialisten schwierig, sich ein Bild von dieser Affenart zu machen. Einige Wissenschaftler gehen davon aus, dass er einem Potto (Perodicticus potto) ähnlich sah. Ein Potto ist ein Primat, der der Familie der Loris (Lorisidae) angehört.

Der Primatologe Alfred L. Rosenberger stellte in einem Aufsatz in The Primate Fossil Record (2002) etwa die Hypothese auf, dass der Jamaika-Affe ein naher Verwandter der heutigen Nachtaffen (Aotus) ist. Die Augenhöhlen und Augen sowie die mittleren oberen Schneidezähne dieser Affen sind nämlich besonders groß, wie dies auch beim Jamaika-Affen der Fall war.

Eine Studie aus dem Jahr 2004 von Ross D. E. MacPhee und Inés Horovitz geht anhand von Schädel- und Zahnuntersuchungen dagegen davon aus, dass Jamaika-, Kuba- und Hispaniola-Affe eng miteinander verwandt sind und zur Gruppe der Antillenaffen (Xenotrichini) gehören. Am nächsten verwandt sind diese mit der Affengattung Callicebus, einer Unterfamilie der Springaffen.

Sämtliche zu den Antillenaffen gehörige Primaten sind heute ausgestorben. Sie waren auf den Großen Antillen beheimatet. Neben den bereits genannten Arten wurden bislang noch zwei weitere entdeckt, die mit Ausnahme des Jamaika-Affen bis circa 2.000 vor Christus lebten.

Im Laufe der letzten 200 Jahre sind einige auf Jamaika endemische Tierarten ausgestorben: zum Beispiel die Jamaika-Schlanknatter (1940er-Jahre), Sloans Uraniafalter (Anfang des 20. Jahrhunderts) oder die Gelbe Gallwespenschleiche (etwa 1851).

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